Kapitel 1: Erinnerungen
Es rieselte leise aber beständig an das Fenster der kleinen Wohnung, direkt unter dem Dach. Kleine Tropfen, die sich sammelten, zu größeren wurden und irgendwann die Fensterscheibe runterliefen.
Draußen wog sich die alte Weide im Wind und das Haus pfiff leicht aus den Ritzen. In einer gemütlichen warmen Ecke lag ein Kater eingerollt und schnurrte vor sich hin. Es war friedlich. Friedlich.
Hermine öffnete leicht die Augen und kniff sie wieder zu, ihr braunen Locken hingen ihr wild ins Gesicht. Die Sommersprossen waren nach all den Jahren nicht weniger geworden wie sie gehofft hatte, aber mittlerweile hatte sie sich mit ihnen angefreundet.
Es war der Tag, vor dem Hermine sich schon all die Wochen in ihrem Haus hatte verstecken wollen. Der Tag, von dem sie nie dachte, dass er kommen würde. Ihr Leben war ruhig, geordnet. Sie hatte einen tollen Job im Ministerium und sah ihre Freunde fast jeden Tag, entweder bei der Arbeit oder sie trafen sich bei einem der drei zuhause.
Harry und Ginny hatten eine schöne Wohnung in ihrer Nähe und Ron lebte immer noch im Fuchsbau.
Sie setzte sich auf, Krummbein miaute als er erkannte, dass sein Frauchen wach war.
„Du kriegst gleich was zu fressen!", sagte sie noch leicht schlaftrunken.
Sie war gestresst und aufgeregt und hatte so gar keine Lust auf den Tag, der ihr bevorstand.
Heute war der Tag, an dem sie nach den ganzen Jahren, nach allem was passiert war, wieder nach Hogwarts sollte. Sie sollte Professor McGonagall, die nach Professor Dumbledores Ableben die Stelle der Schulleiterin übernommen hatte, bei einem Projekt helfen, welches vom Ministerium unterstützt wurde.
Eigentlich hatte sie nichts gegen Hogwarts und McGonagall, sie liebte es dort. Ihre Kindheit und alles, was sie gelernt hatte war dort. Sie hatten zusammen Voldemort besiegt und die Zauberer-Welt vor einer großen Katastrophe bewahrt.
Nach der großen Schlacht um Hogwarts, den zahlreichen Verletzten und Toten, die sie betrauern mussten, bauten alle zusammen das einstige Schloss, ihr aller Zuhause wieder auf. Sie verarzteten die Verletzten und verabschiedeten sich von den Toten in einer wunderschönen bedächtigen Zeremonie. Viele Tränen sind damals geflossen, mit dem Wissen, dass alle diese Personen nicht umsonst gestorben waren.
Eigentlich war es nur den Schulleitern von Hogwarts erlaubt ein Bild im Schulleiter Büro zu bekommen, aber Professor McGonagall bestand darauf, dass Fred, Tonks und Remus ebenfalls ein Bild bekamen.
Mr und Mrs Weasley wurden für ihre besondere Tapferkeit und ihren schweren Verlust ausgezeichnet. Neville ging nach seinem Studium zurück nach Hogwarts und lehrte dort als Professor, er war bei den Schülern am beliebtesten.
Harry und Ron wurden Auroren und arbeiteten seitdem im Zaubereiministerium, trotz dessen, dass Voldemort vernichtet war, tauchten hier und da ehemalige Gefolgsleute auf und versuchten die wohl gehütete Freiheit stürzen zu wollen.
Harry war unfassbar mächtig und geschickt im Kampf, Remus und Sirius wären unheimlich stolz auf ihn dachte sich Hermine.
Ron war sehr gut darin aufzuspüren und Verstecke zu finden. Er hatte den Deluminator den Dumbledore ihn vor all den Jahren geschenkt hatte immer noch und trug ihn immer bei sich, er hatte das Gefühl, dass ein Teil von Dumbledore dadurch bei ihm war und es machte ihn sicherer.
Harry und Ginny lebten in einer schönen Wohnung mit viel freier Fläche, ähnlich wie dem Fuchsbau, Ginny passte zuhause auf Teddy auf, verbrachte mit ihm viel Zeit bei ihrer Mutter Molly, ging oft nach Hogwarts mit ihm, da Harry der Pate von Remus und Tonks Kind war, während Harry sich in Gefahr brachte und weiter die „bösen Jungs" zur Strecke brachte, gemeinsam mit Ron, es hatte sich kein Stück verändert.
Als Hermine über all das nachdachte kamen ihr die Tränen. Es war so viel passiert, so viel Schreckliches, so viel Unglaubliches. Aber irgendwie schafften sie es alle, das Beste aus ihrem Leben zu machen.
Rückblick
Als Hermine damals nach der Schlacht paralysiert durch die Trümmer von Hogwarts lief und nicht fassen konnte was passiert war, fühlte sie sich plötzlich von einer Anziehung ergriffen.
Sie steuerte zum Ufer des Sees, in der Nähe des kleinen Bootshafen. Dort wo Nagini Snape gebissen hatte, ihr kamen die Tränen. Snape hatte in seinen letzten Minuten seine wichtigsten Erinnerungen an Harry gegeben und somit die ganze Wahrheit preisgegeben, die er jahrelang mit sich trug.
Er liebte Lily und hatte Harry die ganze Zeit beschützt, um Lilys Willen, aus Schuldgefühlen ihr gegenüber. Snape hasste Harry nicht, weil er wie James war, er liebte ihn, weil er Lilys Augen hatte.
Hermine ging schnellen Schrittes zu der Stelle, von der die Anziehung auf sie offenbar ausstrahlte.
Als sie an das Ufer kam sah sie etwas liegen, zwischen dem Schilf, ein schwarzer Umhang und einen Körper. Sie rannte zu ihm. Es war Snape, er lebte, trotz Naginis Gift lebte er, Hermine wusste nicht wie das möglich war, das Gift der Schlange war genauso tödlich wie jener Unverzeihlicher.
Hermine kniete sich hastig zu ihm, begutachtete seine Verletzungen. In seiner Hand hielt er eine Ampulle auf der das Wort „Nagini" stand. Hermine heilte die Wunde am Hals, Snape machte den Mund auf, sie konnte aber nicht verstehen was er sagte. Er war zu schwach. Sie beugte sich nah an seine Lippen und er flüsterte „Nagini", Hermine kombinierte blitzschnell und goss ihm die Flüssigkeit in den Mund, die das Gegengift sein musste, er war der Meister der Zaubertränke, er hätte durchaus ein wirksames Gegengift herstellen können, er wusste wahrscheinlich, dass dies sein Schicksal sein würde.
Snape zuckte wild, machte schreckliche Grimassen und schlussendlich kam das Gift in einem schwarzen Nebel aus seinem Mund und löste sich auf. Snape atmete heftig ein und aus und riss seine dunklen fast schwarzen Augen weit auf und blickte in den Himmel. Plötzlich riss er seinen linken Unterarm an sein Gesicht und begutachtete ihn.
„Es ist weg.", flüsterte er, ließ den Arm wieder sinken. Hermine hätte schwören können, dass sich Tränen in seinen Augen sammelten als er diese schloss.
Sie sagte nichts, sie wollte ihm einen kurzen Moment Ruhe gönnen und blickte zu Boden, da fiel ihr Blick auf seinen Unterarm, der nicht wie sonst von seiner schwarzen Robe verdeckt war.
Sein Unterarm war rein, da war nichts zu sehen. Es war nichts zu sehen, es war weg. Sie wiederholte seine Worte in ihrem Kopf. Das Dunkle Mal ist weg, das meinte er. Er war frei, frei von seiner Schuld, von Voldemort, von den quälenden Gedanken die sein ganzes Leben bestimmten seit so vielen Jahren. Hermine freute sich und auch in ihren Augen sammelten sich Tränen, auch wenn sie ihn vorher nicht besonders mochte, sie freute sich für ihn.
Als sie aufblickte starrte sie direkt in seine dunklen Augen, trotz Allem strahlten sie immer noch etwas Gefährliches aus. Wie eine Raubkatze die ihren Feind betrachtete. Sie errötete als sie dachte, dass er sie wohl schon eine ganze Zeit beobachtet haben würde.
„Ich verdanke dir mein Leben", riss sie eine sonore dunkle samtene Stimme aus ihren Gedanken. Hermine saß wie angewurzelt da, er duzte sie, er dankte ihr. Hermine konnte nichts sagen, sie nickte einfach und endlich kam ihr Körper wieder in Bewegung. Sie nahm ihren Zauberstab und sprühte rote Funken in die Luft, um die Sanitäter auf sie aufmerksam zu machen. Snape bräuchte jetzt vor allem Ruhe.
Die Retter kamen samt McGonagall und Harry und bahrten Snape auf. McGonagall brach vor Freude in Tränen aus was Hermine vorher noch nie gesehen hatte, nahm Hermine in den Arm und verkündete „250 Punkte für Gryffindor!", die Leute um sie herum schauten sie an. Dann verfielen alle zusammen in ein erleichtertes und losgelöstes Lachen. Sogar Snape musste schmunzeln. Sie nahmen ihn mit nach oben ins Schloss, wo die Reparaturen in vollem Gange war.
Hermine und Harry gingen zusammen nach oben, als Harry sie am Arm festhielt und sie ansah, „woher wusstest du, dass er noch lebt? Der Biss hätte ihn töten müssen."
Hermine sah Harry verwirrt an, „ich weiß es nicht, es war als hätte mich etwas zu ihm gezogen und mir den Weg gezeigt. Was glaubst du war das?"
„Ich weiß es nicht Hermine. Aber ich bin froh, dass du ihn gefunden hast, ganz ehrlich.", Harry lächelte und nahm sie in den Arm, gab ihr einen Kuss auf die Wange und ging zu den anderen ins Schloss.
Hermine drehte sich zurück zu dem Ort an dem Snape lag. Sie wusste nicht wie und was passiert war. Aber sie fühlte sich erleichtert und glücklich. Sie hatte seine warmen schwarzen Augen vor sich, seine Lippen, die sich leicht öffneten und schwach Nagini flüsterten, in ihrer Magengrube machte sich ein warmes Gefühl breit.
Snape lag viele Tage im Krankenflügel und Madame Pomfrey gab ihr Bestes den Meister der Zaubertränke wieder fit zu kriegen. Hermine stand oft im Eingang zum Krankenflügel und beobachtete aus einer Entfernung das Geschehen. Jeden Tag schien Snape wieder etwas gesünder auszusehen und stärker zu werden, er lag unter einer magischen Atmosphäre, die ihm wieder Kraft gab, Professor McGonagall persönlich führte den Zauber aus und besuchte ihn oft.
Sie erzählte viel von Professor Dumbledore und was für tolle Einfälle er immer hatte. Hermine ertappte sich immer öfter dabei wie sie an Snape dachte und fing jedes Mal an zu lächeln. Dann schüttelte sie die Gedanken wieder von sich, das ist nur eine Nebenwirkung, durch zu viel Glück und Frieden! Sie konnte ihn ansonsten doch gar nicht leiden. Nicht Severus Snape.
Noch bevor Snape aufwachte packte sie ihre Tasche, verließ Hogwarts und suchte Schutz und Unterschlupf im Fuchsbau. Mrs Weasley nahm sie selbstverständlich auf und für eine lange Zeit sollte Hermine nicht mehr an Hogwarts oder Snape denken, sie verbot es sich und es klappte lange gut.
Ihr ging es gut. Sie bezog einige Zeit nachdem sie zu den Weasleys flüchtete eine eigene Wohnung, begann ihr Studium und nahm schließlich den Job im Ministerium an. Sie war glücklich.
Bis zu diesem Tag.
Der Tag, an dem sie zurück musste, ihn wiedersehen musste.
Nach den ganzen Jahren.
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