Die letzten Sonnenstrahlen des Tages kämpfen sich ihren Weg durch die verhangene Wolkendecke. Doch die staubbedeckten Fensterscheiben des Hauses Black ließen nur unzureichendes Licht herein. Dunkle Schatten glitten an den abgenutzten Tapetenwänden hin und her. Eine gespenstische Stille herrschte in dem alten Gemäuer, an dem der Zahn der Zeit schon etliche Jahre genagt hatte. Die Bewohner des Hauses ließen sich davon jedoch nicht stören. Erst vor kurzen war das alte Gebäude, am Grimmauldplatz Nummer zwölf, zum Geheimversteck erklärt worden. Und während die Sonne langsam hinter dem Horizont verschwand, betraten die ersten Zauberer und Hexen, die dem Orden des Phönix angehörten, die marode Küche. Unter ihnen war auch eine junge Frau, mit herzförmigem Gesicht, sportlicher Figur, bonbonrosafarbenen Haaren und dunklen Augen. war ihr Name. Erleichtert atmete sie auf, als Molly Weasley ein Fenster öffnete, um die abgestandene Luft zu vertreiben. Eine angenehme, frische Brise durchzog den staubigen Raum. Die einzelnen Mitglieder suchten sich einen Platz an dem langen, schäbigen Küchentisch. Schon bald wurde das von draußen hereinschallende Vogelgezwitscher durch lautes Stimmengewirr übertönt. Erst als Albus Dumbledore, Schulleiter von Hogwarts und Oberhaupt des Ordens, aus dem Kamin trat, kehrte Ruhe ein. Die Sitzung wurde eröffnet und gespannt hingen alle an den Lippen des alten Mannes, mit der halbmondförmigen Brille auf der Nase. In kurzen, knappen Sätzen schilderte er die Auferstehung des dunklen Zauberers Lord Voldemorts, und philosophierte über dessen weiteres Vorhaben.
Obwohl Tonks nun schon seit einiger Zeit den Worten des Schulleiters lauschte, wich ihre innerliche Anspannung nicht. Sie war neu im Orden und nur wenige Mitglieder waren ihr bisher bekannt. Zudem hatte sie noch kein einziges Wort mit ihrem Cousin zweiten Grades, Sirius Black, wechseln können, der zwölf Jahre unschuldig in Askaban eingesessen hatte. Die Ungewissheit, inwieweit die Gefangenschaft und der Einfluss der Dementoren ihn verändert haben mochten, beunruhigten sie. Sie war noch ein Kind gewesen, als sie ihn zuletzt gesehen hatte. Aber trotz des Altersunterschiedes, hatten sie sich immer blendend verstanden.
Sirius saß am Kopfende des Tisches. Er hatte schwarze Haare, graue Augen, helle Haut und eine knochige Statur, welche Askaban zu verschulden war. Vor ihm stand eine dampfende Tasse Kaffee, aus der er hin und wieder einen Schluck nahm. Tonks fiel erst jetzt auf, dass zu seiner Rechten noch ein Stuhl unbesetzt war. Ob noch ein Ordensmitglied fehlte? Grübelnd stützte sie den Kopf auf ihrer Handfläche ab. Jedoch wurden ihre Gedankengänge jäh unterbrochen, als man jemanden langsam die Treppe hinunterkommen hörte. Verwundert wandte sie sich der Tür zu.
Auch Sirius' Augen, die zuvor noch auf Dumbledore geruht hatten, folgten ihrem Blick. Eine Mischung aus Wut und Sorge spiegelte sich in ihnen wider. Die schwerfälligen Schritte hörten abrupt auf, stattdessen wichen sie einem lauten Poltern. Wenige Sekunden später folgte ein schmerzhaftes Aufstöhnen. Sirius' Körper spannte sich alarmierend an, während im Treppenhaus die mottenzerfressenden Vorhänge aufflogen. Sie offenbarten das von Walburga Black, welche laut zu kreischen begann. Sämtliche Gespräche am Tisch erstarben. Sirius rückte eilig seinen Stuhl beiseite, wobei die Holzbeine unsanft über den alten Dielenboden kratzten. Er stand auf. Mit großen, hastigen Schritten verließ er die Küche. Tonks vernahm ein verhaltenes Fluchen, welches nicht von Sirius zu stammen schien. Skeptisch zog sie die Augenbrauen zusammen und starrte, wie alle anderen im Raum, zum Flur hinaus.
>>Was bei Merlins Bart tust du hier? Ich habe dir doch gesagt, du sollst oben bleiben! <<, schimpfte Sirius und schaffte es endlich die Vorhänge, vor dem Portrait seiner Mutter, zu schließen. Das schreckliche Gekreische erstarb.
>>Und die erste Ordenssitzung verpassen? Sicher nicht <<, erwiderte eine ruhige, tiefe, leicht heiser klingende Männerstimme. Sirius schnaubte daraufhin nur, ehe er mit hörbarer Sorge fragte:
>>Hast du dich verletzt...? Warte, ich helfe dir auf! << Dumpf drangen die Geräusche von raschelnder Kleidung und Gepolter durch die halboffene Tür.
>>Du gehörst wirklich ins Bett! << Sirius' Stimmlage hatte einen fordernden Unterton angenommen.
>>Ich bleibe! ...Und hör auf immer wie eine überbesorgte Mutter um mich herumzuscharwenzeln! Ich bin durchaus in der Lage auf mich selbst aufzupassen <<, sagte der andere Mann mit einer Ernsthaftigkeit, die keinen Widerspruch duldete. Erneut waren Schritte zu hören, die sich schleppend auf die Küche zubewegten.
>>Das sehe ich! << Vernahm man noch leise von Sirius, ehe sich die alte Eichentür öffnete. Ein hochgewachsener Mann betrat den spärlich beleuchteten Raum. Er sah krank und erschöpft aus. Obwohl er noch sehr jung wirkte, durchzogen bereits graue Strähnen sein hellbraunes Haar. Besorgt musterte Tonks seine bleiche Gestalt.
>>Wie kann man nur so ein Sturkopf sein? << Sirius trat neben den Fremden. Unverhofft sprang Molly von ihrem Stuhl auf. Erschrocken zuckte Tonks zusammen, ehe sie dabei zusah, wie die siebenfache Mutter zu den beiden Männern eilte.
>>Du meine Güte, Junge, was treibst du nur? Ist dir was passiert? Bist du verletzt? << Sie betrachtete den kränklichen Mann von Kopf bis Fuß
>>Du hättest dir das Genick brechen können. Wie kommst du auch nur auf die Idee, in deinem Zustand das Bett zu verlassen? << Missmutig verzog der Fremde das Gesicht. Molly versuchte ihn mit sanfter Gewalt wieder zur Tür hinaus zu schieben. Doch er ließ sich nicht von der Stelle bewegen.
>>Hör auf Sirius und geh wieder auf dein Zimmer! Ich bring dir nachher etwas zu Essen hoch und erzähle dir, was du verpasst hast <<, redete Molly unbeirrt weiter. Der ernste Blick des blassen Mannes war einem flehentlichen gewichen.
>>Molly, bitte! Es geht mir den Umständen entsprechend gut. Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen. << Er drückte die rundliche Frau zaghaft von sich. Diese wollte sich darüber schon empören, doch Dumbledore unterbrach sie, bevor sie auch nur ein Laut von sich geben konnte.
>>Wenn er dabei sein möchte, sollten wir ihn nicht daran hindern, Molly! Remus, bitte..., setz dich doch! << Erleichterung breitete sich auf dem Gesicht des Mannes aus, der offensichtlich Remus hieß.
>>Danke, Albus! << Molly und Sirius wirkten nicht sehr erfreut, fügten sich aber den Worten des Schulleiters. Mit hochgezogenen Augenbrauen beobachtete Tonks, wie Remus sich zu dem freien Sitzplatz schleppte. Sirius überholte ihn und zog rasch den Stuhl zurück, damit sein Freund sich setzen konnte. Dieser quittierte die freundschaftlich gemeinte Hilfe nur mit einem Augenrollen. Der Stuhl ächzte unter Remus' Gewicht, so als hätte sich ein hundert Kilogramm schwerer Mann darauf niedergelassen. Das Mobiliar hatte bereits seine besten Tage hinter sich gebracht, und Tonks hoffte, dass die einzelnen Stühle zumindest die Ordenssitzung heil überstanden.
Remus schaute mit müden, gläsernen Augen in die Runde und als sich ihre Blicke trafen, konnte Tonks nicht anders als zu lächeln. Kurz schien es so, als wolle Remus die Geste erwidern, doch genau in diesem Moment stupste ihn Sirius an. Völlig aus dem Konzept gerissen, wandte er sich seinem Freund zu. Dieser überreichte ihm wortlos seine Kaffeetasse, die bereits zur Hälfte geleert war. Dankbar umklammerte Remus mit beiden Händen das heiße Getränk.
Dumbledore bat um Aufmerksamkeit, und kurz nachdem Ruhe eingekehrt war, fuhr er mit seinen Erläuterungen, zum Thema Todesser und Voldemort, fort. Sirius ließ seinen Freund nicht aus den Augen. Er zwang sich doch jedes einzelne Wort Dumbledors wahrzunehmen und gleichzeitig jede ungewöhnliche Regung seines Freundes rechtzeitig zu erkennen. Erst als der Schulleiter seinen Patensohn Harry erwähnte, wandte er sich ab. Remus kämpfte unterdessen gegen die Müdigkeit. Er stützte mit der Hand seinen Kopf ab und hin und wieder passierte es, dass er kurz wegnickte. Die letzte Vollmondnacht war anstrengend gewesen. Die überraschende Begegnung mit einem anderen Werwolf, hatten ihm sämtliche Kraftreserven gekostet. Er trank einen Schluck aus der ihm dargebotenen Kaffeetasse, in der Stillen Hoffnung, dass dies seinen müden Geist wachrüttelte, doch vergeblich. Tonnenschwer rollten seine Lider über seine trüben, gedankenleeren Augen. Ein schwarzer Vorhang zog Remus in den stummen Abgrund.
Sirius war so in Dumbledores Bericht vertieft, dass er nicht bemerkte, dass sein Freund unterdessen einschlief. Tonks jedoch, deren Augen schon die ganze Zeit über interessiert auf dem kränklichen Mann geruht hatten, bemerkte diesen Umstand. Da aus dem vorigen Gespräch, das die beiden Freunde im Treppenhaus geführt hatten, deutlich hervorging, wie wichtig das Treffen scheinbar für ihren Gegenüber war, beugte sie sich vor, mit dem Vorhaben diesen zu wecken. Doch gerade als sie den Arm nach ihm ausstrecken wollte, kollidierte ihre Hand mit der gefüllten Kaffeetasse. Erschrocken weiteten sich ihren Pupillen, als diese, durch die Wucht des Aufpralls, quer über den Tisch flog. Erst durch Remus' Ellenbogen wurde sie schlussendlich gestoppt. Dieser schreckte fast panisch aus dem Schlaf und sprang auf die Beine, wodurch der alte Stuhl nach hinten kippte und krachend auf den Boden aufschlug. Er riss seinen Zauberstab aus der Gürteltasche und richtete ihn auf Tonks. Reflexartig zog diese ihren eigenen Stab. Spätestens jetzt hatte sie die Aufmerksamkeit aller Anwesenden im Raum. Gespannt hielten alle die Luft an. Auf der Tischplatte lag die umgekippte Tasse. Sie kippelte noch leicht hin und her. Eine Pfütze aus Kaffee hatte sich gebildet. Ein Rinnsal davon lief ungehindert über die Tischkante hinaus und tropfe leise zu Boden. Tonks nahm unterdessen die Blicke der anderen war, was die Situation für sie noch peinlicher machte. Sie richtete die Augen auf ihren Gegenüber, der angespannt und schweratmend, ungerührt dastand.
>>Entschuldige...! Das...das war gewiss nicht mit Absicht <<, stotterte Tonks aufgeregt.
>>Ich wollte doch nur... <<, hart schluckte sie >> dich wecken <<. Sie war so überrumpelt von der Situation, dass sie ihn unerlaubt duzte, was ihr Unwohlsein nur noch steigerte. Zaghaft ließ sie ihren Stab sinken, als sie erkannte, dass von Remus keine Gefahr ausging. Innerlich verfluchte sie sich, wegen ihrer Tollpatschigkeit.
>>Ich würde sagen, das hast du mit Erfolg geschafft <<, meinte Sirius und grinste von einem Ohr zum anderen. Höchst amüsiert griff er nach dem Arm seines besten Freundes und zog diesen auf seinen Platz zurück. Erst jetzt schien Remus' übernächtiges Gehirn die Situation richtig zu erfassen. Er ließ den Zauberstab sinken. Seine verkrampfte Körperhaltung schrumpfte in sich zusammen und der brennende Schmerz des heißen Kaffees machte sich bemerkbar. Mit verzerrtem Gesicht schaute er auf seinen verbrühten Unterarm. Der dickte Wollstoff seines dunkelroten Pullovers hatte die Flüssigkeit gänzlich aufgesaugt.
>>Tut mir wirklich leid! <<, entschuldige sich Tonks erneut. Ihre Gesichtsfarbe glich einer Tomate. Am liebsten wäre sie vor Scham im Erdboden versunken. Wer konnte auch schon Ahnen, dass ihr am ersten Tag solch ein Missgeschick unterlief?
Remus wandte einen Trocknungs-, und Reinigungszauber an, um den Pullover vom Gröbsten zu säubern. Er zog den Ärmel hoch, um die gerötete Haut darunter in Augenschein zu nehmen. Als zudem mehre Narben zum Vorschein kamen, weiteten sich Tonks' Pupillen erneut. Ihr schoss die Frage durch den Kopf, woher diese schlecht verheilten Verletzungen stammten. Als Remus bemerkte, dass sämtliche Augenpaare auf ihm ruhten, zog er seinen Ärmel schnell wieder herunter. Er räusperte sich, legte den Zauberstab beiseite und ließ den Blick unangenehm berührt kurz durch die Runde gleiten.
>>Verzeihung! <<, sagte er mit rauer Stimme, woraufhin ein paar wenige anfingen zu schmunzeln. Dumbledore bat um Aufmerksamkeit. Ungerührt fuhr er in seinen Erzählungen fort. Unruhig knetete Tonks ihre Hände unter dem Tisch, traute sie sich doch nicht den Blick zu heben. Zu peinlich war ihr die vorangegangene Situation. Molly war zwischenzeitlich aufgestanden und befüllte die leeren Tassen der Anwesenden mit neuem Kaffee. Zudem verteilte sie mehrere Teller mit belegten Broten.
Die Zeiger der Uhr schritten fortwährend voran. Sirius hatte den belegten Teller, der zwischen ihnen stand, im Alleingang geleert. Da weder Tonks noch Remus Appetit darauf verspürten, ließen sie diesen völlig unbeachtet. Molly warf ihnen deshalb verärgerte Blicke zu, die die beiden jedoch nicht bemerkten. Verdrießlich starrte Tonks, mit gesenktem Kopf auf ihre Hände. Noch immer schämte sie sich zutiefst. Plötzlich wurde sie jedoch mit dem Fuß angestupst, was sie überrascht aufschauen ließ. Sie blickte direkt in zwei warme Augenpaare, die sie interessiert musterten. Ein aufmunterndes Lächeln zierte Remus' Gesicht. Tonks spürte plötzlich wie ihre Anspannung nachließ. Offensichtlich war er nicht verärgert über den verschütteten Kaffee. Unbewusst zog sie ebenfalls die Mundwinkel nach oben.
Es war spät, als die Ordenssitzung endlich ein Ende gefunden hatte. Sirius hatte sie alle noch ins Wohnzimmer eingeladen, um den Abend positiv ausklingen zu lassen. Müde ließ sich Tonks auf dem Sofa nieder und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Das Zimmer war riesig, die Decke getäfelt, die Fenster schmal mit dicken, dunkelgrünen Samtvorhängen umringt. Es roch muffig, doch ein knisterndes Feuer im Kamin ließ dennoch eine behagliche Atmosphäre aufkommen. Um sie herum unterhielten sich die Leute ausgelassen, tranken Butterbier, oder andere alkoholische Getränke. Nur Tonks konnte der ausgelassenen Stimmung nicht viel abgewinnen. Sie selbst schaute aus einem der vielen Fenster, jedoch ohne das geringste draußen wahrzunehmen. Sie dachte an den bevorstehenden Arbeitstag, Sirius eingefallene Statur und an Dumbledors heutigen Bericht. Als sich jemand unverhofft neben sie setzte, schreckte sie auf. Überrascht schaute sie den schlanken Mann neben sich an, der sich gerade seinen roten Pullover über den Kopf zog. Darunter kam ein sauberes, blütenweißes Hemd zum Vorschein. Dadurch das es aber falsch geknöpft war, machte es trotzdem einen liederlichen Eindruck. Remus warf seinen Pulli über die Sofalehne, ehe es sich Tonks zuwandte.
>>Ich bitte um Verzeihung, denn ich vergaß mich vorzustellen. Remus Lupin der Name, und mit wem habe ich das Vergnügen? << Er streckte ihr einladend die Hand entgegen. Seine Hand schüttelnd, entwich ihr ein Lächeln, welches fast wie eine Befreiung wirkte.
>>Nymphadora Tonks, aber bitte nenn mich nur Tonks! << Skeptisch zog Remus die Augenbrauen zusammen. Es hatte beinahe den Anschein, als ob Tonks ihm mit einem Satz, viel mehr erzählen wollte, sich aber beherzt bremsen musste.
>>Warum das? Nymphadora ist doch ein sehr schöner Name? <<
>>Ich kann den Namen einfach nicht ausstehen <<, erklärte sie schlicht. Aus irgendeinem undefinierbaren Grund bereitet ihr das Thema Unbehagen, dabei haben ihr schon etliche Leute dieselbe Frage gestellt.
>>Okay...Also bleiben wir bei Tonks <<, meinte Remus schmunzelnd. Noch immer sah er schrecklich übermüdet aus. Wie aufs Stichwort entwich ihm, hinter vorgehaltener Hand, ein Gähnen, welches Tonks sofort ansteckte. Beide mussten daraufhin anfangen zu lachen.
>>Scheinbar war es für uns beide ein langer Abend<<, sagte Remus träge. Entspannt lehnte er sich zurück, breitete seine Arme auf der Rückenlehne aus, streckte die Beine von sich und schloss erschöpft die Augen. Fasziniert beobachtete Tonks ihn dabei. Irgendwann glitt ihr Blick zu der falsch zugeknöpften Leiste seines Hemdes. Es juckte ihr in den Fingern, diesen Umstand zu beseitigen, doch sie traute sich nicht, ihn einfach so zu berühren. Schließlich kannten sie sich kaum.
>>Hey, ihr zwei! Kann ich euch einen Drink spendieren? << Sirius tauchte überraschend vor ihnen auf. In der Hand hielt er eine Flasche mit Feuerwhiskey. Mit geschlossen Augen und überaus schläfrig wedelte Remus mit der Hand.
>>Verschwinde, Tatze! <<
>>Oh, der werte Herr möchte mit der reizenden Dame alleine sein? Dafür sollte er sich aber erstmal anständig kleiden. << Unaufgefordert fing Sirius an, an Remus Hemdknöpfen rumzunesteln.
>>Lass den Blödsinn! << Schnaubend drückte Remus seinen Freund von sich. Dieser lachte nur, ehe er Tonks vielsagend zuzwinkerte. Verwirrt schaute Tonks zu ihm auf.
>>Ah, ich versteh schon. Du hättest es lieber, wenn die Lady dich entkleidet. Na wenn das so ist... Cousinchen, wallte deines Amtes! << Er machte eine einladende Gestik in Richtung Hemd, dessen oberen zwei Knöpfe bereits offenstanden. Als Tonks verstand was Sirius da von ihr wollte, röteten sich ihr Wangen, was den Lockenkopf erneut zum Lachen brachte.
>>Seit wann denn so schüchtern? << Er verwuschelte Tonks die rosafarbenen Haare, ehe er sich wieder seinem Freund zuwandte. Dieser hatte vorsichtshalber die Arme vor der Brust verschränkt.
>>Ich sollte ins Bett gehen! << Remus sah man deutlich an, dass ihm heute nicht mehr nach Späßen zumute war. Ächzend stand er auf.
>>Mit oder ohne Begleitung? << Sirius konnte es immernoch nicht lassen. Es machte ihm einen Heiden Spaß seinen ehemaligen Klassenkameraden auf den Arm zu nehmen.
>>Haha, sehr lustig. Ich lach mich kaputt. << Schnaubend stapfte Remus zur Tür hinaus. Leicht geknickt schaute Tonks ihm nach. Sie hatte gehofft, dass er ihr wenigstens Gute Nacht sagen würde, doch er schien verärgert über Sirius' kindisches Verhalten.
>>Nun schau nicht so traurig! Sieh her, er hat seinen Pullover vergessen. Wenn du dich beeilst, erwischst du ihn noch. << Sirius hatte die Lage richtig gedeutet und doch war es Tonks peinlich zugeben zu müssen, dass sie Remus mochte. Doch vor Sirius hatte sie noch nie Geheimnisse gehabt. Und auch wenn sie sich über einen langen Zeitraum nicht gesehen hatten, fühlte es sich so an wie früher. Erst jetzt wurde ihr schmerzlich bewusst, wie sehr sie ihn doch vermisst hatte. Einem inneren Impuls folgend umarmte sie ihn kurz, ehe sie nach Remus' Pullover griff und zur Tür hinauseilte. Sirius schaute ihr mit einem wissenden Blick hinterher.
Mit hastigen Schritten rannte sie die knarrenden Treppenstufen hinauf, wobei es an ein Wunder grenzte, dass sie Mrs Black, in ihrem Portrait, nicht wachrüttelte. Remus wollte gerade sein Zimmer betreten, als sie schweratmend vor ihm zum Stehen kam.
>>Du hast...<<, sie rang nach Luft, >>dein Pullover vergessen. << Sie hielt ihm das dunkelrote Kleidungstück entgegen. Ihr fiel auf, dass sie ihn erneut unerlaubt geduzt hatte.
>>Hören denn die Peinlichkeiten heute gar nicht auf? <<, dachte Tonks. Der verwirrte Ausdruck auf Remus' Gesicht wich einem Schmunzeln.
>>Oh, vielen Dank! << Er nahm ihr das Stück Stoff ab. Unschlüssig blieb er in der Tür stehen. Neugierig schaute Tonks an ihm vorbei in das dahinterliegende Zimmer, welches geradezu penibel aufgeräumt und nur spärlich möbliert war. Remus bemerkte ihren Blick.
>>Ich würde dich ja auf eine Tasse Tee hereinbitten. Aber ich glaube heute Abend ist nicht mehr viel mit mir anzufangen<<, sagte er mit einem schiefen Lächeln. Sie war erleichtert darüber, dass er sie ebenfalls duzte. Somit blieben ihr weitere Unannehmlichkeiten zumindest vorerst erspart. Als sie ihm gerade eine Gute Nacht wünschen wollte, unterbrach sie ein Gemurmel.
>>Halbmenschen und Blutsverräter. Ach, wenn die arme Herrin doch noch leben würde. << Ein alter, hässlicher Elf trat aus dem Schatten heraus, mit großen Fledermausohren, blutunterlaufenen, großen, wässrig grauen Augen, der nur mit einem dreckigen Lendenschutz bekleidet war. Er schien Tonks und Remus zunächst nicht zu bemerken. Langsam schlürfte er den dunklen Flur hinunter. Erst als er fast direkt neben ihnen stand, schaute er auf.
>>Noch eine Blutsverräterin, die Schande über die Familie gebracht hat. << Empört öffnete Tonks den Mund um etwas zu erwidern, doch Remus hielt sie zurück.
>>Lass ihn reden! Er hatte über zwölf Jahre nur noch Portraits als Gesprächspartner. Das hat ihn auf Dauer wunderlich werden lassen. << Eine Spur Mitleid schwang in Remus Stimme mit.
>>Dieses widerliche Biest wagt es über Kreacher zu reden? Wie meine arme Herrin vor Scham geweint hätte, wenn sie wüsste, welcher Abschaum hier ein und aus geht und das ehrwürdige Haus besudelt. Werwölfe, Mutanten, welch widerwärtige Brut. << Unbeirrt schlürfte der alte Hauself weiter und verschwand murmelnd in der Dunkelheit.
>>Werwölfe? Mutanten? << Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Tonks dem Elfen nach.
>>Ich nehme mal an, mit „Mutant" bin wohl ich gemeint. Aber Werwölfe? Hier gibt es doch keine Werwölfe. << Tonks wollte schon über Kreachers Irrtum lachen, bis sie Remus zerknirschten Gesichtsausdruck bemerkte. Augenblicklich fiel bei ihr der Groschen.
>>Oh! << Betroffen sah sie ihn an, woraufhin er den Blick abwandte und die Schultern hängen ließ.
>>Also... falls du mich jetzt nicht mehr sehen willst..., habe ich dafür natürlich Verständnis, und...<<, setzte Remus an, wurde von Tonks jedoch mitten im Satz unterbrochen.
>>Rede keinen Unsinn! Natürlich will ich dich wiedersehen. Die Tatsache, dass du ein Werwolf bist, ändert nichts <<, versicherte sie ihm. Aufmunternd legte sie ihm eine Hand auf den Oberarm. Überrascht hob er den Blick und konnte es kaum glauben, dass sie so leichtfertig mit der Sache umging. Zum anderen freute es ihn natürlich, dass sie ihm kein Strick draus drehte, für das, was er nun einmal war.
>>Letzte Nacht war Vollmond gewesen, oder? Geht es dir deshalb so schlecht? <<, wollte sie interessiert und zugleich besorgt wissen. Remus war so überrumpelt, dass sie Interesse an seiner Person zeigte, dass er nur zu einem Nicken im Stande war.
>>Dann solltest du jetzt schleunigst ins Bett, damit du dich auskurieren kannst. << Tonks' Augen leuchteten voller Fürsorge und Verständnis, dass es ihn fast zu Tränen rührte. Normalerweise wenn Leute von seinem „kleinen, pelzigen Problem" erfuhren, erntete er genau das Gegenteil.
>>Also, Gute Nacht! << Unverhofft schlang Tonks die Arme um ihn, drückte ihn kurz an sich, ehe sie mit geröteten Wangen die Treppe hinunter verschwand. Mit klopfendem Herz schaute er ihr hinterher.
Als er am nächsten Morgen, mit dem Tagespropheten in der einen Hand und einer Tasse Kaffee in der anderen, am Küchentisch saß, rechnete er nicht damit, dass Tonks ebenfalls da sein würde. Sie musste hier übernachtet haben. Was sonst sollte sie schon so früh in den Grimmauldplatz führen? Sie schenkte ihm ein umwerfendes Lächeln, als sie den Raum betrat, was ihn sogleich in Hochstimmung versetzte. Über sich selbst verwundert, beobachtete er, wie Tonks schwungvoll ihren Mantel auszog und unbekümmert über die Stuhllehne warf. Sie hatte eine schöne, schlanke Figur, das musste er schon sagen. Aber was dachte er da nur? Über sich selbst den Kopf schüttelnd wandte er sich wieder der Zeitung zu.
>>Na, wie gefällt dir mein Cousinchen? << Überrascht schaute er auf, direkt in Sirius' grinsendes Gesicht. Er fühlte sich ertappt. Doch er hatte jahrelange Übung darin, seine Gefühle zu verbergen.
>>Sie scheint sympathisch <<, antwortete er im neutralen Ton. Eilig wollte er sich wieder dem Tagespropheten zuwenden, doch Sirius ließ nicht locker.
>>Sie sieht ziemlich gut aus, oder? << Remus' Augenbrauen wanderten in die Höhe.
>>Hast du dich in sie verkuckt? <<, fragte er verwundert nach und ein unbehagliches Gefühl breitete sich in ihm aus. Sirius innendessen schlug sich innerlich die Hand gegen die Stirn. Wie konnte man nur so begriffsstutzig sein?
>>Mensch, Remus! Sie ist meine Cousine. Ich stelle ihr nicht nach... Nein, ich habe dich gefragt. Wie findest du sie? << Neugier lag in seiner Stimme.
>>Sagte ich doch bereits. Sympathisch. << Sirius verdrehte die Augen. Das war typisch Remus. Was Frauen anbelangte, so hatte er echt Null Erfahrung. Als sein Freund musste er ihm unter die Arme greifen.
>>Du findest sie also sympathisch...<<, wiederholte Sirius betont langsam.
>>Ja, wie oft denn noch? << Remus versteckte sich entnervt wieder hinter seiner Zeitung. Die Situation war ihm mehr als nur unangenehm.
>>Und warum starrst du sie dann an, als wäre sie die erste Frau die du jemals gesehen hast? <<, wollte Sirius wissen und grinste von einem Ohr zum anderen. Empört ließ Remus die Zeitung sinken.
>>Ich starre sie nicht an! << Sirius konnte deutlich erkennen, wie sich die Kaumuskulatur des Werwolfes anspannte, was sein Grinsen nur verbreiterte. Er hatte ihn also ertappt.
>>Wenn du meinst... <<, erwiderte er im beiläufigen Ton und ließ das Thema vorerst fallen. Remus würde Zeit zum Nachdenken brauchen, soviel wusste Sirius.
ENDE
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top