Kapitel 69
Kapitel 69
Harry POV
In diesem Moment befinde ich mich, wie in den vergangenen zwei sehr ereignislosen Tagen, in meinem Einzelzimmer und sitze untätig auf meinem Bett. Die Zeiger der Uhr signalisieren mir kurz nach Zehn, somit baldige Nachtruhe. Den zuvor langweiligen weißen Beingips, der mich am alleinigen Aufstehen hindert, wurde durch mehr oder weniger künstlerische Bilder verziert.
Niemand anderes, als meine chaotischen und doch sehr sorgsamen Bandkollegen sind dafür verantwortlich. Ohne um Erlaubnis zu fragen und vermutlich mit der Absicht mich aufzumuntern, brachten die vier Jungs gestern drei verschiedenfarbige Eddings mit und fingen einfach an behutsam auf meinem Gips zu malen. Ich schlief zunächst noch, allerdings wurde ich von gedämpften Gelächter wach und konnte nicht anders, als ein stummes dankbares Lächeln zu entgegnen. Denn ich erkannte in ihren erschrockenen Gesichtern, dass sie es einfach nur gut meinten.
In den verstrichenen 48 Stunden giftete ich meine eigentlichen besten Freunde oftmals grundlos an, dabei ist mir der Grund selbst noch nicht einmal völlig klar. Mich überkommt ab und an eine plötzliche starke Frustration und ich habe das Bedrängen meine Emotionen lautstark herauszulassen. Leider trifft dies ausnahmslos Louis, Liam, Zayn und Niall.
Vielleicht fühle ich mich von ihnen hintergangen und im Stich gelassen, doch weiß ich, dass jeder um mich herum nur das Beste für mich will. Natürlich ist mir bewusst, dass mein Körper Zeit für die Genesung braucht. Allerdings werde ich momentan von jedem bemuttert und bin dessen längst überdrüssig. Meine Mutter und Schwester lassen mich keine Sekunde aus den Augen, auch Niall, Liam, Louis und Zayn ertappte ich nur zu häufig dabei wie sie mich besorgt anstarren.
Dahingehend war ich regelrecht erleichtert, als Gemma mir heute gegen Mittag betrübt beichtete, dass sie nicht mehr bei mir bleiben kann. Sie sagte mir nicht was genau sie zu erledigen hat, aber ich verstand sie. Schließlich besitzt sie noch ein eigenes Leben und muss sich einfach um andere Dinge kümmern. Meine Mum und auch meine Bandkollegen versprachen hingegen morgen früh wieder für mich da zu sein.
Außerdem fühle ich mich auch schon viel besser und bekam heute bei der Morgenvisite sogar erlaubt endlich die heißersehnte „Dusche" nehmen zu dürfen. Zuvor verordnete mir Doktor Kismet nämlich viel Ruhe und so wenig Aufregung wie möglich, weshalb ich sozusagen ans Bett gebunden war. Im Nachhinein kann ich den Besuch im anliegenden Badezimmer wohl eher als Katzenwäsche bezeichnen, denn der Gips und meine genähte Kopfwunde dürfen auf keinen Fall, wie die für mich zuständige Krankenschwester meinte, nass werden.
Sarah hat naturrote Haare und dunkelbraune Augen, soweit ich weiß führt sie gerade ihre zweite Ehe und hat zwei Kinder. Als sie das erste Mal bei mir war, herrschte eine wirklich sehr unbehagliche Stille, weshalb ich bereits nach wenigen todgeschwiegenen Minuten einen freundlichen Smalltalk aufbaute und angestrengt aufrechterhielt. Seitdem unterhalten wir uns eigentlich immer sehr gut. Beispielsweise bemerkte sie heute, als sie das Tablett abholte, dass ich ja doch kein verwöhnter Schnösel sei. Diese Szene vor meinem inneren Auge habend grinse ich leicht vor mich hin.
„Klopf, klopf." Die weibliche Stimme und ein ertönendes Klopfen reißt mich abrupt aus meinen Gedankengängen. Ich löse meinen ins Leere schauenden Blick von der gegenüberliegenden weißen Wand und wende meinen Kopf in Richtung Tür. Ein freudiges Lächeln erscheint auf meinen Lippen, als ich die eingetretene Person ansehe. Keck erwidere ich „Wer ist da?"
„Theo." Blaue Augen blicken mich herausfordernd an, weshalb ich das entstandene Spiel nur zu gern fortführe „Theo wer?" Meine Mundwinkel zucken nach oben, als ich erkenne wie sie sichtbar ernst zu bleiben versucht, um den Witz zuende zu bringen. Noch immer in der offenen Tür stehend verkündet sie nun „Tee oder Kakao?"
Erwartungsvoll blickt sie mich an, hingegen ich bemerke „Der war schlecht, Mia." Trotzdem kann ich mir ein kurzes Auflachen nicht verkneifen, wohin sie siegreich auf mich deutet „Aber du lachst. Somit habe ich mein Ziel erreicht!" Mich selbst verteidigend äußere ich „Ich wollte nur nicht, dass du wie ein begossener Pudel auf der Türschwelle stehst."
„Jaja." Wissend blickt sie mich an, als sie nun hereinkommt und ein kleines Tablett in ihren Händen hält. Auf meinen fragenden Blick hin erklärt sie „Zuallererst: Ich konnte Sarah überzeugen, dass ich dir deine Medikamente bringe. Und zweitens, habe ich tatsächlich einen Tee mitgebracht, da ich deine Abneigung gegenüber Kakao kenne." Für diesen letzten Satz erntet sie ein erneutes Lachen meinerseits, dann setze ich mich leicht auf, indem ich mich mit meinen Händen an der Matratze abstütze. Die Kruste der verheilten Schürfwunden hat sich teilweise schon abgelöst.
Widerstandlos schlucke ich die Tabletten, da ich ihre Wirkung zu schätzen weiß. Sie helfen mir sichtlich mich besser zu fühlen. Mia setzt sich auf einen Stuhl, rechts von mir, und erkundigt sich mit sichtbar besorgten Blick „Wie geht es dir?" Ich stöhne auf und sehe sie mit leicht schief gelegten Kopf an „Wieso werde ich das unentwegt von allen gefragt? Egal wie oft ich sage, dass es mir besser geht. Die Fragen bleiben."
„Harry, das zeigt doch nur wie aufmerksam sich um dich gesorgt wird." Bei diesen Worten greift Mia nach meiner rechten Hand und drückt sie leicht, wohingegen ich ein leichtes Nicken entgegne „Ja, ich weiß. Am liebsten wäre es mir aber, wenn ich nur von mir aus etwas sagen müsste." „Komm, dann machen zumindest wir einen Deal. Solange du nichts zu mir sagst, geht es dir besser. Aber sollte etwas sein, musst du mir direkt Bescheid geben." Ihre blonden Haare wie üblich durch einen langen Pferdeschwanz gebändigt blickt sie mich auffordernd an.
„Einverstanden." Ich lächle sie breit an und bemerke anschließend, um einen Themenwechsel herbeizuführen „Wieso hast du Sarah eigentlich ihre Arbeit abgeluchst? Du kannst ja immerhin je nach Belieben zu mir kommen, wenn du gerade nichts zu erledigen hast." „Doktor Kismet mag es, glaube ich, nicht, dass ich dauernd bei dir vorbeischaue. Deshalb habe ich die Gelegenheit ergriffen diesmal einen offiziellen Grund zu haben."
Nur mit ihren Worten hätte sie mich vermutlich überzeugt, doch erkenne ich ihre Versuche mir etwas zu verheimlichen mittlerweile sehr gut. Ins Blaue hineinratend mustere ich sie „Bist du etwa eifersüchtig auf Sarah?" „Nein, was denkst du!" Empört blickt sie mich an und will ihre Hand aus meiner Hand lösen, jedoch wirkt sie doch eher ertappt auf mich. Sofort verstärke ich den Druck und bemerke amüsiert „Mia! Sie ist bestimmt dreißig Jahre älter als ich."
Da Mia darauf nur ein Seufzen erwidert und ihre Lippen aufeinander presst, streiche ich besänftigend über ihren Handrücken und ziehe meine Augenbrauen leicht in die Höhe. Nun blickt sie wieder in meine Augen und erklärt langsam „Sie ist einfach öfter bei dir und kümmert sich ständig um dich. Ich weiß, ich sollte so nicht denken. Aber ich will einfach mehr Zeit mit dir verbringen."
Ein Gähnen unterdrückend entgegne ich sanft lächelnd „Es ist Sarahs Job, doch du bist jetzt freiwillig und ohne Verpflichtung bei mir. Das ist es was zählt, richtig?" „Du hast recht." Mia nickt mehrmals, dann beugt sie sich unerwartet nach vorne und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf jetzt. Du brauchst die Ruhe." Eigentlich will ich protestieren und verkünden, dass ich noch gar nicht müde bin. Allerdings muss ich erneut gähnen und unterdrücke dieses nun nicht.
Brummig murmle ich „Der Tee wird aber kalt." „Ich weiß doch, dass du ihn auch abgekühlt magst." Mia blickt mich mit einer hochgezogenen Augenbraue wissend an, danach hilft sie mir mich, so gemütlich wie es mit dem Gips geht, hinzulegen. Meine Augen klappen beinah wie von selbst zu und ich nuschle mit einem Mal verstehend „Die Tabletten. Du hast..."
„Der Schlaf wird dir gut tun. Träume was Süßes, Harry." Ich spüre im Halbschlaf, wie sie mir zärtlich über die Wange streicht und mein Mund verzieht sich zu einem Lächeln. Wie könnte ich ihr auch böse sein? Auch sie meint es nur gut mit mir und will mir mit all ihren Möglichkeiten helfen schnell wieder fit zu werden. Ohne es recht zu merken gleite ich ruhig atmend in meine eigene Fantasiewelt ab.
Geschehnisse von der Zeit im Krankenhaus und davor werden in meinen Träumen verarbeitet und tauchen leicht abgewandelt vor meinem inneren Auge auf. Ängste der plötzlichen Einsamkeit verzerren meine positiven Erinnerungen, dagegen kann ich nichts machen. Allerdings wird mir während des Traumes klar, dass ich in meinen vier Bandkollegen wahre Freunde gefunden habe. Selbst, als ich sie abwies und harsch reagierte, ließen sie sich nicht abschrecken. Niall, Liam, Louis und Zayn kennen mich so gut wie kein anderer, wahrscheinlich bleiben sie deshalb unnachgiebig an meiner Seite. Bei dieser gewonnenen Erkenntnis durchfährt mich ein unfassbares Glücksgefühl.
Schlagartig verändert sich der Standort meines träumenden Ichs und es wird alles um mich herum in ein grelles Licht getaucht, dann umhüllt mich Rabenschwärze. Nach und nach verfliegt die Dunkelheit und ich fange an mein Umfeld sehr langsam wahrzunehmen, als sei ich aus einem tiefen Schlaf erwacht und müsste mir jeden Zentimeter des vor mir erscheinendem Bildes erkämpfen.
Da die Sicht zunähst noch sehr verschwommen ist, erscheint die Umgebung wie verblasst. Jedoch schärft mehrmaliges Blinzeln die Konturen der Gegenstände und anwesenden Personen, die wie versteinert in einer Position verharren. Ich erblicke ein Abbild von mir in einem mir fremden Zimmer stehen und erkenne in meinen Gesichtszügen einen gewissen Zorn, wundersame Ruhe und eine wilde Entschlossenheit. Mir, oder eher meinem anderen Ich, steht eine mir sehr bekannte Person gegenüber.
Verwirrt nähere ich mich diesem Mädchen, welche das mir fremde Ich mit zusammengepressten Lippen und hochgezogenen Augenbrauen missbilligend mustert. Immer weiter trete ich an die einzigen beiden Personen heran und runzle meine Stirn, da ich ihre Regungslosigkeit sowie die Situation nicht verstehe. Ist es real passiert oder bilde ich mir in meinem herrschenden Traum dies nur ein?
Unvermittelt erfasst mich ein starker Sog, gegen den ich mich nicht zu wehren vermag. Ich verschmelze förmlich mit meinem Abbild. Mit stark pochendem Herzen reiße ich meine vor Angst geschlossenen Augen wieder auf und starre direkt in Amys leicht zusammengekniffenen Augen. Ich brauche einen Moment bis ich merke, dass sich ihre Lippen lautlos bewegen, und ebenso lange, dass mein Körper heftig gestikulierend auf diese Äußerung reagiert und ebenfalls Worte aus meinem Mund dringen.
Ich spüre die Anspannung meinerseits und bemerke wie sich das Gesicht von Nialls Freundin von abschätzig, über starr, bis zu beinah schon ängstlich verändert. Das alles wirkt auf mich unglaublich beängstigend, da kein einziger Laut an meine Ohren zu dringen scheint. Der Körper, in dem ich mich befinde, hat seine Fäuste geballt und ich spüre die aufgewühlten Gefühle, als wären es meine eigenen. Doch sind sie es auch?
Das offenbar sehr geladene Wortgefecht findet ihren Abschluss unerwartet ruhig. Amy ergreift meine Hand und blickt mir flehend in die Augen, als sie vermutlich bittend mit mir spricht. Zu meinem eigenen Verdutzen drücke ich ihre Hand und erwidere verständnisvolle Worte, zumindest denke ich genau das zu fühlen. Überraschend werde ich buchstäblich aus dieser Szene katapultiert, doch erfasse ich noch mit ungläubigen Augen, dass mein anderes Ich Amy über den Rücken streicht.
Habe ich das wirklich getan? Obwohl ich einiges vergesse habe, weiß ich noch sehr genau meine Abneigung gegenüber Nialls Freundin, da misstrauische Gefühle in mir herrschen. Meine Umgebung wird von einem unerträglich hellen Licht durchflutet, kurz darauf umschlingt mich Tiefenschwärze. Ich verstehe nicht was gerade mit mir passiert, doch erscheint bereits eine weitere Szene vor meinem inneren Auge.
Eindeutig in den Männertoiletten irgendeines Gebäudes finde ich mich angestrengt blinzelnd wieder. Ich habe gerade noch die Möglichkeit zu erfassen, dass Niall gerade vor einem Pissoir steht und mein Abbild gemächlich hereinkommt, doch in seinen Schritten stoppt, als er Niall erblickt. Dann vereine ich mich mit einem harten Ruck mit meinem verharrenden Ich, welches nun zögerlich weiter hereintritt.
Niall bemerkt mich anscheinend erst jetzt und blickt fragend auf, indes sich seine Lippen bewegen. Das Gesicht des Iren versteinert sich sofort bei meinem Anblick, indes ich eine herrschende Unsicherheit und ein starkes Drängen, Niall etwas sehr Wichtiges zu sagen, verspüre. In seinem deutlichen Zorn verändern sich Nialls Gesichtszüge und auch ich komme in Rage, als Niall sich eilig an mir vorbeidrängen will.
Unsanft greife ich nach dessen Handgelenk und meine geäußerte Forderung dringt erst nur leise, dann immer deutlicher an meine Ohren „Jetzt höre mir doch einfach nur zu!" „Ich weiß bereits genug, um zu wissen, dass du ein armseliges Arschloch bist, der mir mein Glück mit Amy nicht gönnt!" Überrascht von diesen harten Worten, die ich von Niall nicht kenne, lasse ich perplex locker und Niall reißt sich vollkommen von mir los, dann stürmt er mit festen Schritten die Tür aufdrückend aus den Toilettenräumen.
In meinen Gedanken geht es drunter und drüber. Was will ich Niall sagen und wieso fertigt er mich dermaßen wütend ab? Viel schneller als zuvor verschwindet die Szene vor mir, ohne dass ich bewusst mein noch immer träumendes Ich wahrnehme. Ebenso beschleunigt sich der Vorgang der verfliegenden Dunkelheit und meiner Vereinigung mit meinem identischen Abbild. Ich fühle mich immer mehr in die abspielenden Szenen hinein und werde mir sicherer, dass es sich um reale Ereignisse handelt. Schließlich könnte ich mir solche Sachen niemals in meinen Träumen ausmalen, oder?
Ich finde mich allem Anschein nach auf einer Party wieder, denn es wird tänzerische Musik gespielt und viele Menschen befinden sich diesmal um mich herum. Einige bekannte Gesichter erblicke ich und erkenne kurz darauf die sogenannte Lokation wieder, Liams Haus. Handelt es sich hierbei um den vergessenen 21.Geburtstag? Erleichtert atme ich auf, da es sich diesmal um eine sicherlich angenehmere Szene handelt.
Doch habe ich noch nicht einmal eine Gelegenheit, um mein vermutlich ebenfalls anwesendes Abbild zu suchen, da werde ich schon von unsichtbaren Fäden heftig zur Seite gerissen und finde mich in einer mir unbekannten Situation wieder. Ich stehe direkt vor Niall und umgreife fest dessen linke Schulter mit meiner rechten Hand.
„Ich sage die Wahrheit, aber wenn du zu verblendest bist diese zu erkennen, kommt wohl jede Rettung zu spät!" Ganz leise und mit ungewöhnlich ernster Stimme äußere ich diese Worte. Verwirrt darüber will ich am liebsten meine Augenbrauen zusammenziehen und einen Moment in Ruhe über das Passierende nachdenken, doch verspüre ich unvermittelt einen stechenden Schmerz in meinem Gesicht, der ganz mein eigener zu sein scheint, und verfolge perplex wie mein Körper auf Nialls ungebremsten Schlag reagiert.
Schockiert schnappe ich zusammen mit meinem Abbild nach Luft, als ich mit meinem zweiten Schlag statt den blonden Iren den unerwartet dazwischen werfenden Liam erwische. Fassungslos von mir selbst, dass ich tatsächlich dazu fähig bin meine besten Freunde zu schlagen, bekomme ich die aus meinem Mund geäußerte mehrmalige Entschuldigung nicht wirklich mit. Mitten in meiner Verwirrung und Erschütterung wechselt die Szene beinah nahtlos in eine andere über.
Noch immer scheine ich mich auf Liams Geburtstagsparty zu befinden, doch verrät mir der nicht vorhandene Schmerz meiner Wange, dass der Schlagabtausch noch nicht stattfand. In meiner Hand halte ich einen Pappbecher, der eine mir nicht bekannte Flüssigkeit enthält. Dass ich bereits im Körper meines Spigebildes bin, bemerke ich in meinem Unterbewusstsein, doch fühlt es sich so real an, dass ich die Tatsache nicht weiter beachte.
Gerade bewege ich mich die Treppe in den ersten Stock nach oben. Ich war schon öfters bei Liam und kenne somit das gesamte Haus. Langsam steige ich die Stufen hoch und nippe immer wieder an dem Getränk, das nach dem Geschmack zu urteilen Alkohol beinhaltet. Den oberen Treppenansatz erreicht setze ich meinen Weg einfach fort, als mich eine gedämpfte weibliche Stimme stocken lässt. Ich verstehe die Worte nicht, doch erkenne ich direkt die dazugehörende Person: Amy.
Von meiner Neugierde getrieben und meines Wissens, dass Amy hier oben eigentlich nichts zu suchen hat, nähere ich mich der angelehnten Tür und blicke, mich leise verhaltend, durch den gegebenen Spalt. Amy, die vermutlich ihr Handy an ihr Ohr gedrückt hat, steht mit dem Rücken zu mir und spricht offensichtlich absichtlich sehr leise mit ihrem Gesprächspartner „Nein, Samy. Wenn ich ihm die Wahrheit über mich erzähle, werde ich ihn verlieren!" Wer ist Samy und über wen spricht Amy? Meine Stirn runzelnd lehne ich mich, sehr interessiert an der weiteren Unterhaltung, leicht gegen die Wand, rechts vom Türspalt und lasse meine Augen weiter auf Amy gerichtet.
„Ich weiß, ich weiß." Ein tiefes Seufzen entfährt ihren Lippen, dann fordert sie mit fester Stimme sie „Niall darf diesen Abschnitt meines Lebens nie erfahren, verstanden?" Nun wartet sie allem Anschein nach eine Erwiderung ab. „Seine Unwissenheit ist für uns beide besser. Achja, und Samy-" Bei ihren letzten Worten dreht sie sich unerwartet flink in meine Richtung und unterbricht sich selbst. Ihre Augen weiten sich, dann spricht sie hastig „Ich muss auflegen." Eilig steckt sie das Handy in ihre kleine Handtasche und will sich daraufhin an mir vorbeidrücken.
Sofort greife ich harsch nach ihrem Handgelenk und sehe sie aufgebracht an „Was genau verheimlichst du Niall? Sag es mir!" „Das geht dich rein gar nichts an!" Geschickter, als ich es für möglich hielt, windet sie sich aus meinem Griff und stöckelt in Windeseile den Gang entlang, dann die Treppe herab. Ohne Umschweife folge ich ihr schnellen Schrittes, doch werde ich im nächsten Augenblick mitten im Rennen aus der Szene gerissen und in eine andere ebenso hart hineingestoßen.
In einem flotten Laufschritt, gesundem Puls und schneller, als gewöhnlich, atmend lasse ich die Situation sowie die Umgebung auf mich wirken. Offensichtlich befinde ich mich auf meiner üblichen Route, habe meine Haare zu einem Dutt zusammengeknotet und trage passend dazu sportliche Klamotten. Doch wieso jogge ich? Voller Konzentration grabe ich in meinem Gedächtnis, bemüht mich an den Grund meines Dranges mich zu bewegen zu erinnern.
Mit einem Mal erscheint mir die verlangte Information glasklar vor meinem inneren Auge und ich beginne die ersten Teile des verlorenen Puzzles zusammenzusetzen. Ich nehme wahr, wie ich, oder eher mein Körper sich mehrmals vergewissert und anschließend den gegenüberliegenden Bürgersteig ansteuert.
Gerade, als mein linker Fuß auf die Bordsteinkante auftrifft, prallt ein harter Gegenstand gegen mein rechtes Bein und ich höre ein lautes Knacken. Die Wucht des Aufpralls schleudert mich zur Seite und ich gebe ein ersticktes Keuchen von mir. Millisekunden später spüre ich wie der Boden meinen Sturz abrupt abbremst und ein gnadenloser Ruck durch meinen Körper fährt, welcher meinen nach oben geworfenen Kopf grob zurückreißt.
Unglaublich große Schmerzen veranlassen mich qualvoll aufzuschreien, doch dringt kein einziger Laut über meine Lippen. Mein Körper bleibt vollkommen regungslos liegen und meine Augen fallen langsam zu, völlig ungehindert. Panik macht sich in mir breit, denn ich verlasse die Szene nicht, wie zuvor jedes Mal. Die heftigen Schmerzen bleiben bestehen und eine schreckliche Unwissenheit, was nun mit mir passiert, breitet sich in mir aus.
Mein Herz pocht rasend schnell, als ich unnachgiebig lautlos um Hilfe kreische. Die jäh über mich hereinbrechende pechschwarze Finsternis heiße ich erleichtert willkommen und überlasse mich widerstandslos dem nun freien, nie endenden, Fall.
Ich hoffe euch gefällt dieses Kapitel, welches bisher das Längste ist (Lieber wieder kürzer, oder ist diese Länge in Ordnung?)
Wie immer könnt ihr mir natürlich eure Meinung da lassen. Für Kritik, Verbesserungsvorschläge etc bin ich offen! ^-^
Ebenso noch ein großer Dank an euch, meine Leser ♥ Mir zeigen Reads, Votes und Kommentare, dass euch mein Geschriebenes interessiert und das bedeutet mit sehr viel!
Meine Fragen an euch:
- Was sagt ihr zu Mia? Mögt ihr sie, oder eher nicht?
- Wie findet ihr es, dass Harry sich in seinen Träumen wieder erinnert?
- Habt ihr das vergessene Puzzle Harrys bereits zusammengesetzt, oder fehlen euch noch Teile?
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