Kapitel 211: Der Morgen oder Die letzte Reise




Der Morgen
Ich frag mich, was wir taten, du und ich,
Bis wir uns liebten? War'n wir nicht entwöhnt?
Gesäugt von Kinderspielen lächerlich?
In Siebenschläfers Höhle schlafgewöhnt?
So war es wohl -; doch all dies, - eitler Schaum.
Jedoch, wenn jemals Schönes ich erblickt,
Was ich ersehnte, fand: es war von dir ein Traum.
Jetzt den erwachten Seelen Guten Morgen,
Die nun einander, nicht aus Furcht, bewachen;
Denn Liebe wird die Lieb' zu andern schmälen,
Und einen kleinen Raum zur Welt sich machen.
Entdecker laß zu neuen Welten reisen,
Laß Karten Andern Welt um Welten weisen:
Laß eine Welt uns haben - und als eine kreisen!
In deinem Aug erscheint mein Angesicht,
In meinem deins, die reinen Herzen zeigend;
Zwei bessre Hemisphären fand man nicht:
Ohn kalten Nord, und nicht nach Westen neigend.
Was ungleich war gemischt, muß Tod erleiden -
Ist unsre Liebe eins nur, und wir beiden
Gleich liebend: nie kann eins ermatten noch verscheiden.
(John Donne (1572 - 1631))

Hermine wachte mit Schmerzen im Rücken auf, sie verfluchte ihr Alter. 101, keine Kuh wird so alt, dachte sie, musste dann über ihre Gedanken schmunzeln, sie hatte das Todesalter ihrer Eltern schon lange überholt, Muggel werden meistens nicht so alt, Zauberer schon.
Sie streckte sich mit einem Knacken; dem Rücken ging es besser, sie sah auf ihre Hand mit dem immer noch schönen filigranen goldenen Ring mit den roten Saphiren zwischen den ineinander verschlungenen Schlangen, sie glitzerten wie am ersten Tag im Licht der Sonne und warfen immer noch Spiegelungen an die Wand des kleinen Hauses in Spinners End.
Ihre Hand war mit den Jahren alt und runzlig geworden, Altersflecken schienen sich auf ihrer Haut über Nacht zu verdoppeln und sie schüttelte jedes Mal den Kopf, wenn sie neue entdeckte.

Sie sah zur anderen Seite des Bettes, Severus war schon wieder auf den Beinen und wuselte im Haus umher. Je älter er wurde, desto früher stand er auf, etwas, was Hermine nie verstehen konnte.
Sie stand langsam auf, streckte sich noch einmal, die Knochen und Wirbel knackten wieder in ihrem alten Körper, dann schlurfte sie in leicht gebückter Haltung zum Badezimmer und sah in den Spiegel.
Sie hatte lange weiße Haare, die zu einem geflochtenen Zopf zusammengebunden waren. Sie hatte einen aufmerksamen und wachsamen, aber gütigen Blick, ihr Gesicht hatte ebenfalls einige Altersflecken und kleine feine Fältchen um die Augen, die fast schwarz waren, mit einem kleinen Schleier darüber.
Ihre Lippen formten ein weiches Lächeln und waren ebenfalls von Falten umrandet.
„Wie kann man sich so verändern?", fragte sie ihr Spiegelbild und schüttelte den Kopf, dann fing sie an sich zu waschen.

Nach der Morgenpflege ging sie zurück ins Schlafzimmer und zog sich an.
Sie zog einen weiten beigen Wollpullover an und eine schlabberige schwarze Hose, mit warmen Pantoffeln ging sie in die Küche, in der das Frühstück bereits auf sie wartete.
„Guten Morgen Severus", sagte Hermine mit einer rauen Stimme. Severus sah von seiner Zeitung auf und lächelte sie an.
„Guten Morgen mein Liebling", meinte er freundlich und immer noch dunkel.
Seine 120 Jahre sah man ihm mittlerweile an, er hatte einige Falten im Gesicht, die Furche zwischen seinen Augenbrauen die schon mit 37 eine beachtliche Tiefe hatte, war noch sichtbarer, viele Lachfalten zierten seine Augen und seine Mundpartie, er hatte immer noch ein charmantes Lächeln, die Lippen waren mittlerweile nicht mehr ganz so voll, aber trotzdem schön. Sie ging zu ihm und gab ihm einen kleinen Kuss.
„Warum bin ich eigentlich komplett weiß und du komplett schwarz geblieben? Das ist nicht fair", meckerte Hermine, wie jeden Morgen, über ihre Haarfarbe.
Severus seufzte auf, „jeden Morgen diese Diskussion", er schüttelte seine rabenschwarzen Haare etwas mehr, als er eigentlich müsste und lachte, als Hermine genervt die Augen verdrehte.
„Du bist doch auch mit weißen Haaren wunderschön", sagte er und strahlte sie an.

Sie sah ihn zerknautscht an, was mit den vielen Falten im Gesicht recht einfach ging.
Sie kochte einen Ingwertee auf und gab ihm die Tasse, nahm sich selbst einen Schwarzen Tee und setzte sich auf ihren Platz um mit dem Frühstück zu beginnen.
„Ich glaube ich muss heute endlich mal den Vorgarten in Ordnung bringen", sagte Hermine kopfschüttelnd.
„Ja, der sieht wirklich aus wie Kraut und Rüben", meinte er und nahm einen Schluck von dem heißen Tee und verbrannte sich die Zunge und fluchte leicht.
„Warum trinkst du jeden Morgen direkt den heißen Tee?", fragte sie lachend, „Du weißt doch, dass du dich verbrennen wirst."
„Du könntest ihn ja auch einfach nicht so heiß kochen.", sagte er, wie jeden Morgen, mit einer komischen Aussprache wegen der verbrannten Zunge.
„Natürlich mein Schatz, morgen werde ich den Tee mit kaltem Wasser aufkochen", sie atmete laut aus und aß ihr Brötchen.
„Die Heidelbeermarmelade, die wir gemacht haben schmeckt übrigens toll", schob sie nach und besah sich das Glas.
„Danke", sagte er, als er die Zeitung beiseitelegte und sah Hermine eindringlich an.
„Wofür?", sie vermutete, dass er nicht die Marmelade meinte.

„Für ein langes glückliches Leben mit dir", er nahm ihre Hand und strich über ihre Knöchel und den Ehering, er schmunzelt. „Ich finde dich immer noch wunderschön, egal wie weiß du bist.", er zog sie zu sich.
Sie stand langsam auf und setzte sich vorsichtig auf seinen Schoß. Sie lehnte sich an ihn, ihre Stirn an seiner, schwarze Augen trafen auf schwarze Augen und für einen kurzen Moment, vergaßen sie, dass sie über 100 waren und bereits mehr als 70 Jahre zusammenverbracht haben.
Für einen kurzen Moment waren sie wieder jung, Hermine und Severus, wie sie einander liebend ansahen.

„Ich liebe dich Hermine Snape", sagte er dunkel.
„Ich liebe dich auch Severus Snape", meinte sie, küsste seinen Hals, „und jetzt hör auf so etwas zu reden, sonst fang ich noch an zu weinen", sie lachte leicht und stand auf, strich ihm noch eine Strähne aus dem Gesicht.
„Warum?", fragte er überrascht.
„Das klingt wie ein Abschied", sagte sie während sie den Frühstückstisch abräumte.
„Du weißt doch, dass ich solange bei dir bleibe, wie du mich willst.", sagte er zwinkernd, dann stand er auf und half ihr die Sachen in den Kühlschrank zu bringen.
„Ich werde mich im Sessel ein wenig entspannen", sagte Severus als er ins Wohnzimmer ging, „ruf mich ruhig, wenn du Hilfe beim Vorgarten brauchst.", rief er noch nach.
„Du hörst mich doch sowieso nicht", rief sie zurück.
„Was?", kam aus einer Ecke.
„Sag ich ja", nuschelte sie zu sich selbst.
Dann zog sie ihre Gartenkleidung an, sah noch einmal ins Wohnzimmer, Severus saß in seinem Ohrensessel und döste vor sich hin, dann ging sie an ihre Arbeit.

Nach einigen Stunden, die Sonne stand schon tief am Himmel, ging Hermine müde, aber zufrieden wieder ins Haus zurück.
„Severus, was möchtest du gleich essen?", rief sie durch das Haus, während sie sich auszog.
„Severus! Bei Merlins Bart, hört er jeden Tag weniger?", fragte sie sich leise als sie ins Wohnzimmer ging.
„Severus, ich rede mit dir", sie ging zu ihm und schlug ihm leicht auf den Arm. Keine Reaktion.
„Hör auf mit deinen Spielchen", sie rüttelte an ihm, aber nichts.
Sie beugte sich zu ihm, strich ihm an der Wange entlang und stellte fest, dass er eiskalt war.
Sie schluckte, „Severus?", hauchte sie, sie ließ das Feuer in ihre Augen treten und versucht Leben in ihm zu finden.
Nichts.
Da war nichts.
Severus weilte nicht mehr unter den Lebenden.
Er war gegangen und ließ sie alleine.

Sie ließ ihn los, sank vor ihm auf Knie und starrte fassungslos auf ihn. Sie wusste nicht wie lange sie einfach so da saß und nicht fassen konnte, was passiert war.
Sie wurde durch eine weiche Stimme aus ihren Gedanken gerissen und starrte zur Tür.
„Oma?", fragte eine junge Frau, rötliche Haare, hellbraune Augen.
Hermine erinnerte sich, dass Amelie, Lily Lunas Tochter heute zu ihnen kommen wollte, „Oma, was ist passiert?", fragte Amelie, als ihre Großmutter nicht reagierte und sah auf Severus.
„Schatz, ruf bitte deine Mutter und deine Großeltern", sagte sie mechanisch.
Amelie stürmte aus dem Haus und schickte einen Patronus zu Lily, Harry und Ginny, die keine fünf Minuten später vor dem Haus der Snapes standen.

Hermine saß immer noch bewegungslos vor Severus. Harry, selbst sehr grau und faltig, aber immer noch die charakteristischen grünen freundlichen Augen, half Hermine aufzustehen.
Ginny, der man ihre 99 Jahre etwas weniger ansah als Hermine ihre 101 Jahre, sie hatte immer noch leicht schimmernde rote Haare, ging traurig zu Severus und verabschiedete sich von ihm, sie gab ihm einen kleinen Kuss auf den Kopf.
Lily Luna brach im Wohnzimmer der Snapes zusammen und Amelie musste sich um ihre Mutter kümmern. Hermine saß einfach nur da, auf ihrem Sofa und starrte in den Kamin, in dem Harry ein Feuer entzündet hatte.

„Mine, komm, du solltest dich hinlegen", sagte Harry mit rauer Stimme. Sie schüttelte den Kopf, „ich bin nicht müde."
Harry sah hilfesuchend zu Ginny, sie setzte sich zu ihrer Freundin, legte einen Arm um sie.
„Wir rufen jemanden für die Beerdigung, er kann nicht hier bleiben, in Ordnung?", fragte sie, Hermine nickte.  
Ginny, Lily und Amelie kümmerten sich um die Abholung von Severus, Hermine saß daneben, sie bekam nichts mit, es war, als würde sie einen Film schauen.
Eine traurige Szene des Films ihres Lebens. Die Bestatter brachten Severus in einem schwarzen Sarg aus dem Haus, Hermine war unfähig sich zu bewegen. Ihre Miene war emotionslos, Harry und Ginny vermuteten, dass sie unter Schock stand.
Ginny brühte einen Tee auf und stellte ihn vor Hermine, wie zu einer Salzsäule erstarrt blickte sie auf die Tür, durch die die Bestatter ihren Mann gebracht hatten.
Der Tee war mittlerweile wieder kalt, Amelie die die ganze Zeit geweint hatte, ebenso wie ihre Mutter Lily verabschiedeten sich von Hermine, sie umarmten und drückten sie was Hermine einfach so hinnahm ohne wirklich zu reagieren.
Ginny und Harry blieben noch eine Weile, Hermine sprach immer noch nicht.
„Mine...", meinte Harry und sah dabei unsicher zu Ginny, „sollen wir heute Abend hier bleiben?"
„Wenn ihr wollt", sagte sie mechanisch, sie lächelte kurz zu Harry, dann stand sie auf und verließ die Küche, ging ins Schlafzimmer und legte sich ins Bett.
Sie sah an die verzauberte Decke ihres Bettes dann sah sie auf ihre gealterte Hand, auf ihren Ring, sie atmete tief ein und aus, dabei stellte sie etwas fest.
Etwas war anders, etwas fehlte, sie überlegte fieberhaft was es war, was sich so anders anfühlte.
Sie nahm noch einen tiefen Atemzug, da fiel es ihr wie Schuppen von der Augen.

Der Kräuterduft, der sie eigentlich ihr ganzes Leben umgeben hatte, war fort, es fühlte sich an als würde sie in Trostlosigkeit versinken. Sie schloss die Augen und wünschte sie würde aus diesem Alptraum aufwachen, noch nahm sie nicht das ganze Ausmaß ihres Verlustes nicht wahr. Sie glitt in einen traumlosen Schlaf.

Am nächsten Morgen wacht sie auf, sie fühlte sich wie gerädert, ihr Rücken knackte wieder ungesund und sie strich sich den Schlaf aus den Augen.
„Severus?", fragte sie, als sie nichts hörte.
Sie schlug die Decke zurück und setzte sich mit Müh und Not auf die Bettkante. Zog sich eine Strickjacke über und ging langsam aus dem Schlafzimmer die Treppen herunter in die Küche.
„Severus?", fragte sie etwas leiser, als sie Bewegung in der Küche hörte.
Ginny stand plötzlich im Türrahmen und sah Hermine traurig an, sie erschreckte sich kurz, sah dann ins Wohnzimmer auf den Sessel, in dem ihr Mann sonst immer saß.
„Achja", meinte sie leise und schüttelte den Kopf, „schon gut, setz dich wieder hin Gin."
„Geht es dir gut?", fragte sie besorgt.
„Ich habe solange mit ihm zusammen gelebt... es wird eine Weile dauern, bis ich mich daran gewöhne, dass er nicht mehr da ist", sagte sie und brühte sich einen Tee auf.
„Mine...", meinte Harry, der neben Ginny saß und sie ebenfalls besorgt ansah, „bist du gar nicht traurig?"
„Doch, mir fehlt sein Kräuterduft", sagte sie gedankenversunken und sah aus dem Fenster in den Garten.
„Ich glaube sie steht immer noch unter Schock", flüsterte Ginny zu Harry.
„Vielleicht braucht sie ein wenig Zeit alleine", flüsterte er zurück.
„Ein wenig Zeit alleine wäre schön", sagte Hermine und sah zu ihnen, „ich bin alt, aber nicht taub", kommentierte sie ihre erstaunten Blicke.
„Ihr könnt gehen", sie nickte bekräftigend, „ich muss den Garten noch ein wenig aufhübschen."
„Wir kümmern uns um den Rest, in Ordnung?", Ginny holte sich gerne mehr als einmal die Bestätigung, sie hatte gelernt, dass manche Menschen, damit war meistens Harry gemeint, nicht richtig zuhörten.
„Ja, ihr kümmert euch um die Beerdigung", wiederholte Hermine und nahm einen Schluck von ihrem Schwarzen Tee.
Ginny zog Harry mit sich hoch, dann liefen die beiden aus dem Haus und verschwanden mit einem kleinen Knall.
Hermine schloss die Augen und atmete durch. Sie trank ihren Tee, aß ein kleines Brot, zog sich dann ihre Gartensachen an und ging nach draußen.

Es war ein schöner, sonniger, warmer Tag. Schmetterlinge flogen umher, setzten sich auf die aufgegangen Blumen und flatterten dann weiter.
Sie sah nach oben in den Himmel, ein kleiner Blitz schoss durch ihren Kopf, sie sah den kleinen Severus mit seiner Mutter im Garten liegen, die Wolkentiere beobachtend, der Traum... sie schmunzelte, dann ging sie ihrer Arbeit nach.
Nach einigen Stunden ging sie erschöpft aber zufrieden ins Haus, wusch sich den Schmutz von den Fingern und ging ins Wohnzimmer, sah wieder auf den Sessel und lächelte wehmütig.
In der Küche machte sie sich eine Kleinigkeit zu essen, dann ging sie nach oben, zog sich aus und legte sich ins Bett.

Die Tage verliefen alle gleich, Hermine wachte auf, rief nach Severus, bemerkte den fehlenden Kräuterduft, stand auf, wusch sich, zog sich an, ging nach unten, sah ins Wohnzimmer auf den Sessel, ging in die Küche machte sich einen Tee für sich und einen für Severus, den sie dann später als er kalt war, wegkippte.
Dann ging sie in den Garten und räumte dort ein wenig auf.
Jeden Tag.
Bis einige Tage später Lily und Amelie vor ihrer Tür standen.

„Oma, wir haben alles vorbereitet. Die Beerdigung ist am Samstag, wir holen dich um 10 Uhr ab, in Ordnung?", diese Bestätigungsfrage hatte Amelie eindeutig von Ginny, dachte Hermine und schüttelte den Kopf.
„Ja in Ordnung", gab sie zur Antwort.
„Sollen wir noch eine Weile hier bleiben?", fragte Lily und hielt ihre Hand.
„Nein Schätzchen, es ist alles gut.", meinte Hermine leicht lächelnd.
Amelie sah ihre Oma mitfühlend an, dann nahm sie sie in den Arm und verabschiedete sich von ihr.
„Dann bis Samstag Oma", meinte sie und verließ mit ihrer Mutter das Haus.

Am Samstagmorgen war Hermine sehr früh wach, sie konnte einfach nicht mehr schlafen, eine innere Unruhe hatte sie ergriffen.
Sie kramte im Haus umher, nachdem der Garten mehr als perfekt aussah und kam zu Severus Schreibtisch.
Sie überlegte, sollte sie wirklich in seinen Unterlagen kramen? Früher oder später müsste sie den Tisch aufräumen und seine Sachen verstauen.
Sie legte alle Papiere in einen herbei gezauberten Korb, viele alte Zeitungen lagen ebenfalls auf ihm, merkwürdige Tränke, von denen sie noch nie etwas gehört hatte, sie schüttelte schmunzelnd den Kopf.
Der Meister der Zaubertränke, sie dachte an Hogwarts.
Als sie weiter sortierte fand sie einen Zettel mit ihrem Namen, „Meine liebste Hermine", stand in der ersten Zeile.
Wann hat er mir diesen Brief geschrieben?, fragte sie sich, setzte sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch und fing an ihn zu lesen.

Meine liebste Hermine,
die Zeit mit dir vergeht so wie im Flug, ich wünschte wir hätten noch 100 Jahre mehr zusammen, aber wir sind beide nicht mehr die Jüngsten. Ich denke, dass unsere Zeit bald zu Ende geht und ich dich schweren Herzens allein lassen muss, auch wenn ich immer bei dir sein werde.
Ich musste vor einigen Tagen an deine Worte vor all den Jahren am Strand der Seychellen denken, dass ein Leben nicht genug ist.
Du hattest recht.
Ein Leben war nicht genug, nicht mit dir, der außergewöhnlichsten und schlausten Hexe, der ich jemals begegnen dufte.

Ich frag mich, was wir taten, du und ich,
Bis wir uns liebten? War'n wir nicht entwöhnt?
Gesäugt von Kinderspielen lächerlich?
In Siebenschläfers Höhle schlafgewöhnt?
So war es wohl -; doch all dies, - eitler Schaum.
Jedoch, wenn jemals Schönes ich erblickt
Was ich ersehnte, fand: es war von dir ein Traum
Jetzt den erwachten Seelen Guten Morgen,
Die nun einander, nicht aus Furcht, bewachen;
Denn Liebe wird die Lieb' zu andern schmälen,
Und einen kleinen Raum zur Welt sich machen.'

Jetzt den erwachten Seelen Guten Morgen, meine Seele ist die deine. Ich gehörte dir, von Anfang an.
Trauere nicht zu lange, du siehst schöner aus mit einem Lächeln im Gesicht. Leb dein Leben, solange es geht und nimm mich mit auf deinen Flügeln.
In ewiger Liebe,
Severus"

Hermine ließ den Brief mit zitternder Hand sinken, ihre Augen füllten sich mit Tränen, bis schließlich der Damm brach und eine Sturzflut von Tränen aus ihren Augen lief.
Die ganzen angestauten Emotionen bahnten sich einen Weg durch ihre errichtete Mauer und ließ sie einstürzen, spülten sie bis auf den letzten Stein davon.
Sie realisierte, dass sie Severus nie wieder sehen würde und von nun an alleine leben müsste.
Sie weinte mit einem schrecklich schmerzenden Herzen und stützte sich leicht am Schreibtisch ab, sie hatte das Gefühl ihr Brustkorb würde dem Druck, der sich immer weiter aufgebaut hatte, nicht mehr standhalten und zerbersten.
Das war der Moment in dem Severus seine Arme um sie gelegt hätte und die verschobenen Teile wieder zurechtgerückt hätte.
Aber das konnte er jetzt nicht mehr tun und so saß sie wie ein Häufchen Elend vor den Scherben ihres Lebens.
Sie war allein.

Die Abwesenheit seines Duftes schnitt sich weiter in ihr Herz, ließ es noch weiter bluten. Mit verweinten Augen und einer gehörigen Portion Wut im Bauch stand sie auf, ging ins Wohnzimmer und stand vor dem Ohrensessel. Sie sah ihn vor ihrem inneren Auge dort sitzen, tot.
Ein gewaltiger Blitz stob aus ihrer Hand und setzte den verfluchten Sessel in Brand, als könnte sie damit irgendetwas ungeschehen machen.
Sie hätte am liebsten das ganze Haus in Brand gesteckt so wütend war sie, sie wurde aus ihren gefährlichen Gedanken gerissen als sie sah, wie das Feuer langsam einfror und die Flammen sich von dem heißen Orange in ein eiskaltes Blau färbten.
Sie legte den Kopf schief und besah sich das gefrorene Feuer. Dann spürte sie einen weiteren kalten Luftzug von der Seite und sah zur Tür.

Ein gütig lächelnder Albus Dumbledore stand vor ihr. Hermine konnte ihren Augen nicht trauen, sie hatte vor den ganzen Jahren zwar Lazarus Erinnerung gesehen, aber danach hatten sie nie wieder ein Wort darüber verloren.
„Hermine", sagte er, seine Stimme war noch gütiger als sein Blick, „du siehst gut aus.", er schmunzelte.
„Wie lange ist das her?", fragte sie gehaucht.
„Mehr als 50 Jahre", meinte er mit einem wehmütigen Lächeln.
Hermine schluckte, das war alles viel zu surreal, sie setzte sich auf den Stuhl in die Küche und atmete durch.
„Dein Verlust tut mir sehr leid. Severus war immer wie ein Sohn für mich. Ich kann deinen Schmerz nachvollziehen...", sagte er traurig, setzte sich auf den Stuhl daneben und musterte sie.
Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen, sie liefen an ihren Wangen herunter und tropften auf den Tisch.
„Nicht alles was tot erscheint ist verloren", sagte er geheimnisvoll.
„Ich verstehe nicht... was meinst du?", fragte sie verwirrt.
„Kannst du dich an die Szene im Wald erinnern? Nach Magnus Tod, die Trauerfeier, in der Abraxas euch die Bilder gezeigt hat?", er sah sie an, sie dachte kurz nach, nickte dann mit einem kleinen Lächeln.
„Ich dachte die ganze Zeit, dass es eine alternative Realität war... aber mir ist ein Detail nicht mehr aus dem Kopf gegangen... ist dir nichts aufgefallen... als du und Severus bei Magnus am Bett saßt?", fragte er und sah sie eindringlich an, das Blau legte sich um das Schwarz, in dem ein altbekanntes Feuer schwelte.
„Was soll mir aufgefallen sein?", sie dachte nach, „Severus und ich saßen auf dem Bett und haben seine Hand gehalten..."
„Wer war noch dabei?", fragte er.
„Seine Kinder, Enkel und.... Urenkel", sagte sie langsam, es dämmerte.
„Und dir ist nichts aufgefallen?", sein Blick war angestrengt.
„Wir... wir waren da...", sie ließ die Bilder vor ihrem inneren Auge laufen, vielleicht war es auch Dumbledore, weshalb sie die Bilder so deutlich sah, „wir... waren jung. Wir hätten so aussehen müssen wie jetzt...", stellte sie fest.

„Exakt! Ich habe schon damals gemerkt, dass etwas merkwürdig war. Warum wart ihr jung, obwohl ihr uralt hättet sein müssen? Ich denke, du hast damals schon eine Entscheidung getroffen, die auch Abraxas gespürt hat. Nur durch deine Kraft konnte er die Bilder ans Tageslicht bringen.
Du warst es die ganze Zeit Hermine.
Die Antwort... auf alles.
Selbst auf deine eigenen Fragen und Unschlüssigkeit.", sagte er aufgeregt.

Hermine sah ihn skeptisch an, seine Gedankengänge waren eindeutig zu schnell. Sie musterte ihn, das Blau hatte sich ein wenig verändert, eine lila Linie zog sich um seine Iris, ihr Blick glitt weiter an seinen Hals, mit einer kleinen Handbewegung ihrerseits verschwand die Maskerade, die auch damals schon Lazarus vor neugierigen Blicken geschützt hatte. Dieselben Narbenpunkte, dieselben blauen Adern zierten die Bissspuren seines Halses.
„Tut es weh?", fragte sie und deutete auf seinen Hals.
„Du hast es doch schon einmal gespürt... in deinem Traum. Tat es weh?", stellte er ihr die Gegenfrage.
„Nicht so sehr wie sein Tod", sagte sie bitter und sah ihm offen mit glänzenden Augen ins Gesicht.
Er nickte bedächtig, dann sah er aus dem Fenster, ein freudiges Glitzern flog über seine Züge.
„Ich denke, du wirst erwartet", sagte Dumbledore und schmunzelte. An der Tür klopfte es, danach hörte sie Schritte in ihrem Haus.
„Oma?", rief eine bekannte Stimme. Dumbledore machte keine Anstalten sich zu bewegen und begrüßte die Eintretende mit einem freundlichen Lächeln.
„Guten Morgen Amelie", seine Stimme war fröhlich und gütig, wie eh und je.
„Guten... Morgen... Oma?", fragte Amelie und sah zu Hermine.
„Amelie Schatz, das ist Albus Dumbledore", sagte Hermine kurz. Ihre Augen weiteten sich.
„DER Albus Dumbledore? Von dem Opa immer erzählt?", fragte die junge Frau mit Unglauben in ihrer Stimme.

„Du siehst deiner Großmutter sehr ähnlich.", meinte Dumbledore und strahlte sie an.
„Aber... aber... Sie... Opa hat gesagt, Sie wären schon lange tot.", stotterte sie und sah zwischen Hermine und dem Fremden hin und her.
„Nicht alles was tot erscheint ist verloren.", er sah über seiner Brille zu ihr und sie stand mit unschlüssiger Miene vor ihm.
„Hermine du wirst erwartet", wiederholte er, sein Blick verriet eine Menge und doch nichts.
Sie nickte, dann stand sie auf, nahm ihre Ziehenkelin in den Arm und drückte sie.
„Ich werde auf dich warten", sagte Hermine zu Amelie, dann verließ sie das Haus.
Sie stand noch unschlüssiger im Raum, sie verstand nun gar nichts mehr.

Als Hermine in den Garten lief erkannte sie einen Schatten in den Schatten.
„Warum kommst du so spät?", fragte Hermine anklagend.
„In Gedanken war ich immer bei dir", sagte Lazarus mit einem charmanten Lächeln, er ging zu ihr, nahm sie in den Arm und drückte sie fest.
„Du hast mir gefehlt.", meinte sie, als sie sich lösten.
„Entschuldige, dass ich solange nicht mehr bei euch war."
„OMA?!", Amelie war aus dem Haus gestürmt, nachdem sie sich aus dem Schock befreien konnte den Dumbledore in ihr ausgelöst hatte.
„Lazarus darf ich vorstellen, Amelie, Lily-Lunas Tochter, Amelie, Lazarus von Bethanien.", meinte Hermine, nachdem Lazarus sie prüfend angesehen hat.
„Guten Morgen", sage Amelie verdattert, verlor sich schnell in seiner Erscheinung, was Hermine schmunzeln ließ.
Ihr Schmunzeln wich allerdings von ihrem Gesicht, als sie Lazarus sah, er sah fasziniert zu der jungen Frau, die eine unheimliche Ausstrahlung hatte. Die Sonne tanzte in ihren Haaren, erleuchtete ihre hellbraunen Augen, die ihn interessiert ansahen.
Lazarus schluckte leicht, „Guten Morgen", seine Stimme war wieder die eines Engels und Hermine hätte schwören können, dass sie ein verträumtes Seufzen von Amelie gehört hatte.
Sie grinste in sich hinein, „ihr seht euch irgendwann wieder", sagte sie mehr zu Lazarus als zu Amelie, „wir müssen los."
Lazarus nickte leicht, konnte seine Augen nicht von Amelie lösen, die in der Zwischenzeit einige Schritte näher getreten war.

„Abraxas?", rief Hermine mit rauer Stimme laut in den Himmel, sie wartete ab.
Einige Momente später erschien aus dem nichts der geflügelte Hengst und ließ sich majestätisch in ihrem Garten nieder.
Amelie konnte ihren Augen kaum trauen, Hermine und Lazarus lächelten liebevoll, als sie ihn sahen.
Hermine ging langsam zu ihm und umarmte ihn.
„Eine letzte Reise alter Freund", sagte sie zu ihm, während sie durch seine Mähne strich. Er wieherte leise und stupste ihr vorsichtig in den Bauch.

Lazarus half ihr aufzusteigen, sie war eine alte Dame geworden und konnte nicht mehr so leichtfüßig auf den großen Hengst springen wie in ihren 20ern.
Sie sah zu ihrer Enkelin, „wir werden uns wiedersehen.", ein geheimnisvolles Lächeln legte sich über ihr Gesicht, Amelie sah ängstlich und verwirrt zu ihnen.
Der Abraxaner erhob sich und mit einem Knall war er verschwunden.

Das war die längste Reise, die Hermine und Lazarus je mit ihm gemacht hatten, sie wusste ganz genau, zu welcher Stelle sie musste, sie hatte es als junge Frau schon gesehen, aber nicht erkannt.
Als sie mit einem Knall im Innenhof von Hogwarts erschienen, wurde ihre Ankunft durch einen lauten Donnergroll übertönt, ein Sturm zog gerade über die Ländereien. Hermine und Lazarus sahen sich an und nickten sich zu.
Sie gingen durch die Eingangshalle in den Kerker und klopften an die schwere Holztür von Severus Räumen.
Albus öffnete ihnen mit einem erstaunten Gesichtsausdruck die Tür.
„Severus", sagte der Schulleiter und ließ die Gäste eintreten.
„Was ist?", fragte er kraftlos.
„Komm bitte ins Wohnzimmer, wir haben Besuch.", Dumbledores Stimme war interessiert. Hermine lächelte ihn an, ebenso wie Lazarus.

Nach kurzer Zeit erschien ein geknickter junger Severus. Hermines Augen erhellten sich, sie hatte fast vergessen, wie gut er mit 45 aussah.
„Guten Abend", sagte er skeptisch und sah zwischen Lazarus und ihr hin und her, „Lazarus?"
„Hallo Severus", meinte er freundlich, ging zu ihm und nahm ihn in den Arm.
„Wir müssen reden", sagte Lazarus und schob ihn auf die Couch.
Albus sah vergnügt zwischen den Anwesenden hin und her, er setzte sich neben Severus, Lazarus stellte sich an den Kamin und Hermine setzte sich auf den Sessel, musterte Severus.
„Es geht um dich und Hermine", sagte Lazarus.
„Sie ist weg...", sagte Severus mutlos.
„Sie kommt wieder", meinte die alte Hermine und schmunzelte.
„Entschuldigung aber... wer sind Sie überhaupt?", er sah sie erst böse an, dann interessiert.
„Mrs. Snape", sagte sie und hielt ihm zur Begrüßung die Hand hin.
Albus musste sich ein Grinsen verkneifen, Severus sah verdattert auf die Hand.
„Hermine Jean Snape", sie hielt ihm immer noch die Hand hin.
Severus nahm sie zögerlich, sah ihr intensiv in die Augen, Hermine ließ sie aufleuchten.
„Hermine", hauchte er ungläubig.
„Ich komme natürlich nicht als 100-jährige zu dir zurück.", sagte sie lachend, „Ich will, dass du zu mir zurückkommst.", sagte sie und ihr Lachen ebbte langsam ab.
Sie atmete tief durch, kramte den Brief aus ihrer langen Strickjacke, den sie am Morgen eingesteckt hatte und gab ihm den Zettel. Er las ihn schnell durch und schluckte, kleine Tränen sammelten sich in seinen Augen, als er zu ihr sah.

„Kann ich es sehen?", fragte er hoffnungsvoll.
„Was genau?", fragte sie rau und musterte sein Gesicht.
„Unser ganzes Leben", eine Träne rollte über seine Wange.
Hermine lächelte glücklich und nickte. Er nahm ihre zweite Hand und hielt sie fest, dann drang er in ihre Gedanken ein und sah die letzten 70 Jahre aus ihren Erinnerungen.
Stundenlang saß er da in Erinnerungen versunken, Hermines Augen glühten während der ganzen Zeit, es kostete sie viel Kraft, aber sie hielt durch für Severus. Albus und Lazarus kommunizierten mental um die beiden nicht zu stören.

Als Severus aus der Bilderflut auftauchte atmete er tief ein und aus, stand dann auf und stellte sich ans Fenster.
„Also... du willst, dass wir unsterblich werden damit... du keine grauen Haare bekommst?", fragte er mit einem unterdrückten Lachen.
Lazarus musste laut lachen, fing sich aber von Hermine einen bösen Blick ein, was ihn wieder verstummen ließ.
Sie stand schwerfällig auf und ging zu ihm, legte ihre Hand langsam an seinen Rücken, er drehte sich um und sah sie an.
„Nur ein Scherz", sagte er und legte ihr die Hände auf die Schultern.
„Würdest du das für mich machen?", fragte sie und sah ihn abwartend an.
„Mich von einem Vampir beißen lassen, unsterblich werden und die Ewigkeit mit dir verbringen ohne älter zu werden?", fasste er zusammen und lächelte.
„Severus überleg dir das gut... wir werden alle um uns herum sterben sehen."
„Solange ich dich nicht sterben sehen muss", er presste die Kiefer aufeinander, die Vorstellung allein war unerträglich.
Er zog sie zu sich und schloss sie in seine Arme, die Arme, die Hermine so vermisst hatte, sie nahm den ebenfalls so vermissten Kräuterduft wahr und atmete tief ein und aus.
Er löste sich leicht von ihr und sah sie an, dann schmunzelte er leicht.

„Ich würde dich ja gerne küssen, aber du erinnerst mich zu sehr an Minerva", dieses Mal lachten Albus und Lazarus auf.
„Unverschämtes junges Gemüse", sagte sie, musste dann selbst lachen.
„Dann wäre das ja geklärt", sagte Albus und klatschte in die Hände, er konzentrierte sich kurz und einige Zeit später klopfte es erneut an der Tür.
Dumbledore öffnete den Raum und ließ den jungen Lazarus herein.
„Albus du hast mich ger- was geht denn hier vor sich?", fragte er verdutzt, als er sich sah und eine sehr alt gewordene Hermine die vor Severus stand.
„Hermine?", er seufzte, „noch eine Zeitreise?", dann sah er zu seinem Ich, was ihn an schmunzelte.
„Ich glaube du weißt warum wir hier sind.", sagte Hermine, schloss die Tür magisch mit einer Handbewegung.
„Ich habe es befürchtet.... Zeigst du mir dein Leben bevor ich es dir nehme?", fragte er leicht dramatisch, Hermine lächelte freundlich, ließ ihn an ihrem Leben teilhaben, die intimen Stellen mit Severus versuchte sie dabei auszulassen.

„Ich habe Albus verwandelt?", fragte er geschockt, als er auftauchte.
„Ganz ohne mein Zutun...", meinte Hermine lachend. Lazarus sah musternd zu Albus, dieser zwinkerte ihm zu.
„Ich freu mich schon drauf", meinte der Schulleiter.
Lazarus schüttelte leicht den Kopf, dann sah er wieder zu Hermine.
„Die junge Frau am Ende...", fing er an.
„Amelie", nickte Hermine, „Lilys Tochter... Ginny wird in einigen Jahren ein Mädchen bekommen, Amelie ist ihre Tochter."
„Amelie", wiederholte der Vampir und seine Augen leuchteten leicht auf. Hermine grinste und freute sich.
„Du wirst sie wiedersehen", sie drückte seine Hand, der Lazarus aus Hermines Zeit grinste ebenfalls.

Alle Augen lagen auf dem „jüngeren" Vampir.
„Wirst du uns diesen Wunsch erfüllen?", fragte Hermine hoffnungsvoll, das Obsidian ihrer Augen leuchtete Amber auf.
„Ich vermute... das war die ganze Zeit unser aller Schicksal", er strich an ihrer gealterten Wange entlang.
Sie fiel ihm um den kalten Hals und drückte ihn mit Freudentränen in den Augen an sich. Er schloss leicht verzweifelt die Augen, lächelte sie aber an, als sie sich von ihm löste.

Nach einem ausgiebigen Gespräch und einem aufgestellten Plan verabschiedeten sich Lazarus und Hermine von seinem jüngeren Ich, Dumbledore und auch Severus.
Es fiel ihr sehr schwer ihn wieder zu verlassen und sah ihn ängstlich mit Tränen in den Augen an.
„Ich bleibe bei dir, solange du mich willst.", sagte er dunkel und sah sie eindringlich an. Sie schluckte den dicken Kloß in ihrem Hals runter und nickte, er nahm sie ein letztes Mal in den Arm, dann verließen Hermine und Lazarus die Kerker und die Eingangshalle und liefen über die Ländereien.
„Die Sonne geht bald auf", sagte Lazarus und sah zu Hermine, sie schmunzelte und nickte, er blieb kurz stehen, drehte sich noch einmal zum Schloss und bewunderte die Schönheit der Mauern in der aufgehenden Sonne, Hermine ging schon vor und verschwand im Wald.
Er wandte sich wieder den Bäumen zu und lief weiter.

„Lazarus?", fragte eine Stimme vorsichtig, er drehte sich zu der Quelle und erkannte die junge Hermine, er sah sie freundlich an, Hermine ging auf ihn zu.
„Guten Morgen", meinte er mit einem Lächeln.
„Was machst du hier?", fragte Hermine neugierig.
Er wollte gerade antworten, als die alte Hermine aus dem Wald trat und sie ansah.
Die junge Hermine musterte sie und sah sie interessiert aber leicht verwirrt an.
„Hallo Hermine", sagte sie mit einer rauen freundlichen Stimme.
„Sie kennen mich?", fragte ihr jüngeres Ich überrascht.
„Ja, sehr gut sogar, aber offenbar hast du vergessen, wer ich bin.", sagte sie mit leicht trauriger Stimme, sie konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie es war, als sie ihre Erinnerungen verloren hatte.
„Das tut mir leid... ich habe wohl sehr viel vergessen...", sagte die junge Hermine nachdenklich, mehr zu sich, als zu der alten Frau.
Die alte Hermine lächelte sie wissend an, „in meinem Alter vergisst man ständig Sachen... ich weiß, wie du dich fühlst.", sie lachte leicht. „Aber irgendwann, fällt einem das Vergessene wieder ein."
Hermine lächelte sie schief an.
„Ich glaube nicht, dass mir das alles wieder einfällt... und selbst wenn, ich habe vermutlich das Wichtigste in meinem Leben verloren... und ich weiß es nicht mal.", sie drehte sich leicht zu Lazarus und blickte zu ihm, er sah sie musternd an.
„Es hilft, das Verlorene an Orten zu suchen, die man kennt... such da, wo Liebe ist.", sagte die Weißhaarige mit einer unbezweifelbaren Weisheit, ihre Augen blitzten auf. Hermine legte eine Hand auf den Arm ihres jüngeren Ichs und drückte ihn liebevoll.
„Und jetzt geh rein und zieh dir bitte etwas an Kind.", sagte sie, „Lazarus, ich glaube wir können gehen.", sie sah ihn an. Er lächelte, seine Augen glitzerten.
Er verabschiedete sich von der jungen Hermine und zusammen gingen er und die alte Hermine in den Verbotenen Wald.

„Ich wusste damals nicht, dass ich es war", sagte sie nachdenklich, als sie den Pfad zu der Lichtung nahmen.
„Du wusstest damals sehr vieles nicht.", sagte er schmunzelnd und half ihr über eine hohe Wurzel.

Als sie auf der Lichtung ankamen wartete Abraxas bereits auf sie, er trabte fröhlich zu ihnen. Hermine ging zu ihm und legte ihre Arme um seinen Hals.
„Danke für alles!", sie strich über sein goldiges Fell, er wieherte leicht, dann half ihr Lazarus aufzusteigen.
Sie atmete einmal tief ein und aus, eine alles durchdringende Nervosität legte sich um sie, sie hoffte, dass ihr Plan aufgehen und Lazarus zu seinem Wort stehen würde.
„Alles in Ordnung?", fragte Lazarus besorgt, er spürte ihre Gefühle.
„Schlimmstenfalls wird alles gut.", sagte sie, sie war bereit, atmete noch einmal die Angst weg und schloss die Augen, konzentrierte sich.

Abraxas erhob sich, ein lauter Knall und ein grell blendendes Licht erfüllte die Lichtung, Lazarus wurde geblendet und auch Hermine sah nicht mehr viel.
Ein ganz merkwürdiges Gefühl legte sich um beide, sie wurde weiter in das Licht gezogen, was eigentlich von ihr ausging und verlor sich in der Leichtigkeit des Seins.
Für gefühlte Tage war es ruhig um sie und in ihr.

Mit einem tiefen Atemzug wachte sie auf und entfloh dem Druck, der sich wieder um ihren Körper gelegt hatte.
Panisch nahm sie weiter tiefe Atemzüge und konnte sich nur langsam beruhigen. Sie schloss die Augen und fühlte in sich.
Sie versuchte sich zu orientieren, sah als erstes auf ihre Hand, ihr glitt alles aus dem Gesicht.
Ihre Hand war jung und schön, wie in ihren 20ern, keine Altersflecken, keine Falten. Ein filigraner goldener Ring zierte ihren Ringfinger, ineinander verschlungene Schlagen mit roten Saphiren, die im Licht der Sonne glänzten.
Sie spürte einen leichten Druck auf ihrer Brust und fühlte, ein Edelstein an einer magischen Kette lag auf ihr. Sie schloss die Augen und atmete tief ein und aus und stellte etwas fest. Da war er wieder.
Der Kräuterduft, Severus Kräuterduft.

Sie schlug die Augen auf und sah zur Seite.
„Guten Morgen", kam es dunkel und samten von ihm, seine schwarzen Augen lagen auf ihr, seine vollen Lippen wurden von einem Lächeln umschmeichelt.
„Severus", sagte sie glücklich, sie musterte ihn. Er war nicht älter als 45, ein beinahe faltenfreies Gesicht, schwarze Augen mit einer glühend lila Linie um die Iris, sie streichelte seine Wange, er war warm, dann besah sie sich seinen Hals.
Eine Handbewegung später war die übliche Maskerade verschwunden.
Die Bissstellen, die er einst Nagini verdankte, wurden durch zwei parallelverlaufende Bisspunkte überdeckt, von ihnen strahlten eisblaue Adern in seinen Hals. Hermine strich darüber und stellte fest, dass der ehemalige Eisstrom mehr ein Lavastrom war, es fühlte sich sehr heiß an. Er lächelte, als er sie beobachtete.
Sie ließ ihre Hand sinken, ihre Augen flogen über sein Gesicht, ihre Gedanken rasten. Dann fasste sie an ihren Hals und erfühlte zwei Narbenpunkte.
Ein breiter werdendes Lächeln erhellte ihre leicht verwirrten Gesichtszüge und sie sah zu ihrem Mann.
„Willkommen in der Ewigkeit", sein dunkler Bariton hallte durch ihren Körper, legte sich wie schwarzer Honig um sie.
„Ich liebe dich", hauchte sie, bevor sie ihre Lippen auf seine legte und in einen leidenschaftlichen Kuss versank.
Sie löste sich von ihm, sah ihm tief in die Augen und drückte sich an ihn, er legte sein Gesicht in ihre Locken und atmete tief ein und aus.
„Dieser Blumenduft", sagte er dunkel und genüsslich und strich über ihren Rücken.
„Den wirst du jetzt für immer riechen", sagte sie, strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht und lachte gelöst.

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