Kapitel 172: Lazarus - Lucifer ?


Hermine träumte von dunkelgelben Augen mit einer lila Linie um die Iris, von dunklen Locken mit einer silbernen Strähne, von Flügeln, die aus seinem Rücken kamen.
Sie fragte sich im Traum, ob er wohl eigentlich ein Engel wäre, es passte zumindest alles zusammen.
Auch wenn er sich selbst als Monster sah, vielleicht war er ein gefallener Engel, ebenso wie Lucifer.
Lazarus- Lucifer- vielleicht ist es ja ein und dieselbe Person, dachte Hermine in ihrem Traum. Ein gefallener Engel, sie schmunzelte im Schlaf, was Lazarus sah und lachend den Kopf schüttelte.

Die Stunden vergingen und Hermine schlief und schlief, Lazarus konnte sehen, wie ihre blasse Haut nach und nach wieder an Farbe gewann.
Sie schlief sich wieder gesund, lud die entladenen Batterien wieder auf.
Das Vergessen musste ihr viel Kraft entzogen haben, diese Emotionen ohne Informationen. Lazarus wusste nicht, dass Hermine immer mehr Erinnerungen hatte, er hatte nur eine verwirrte Hermine auf dem Schlossgelände wahrgenommen, ihre Gedanken waren mehr als durcheinander.
Er hörte, dass sie zu sich nachhause wollte und etwas suchen musste.
Als sie nach Stunden nicht zurück kam, hatte er beschlossen nachzusehen und das keine Sekunde zu früh.

Die Nacht wich dem Morgen und Hermine schlief immer noch, die gold-roten Strahlen der Sonne legten sich auf das Dunkelblau des Himmels und schoben die Dunkelheit zurück. Lazarus' Augen lagen immer noch auf Hermine, die kleinen Adern ihrer Haut füllten sich langsam wieder mit Blut.
Ihre Augen wirkten ein wenig eingefallen, aber sehr viel weniger, als noch am Abend.
Er spürte die Wärme, die von ihr ausging, die am Abend zuvor ebenfalls gefehlt hatte.
Lazarus hörte ihren Magen knurren und fragte sich, wie lange sie wohl schon nichts mehr gegessen hatte. Er sah sie noch einmal prüfend an, dann stand er langsam auf, ging zur Tür, ließ sie offen und ging zur Küche.
Er wollte ihr etwas zu Essen machen, er vermutete, dass sie einen Bärenhunger hatte, wenn sie wieder aufwachte. Er kochte alles, was man sich nur wünschen konnte und das völlig ohne Magie.
Lazarus war ein begnadeter Koch, es war fast wie einen Zaubertrank zuzubereiten, nur nicht ganz so ernst.

Als der Duft des Essens durch die Wohnung waberte und an Hermines Nase drang, wachte sie langsam auf.
Sie schlug die Augen auf, die Lider waren immer noch schwer, sie fühlte in ihren Körper, jeder Zentimeter tat ihr weh, sie fühlte sich, als wäre sie über Nacht um 50 Jahre gealtert. Sie streckte die Finger, sie waren kraftlos und müde. Hermine drehte den Kopf zur Seite, Lazarus war nicht da, war er überhaupt da? War er vielleicht nur ein Traum gewesen?
Sie dachte daran, wie sie ihn gestern gesehen hatte, mit Flügeln in einem Lichtschein.
„Lazarus?", fragte sie leise und kraftlos. Sie hörte ein Klirren in der Küche, dann schnelle Schritte, die sich dem Schlafzimmer näherten. In der Tür stand ein besorgt blickender Lazarus, sah auf Hermine, in der Hand hielt er einen Kochlöffel.
„Bist du doch da", sagte sie und lächelte glücklich aber matt.
„Ich hab dir doch versprochen, dass ich hier bleibe", sagte er und strahlte sie an.
„Was machst du da?", fragte sie, als sie den Kochlöffel in seiner Hand sah.
„Ich koche für dich.", sagte er und kam näher. Hermine stöhnte leicht auf.
„Du bist wirklich ein Engel.", sagte sie und versuchte sich aufzusetzen, aber die Kraft fehlte.
Lazarus half ihr, sie lehnte an der Bettwand, er holte einen Stärkungstrank und gab ihn ihr.
„Soll ich dich rüber bringen?", fragte er und musterte ihr Gesicht. Sie nickte und lächelte. Er wollte gerade seine Arme unter sie legen und sie zu sich ziehen, als sie eine Hand an seine Schulter legte und ihn ansah.
„Ich will versuchen zu laufen", sagte sie erklärend und lächelte.
„In Ordnung", sagte er, half ihr aufzustehen und stützte sie.

Sie war etwas wackelig, ihre Beine mussten sich wieder an ihr Gewicht gewöhnen und nach ein- zwei Schritten, ging sie mit seiner Hilfe langsam ins Wohnzimmer. Er setzte sie auf einen Stuhl, ging schnell in die Küche und füllte ihren Teller mit allerlei Essen.
Hermine lief das Wasser im Mund zusammen, als sie die Köstlichkeiten sah. Hastig aß sie den ganzen Teller auf, sein Essen war unfassbar lecker, ich muss unbedingt mal mit ihm Kochen, dachte sie sich und lachte leicht bei dem Gedanken.
Lazarus musterte sie mit einem weichen Lächeln auf den Zügen.
„Es ist so schön dir zuzusehen", sagte er und seine Augen blitzten auf. Hermine legte die Gabel beiseite, wischte sich den Mund mit einer Serviette ab und sah ihn an.
„Danke", sagte sie, „für alles. Dass du hier bist, dass du für mich gekocht hast, dass du da warst, als ich jemanden brauchte.", sie war froh, dass er bei ihr war. Lazarus nickte und lächelte sie an.
„Ich kann mich wieder an einige Sachen erinnern", sagte sie und strahlte umso mehr.
„Das ist fantastisch.", gab er zurück. Er stand auf, nahm ihren Teller und wollte ihn in die Küche bringen, „möchtest du noch etwas essen?"

„Nein danke", sie sah ihn an, er sah irgendwie traurig aus, auch wenn er sich vermutlich wirklich für sie freute. Sie stand ebenfalls auf, ging ihm hinterher, als er erkannte, dass sie ihm gefolgt war, ließ er fast den Teller fallen, drehte sich zu ihr und stützte sie.
„Es geht schon", sagte sie und hielt sich bei ihm fest. Er suchte ihren Blick, strich ihr über den Arm.
„Lazarus...", sagte sie leise, „wir wissen beide, dass du mir viel bedeutest, auch, wenn ich noch nicht alle Erinnerungen habe...", er sah sie an und hörte aufmerksam zu, „ich hoffe du wirst immer in meinem Leben bleiben... als Freund.", sie musterte ihn.
Sie spürte den Schmerz in ihm, aber da war noch etwas anderes.
War es Dankbarkeit?

„Du liebst ihn", sagte er und nickte, „das verstehe ich. Und noch mehr verstehe ich, dass er dich liebt.", er sah sie an, sie lächelte leicht. „Ihr gehört zusammen."
„Ja, das tun wir...", meinte sie. Hermine ging einen Schritt auf Lazarus zu, nahm ihn in den Arm, er tat es ihr gleich.
„Ich werde... immer für dich da sein, mein Leben lang.", sagte er, Hermine drückte ihn, sie hatte Tränen in den Augen, sie war dankbar und glücklich.
„Ich weiß", meinte sie leise, legte eine Hand in seinen Nacken, auf die kalt sanfte Haut. Wie Rosenblätter. Kalte, eingefrorene, unveränderliche, sanfte Rosenblätter.

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