Tipps: Leset und lernet: Herrscherhöfe, Adelstitel, Macht und Politik 1.1/4

Ich habe das alte Kapitel dazu zurückgezogen und überarbeitet, weil es zu lang war und werde es nun in kleinere Abschnitte unterteilen. Mit zusätzlichen Themenüberschriften! Schließlich möchte ich ja, dass ihr euch auch merken könnt, was ihr lest und findet, was ihr sucht, wenn ihr nachschlagen wollt. Das muss hinter meinem Bedürfnis nach euren Sternchen und Kommentaren leider zurückstehen... und ist nicht als Respektlosigkeit gemeint.
Außerdem habe ich gesehen, dass Wattpad die Güte besaß, ein paar Absätze wegzulassen... vielleicht gingen die beim Zwischenspeichern verloren. Also noch mal.

Warum Adelsränge manchmal nur dafür da sind, damit kleine Mädchen glauben, sie könnten eine echte Prinzessin sein - und sich dabei wie eine verzogene Bürgerliche aus dem Hinterland benehmen?

Ehrlich, ich weiß nicht, wie ich das hier nennen soll, weil mich die Interpretation des Themas oft so aufregt. Wenn die Autoren es nicht schaffen, eine in sich funktionierende Welt aufzubauen, funktioniert auch der Rest nicht. Das gilt für Heldenfiguren, für Adelsränge, für magische Konzepte und viele andere Bereiche der Geschichte, die zum sogenannten Worldbuilding (Weltenbau) gehören. Wer will, dass seine Geschichte dazu einlädt, beim Lesen die Realität zu vergessen, MUSS eine Welt erschaffen, die so echt wirkt, dass genau das auch geht. Wir brauchen eine ALTERNATIVE Realität.

Den gedanklichen Monologen einer MarySue zuzuhören, die glaubt, sie wäre besonders oder anders als der Rest – nur um dann lediglich ein weiterer weltfremder, verwöhnter Teenager zu sein, der nicht mal begreift, was um ihn herum passiert, ist der falsche Weg dazu. Egal, wie sehr sich euer Leser mit ihr identifizieren will, weil scheinbar oft schon Alter und Geschlecht dafür ausreichen.
Der etwas weniger oberflächliche Leser hingegen merkt manchmal ziemlich schnell, dass ein Autor oft nur irgendein Wort genommen hat, das in seinen Augen cool ist. Man kann es aber genauso gut durch ein anderes ersetzen... und NICHTS würde sich an der Handlung ändern. Das ist keine Ansichtssache mehr, sondern schlechtes Schreiben.

Aber nicht, weil der Autor es nicht besser könnte... sondern weil er nicht darüber nachgedacht hat, was er euch eigentlich erzählen will und von dem, WAS er erzählt, keine Ahnung hat. Und ich zermartere mir das Hirn, wie ich hier strukturieren soll, was ich euch erzählen will, weil es so viel ist.

Das Beispiel, auf das ich hier eingehen möchte, ist „XY ist eine Prinzessin...", denn ist oft nur der Satz, der euch dazu bringen soll, das Buch zu kaufen. Eine Prinzessin zu SEIN und sich für eine zu HALTEN oder die (oft eingebildeten) ANSPRÜCHE einer solchen zu haben, sind DREI verschiedene Dinge.

Versteht mich nicht falsch: Wenn es Sinn macht, bin ich voll dabei. Aber wenn man nur sagt, die Figur sei eine Prinzessin oder von Adel, obwohl der ganze Rest NICHTS mit einem Land, Nationen oder Politik zu tun hat, wenn es nur eine Prinzessin ist, damit man es nicht „verwöhnte Zicke, die nichts alleine geregelt bekommt", „meine Freunde sind meine Sklaven " oder „ach, was bin ich heute wieder wunderbar" nennen muss... dann bin ich raus.


WORLDBUILDING ZÄHLT:
Es ist oft wie in „Bridgerton": Die Serie ist nicht besser als „Gossip Girl" oder in irgendeiner Weise originell, nur weil das Setting keine amerikanische Highschool, sondern Pseudo-Regency-England ist. Zwar konnte man schon vor 200 Jahren bei „Die Abtei Northanger" von Jane Austen lesen, dass junge Menschen von damals und junge Menschen von heute gleich dumm sind – auch wenn der Mann damals mit seiner Kutschen angegeben hat, anstatt wie heute mit seinem Auto. Auch Geld (was ihr heute scheinbar nur noch in Form von Kreditkarten kennt), Klamotten, Aussehen, Bekanntschaften, Fehlentscheidungen aufgrund von Vermutungen und falsche Freunde sind heute wie damals ein Thema. Genauso wie die alte Weisheit, dass der Schein trügen kann.

Worlbuilding bestimmt, was in eurer erfundenen Welt überhaupt MÖGLICH ist, unabhängig von den Fähigkeiten eurer Figuren. In einer Welt OHNE Magie, kann man NICHT zaubern. In einer Demokratie gibt es KEINEN KÖNIG, keinen Regenten und auch keinen Alleinherrscher.
Die Welt eurer Geschichte "lebt" aber auch von den Unterschieden zur realen Welt, bzw. dem Erfahrungshorizont eurer Leser, denn es bestimmt die Möglichkeiten, die eine Figur für ihr Handeln und ihre Entscheidungen hat. Egal ob sie von Adel, rachedurstiger Rebell oder der griesgrämige Emo von nebenan ist, der meint, die Welt würde zugrundegehen und keiner außer ihm würde das erkennen.

Genau das ist die Verarsche, denn komischerweise lebt keine der Figuren in der Zeit, die der Autor sich ausgesucht hat. Es sind Platzhalter, moderne Mädchen, die in eine „alte" Welt gefallen sind. (Wie bei einer schlechten Fanfic, wo der Autor sich als perfektes Ideal seiner selbst ins „Harry Potter" oder „Star Wars" Universum schreibt >.<)

Beispiel 1: Heute ist eine Verlobung in der westlichen Welt kein großes Ding... in der Regency-Ära war es das aber. Man täuschte sie nicht vor, weil man keinen Bock auf Ehe hat - sondern es ist ein verbindlicher Vertrag auf dessen Einhaltung frau klagen konnte. Auch OHNE Frauenrechte. (Kleine Anmerkung dazu übrigens: Die FRAU darf eine Verlobung lösen... der Mann nicht, sonst gilt er als wortbrüchig. Die Klugen unter euch wissen, dass es große Probleme machen kann, wenn man euch nicht glaubt.)

Beispiel 2: Die Nebenfiguren, die darüber lästern, wie Scheiße es ist, sich einen Ehemann aussuchen zu müssen. Heute kann man als Frau in die Schule gehen und den Traumberuf ergreifen - eine Frau von damals bekam anderes gelehrt als ein Mann und durfte nur arbeiten, wenn ER es erlaubte. Der Lohn und auch sonst alles, was die Frau besaß oder erbte... gehörte dem Ehemann, Vater, Bruder, Cousin. Die Dame von Welt ist also bettelarm, wenn die Eltern sterben und es männliche Verwandte gibt. Es muss von den Eltern vertraglich geregelt werden, dass die zukünftige Gemahlin / Erbin frei über ihr Geld, Grundbesitz oder anderen Besitz verfügen darf. Die Ehe ist ein GESCHÄFT, vor allen bei Adeligen... denn für die gilt das in noch größerem Maße, weil es da mehr „zu holen" gibt. (Mama Bennet aus „Stolz und Vorurteil" muss ausgleichen, was ihr Mann verbockt hat. Ihre Sorgen um die Zukunft ihrer Töchter sind also BEGRÜNDET.)

Geschichte kann einen mit interessanten Details unterhalten, nicht wahr? Nicht immer sind es die Zahlen, auf die es ankommt, sondern der Kontext. Die Jahrzehnte von 1800 könnten langweilig sein, wenn wir nicht z.B. vorher in Frankreich die Menschenrechte erfunden hätten (in der allerersten Fassung galten sogar noch Frauen als Menschen) und bald auch in England die Dampfmaschine... durch die man Maschinen erfinden und antreiben konnte, die uns das Leben SEHR erleichterten, aber auch für Aufstände sorgten, wer hätt's gedacht?

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