Kapitel 196: Grenzen


„Albus", fing Severus an, seine Stimme war rau, seine Augen rot und angeschwollen.
Albus hob die Hand und schüttelte den Kopf, seine Augen schienen ebenfalls zu glänzen, sein Gesicht war traurig, er ging zu Severus und zog ihn in eine tröstende Umarmung.
Zusammen gingen die beiden Männer kurz vor die Tür, es regnete zwar immer noch, aber Severus brauchte frische Luft und Albus wollte ihn nicht alleine lassen.
Beide sagten kein Wort, zu tief saß die Trauer und der Schock.

Nach einer Weile gingen sie wieder rein, beide waren komplett durchnässt, aber Severus war es egal.
Er ging zurück zu Hermine, Albus würde sich wieder hinsetzen und warten.
Als er das Zimmer betrat in dem Hermine lag, lag sie ruhig im Bett, sie war allerdings wieder aufgewacht und starrte aus dem Fenster. Sie sah zu ihm, als er sich dem Bett näherte.
„Du bist nass", sagte sie leise, ihr Blick war besorgt.
„Ich brauchte kurz frische Luft", seine Stimme war immer noch rau.
Sie hob eine Hand und hielt sie ihm hin. Er lächelte leicht, nahm ihre Hand und setzte sich wieder auf die Bettkante. Er musterte sie. Sie sah ihn traurig an.
„Trockne dich bitte ab", sagte sie traurig. Einen Zauberstabschwenker später war er komplett trocken. Sie drückte seine Hand.
„Es tut mir so leid", flüsterte sie, er schluckte und drückte ihre Hand.
„Du hast nichts falsch gemacht!", protestierte er leise.
„Es war mein Blut", sagte sie und fing wieder an zu weinen.
Er zog sie wieder zu sich und hielt sie einfach nur fest. Sie weinte wieder heftig an seiner Brust und schluchzte.
„Ich mache dir keine Vorwürfe und das solltest du auch nicht! Du kannst nichts dafür Hermine. Bitte, hör auf so etwas zu denken.", er strich über ihren Nacken, drückte sie an sich.
„Wie lange musst du noch hier bleiben?", fragte er und strich über ihre Schultern.
„Ich weiß nicht...", sagte sie schluchzend.
„Soll ich mal nachfragen?", fragte er und suchte ihren Blick, als er sich löste.
Sie nickte und strich sich die Tränen aus dem Gesicht. Severus nickte, küsste ihre Stirn, stand dann auf.

Er räusperte, straffte sich und ging zurück auf den Flur um eine Medihexe zu suchen. Nicht lange und er fand eine junge Frau.
„Entschuldigen Sie, wie lange muss meine Frau noch hier bleiben?", seine Miene war kühl.
„Oh...Professor Snape... wir konnten die Blutung stoppen, wenn sie genug Kraft hat, dann kann sie heute noch nachhause, aber sie sollte regelmäßig zur Kontrolle.", sagte sie vorsichtig. Das wäre kein Problem dachte sich Severus, Poppy war ja auch noch da.
Er nickte ihr zu, wandte sich dann wieder ab.
„Sir...", sie sprach ihn an, er drehte sich ihr noch einmal zu, „es tut mir wirklich sehr leid. Falls Sie wissen möchten, was genau passiert ist....", sie formulierte das Angebot als leichte Frage und wartete auf seine Antwort. Er nickte und hörte ihr aufmerksam zu.
„Ich glaube Ihre Frau denkt, dass es ihr Blut war, woran Ihr Sohn erstickt ist... aber... er war krank.
Morbus Osler, eine sehr seltene Gefäßerkrankung, die vor allem die Blutgefäße der Haut und Schleimhaut betrifft... die Gefäßwände sind dünnhäutig und erweitert und können deswegen schneller einreißen. Es ist wirklich sehr selten, vor allem für einen Fötus im Mutterleib... es tut mir wie gesagt sehr leid. Vielleicht hilft diese Informationen Ihnen mit der Trauer umzugehen.", sagte sie herzlich, ihr Mitgefühl wirkte aufrichtig.
„Danke", sagte Severus rau, drehte sich langsam wieder um und ging zu Hermine zurück.

Als er das Zimmer betrat saß sie auf der Bettkante, hielt sich sanft den Bauch.
„Hast du Schmerzen?", fragte Severus besorgt und suchte ihren Blick.
„Nein", hauchte sie. Er ging zu ihr, nahm sie in den Arm, zauberte ihr ihre Kleidung an und zog sie an der Hand langsam aus dem Zimmer.
Albus stand auf, als er beide aus dem Flur zu ihm kommen sah, Hermine sah traurig auf den Boden, Severus hielt sie nah bei sich. Albus schwieg bedächtig, er verstand, dass niemand der beiden reden wollte und akzeptierte ihre Entscheidung vollkommen.
„Wollt ihr nach Hogwarts oder nach Spinner's End?", fragte er leise, als sie aus dem Hospital gingen.
„Spinner's End", sagte Hermine leise, Albus nickte und legte beiden eine Hand auf die Schulter. Keine Sekunde später standen sie an Severus Haus, Albus verabschiedete sich von beiden und langsam gingen sie in das Warme.

Hermine stand unbeholfen im Wohnzimmer, sie wusste nichts mit sich anzufangen. Sie fühlte sich leer und irgendwie nutzlos. Ihr fehlte das Gefühl, von Magnus in ihrem Bauch, die kleinen Tritte, die Magie, die jeden Tag stärker wurde. Er fehlte ihr, obwohl er nicht einmal richtig da war.
„Möchtest du alleine sein?", fragte Severus sie vorsichtig und leise.
„Nein!", sagte sie laut und drehte sich zu ihm, „Lass mich bitte nicht allein.", die Trauer war wieder da, legte sich über Hermine.
Er schob Hermine zur Couch, entfachte ein Feuer im Kamin und setzte sich neben sie. Sie sah ihn wieder so schüchtern an, wie auch am ersten Abend in ihrem Urlaub, als hätte sie Angst vor seiner Reaktion, dass er sie wegschieben würde.
Langsam legte sie ihre Arme um seinen Oberkörper und den Kopf auf seine Brust.
Er zog sie näher zu sich, legte eine Hand an ihren Arm, die andere auf ihren Rücken, er strich beruhigend auf und ab, legte seine Wange auf ihren Kopf.
„Es war nicht deine Schuld", sagte er nach einer Weile, er spürte die Bewegung, die durch sie ging, sie verkrampfte sich leicht.
„Ich habe mit einer Medihexe gesprochen... er war krank. Eine seltene Gefäßerkrankung, es hätte jederzeit passieren können. Vielleicht bei seiner Geburt, vielleicht an seinem ersten Geburtstag, vielleicht erst wenn er 80 geworden wäre... es war nicht deine Schuld.", sagte er sanft und dunkel.
Hermine schluchzte auf.
„Es ist wirklich schlimm, dass es überhaupt passiert ist, aber ich kann es nicht ertragen, dass du dir dafür die Schuld gibst.", seine Stimme zitterte.
„Ich kann jeden retten, nur nicht mein eigenes Kind.", sagte sie weinend und krallte sich in sein Hemd.

Er schluckte, auch wenn er es anders sah, er verstand ihren Punkt und dieses Argument stützte ihre These und Einstellung. Er schloss verzweifelt die Augen und hielt sie fest. Keiner der beiden wusste in diesem Moment genau, wer wessen Halt und Stütze war. Sie gaben sich gegenseitig Kraft und Liebe um dieses furchtbare Erlebnis hinter sich lassen zu können.
Als Hermine nach einigen Stunden wieder kraftlos eingeschlafen war, nahm Severus sie auf die Arme und brachte sie ins Schlafzimmer. Er zauberte ihr einen Pyjama an, genau wie sich selbst auch und legte sich neben sie ins Bett.
Er starrte zur Decke und atmete tief ein und aus, heiße Tränen liefen aus seinen Augen und rannen seine Wangen hinunter. Er musste sich zusammenreißen, nicht loszuschreien.
Hermine war zwar eingeschlafen, wachte aber wieder auf, als er sie ins Bett legte und umzog und sich dann selbst hinlegte.
Sie sah wie er zur Decke blickte und Tränen über sein Gesicht liefen.
Eine Weile sah sie seiner Trauer zu, sie konnte nichts sagen oder sich bewegen, auch wenn sie sich dafür verfluchte, dass sie ihn nicht tröstete. Als sie sich endlich aus ihrer Starre befreien konnte, strich sie ihm den nicht versiegen-wollenden Tränenstrom von der Wange, robbte sich zu ihm und legte ihre Lippen auf seine.

Severus war erschrocken, er wusste nicht, dass sie wach war, er wollte nicht, dass sie ihn so sah und war kurz überfordert, als sie ihn küsste. Sie löste sich von ihm und sah ihn an, spürte, dass es ihm nicht ganz recht war, dass sie ihn gesehen hatte.
„Wir schaffen das... zusammen.", sie strich ihm wieder die Tränen weg und küsste die nasse Haut. Er nahm sie in seine Arme und vergrub sein Gesicht in ihren Locken. Arm in Arm schliefen die beiden gemeinsam ein und träumten beide von ihrem kleinen Baby, dass niemals das Licht der Welt erblicken würde.

Die Träume, die sie hatten halfen ihnen bei ihrer Trauer, sie nahmen ihnen den schlimmsten Schmerz, der ihre Seelen bedrückte und gab ihnen eine schöne Erinnerung an ihren kleinen Magnus, wenn auch nicht ganz real.

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