-11- WO DIE DÄMONEN HINGEHEN

Die Party kam schneller als gedacht. Irgendwann war es der Morgen des 17. Oktobers, als in der Schule über nichts Anderes mehr gesprochen wurde. Die Lehrer hatten Mühe, uns beim Unterricht zu halten. Es gab jedoch kein Halten mehr, vor allem, weil es die erste große Party seit vier Jahren war und das besonders viel Gesprächsstoff bot.

Auch ich war gespannt, was der Abend wohl bringen würde. Sicherlich sehr viele Menschen auf engstem Raum mit hohem Alkoholpegel. Dass Philine meine Begleitung war, hatte sich seit unserem Nachmittag in der Stadt nicht geändert. Seitdem ich wusste, dass sie einfach nur besorgt um bestimmte Personen war und nicht etwa eine Psychopathin, sahen wir uns in der Schule viel öfter, wenn wir uns nicht nachmittags verabredeten. Auch Amon und Bennet hatten davon Wind bekommen und dementsprechend kamen auch Bemerkungen, die ich jedoch vehement verneinte.

Philine war eine gute Bekannte, zumindest redete ich mir das ein. An diesem 17. Oktober wurden Eleonora, Ria und Dion von sämtlichen Schülern und Schülerinnen umringt, die ihnen mitteilten, dass sie zur Party kämen und wie cool das alles werden würde. Ich stand etwas abseits und wartete darauf, dass sich das Gedränge auf der Treppe, in dessen Mitte sich eben besagte Personen bewegten, weiterschob und man laufen konnte, ohne unter die Menschen zu geraten.

„Wenn ich das sehe, habe ich eigentlich keine Lust auf heute Abend", meinte eine Stimme neben mir. Philine stelle sich neben mich und betrachtete das Treiben auf der Treppe. Ich sah zur Seite. Auch wenn ich mich äußerst gut mit Philine verstand, hatte ich mich doch noch nicht daran gewöhnt, dass sie die spezielle Fähigkeit besaß, sich anzuschleichen und einen zu erschrecken, in dem sie plötzlich neben einem stand. Ich fragte mich, wie sie es machte, dass es mir nie auffiel. „Wenn ich mich recht erinnere, warst du es doch, der die Idee mit uns beiden hatte", erinnerte ich sie. „Sonst würden wir beide wahrscheinlich nicht hingehen." Philine sah immer noch zur Treppe.

„Ob es eine gute Idee war, wissen wir morgen um die Zeit", sagte sie und wandte sich dann mir zu. Sie war und blieb einfach eine Erscheinung, egal, wie man es drehte und wendete. „Ist was?", fragte sie alarmiert. „Nein, nein, alles gut", antwortete ich. „Mir wächst nicht zufällig ein großer Pickel auf der Stirn, oder?", wollte sie wissen. „Das wäre ein ziemliches Problem." „Der könnte dir gar nichts anhaben", erwiderte ich. Philine setzte sich in Bewegung, jetzt, da die Treppe frei war.

„Pass auf, dass du nicht ausrutschst", warnte sie mich. Ich folgte ihr und verstand erst nach ein paar Schritten, was sie damit meinte. „Das war ernst gemeint", erklärte ich. „Und ehrlich!" „Dann sollte ich dir wohl für dieses Kompliment danken?", fragte Philine und drehte sich lächelnd zu mir. „Solltest du", antwortete ich todernst. „Oder war das falsch?" Es war eben eines meiner Talente, an manchen Tagen von einem Fettnapf in den nächsten zu stolpern, dabei hatte ich doch nur etwas zu ihr gesagt, das am Ende stimmte.

„Nein, überhaupt nicht", antwortete sie verlegen und strich sich peinlich berührt eine Strähne hinters Ohr. „Ich... es ist so... mir werden nicht oft Komplimente gemacht." „Muss man das verstehen?", fragte ich, weil ich es wirklich nicht verstand. „Nein, am besten man muss es nicht verstehen", antwortete Philine. „Entschuldige, war dumm von mir."

Abwesend drehte sie sich um und lief die Treppe wieder nach unten. Was war das denn? Ich zögerte noch einen Moment, ob ich ihr nachgehen und schauen sollte, ob mit ihr auch wirklich alles in Ordnung war. Wahrscheinlich würde sich das bis zum Abend wieder ändern. Zumindest hoffte ich das.


Ich holte Philine zu Hause ab. Halb acht klingelte ich an der Wohnung nahe des Rathauses. Die Tür surrte, was ich als Zeichen verstand, nach oben zu gehen. Bisher war ich nie weiter als bis zur Haustür mitgegangen, deswegen musste ich erst suchen, wo Philines Wohnung lag. Auf jeder Etage lagen vier Wohnungen und es dauerte nicht lange, bis ich die richtige im zweiten Stock gefunden hatte. Die Tür war nur angelehnt.

„Alessandro?", rief eine Stimme von drinnen. „Ja?", antwortete ich. „Tür ist offen, kannst reinkommen. Einfach die Klinke runterdrücken", rief die Stimme. „Meine nächste Idee wäre Sprengung gewesen", meinte ich und trat ein. Ich sah mich in dem kleinen Flur um. Von ihm gingen mehrere Türen aus, dazwischen hingen Bilder, auf der gegenüberliegenden Seite stand ein Schrank und gleich neben der Tür die Garderobe.

„Ich bin gleich soweit", rief die Stimme wieder und einen Moment später trat Philine aus der Badezimmertür. „Meinst du, ich kann so gehen?", fragte sie. Für einen Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Es war in diesem Moment schwierig zu beschreiben, wie umwerfend sie aussah. „Auf... auf jeden Fall", antwortete ich. Philine seufzte erleichtert. „Es ist lange her, dass ich auf einer Party war", erklärte sie. „Ich habe das Gefühl, alles falsch zu machen." „Wir sind ja noch nicht einmal da", erwiderte ich. „Am Outfit sollte es schon einmal nicht scheitern." „Das Äußere fällt ja auch zuerst auf", meinte sie.

„Du könntest Eleonora Konkurrenz machen", ergänzte ich. „Das will ich eigentlich gar nicht", widersprach Philine, während sie aus dem Schuhregal die passenden Schuhe zog. Dann verschwand sie in der Küche und kam mit einer kleinen Tasche und einer Tüte wieder. „Was ist da drin?", fragte ich misstrauisch. „Mein Handy, etwas Geld, was man eben so braucht", antwortete sie.

„Nein, ich meine die Tüte", stellte ich klar. Philine begann zu grinsen und ich ahnte Böses. Sie griff hinein und zog zwei Haarreife heraus, an denen Hundeohren befestigt waren. „Sag mir, dass das nicht wahr ist", bat ich. „Motto ist Motto", erklärte Philine und setzte mir einen der Haarreife auf. „Du Strolch, ich Susi", stellte sie klar und ich wollte vor Kitsch nur noch im Boden versinken. „Das Tarzan", erwiderte ich. „Und schlechtes Deutsch Yoda und das nicht Disney", erklärte Philine. „Hab' dich nicht so, es sind Hundeohren. Des Spaßes wegen." Ich schluckte. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich noch Kostüme habe. Du kannst auch gerne den Ganzkörperanzug von Strolch haben, wenn du willst." Da bevorzugte ich mein Hemd und die Hose doch wesentlich.

„Solange es nur bei den Hundeohren bleibt", gab ich mich schließlich geschlagen. „Die können wir ja hoffentlich absetzen, wenn wir erstmal auf der Party sind." „Eben drum", stimmte Philine zu. „Komm, den Gaudi musst du uns lassen. Ein Großteil von uns wird nicht noch einmal elfte Klasse sein und die Chance haben, die Party auszurichten." „Dann bringen wir es hinter uns", sagte ich.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top