❰ EPISODE 10 ❱
Der Weg zur, hoffentlich bald kooperierenden, Firma war nicht weit, doch zu Seungcheols Unglück verspäteten ihn die roten Ampeln. Verfluchte Lichter, dank ihnen war sein erster Eindruck nun negativ. Das nächste Mal müsste er eine halbe Stunde eher losfahren, bei seinem Pech jedoch würde er wahrscheinlich immer noch zu spät sein.
Er staunte nicht schlecht, als er sich dem Gebäude näherte. Sie waren erst neu in der Branche, für ein brandneues Unternehmen, aber waren sie ziemlich groß. Natürlich noch längst nicht auf der gleichen Stufe wie seine Firma, jedoch muss jeder irgendwo anfangen.
Die Eingangshalle war groß, schlicht eingerichtet mit einigen Pflanzen, um den Ort weniger kalt dastehen zu lassen. Nichts außergewöhnliches, geradezu so langweilig, wie man sich einen Bürojob in einem Unternehmen vorstellte. Nun, der Geschäftsplan hatte genug Potential, um die Firma in der Zukunft zu vergrößern. Vielleicht war sie aus diesem Grund auch ein sehr guter, potentieller Geschäftspartner.
Zielstrebig lief er auf die Rezeption hinzu. Seine zitternde Hand umklammerte die rabenschwarze Ledertasche und der Braunhaarige hoffte sehr, dass es nicht auffällig war. Sogar nach all den Jahren wurde er immer noch vor Treffen nervös.
"Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?", hieß die Rezeptionistin ihn willkommen und bot ihren Dienst an. Er konnte nicht anders, als an seine Sekretärin zu denken, die ihn ebenfalls so strahlend begrüßte.
"Choi Seungcheol, Geschäftsführer von KBC Corporation. Ich bin verabredet. Mit Jeon Wonwoo.", stellte er sich vor und zeigte ihr kurz seine Visitenkarte als Beweis, nachdem sie ihn skeptisch anstarrte.
Dies schien sie genug zu überzeugen, sie zitterte sogar vor Nervosität. Seungcheols Auftritt war extravagant genug, um einen mächtigen Mann wie ihn vor seinen Augen erkennen zu können. Der teure Wagen, mit dem er angekommen war, der hochwertige Anzug einer berühmten Marke, seine kalten, professionellen und doch charmanten Augen. Ein Geschäftsführer, wie man es sich aus den Filmen kannte.
Die junge Dame tippte gestresst auf der Tastatur des Computers, als würde sie den Terminkalender des besagten Jeon Wonwoo nach einem Termin mit Choi Seungcheol untersuchen. Eine billige Masche, der Braunhaarige beobachtete sie genau, ihre Augen waren nicht mal auf dem Bildschirm, sie wanderten auf dem Schreibtisch herum und sie erschien hilflos.
Sie spürte sein Augenpaar auf ihn, leichte Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Zu ihrer Rettung trat ein Mann ein, ein gutaussehender, großer Mann. Seine Augen glichen denen Seungcheols; kalt, aber verführend und charmant. Sie ähnelten der einer Raubkatze auf der Suche ihrer nächsten Beute, die Tiefe seiner Augen war angsteinflößend.
"Jeon Wonwoo?", fragte er den fremden Mann und neigte seinen Kopf leicht, bevor dieser sich mit einer Verbeugung begrüßte und mit seinem Schweigen somit die Frage beantwortete.
"Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen Herr Choi. Bitte folgen Sie mir, mein Vorgesetzter wird mit Ihnen reden.", mit einer Geste zeigte er, dass Seungcheol ihm zu ihrem Besprechungsraum folgen sollte und so tat dieser es auch.
Hin und wieder liefen sie an Arbeitern vorbei, die sofort verstummten, sobald sie die zwei einschüchternden Männer sahen. Jeon Wonwoo war Vizepräsident und gleichzeitig auch zuständig für die Angelegenheiten des Geschäftsführers, der Braunhaarige lernte dies schnell. Alle Angestellten schienen ihn zu kennen, wodurch er einfach davon ausging, Jeon Wonwoo sei definitiv einer der Führungskräfte.
Sie blieben vor einem Zimmer stehen und der junge Mann klopfte an die Tür. Kurz danach ertönte ein "Herein." und er musste zugeben, die raue Stimme des Mannes in dem Raum klang herrlich in seinen Ohren. Auch wenn es nur ein Wort war, kitzelte es ihn, es war ein Gefühl von Vertrautheit, doch Seungcheol konnte nicht nachvollziehen warum.
"Der Geschäftsführer erwartet Sie. Aus geschäftlichen Gründen werde ich nicht teilnehmen können, das Gespräch wird also ohne mich verlaufen. ", bevor er überhaupt noch etwas erwidern konnte, verbeugte sich Jeon Wonwoo und verließ ohne weiteres Wort den Gang.
Jeon Wonwoo war ein interessanter Mensch. Er mochte seine Augen, diese emotionslosen, gefühlskalten Augen, deren Mysterium man unbedingt lösen wollte. Seine Aura unterschied sich völlig von Moon Junhwi, dem Vizepräsidenten von seinem eigenen Unternehmen. Moon Junhwi war ein aufgeweckter Mensch, seine Augen funkelten normalerweise vor Freude und seine schlechten Witze fanden ihre eigenen Wege, andere zum Lachen zu bringen. Dass er immer die besten Ideen hatte, konnte niemand abstreiten.
Noch ein letztes Mal atmete er tief ein, um die innere Ruhe zu bewahren. Warum er so angespannt war, wusste er nicht, immerhin war er der Mächtigere von ihnen. Sein Unternehmen war schon erfolgreich genug, eine Kooperation mehr oder weniger würde es wohl kaum beeinflussen.
Seine Finger umgriffen die Türklinke, doch aus unerklärlichen Gründen bildete sich ein unwohles Gefühl in seinem Bauch, welches ihn aus der Fassung brachte. Sie verwirrte ihn, seine Unsicherheit wuchs und ein Teil von ihm riet ihm davon ab, das Zimmer zu betreten. Es war, als ob sein Körper ihm Widerstand leistete und ihn vor einem großen Schrecken beschützte. Trotzdem trat er nach wenigen Sekunden Zögern ein.
"Verzeihung, Sie warten gelassen zu haben. Choi Seungcheol, ich bin Geschäftsführer von KBC Corporation.", auch wenn der andere Mann nicht in seine Richtung schaute, verbeugte sich Seungcheol und lächelte sanft.
Die blonden Haare des Mannes stachen durch die dunkelgrauen Wände noch mehr heraus und vermischten sich gleichzeitig jedoch mit dem hellblauen Himmel, dessen Licht durch die Fenster eindrang. Bevor der Braunhaarige noch mehr sagen konnte, drehte der Mann sich um und blickte ihm ins Auge.
Seungcheol hatte schon immer Pech. Neben den unendlichen Malen, bei denen er gestolpert und hingefallen ist, gab es noch genug Ereignisse, die seine Eltern die Nerven verlieren ließen. Jeden zweiten Tag kam er mit einem dreckigen Shirt nach Hause, an dessen Stoff man die Essensreste des Mittagessens erkennen konnte. Während der gesamten Schulzeit sind seine Füller mindestens einmal ausgelaufen, seinen Kugelschreibern würden in den wichtigsten Tests die Tinte ausgehen und vieles mehr.
Seit er auf den Blondhaarigen traf, schien das Glück auf seiner Seite zu sein. Nichts ging mehr schief und Seungcheol konnte seine Tage glücklich ohne irgendwelche Probleme weiterleben. Das Unglück, das ihn bis zu diesem Zeitpunkt verfolgte, schien plötzlich zu verschwinden, als hätte es nie existiert.
Umso frustrierter war es also, den Mann vor seinen Augen zu sehen. Er dachte, sein Pech hätte sich längst in Luft aufgelöst und ihn endlich in Frieden gelassen. Das Lächeln auf seinen Lippen erstarrte sofort, bittere Enttäuschung trat in ihm hervor, als ihre Augenpaare sich trafen. Vielleicht handelte er doch zu naiv, nicht auf sein Gewissen gehört zu haben. Langsam verstand er auch, warum ihm die Stimme so vertraut vorkam.
"Hong-", beinahe ließ er den falschen Namen des Blondhaarigen aus Gewohnheit über seine Lippen laufen und er konnte sich gerade so noch zurückhalten, "Yoon Jeonghan."
Seine blonden Haare bildeten eine friedliche Mischung mit dem weichen Himmelblau, erneut glich sein Anblick dem eines Engels. Das sanfte Augenpaar, Seungcheol verlor sich in ihnen und fühlte, wie sein Herz erblühte. Nach mehr als drei Jahren entkam er immer noch nicht diesem bittersüßen Geschmack von seinen Gefühlen für den Blondhaarigen.
Jeonghans Blick wirkte schuldig, als wäre er sich seiner Taten bewusst, brach er seinen Augenkontakt binnen Millisekunden. Er stand auf und verbeugte sich ebenfalls aus Respekt, jedoch war es nicht unauffällig, wie der Blondhaarige versuchte, den Blickkontakt zu vermeiden. Dass auch er etwas aufgewühlt war, ignorierte Seungcheol.
"Guten Tag, Herr Choi. Bitte setzen Sie sich.", Jeonghans Stimme war ruhig, sie war entspannend und trotzdem fühlte der Braunhaarige die Wut in ihm langsam aufsteigen.
Bittere Enttäuschung. Der Blondhaarige tat einfach so, als wären sie sich nie begegnet. Seungcheol verachtete ihn; er verachtete ihn für all das, was er ihm angetan hatte. Dennoch spielten seine Gefühle wieder verrückt, dieses Flattern der Schmetterlinge in seinem Bauch trat wieder vor, obwohl er dachte derartiges nie wieder zu spüren.
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