Kapitel 7
Kapitel 7
Erzähler POV
Für viele Menschen war dieser Montagmorgen nichts Besonderes. Sie machten sich auf unterschiedliche Art und Weise, zu verschiedenen Zeiten, auf den Weg um ihre Geschäfte zu erledigen, Treffen wahrzunehmen oder einfach nur Freunde zu besuchen. Doch für die Passanten und Autofahrer, einfach jedermann, der zu dem bestimmten Zeitpunkt an diesem einen Ort war, wurde der friedliche heiße Montagmittag von einem gewaltigen Unglück überschattet.
Zuerst erregten die quietschenden Reifen keine enorme Aufmerksamkeit, da es in London alle paar Sekunden zu einem plötzlichen Bremsmanöver kommt. Doch als schließlich ein herzzerreißender Schrei ertönt, wenden sich beinah alle Köpfe gleichzeitig in diese Richtung. Zunächst fällt nicht jedem sofort auf was der Grund für die laute Äußerung war, allerdings schnappen die Personen, die es erblicken, nach Luft und schlagen sich schockiert, zu keiner Handlung fähig, die Hand vor den Mund.
So auch eine Jugendliche, die gerade auf dem Heimweg von ihrem täglichen Training ist. Ihre langen hellbraunen Haare hat sie zu einem Dutt zusammengebunden, da es für offene Haare viel zu warm ist. Angepasst an diese hohen Temperaturen trägt sie ein dünnes Top und eine Hotpants, daran hat sie einen kleinen I-Pod Shuffle befestigt. Da sie gerade noch im Hyde Park joggen war, hat sie ihre neongrünen Laufschuhe an den Füßen. Hinter der schwarzen Sonnenbrille verbergen sich ihre vor Schock aufgerissenen Augen.
Erstarrt ist sie mitten im Schritt stehen geblieben und starrt bewegungsunfähig auf die Stelle des Geschehen, welche sich nur wenige Meter vor ihr befindet. Die Beats ihrer Lieblingsmusik, die durch ihre großen blauen Kopfhörer dröhnen, hört sie nur noch wie durch Watte. Sie kann nicht anders tun als auf das kleine heulende Mädchen zu starren, welches von ihrer Mutter sanft in den Armen gewogen wird und beruhigende Worte zugeflüstert bekommt. Nur ganz langsam und unter Anstrengung kann sie sich dazu bewegen ihren Kopf nach rechts zu bewegen. Sie erblickt das Auto, darin sitzt der Verursacher des Unfalls, und die verschreckten Fußgänger, die sich tatsächlich allesamt selbst retten konnten.
Obwohl die Jugendliche keine Ahnung hat was passiert ist, verspürt sie direkt Mitleid für den Fahrer. Denn eines wird ihr klar umso länger sie die Unfallstelle anblickt. Das Auto hätte das kleine Mädchen wahrscheinlich irgendwie noch erfasst, wenn nicht sogar umgefahren, hätte der Fahrer nicht reflexartig reagiert und wäre dem Kind ausgewichen.
Was die Jugendliche nicht weiß ist, dass der Fahrer des Autos telefoniert hat und deswegen nicht rechtzeitig erkannte, dass ein kleines Mädchen sich von der Hand ihrer Mutter losriss und auf die Straße rannte um ihren Teddy, den sie von ihrem Dad geschenkt bekommen hat und sehr daran hängt, zurückzuholen. Vorher war ihr genau dieser beim spielenden Hochwerfen auf die Fahrbahn gefallen. Ob sie ihn zu hoch und zu weit auf die Seite geworfen oder einfach nicht wieder aufgefangen hat, tut nichts zur Sache.
Die Mutter hat ebenso nicht auf ihre junge Tochter geachtet, sondern lief zielstrebig ohne zu ihr zu sehen den Gehweg entlang. Die Hand des kleinen Mädchens fest umschlungen. Erst als sie die kleine Hand ihrer Tochter nicht mehr in ihrer größeren Hand verspürte, drehte sie sich um und ihr stockte das Herz in dem Anblick des immer näherkommenden Autos. Die Mutterinstinkte nahmen die junge Frau komplett ein und sie rannte ihrer Tochter ohne weiter nachzudenken hinterher um sie dann mit beiden Händen, vermutlich vor Angst etwas zu unsanft, zu sich zu zerren.
Nun hat sie das weinende Kind hochgehoben und fest mit beiden Armen umschlungen. Vereinzelte Tränen des Schockes und Erleichterung, dass ihrer Tochter nichts geschehen ist, tropfen aus ihren wässrigen Augen. Mutter und Tochter schluchzen somit um die Wette, während sich die Fußgänger unfreiwillig in Gaffer verwandeln je länger sie unnütz auf dem Bordstein stehen und auf das nun verbeulte Auto starren, welches jetzt mehr einem Wrack ähnelt als einer modernen und sehr teuren Marke. Zusätzlich qualmt dichter Rauch aus der zusammengedrückten Motorhaube. Obwohl es eine Vollbremsung war, kam der Wagen nicht rechtzeitig zum Stehen und ist gegen die Betonwand eines Hauses gefahren. Der tiefe Schreck des Passierten versperrt den Menschen die Möglichkeit, oder ihnen fehlt die Courage dazu, dem Fahrer zur Hilfe zu eilen und sei es nur dadurch, dass jemand den Notarzt informiert.
Die erste Person, die sich mit langsamen Schritten dem Wagen nähert, ist die Jugendliche. Sie verspürt plötzlich den unglaublichen Drang helfen zu müssen und nähert sich mit pochendem Herzen dem Auto, dabei streift sie ihre Kopfhörer herunter und hängt sich diese um den Hals. Ihre Augen hält sie unentwegt auf die Fahrertür gerichtet. Dieser kommt sie mit jedem Schritt immer näher und sie schluckt fest als sie fast direkt davor zum Stillstand kommt.
Angst macht sich in ihr breit. Panik, dass sie gleich einen toten oder sterbenden Fahrer auffindet. Niemand eilt der Jugendlichen zur Seite, keiner der anderen Passanten bringt den nötigen Mut auf, sich ebenfalls dem Wagen anzunähern. So bleibt es letztlich bei dem siebzehnjährigen Mädchen hängen die verbliebende und einzige Hilfe für den Fahrer zu sein. Die Augen schließend spricht sie sich beruhigende Worte zu, welche ihr Mut machen „Alles wird gut werden! Ich mache das jetzt! Es gibt keinen Weg mehr zurück! Ich kann das!“
In einem Punkt hat sie Recht. Vor wenigen Monaten, als sie ihren Führerschein gemacht hat, musste sie einen Erste-Hilfe-Kurs ablegen, womit sie bestenfalls für so eine Situation gewappnet sein müsste. Ob sie das wirklich ist kann niemand wissen. Konzentriert ruft sie sich die einzelnen Punkte ins Gedächtnis was man in so einem Fall tun muss.
Im Selbstgespräch murmelnd überwindet sie die letzten Schritte zum Auto „Zuerst muss ich die Stelle des Unfalles absichern…“ Sie blickt über ihre Schulter, über die Straße und schließlich wieder auf den Wagen. Erneut spricht sie mit sich selbst „Das hat sich ja von selbst erledigt. Das nächste ist der Selbstschutz.“ Sie sieht an sich herunter und umher. Immer noch hat sich kein anderer Passant näher gewagt, jeder beobachtet das Handeln der Jugendliche aus einer sicheren Entfernung. Der Verkehr auf der Fahrbahn zeigt sich unbeeindruckt, da er einfach weiterfließt. Die Mutter sorgt sich zurzeit nur um ihr Kind und denkt an nichts anderes.
Die Jugendliche schüttelt leicht den Kopf „Der einzige der Schutz und Hilfe braucht ist die Person, die in dem Auto sitzt. Hoffentlich lebend…“ Angsterfüllt schaut sie nun zum ersten Mal mit vollster Aufmerksamkeit auf die Fahrertür, direkt vor ihr, und blickt nervös auf die Lippe beißend durch das Fenster. Erst jetzt nimmt sie etwas wahr. Diese Tatsache veranlasst sienun doch schneller zu atmen, passend zu ihrem rasenden Herzen. Der blonde Schopf des Fahrers lehnt bewegungslos an dem Fenster. Sie fasst sich mit beiden Händen an den Kopf und schließt die Augen „Ruhig bleiben! Immer positiv denken! Ich muss jetzt den Notruf wählen. Nur auf das konzentrieren!“
Mit dieser Entscheidung will sie sich in die Hosentasche greifen als ihr etwas bewusst wird. Sie hat nur ihren I-Pod dabei. Kein Handy. Augenblicklich dreht sie sich um und wendet sich der Gaffermasse zu. Aus dem Kurs weiß sie, dass man immer jemand bestimmtes ansprechen sollte, sonst fühlt sich niemand verantwortlich. Aus diesem Grund zeigt sie mit ihrem Finger auf irgendjemanden und äußert ernst „Sie mit dem großen Hut!“ Diese schaut die Jugendliche verwundert an und deutet mit dem Daumen fragend auf sich.Die Siebzehnjährige nickt schnell „Richtig ich meine Sie. Wählen Sie jetzt sofort den Notruf. Bitte.“ Das letzte Wort schiebt sie schnell nach, da ihr das Gesagte etwas zu unhöflich erscheint. Trotzdem befolgt die Frau, mit einem wirklich sehr enormen Hut, die Aufforderung, eigentlich schon fast Befehl, und tippt eilig auf ihrem Handy herum.
Als sie genau dieses ans Ohr hält und gestikulierend aufgewühlt zu sprechen beginnt, widmet sich das Mädchen sofort wieder dem Fahrerfenster und starrt auf den Kopf. Sie betet innerlich, dass der Fahrer nur bewusstlos ist. Wild entschlossen zu helfen legt sie ihre zittrige Hand auf den Türgriff und zieht nach einer Pause, in der sie erneut Mut sammelt, daran. Nichts rührt sich. Die Tür scheint zu klemmen. Fluchend vor sich hin brummend setzt die Jugendliche ihr ganzes Körpergewicht ein, was nicht besonders viel ist, da sie eine sehr schlanke Figur besitzt. Noch immer bewegt sich die Tür keinen Zentimeter.
Hektisch rüttelt sie noch ein paar Mal daran, dann tritt sie wütend dagegen. Die Tür springt nicht mit einem Mal wie durch Zauberhand auf, allerdings bewegt es einen Mann dazu nun doch näher heranzutreten. Er mustert das Mädchen und den Wagen „Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“ Obwohl der Mann bei weitem älter ist siezt er die Jugendliche und wartet geduldig auf ihre Antwort. Sofort kurz und schnell nickend nimmt sie das Angebot an „Sie bekommen die Tür vielleicht auf.“ Der Mann versteht und nimmt die Position des Mädchens ein. Beim ersten Mal ziehen tut sich nicht viel mehr als beim Versuch der Jugendlichen, doch beim nächsten Ansatz setzt der Mann seine ganze Kraft ein und reißt die Tür mit einem Ruck sperrangelweit auf.
Der schlappe Körper des Fahrers kippt nun ein Stück hinaus. Glücklicherweise steht das Mädchen genau an der richtigen Stelle und streckt ihre Arme aus um die Person abzufangen. Da der Anschnallgurt noch ordnungsgemäß sitzt, hängt die Person nur halb aus der Tür und wird von der Jugendlichen vorsichtig festgehalten. Wortlos tritt der Mann näher und beugt sich ins Innere des Autos. Es ertönt ein Klicken und das ganze Gewicht lastet plötzlich auf der Jugendlichen. Weil sie nun mal keine massigen Muskeln besitzt, endet es damit, dass die Jugendliche mit ihrem Po auf dem harten Bordstein landet und den Oberkörper des blonden Fahrers fest in ihren Armen hält. Sie vermeidet der Person ins Gesicht zu sehen. Der Mann sieht sie entschuldigend an und sie verständigen sich mit Augenkontakt. Zusammen verfrachten sie den Fahrer vollständig so vorsichtig wie es geht aus dem Auto hinaus und legen ihn flach auf den Fußgängerweg.
Dabei sieht die Jugendliche aus Angst das Horrorszenarium zu erblicken, durchweg in das ermutigende Gesicht des fremden Mannes. Ohne hinzuschauen legt sie den Kopf des Fahrers sanft auf den harten Stein und rutscht etwas zur Seite. Erst als der Mann ihr leicht zu nickt, lässt die Jugendliche es zu, dass ihre Augen langsam zu dem Gesicht des Fahrers gleiten. Schon im ersten Moment erkennt sie die Person, die regungslos vor ihr liegt. Sie schlägt sich schockiert die Hand vor den Mund. Viel lieber hätte sie den Fahrer nicht gekannt. Dennoch schafft sie es sich in ihrem Entsetzen die wichtigen Fakten zurück ins Gedächtnis zu rufen. Die verschiedenen Schritte, die man beim Auffinden einer bewusstlosen Person nacheinander ausführen muss.
Sie versucht das Blut im Gesicht des blonden Jungen zu ignorieren als sie langsam ihre beiden Hände hochnimmt und beginnt leicht den schlappen Körper zu rütteln. Ihre zuvor noch feste Stimme ist jetzt ganz zittrig „Ha-allo-o? Hö-örst du-u mi-ich?“ Es erfolgt keine Reaktion von Seiten des jungen Mannes, der vor ihr liegt. Angsterfüllt legt sie ihren Zeige-und Mittelfinger an die Hauptschlagader am Hals des Blonden. Mit geschlossenen Augen und pochendem Herzen betet sie inständig um einen Puls. Sie fürchtet sich schrecklich davor, dass es der Junge nicht schafft. Als sie ein regelmäßiges Pochen verspürt löst sich eine Träne der Erleichterung aus einem ihrer beiden Augen. Erneut blickt sie in das Gesicht des Fahrers. Sie registriert bedrückt die Blutspuren an der Schläfe, sowie unter der Nase. Nun prüft sie die Atmung, diesmal viel beruhigter als noch vor ein paar Sekunden. Diese ist ebenfalls gleichmäßig.
Nur die Tatsache der fest geschlossenen Augen bereitet dem Mädchen noch Unbehagen. So als ob der Junge diese bemerkt hätte, flattern plötzlich dessen Augen und er öffnet diese schließlich ganz langsam. Die Jugendliche beugt sich geschwind über ihn, da sie spürt, dass der blonde Junge unruhig wird. Sie schenkt ihm ein kleines ehrliches Lächeln „Alles ist gut. Bleib einfach liegen.“ Die strahlend blauen Augen richten sich noch immer voller Panik auf die Jugendliche und er schüttelt benommen seinen Kopf. Mit belegter und schwacher Stimme äußert er sich „Hab ich sie erwischt?“ In seinen Worten schwingt so viel Angst mit und er versucht sich aufzurichten. Der fremde Mann eilt zur Hilfe und drückt den blonden Jungen sanft, aber bestimmend, zurück auf den Bordstein.
Die Jugendliche hingegen hat sich bei der Frage sofort halb aufgerichtet und sich suchend nach der Mutter mit dem Kind umgeschaut. Schnell erfassen ihre Augen die Beiden. Gesund und munter. Sie wendet sich erneut dem Jungen zu und antwortet „Niemand außer dir wurde verletzt.“ Abwesend nickt der blonde Junge und seine Augen schweifen ruhelos umher.Die Jugendliche weiß, dass sie jetzt reden muss um den Junge irgendwie von dem Geschehenen und seinem damit verbundenen Schock abzulenken. Deswegen frägt sie, obwohl sie die Antwort schon längst weiß „Wie heißt du?“ Dem Jungen scheint das keineswegs eine unsinnige Frage zu sein, denn er heftet seine Augen aufgeschlossen auf die Jugendliche und erwidert mit krächzender Stimme „Niall.“
Da er seine blauen Augen nun konzentriert auf sie gerichtet hat, will sie gerade die nächste Frage, die ihr einfällt, stellen, doch mit einem Mal werden näher kommende Sirenen laut. Sofort schaut sich die Jugendliche um und erblickt den Rettungswagen. Dieser kommt wenige Minuten später am Unfallort zum Stehen und zwei Sanitäter spurten beim Winken des Mannes schnurstracks zu Niall und der Jugendlichen.
Diese will aufmerksam Platz machen und macht Anstalten aufzustehen. Doch eine Hand, die sich an ihrer Linken festkrallt, hinter sie daran. Zuerst schaut sie verwirrt auf die Hand, dann auf Niall. Flehend blickt dieser sie an „Bleib bei mir. Bitte.“ Nickend tut die Jugendliche ihm diesen Gefallen und weicht Niall nicht von der Seite. Nicht als die Sanitäter ihn auf eine Trage verfrachten. Nicht als sie die Trage mit ihm darauf in den Wagen schieben. Selbst in dem Moment als sie gefragt wird ob sie mitfahren will, verlässt sie Niall nicht. Auch er umschlingt weiterhin so fest er kann ihre Hand und sieht sie durchweg aus seinen strahlend blauen Augen an. Nun im fahrenden Rettungswagen äußert Niall sich leise „Und wie heißt du?“ Die Jugendliche lächelt ihn an und malt kleine Kreise auf seinen Handrücken „Amy.“
So... Ein bisschen spät in der Nacht oder früh am Morgen wie man es nimmt :-) 04.13 Uhr
Meine Fragen an euch:
- Wie hättet ihr in so einer Situation gehandelt? Wärt ihr so wie die Jugendliche gewesen oder ein Gaffer?
- Wie wirkt Amy auf euch?
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