Kapitel 58: Strahlende Seelen und kalte Rosenblätter
Hermine nickte und verließ den Fuchsbau, disapparierte und kam wieder an ihrer Wohnung an.
Sie ging nach oben, stellte sich an das Fenster und blickte in den Himmel. Es war Nachmittag, sie sah den Mond sich ins Bild schieben, eine helle Sichel, wenn man genau hinsah, konnte man den Rest des Mondes ausmachen. Sie fragte sich, wie es wohl auf der dunklen Seite des Mondes aussah und ob jemals jemand oder etwas dieses Geheimnis aufgedeckt hatte.
Sie seufzte, ließ sich auf das Sofa fallen und schloss die Augen, was war nur passiert. Der Tag fing so schön an und entwickelte sich in einen Alptraum.
Sie rappelte sich wieder auf, nahm Severus' Geschenke und packte sie ein, sie räumte noch die Küche und das Schlafzimmer/ Bad auf, ging dann mit seinen Geschenken nach unten, zog sich wieder an, verließ das Haus und apparierte nach Hogwarts.
Sie ging eilig über die Ländereien, den Innenhof, durch die Gänge und öffnete ihre Räume, sie erschrak wieder, als sie Lazarus auf ihrer Couch saß, der mal wieder in ein Buch vertieft war.
„So langsam solltest du dich daran gewöhnt haben", schmunzelte er.
„Entschuldige.. ich war in Gedanken", meinte sie fahrig, er stand auf und nahm ihr die Sachen ab. Sie setzte sich auf die Couch, ließ sich darein sinken und hielt sich die Hände vor ihr Gesicht.
„Lief es gestern so schlecht?", fragte Lazarus besorgt und setzte sich wieder auf die Couch.
„Mh? Ach.. nein. Im Gegenteil.", sagte Hermine und sah zu ihm.
„Also lief es gut.. haben ihm deine Geschenke gefallen?", fragte er erfreut.
„Ja, er fand sie toll.. Danke nochmal", meinte Hermine und lächelte matt.
„Kann ich dich was fragen?"
„Ja natürlich.", sagte Lazarus und setzte sich etwas auf.
„Denkst du... denkst du, dass es falsch ist? Mit ihm und mir?", fragte sie traurig und sah ihm in die Augen.
„Wie kann etwas so reines, wie die Liebe, falsch sein?", fragte er und lächelte sie an.
„Ich weiß nicht... denkst du er ist zu alt?"
„Das fragst du mich? Ich habe zu Zeiten Jesu gelebt...", sagte er und lachte dabei.
„Du weißt was ich meine..."
„Du magst ihn.. und er mag dich. Was spielt das Alter für eine Rolle? Das ist doch letzten Endes nur eine Zahl, die nur so viel Bedeutung hat, wie man ihr beimisst. Eure Seelen bestehen unabhängig von eurer physischen Existenz, sie haben sich gefunden und vereint. Willst du das verhindern und verleugnen, weil euer Alter nicht übereinstimmt?"
„Severus ist der Meinung, dass seine Seele fast nicht mehr vorhanden ist."
„Ich habe Wesen und Menschen ohne eine Seele gesehen, glaub mir, Severus besitzt genug davon. Er hätte sich sonst gar nicht in dich verlieben können Hermine. Liebe entsteht tief in der Seele, sie ist dort verankert und erinnert uns daran, was und wer wir sind. Selbst in einem dunklen Menschen kann eine strahlende Seele wohnen.", sagte er und lächelte sie an.
Hermine dachte über seine Worte nach, im Grunde hatte er recht. Sie dachte an gestern Abend, daran wie liebevoll er mit ihr umgegangen war, wie besorgt er war und wie sicher er sich sein wollte, dass sie ihn auch wirklich wollte.
Sie dachte an heute Morgen, wie sie sich im frühen Morgenlicht der Sonne vereinten, sie dachte an die Dusche.
Sie dachte aber auch an diese Vision, an das schreckliche Gefühl, ihm nicht wichtig zu sein, an die Angst, alleine zu sein.
Sie wollte ihn nicht verlieren und sie würde ihn nicht gehen lassen, egal, wer etwas gegen diese Verbindung hätte.
Sie nahm Lazarus Hand und drückte sie, die dankte ihm still. Wieder merkte sie, wie kalt er war, aber da war noch etwas anderes, was ihr auffiel. Sie konzentrierte sich, unter einer Rehbraunen-Maske traten die Amberaugen hervor und sie versuchte seinen Puls zu fühlen oder einen Herzschlag zu hören. Sie hörte und fühlte nichts. Warum war ihr das vorher nie aufgefallen?
„Du wirst keinen Puls bei mir finden..", sagte er leicht lächelnd, er merkte, was sie versuchte.
„Meine Zellen verändern sich nicht, sie altern nicht. Genau genommen, leben sie nicht. Sie sind nicht aktiv, sie sind auf eine Art konserviert. Bis in alle Ewigkeit. Dazu verdammt, mit anzusehen, wie alle um mich herum altern und schließlich sterben.", sagte er, sein Tonfall schwang von erklärend zu bitter.
Sie sah ihn an, Trauer lag in seinen Augen, sie konnte und wollte sich nicht vorstellen, wie sich das anfühlte, er tat ihr leid.
Sie mochte ihn, sie rutschte mehr zu ihm und nahm ihn in den Arm.
Er war eiskalt, sein Körper fühlte sich wie Marmor an, an ihn gelehnt konnte Hermine einen berauschenden Duft wahrnehmen, ihre Hände lagen an seinem Nacken, sie strich über die Haut, sie war kalt aber sanft, sanfter als ihre oder Severus, wie Rosenblätter.
Kalte, eingefrorene, unveränderliche, sanfte Rosenblätter.
Er löste sanft ihre Arme und schob sie freundlich zur Seite, er lächelte matt, „verlier dich nicht darin.."
„Entschuldige", meinte Hermine.
„Du solltest jetzt zu ihm gehen, ihr wolltet euch sehen oder?", fragte er. Hermine sah ihn fragend an, „seine Gedanken sind wieder sehr laut..", sagte er und schmunzelte.
„Was denkt er gerade?", wollte sie neugierig wissen.
„Das solltest du ihn selbst fragen", meinte er immer noch schmunzelnd.
„Kannst du mir wenigstens sagen, ob er sauer auf mich ist?"
„Warum sollte er?" fragte Lazarus und beantwortete damit ihre Frage.
Hermine lächelte etwas gelöster, nahm die Tüte mit den Geschenken, atmete einmal tief ein und aus und machte sich auf den Weg in die Kerker.
Unten angekommen klopfte sie zaghaft an seine Tür, sie wurde relativ schnell von einem nachdenklichen Severus geöffnet, seine Miene erhellte sich etwas, als er sie sah.
Er nahm ihre Hand, gab ihr einen Handkuss und zog sie leicht in seine Räume, verschloss dann die Tür.
„Severus, ist alles in Ordnung?", fragte Hermine, als er sie auf sein Sofa setzte.
„Jetzt wieder", er lächelte sie an, dass ihr fast das Herz schmolz.
Hermine gab ihm die Tüte mit seinen Geschenken und er bedankte sich, brachte den Kessel und die Zutaten in sein Privatlabor, das alte Buch stellte er in sein Bücherregal und die Flaschen mit dem Wein in einen kleinen Schrank mit Alkohol.
Er drehte sich um und sah sie an, streckte eine Hand aus. Sie stand auf und lächelte, ging zu ihm, nahm sie und stellte sich nah an ihn. Er nahm sie in den Arm und drückte sie feste an sich, in dieser Umarmung lag so viel Verzweiflung: nach Nähe, über die Situation, die Angst, dass es dem anderen zu viel wird.
„Hermine.... wenn du dir das mit uns nochmal überlegen willst, dann verstehe ich das. Ich wollte nicht, dass du zwischen mir und deinen Freunden beziehungsweise deiner Familie wählen musst.", flüsterte er an ihr Ohr.
Sie krallte sich in seine Robe und versteifte, „was?"
„Wenn du Zweifel an uns hast-"
„Ich habe keine Zweifel! Ich will mir nichts überlegen Severus, wie kommst du darauf?!", Hermine sah ihn an, sie war erschüttert darüber, dass er so von ihr dachte.
Er sah sie an, sah ihr tief in die Augen, sein Blick war unsicher, er wollte nicht, dass sie litt oder in Zukunft leiden würde, nicht wegen ihm.
„Severus, nein. Ich will das hier, ich will das alles hier, das zwischen uns; das mit uns. Ich muss mir nichts überlegen.", sagte sie und sah ihn an. Sie drückte seine Hände fest.
„Du machst mich schwach", flüsterte er und zog sie wieder zu sich.
„Du machst mich stark", sagte sie und lehnte sich an ihn.
„Du warst schon vorher stark", raunte er ihr zu.
„Nicht in der Art..", sagte sie. Severus ging mit ihr in Richtung Couch und setzte sie darauf, „würdest du deine Augen schließen?", fragte er und lächelte sie an.
Ohne Widerrede schloss sie die Augen und wartete, Severus strich ihr noch leicht über die Wange, ging dann in sein Privatlabor und holte eine kleine schwarze Box, circa 10x10cm groß, verbunden mit einer weißen Schleife.
„Gib mir deine Hand", forderte er, Hermine streckte ihm ihre Hand entgegen und er legte die kleine Box auf ihre Hand, sie war recht schwer und Hermine nahm die zweite Hand dazu, damit sie nicht runterfiel.
„Augen auf", sagte er, als er sich neben sie setzte.
Hermine sah überrascht in ihre Hand, dann zu Severus, „na los, mach sie auf", sagte er freundlich.
Hermine nahm die Schleife ab, öffnete langsam die Schachtel und legte den Deckel auf die Couch.
Das Innere der Box war mit einem Samt-Stoff ausgekleidet in dunkelrot, in der Mitte war ein Glas-Flakon, sie nahm ihn vorsichtig aus der Schachtel und sah ihn an.
Er war schön anzusehen, er war bauchig, das Glas lag teilweise in Schichten übereinander, verziert wie Drachenschuppen, er hatte eine kleine Öffnung welche mit einem Stöpsel verschlossen war, an dem Stöpsel war ebenfalls ein kleines verziertes Stück Glas, damit man es öffnen konnte.
Das Glas schimmerte im Schein des Feuers, welches Severus in der Zwischenzeit entfacht hatte, gold-rot, als Hermine es vom Feuer abwandte schimmerte es grün-silber, sie schmunzelte.
„Es ist sehr schön.." stellte sie fasziniert fest.
„Öffne es", meinte Severus und beobachtete sie.
Sie öffnete den Flakon und ein unbeschreiblicher Duft drang in ihre Nase, er war süß und herb zugleich, warm und kalt, fruchtig und würzig, sie konnte etwas Warmes ausmachen, Schokolade und Zedernholz, Vanille und Orange, Lavendel, Yasmin und Myrte, verschiedene Kräuter die sie an Severus erinnerte.
Sie träufelte einen kleinen Tropfen auf einen Finger und tupfte es an ihren Hals und der Duft veränderte sich nochmal, er passte sich ihr an, reagierte mit ihrem eigenen Duft.
Severus lächelte, als er erkannte, dass es Hermine gefiel. Er roch leicht an ihr und musste sich zusammenreißen, dass er nicht über sie herfiel. Sie duftete wie eine Göttin.
„Wo hast du das Parfum her Severus?", fragte sie und sah ihn verträumt an.
„Ich habe es hergestellt", sagte er und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
„Was?"
„Ich arbeite seit einigen Tagen daran, es hat mir nie gefallen, etwas hat gefehlt. Ich wusste nur nicht genau, was es war...", sagte er, fast ein wenig stolz.
„Sowas tolles hat mir noch nie jemand geschenkt.. ich weiß gar nicht was ich sagen soll.", meinte Hermine verlegen. Sie verschloss den Flakon und stellte ihn ehrfürchtig auf den Tisch, sah dann wieder zu Severus, rückte näher zu ihm.
„Ich hab dir gesagt, dass ich alle deine Geheimnisse ergründen will wenn du mich lässt, ich würde für dich selbst zu einem werden. Du gibst mir einen Grund stark zu sein. Du sagst, ich mache dich schwach, reiße deine Mauern ein... ich werde deine Mauer sein.", sie nahm seine Hände und ihre Augen wurden Obsidian wie seine.
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