55. Tipps: Was IST eine Geschichte überhaupt?

Heute - aus gegebenem Anlass - schauen wir mal, was die Basics sind. Es gibt Leute die schreiben so, andere schreiben anders, manche sind gut, manche nicht... aber es gibt auch die, die nicht nur die Fehler machen, wie ihr sie hier schon gesehen und gesammelt gefunden habt. Manche Leute WISSEN NICHT einmal, was eine Geschichte überhaupt ist. Ich habe in der Vergangenheit schon viele angefangene Stücke gefunden, aber dass ein Mensch nicht mal weiß, was eine Geschichte ist - wie erklärt man das? Wie erklärt man das diesem Menschen? Wir alle kennen doch Filme und Märchen, es gibt Lieder und Musikvideos, die Geschichten erzählen. "Rasputin", "Malang" und "Dastaan Om Shanti Om" sind drei Beispiele hier aus dem Buch!

Sicher kennt ihr "Geschichten", wo man denkt, es sei eine Zusammenfassung. Da wird ein Geschehen runtergebetet, wie ein Kind, das ein Gedicht aufsagen soll, aber keinen Bock hat:
"Er/Sie/Ich machte das und dann passierte das und dann machten andere noch etwas anderes und dann sagte einer, dass man irgendwas machen oder nicht machen und irgendwo hingehen soll. Dann ging er/sie/ich los und machten entweder, das was erlaubt oder das, was verboten worden war..."
Wenn man den Leuten sagt, das ist keine Geschichte, sondern höchstens die Zusammenfassung von einer... denn die lesen sich tatsächlich so, wie mein Beispiel hier... dann sind sie sauer. Gerne sagen sie dann, man sei neidisch oder habe keine Ahnung vom Fandom.

Gelegentlich ist das oben noch unterbrochen von Grundschuldialog für Leseanfänger:
"Sie sagte: »Lass uns dahin gehen.« - »Okay«, sagte er. Dann gingen sie gemeinsam zum Supermarkt..."
Ja, die Dinger sind oft auch genauso formatiert, weil man auf dem Handy offenbar Reclam-Format schätzt, aber zu den begleitenden Rechtschreib- und Interpunktionsfehlern konnte ich mich nicht durchringen.

Es gibt auch Leute, die skippen jeden Dialog - ob er wichtig ist oder nicht und ersetzen ihn mit indirekter Rede und Passivsätzen:
"Er sagte mir, dass ich gehen soll. Ich war traurig, machte aber, was er gesagt hatte. Mein Herz tat weh, weil ich ihn doch liebe. Was hatte ich denn falsch gemacht? Warum war er so gemein? Zu Hause fragte mein Bruder, was los ist und ich erzählte ihm, was mein Freund gesagt hatte. Da war mein Bruder sauer auf ihn."

Wattpad in a Nutshell. DAS ALLES ist schlimm, furchtbar, und so sollte man nie eine ganze Geschichte erzählen. Aber wo hier "nur" die Art, wie es erzählt ist, alles kaputtmacht, gibt es auch Geschichten, die noch seltsamer sind. Ich weiß nicht, wie ich das Lob unter diesen - gerne werden Spannung und Stil gelobt - in irgendeiner Form nicht als dumm oder gelogen empfinden soll. Ist es dieses "Sag' nur das Gute und wenn du nichts nettes zu sagen hast, sei still"-Ding?

Schaut mal: Bei einem Wettbewerb kam die Vorgabe: "Schreibe 3.000 Worte über jemanden, der auf einem Jahrmarkt einen Menschen trifft, den er lange gemieden hat."
Die Geübten unter euch erkennen im Jahrmarkt das sogenannte SETTING, im Treffen der lange gemiedenen Person den KERNKONFLIKT der Geschichte. Ihr habt also schon einen Ort und eine Handlung vorgegeben bekommen. Die Begrenzung der Worte verrät außerdem, dass es eine Kurzgeschichte wird - man muss sich also auf die Vorgaben konzentrieren und kann nicht so ausschweifend werden, wie manche hier gerne fabulieren. In der Beschränkung zeigt sich Goethe, ähm, der Meister.

Eine Geschichte, die mit dieser Vorgabe geschrieben und eingereicht wurde, verläuft so: Die Ich-Erzählerin ist mit ihrer Freundin auf besagtem Jahrmarkt und trifft am Ende von Kapitel 1 ihren Vermieter, der seit DREI MONATEN darauf wartet, dass sie ihre MIETE BEZAHLT. Er fordert sie ein, sonst muss Erzählerchen ausziehen. Am selben Abend (Kapitel 2) haut sie sich aufs Bett, stellt JETZT erst fest, dass sie kein Geld hat und sucht sich mit sehr hohen Ansprüchen eine WG. Am nächsten Tag zieht sie einfach aus.
Dass der neue WG- Partner ein Mann ist, der als "Miete" verlangt, dass sie kocht - und weil Erzählerchen Kochen liebt, verliebt sie sich in den Typen - und er sie am dritten Tag in der Geschichte zu einer Kreuzfahrt auf seine Kosten einlädt, die am vierten Tag beginnt, ist das Ende. Erzählerchen ist auf dem Schiff und bewundert das Meer...

Nein, ich habe NICHTS weggelassen. Ich habe auch nicht den Fokus verschoben.
Die Gedanken, die euch hier beim Lesen vielleicht gekommen sind... hatte die Figur nicht. Nein, sie geht nicht arbeiten - dass sie nur einmal noch Babysitten würde, wurde nachträglich eingefügt - aber für das Geld kann man sich nicht mal Lebensmittel für einen Monat kaufen, geschweige denn alle anderen Kosten bezahlen, die bei einer Wohnung anfallen. Nein, der Vermieter bekommt die Miete nicht, die Schuldnerin sagt noch "Tschüss, ich bin dann mal weg" und das war's.
Nein, in der neuen WG muss sie auch nicht einen gleichen Anteil zahlen, sie muss nur kochen. Ja, die Figur soll über 18 sein, der Vermieter... keine Ahnung, der neue WG-Mensch ist die große Liebe und Mitte 20. Dass bei mir da sämtliche Red Flags stolz im Wind wehen, ignorieren wir mal, denn nichts davon passiert. Es geht einfach alles gut. Was sagt mir das über den Autor, wenn alle seine Geschichten von solchen Leuten bevölkert sind?

(Wenn ICH jemanden für eine WG suche, damit ich nicht alle Kosten - Essen, Fahrkarten oder Benzin, VErsicherungen, Miete, Strom, Heizung, Telefon, GEZ, Nebenkosten wie Müllabfuhr und Hausmeister... - alleine zahlen muss, dann nehme ich NIEMANDEN, der kein Geld hat. Wenn ich alles alleine zahlen muss, kann ich auch alleine bleiben.
Wenn man Glück hat und günstig rechnet, ist die Miete MIT Nebenkosten bei etwa mehreren Hundert Euro - das schaffst Du nicht mit Babysitten, wo oft 10 Euro die Stunde gezahlt werden. Und selbst wenn... das ist NUR die Miete. Das mal so als Realitätscheck nebenbei.)

Man fragt sich: Was IST die Geschichte? Es ist keine da. Der Konflikt, den man immer haben soll und von dem alle Schreibratgeber unisono reden, wird Ende Kapitel 1 eingeleitet und dann mit einem "Tschüss, ich bin weg.", in Kapitel 3 (von 7!) gelöst. Probleme, eine neue Bleibe zu finden hat Erzählerchen nicht. Geld braucht sie auch nicht, der Lover sorgt schon dafür.

Dieser Autor liebt es nach eigener Aussage zu schreiben... leider kopiert er aber nur Teile von anderen, ohne zu erkennen, was diese Teile im Kontext bei den Originalschreibern bedeuten. Das muss ich nicht erfinden oder ist böse Nachrede, man konnte es in den Geschichten sehen. Eine Autorin, die dieser Mensch mag, schreibt zwar keine Figuren, die ich ernst nehmen kann und sie dehnt das Geschehen sehr aus - aber es hat ein Konzept und macht Sinn. So, das war das geforderte Lob an den Text.

Der Autor der Jahrmarktgeschichte hat das nicht erkannt, kopierte aber für eine andere Geschichten den Anfang seines Stars: Auch dort begann eine mit einem sehr creepy Stalkerbrief... nur ergab das in der Kopie keinen Sinn, weil der Typ nie auftauchte und sein "Du gehörst mir und wirst mein sein", nicht als unheimlich, sondern liebevoll empfunden wurde.
Hinzu kommt, dass dieser Mensch auch sich selber kopiert hat, denn ich las jede Geschichte... und immer hatten die Figuren dieselbe Persönlichkeit: Sie setzen mit einer Selbstverständlichkeit voraus, dass man alles für sie tut, die mich mit Schrecken erfüllt. Niemand handelt und fühlt individuell, sondern nach Klischees. In einer Geschichte wurde die Lebenszeit auf wenige Stunden begrenzt - und Ich-Erzählerchen geht erstmal mit einem völlig Fremden Waffeln essen. Tiefenentspannt. Dass im Hintergrund Leute sitzen, die darüber entscheiden, wen sie demnächst töten wollen, bleibt im Prolog und irrelevant.
In einer anderen Geschichte... oder dem Versuch davon... wird eine schwarze Rose im Schnee beschrieben. Das erste Kapitel aber hat damit nichts mehr zu tun, da jammert wieder ein Creep seiner angeblichen Liebe hinterher mit dem üblichen "Du wirst mir gehören".

Diese Texte haben die Langlebigkeit einer Eintagsfliege: Es passiert nichts in ihnen, alles wird grob angedeutet und nach etwa einer Woche sind sie wegen Langeweile am Thema wieder weg. Und dieser Mensch liebt nach eigener Aussage das Schreiben und macht das, um Stress abzubauen... Das könnte man glauben, wenn auch die Buchfiguren mal Stress hätten und ihn selber überwinden würden - denn genau das ist ja der Stressabbau - aber diese Ich-bin-dein-Diener-und-tue-alles-für-dich-Attitüde funktioniert nicht.
Klischees nicht begreifen und trotzdem nachplappern auch nicht. ("Aber das machen Menschen doch so", war die Antwort auf meine Frage, wieso sich einer wegen Liebeskummer von irgendwo runterschmeißen will... nur um den Mist dann auch noch zu überleben, einen altruistischen Versorger zu finden und einem anderen Verzeifelten dann ungewollt Lebensratschläge zu geben, weil der selbst mit verheultem Gesicht gut aussieht.)

Beschreibungen wie etwas aussieht gab es flüchtig, ansonsten... nicht mal das, was man für's Verständnis braucht, wie z.B. WO man denn grade ist oder woher jemand was weiß. Mein Lieblingssatz war: Eine Grafenfamilie sitzt zum Essen am Tisch und auf dem Tisch standen "allerlei Speisen".
Weil ich zynisch bin, dachte ich natürlich nicht an... saftigen Wildschweinbraten auf duftenden Kräutern, Gemüsebouillon und honigglasierte Früchte, während die Pagen Rotwein servieren und für die Kinder kalte Milch... sondern sowas wie Hafergrütze. Was anderes stand nicht da und meine Phantasie kann ich in jede Richtung ausdehnen. (Ich sehe in der Korrektur "hongiglasiert"... und frage mich schockiert, was Lee Hongki mit dem Obst gemacht hat O.O)

Konsequenzen fürs eigene Handeln? NICHT MAL IM ANSATZ. Dem Erzählerchen fällt das Glück in den Schoss, weil alle Menschen auf der Welt gut und uneigennützig sind. (Außer der Vermieter und der Grafenpapa.) Der Gedanke, dass ein Lächeln und eine Geste etwas Böses verbergen könnten? Sowas gibt's doch nicht, jeder ist ehrlich. Und selbst in der einen, wo ein Mädchen einen gewalttätigen Freund hatte, der sie prostituiert, sitzt sie nur rum und jammert, warum er so ein Arsch wurde... aber sie GEHT NICHT! Man konnte ihr sogar vorwerfen, dass sie provoziert, so wenig wie sie versteht, was sie tut! Versteht ihr meine Frustration?

Manchen Nebenfiguren wurden Eigenschaften nachgesagt, die nicht erfüllt wurden, die man aber glauben soll, weil Ich-Erzählerchen es von wo auch immer her weiß und nun dem Leser sagt. Gefühle... wurden einfach behauptet. Dass man Verpflichtungen hat... davor läuft man weg. Erwartungen anderer an einen selbst? 

Ich saß dann mit dem Gedanken fest, der mir nie so deutlich in den Sinn kam: What the fuck is a story actually?

Was zum Kuckuck IST eigentlich eine Geschichte?

Die Beispiele waren jedenfalls keine, weder die längeren noch die kurzen. In meiner Welt und meinem Gedankenkonzept kann man sich auf der Antwort auf diese Frage schon verlaufen, denn man bekommt ja viele Tricks erzählt, die sich manchmal widersprechen. Ihr bekommt Details genannt, ohne dass man euch das große Ganze - das fertige Bild - zeigt.

Aber eigentlich ist es einfach: Eine Geschichte ist eine Erzählung von etwas, das hoffentlich interessant für andere zum Lesen ist. INTERESSANT ist hier das Schlüsselwort, Verbaldurchfall von Tagebuchschreibern fallen somit schon mal raus. Reisebeschreibungen auch. Gedichte auch. Gejammer über Schule und Friede-Freude-Eierkuchen sowieso.

Was aber macht interessant? Das ist unterschiedlich von Leser zu Leser und von Gerne zu Genre:
- Im Krimi geschieht ein Verbrechen, das aufgeklärt werden muss.
- Horror spielt mit dem, was man zu wissen glaubt und dem wovor man sich fürchtet - oft mit menschlichen Urängsten, wie der Angst vor der Dunkelheit.
- Thriller sind ähnlich, gehen aber weg vom Schock, hin zu psychologischen Gesichtspunkten, die ein Ereignis auslösen kann. Manche kann man also als eine Art "Horrorkrimi" sehen.
- Fantasy zeigt meist jemanden, der eine mystische Aufgabe gestellt bekommt und sie erfüllen muss. Königreiche und Heldin, Kämpfe und Intrigen. Es gibt aber Unterschiede zwischen High, Urban, und Low.
- Was ist an Romanzen interessant? Wie sich die Gefühle des Liebespaars verändern, wenn aus Freunden Liebende werden, aus Feinden oder Fremden.
- Science Fiction... nun ja, da hauen sich die Leute oft intergalaktisch auf den Deckel, weil Länder auf der Erde nicht mehr ausreichen, und man seine kleinen Dispute, Rassismus und Gottkomplexe ins Weltall verlagert.

Dann gibt es noch Dystopien - aber wer in Geschichte gepennt hat, sollte davon die Finger lassen. In Dystopien ist die Gesellschaft, wie wir sie heute kennen, nicht mehr existent... und das schreibt man nicht, indem man nur Amerika in Asche und Schwefel ersäuft oder nur die Prota ein armes Ding ist, während es dem Rest der Welt gut geht. "The Walking Dead" und "100" sind gute Beispiele (bis man letzteres kaputtgemacht hat) und auch die "Panem"-Trilogie ist mehr als nur Distrikt 12. Vielleicht aber interessieren euch auch die alten Filme "Blade Runner" und "Mad Max"? Das sind ebenfalls Dystopien und die Idee somit nicht neu oder besonders.

Und weil in jedem dieser Genre etwas von Interesse passieren muss, hat man hier die Obergattung DRAMA. Komödien sind lustig, in Tragödien geht IMMER alles den Bach runter (deswegen ist es ja tragisch)... aber ein Drama nimmt sich das Spannendste von allen und häkelt daraus eine schöne Lesedecke. Was nicht dramatisch ist, ist langweilig - aber übertreibt man's damit, kann es unfreiwillig witzig wirken oder oberflächlich.

Beipiel: Liebe zerbricht, der Zurückgelassene denkt an Selbstmord. Das ist melodramatisch, denn NICHT JEDER geht so mit dem Verlust um. Jeder hat anders Liebeskummer, aber keinem hilft es, sich noch weiter hineinzusteigern, als man eh schon drin ist. Dass Selbstmord der dümmste Ausweg ist, darüber diskutiere ich nicht. Man scherzt nicht über das Leben und man spielt auch nicht damit. Man wirft es verdammt noch mal auch nicht weg, nur weil man sich nicht weiter mit seiner eigenen Dummheit und Aroganz herumärgern will. Oder Autoren, die nur Klischees abarbeiten und ihre Figuren sich wie ein sterbender Schwan in vermeintlichem und oft sogar selbstverschuldeten Elend wälzen.

Habt ihr nichts Interessantes zu erzählen - oft nennt man das auch den "Konflikt" - dann habt ihr keine Geschichte. Und das war es, was mir bei dem Autor, mit dem ich oben eure Zeit so in Anspruch genommen habe, so krass ins Gesicht sprang. Eure Figuren müssen Probleme haben oder bekommen und sie überwinden - DAS ist die Geschichte. Welche Probleme das sind, hängt von euch und vom Genre ab.

Ich gebe mal ein Beispiel, das ich - trotz anderer Schwächen - für gelungen halte und sich gut zusammenfassen lässt. "Scum Villain Self-Saving System" ist eine chinesische Boylove Novel, eine Reincarnation-Fantasy, die sich an Wuxia und Xianxia-Elementen bedient. (Das bedeutet, da fliegen Zauberer in langen Gewändern auf Schwertern durch die Luft eines Fantasy-Chinas und jagen Dämonen.) Hier mal ein Bild aus der taiwanesischen Variante, die ich passender finde als die Cover der englischen Ausgabe. (Vielleicht wird das ja auch noch auf Deutsch übersetzt, wie man es mit der Nachfolgereihe der Autorin schon getan hat? Wer Charaktere schätzt, wird sie mögen.)

Die Geschichte vom "Selbstrettungssystem des Abschaums von einem Bösewicht" beginnt damit, dass der Leser eines langatmig geschriebenen Onlinepornos (im Buch sagt man es ist eine "Male Power Fantasy") auf einer Seite wie dieser hier vom Ende der Geschichte so enttäuscht ist, dass er sich an seinem Essen verschluckt und erstickt. Er regt sich vor allem über den Bösewicht der Story (der Mann auf dem Bild) auf, der den IQ einer Kartoffel hat, während der Held (der Junge) das typische Klischee ist: Arm und misshandelt von allen, als Waise im Winter ausgesetzt... wird dieser zum absoluten Obermacker mit einem Harem so groß wie ein Stadion. Ja, die Autorin macht sich bewusst über diese Klischees lustig, der Kleine heißt sogar danach.
Als der Kommentator erwacht, findet er sich im Körper dieses dummen Bösewichts wieder... mit vollem Wissen über die Geschehnisse der Webnovel. Er WEISS also, was ihm blüht... und will es ändern, um zu überleben. Schon hier haben wir die "Stakes", es steht also was WICHTIGES auf dem Spiel. Die Alternative ist... ein Dasein ohne Zunge und Gliedmaßen in einem dunklen Kerker. Das zu verhindern ist eins der Hauptmotive der Hauptfigur.

Zu dumm nur - und da ist der Konflikt, den es zu lösen gilt - dass bestimmte Dinge, die der Bösewicht dem Helden angetan hat, BEREITS PASSIERT und damit unumkehrbar sind und es in dieser Buchwelt Plotpoints gibt, die ERFÜLLT WERDEN MÜSSEN. Der reinkarnierte Leser darf auch nicht OOC sein, also den Charakter der Figur nicht verändern.
Um es noch schlimmer zu machen, gibt es ein Überwachungssystem, das den Verlauf der Geschichte überwacht und Punkte verteilt oder abzieht, deren Werte nie auf Null fallen dürfen, sonst stirbt der Ins-Buch-Gereiste. Nicht nur im Buch, sondern auch in echt. Und bevor ihr euch in den Bösewicht verliebt, weil er euch interessant scheint: Das Original IST ein nachtragendes, neidisches Arschloch.

Die Autorin ist gut genug, euch die Perspektive und Gedanken dieses Bösewichts-wider-Willen plausibel zu machen (personaler Erzähler)... und es ist faszinierend zu beobachten, wie sich das Verhältnis zum Helden der Geschichte ändert. OHNE dass ihr in SEINEN Kopf schauen könnt. Sie erlaubt ihrer Hauptfigur, falsche Schlüsse zu ziehen... und ihr zieht sie mit ihm, denn ihr wisst nichts über die Gedanken des Heldenprotagonisten. Auch vor den Konsequenzen aller Aktionen werdet ihr nicht verschont. Nicht alles funktioniert auf Anhieb und manches geht in unerwartete Richtungen los - aber trotz dem Erfüllen der Plotpoints ändert sich die Originalgeschichte.
Das hebt "Scumbag Villain's Self-Saving System" für mich auch aus der Menge der vielen Reinkarnationsgeschichten heraus: Die KERNPUNKTE bleiben drin und bleiben Probleme.

Wir wissen jetzt also, was eine Geschichte überhaupt IST. Und weil beim "Scumbag Villain" eine vorhanden ist, ist selbst diese kurze und sehr grobe Zusammenfassung der vier Bücher so lang. Wir wissen nun auch, dass das, was interessant ist, das Genre zu einem Teil bestimmt. Genres haben bestimmte Themen, die immer wieder auftauchen, weil sie das Genre definieren. Wie der Autor sie aber verwendet und was er daraus macht, ist das Besondere, das Interessante.

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