Kapitel 32
Kapitel 32
Harry POV
Nialls Verwechslung der Küche mit dem Bad amüsiert uns wohl alle am Tisch, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass jedem von uns ein kurzes Lachen entweicht. Jedoch zeigt sich im nächsten Moment schon wieder der ernst dieser Situation, denn Niall taumelt mit einem Mal und sucht Halt am Türrahmen. Als er diesen unglücklicherweise auch noch verfehlt und somit ins Leere fast, gefriert mir das Grinsen in meinem Gesicht und ich stelle mich rasant auf. Dabei kippt mein Stuhl nach hinten und die Lehne schlägt laut auf den Fliesen auf. Doch das ist mir völlig egal, denn ich komme Niall genau rechtzeitig zu Hilfe und halte ihn fest, bevor er sich der Länge nach der Schwerkraft ergeben kann. Besorgt blicke ich in sein blasses Gesicht „Niall, was ist? Wie fühlst du dich?“ Mit geschlossenen Augen murmelt er „Mir ist schwindlig…“
„Komm setz dich!“ Zayn steht bereits ebenfalls und bietet Niall seinen Stuhl an. Da dieser nicht reagiert, schiebe ich Niall behutsam dorthin und drücke ihn auf die Sitzfläche. Liam, Louis und Amy halten ihre Blicke aufmerksam, vielleicht auch etwas furchtsam, auf Niall gerichtet, welcher nun vorsichtig blinzelt und uns ein schwaches Lächeln entgegen bringt. Ich stelle meinen umgekippten Stuhl wieder hin und lasse mich langsam darauf nieder, während Zayn sich einen neuen Sitzplatz organisiert. Seinen Teller lässt er zunächst einmal stehen. Indes bemerkt Liam mit sorgenvollem Gesicht „Du musst was essen Niall.“ Dieser schlingt die Decke eng um sich und entgegnet leise „Ich weiß…“
„Auf was hast du denn Lust?“ Aufmerksam sieht Louis auf Niall, welcher mit den Schultern zuckt „Nichts…“ Beklommen blicken wir, Liam, Louis, Zayn und ich, uns an. Selten bekommen wir von Niall zu hören, dass er keinen Hunger hat und immer hatte dieser Satz eine tiefere Bedeutung. So auch jetzt. Diese Erkältung, oder was auch immer das ist was Niall hat, ist offenbar keineswegs auf die leichte Schulter zu nehmen. „Ich mach dir einen kleinen Teller. Ja?“ Amy lächelt Niall an, welcher einverstanden nickt und das Lächeln erwidert. Amy steht zufrieden auf und beginnt sich einige Sachen zusammen zu suchen.
Erleichtert darüber, dass Niall nun zugestimmt hat etwas zu essen, nehme ich erneut meine Gabel in die Hand und stille meinen eigenen Hunger. Liam und Louis tun es mir gleich, während Zayn erst noch seinen Teller zu sich holen muss. Beim Kauen beäuge ich Niall möglichst unauffällig von der Seite, dennoch merkt er es anscheinend, da er sich mir schlapp zudreht und meint „Ess ruhig. Ich fall schon nicht vom Stuhl.“ Ihm das nicht wirklich glaubend, wende ich meinen Blick trotzdem ab, da es Niall offenbar unangenehm ist, wenn ich ihn die ganze Zeit anstarre, und schiebe mir die nächste Ladung Lasagne in den Mund.
Einen Augenblick später ertönt ein beunruhigendes Husten, aufgrunddessen ich erneut auf Niall schaue. Jeder anderen im Raum hat sich ihm ebenfalls sofort zugewendet und in seinen jeweiligen eigenen Handlungen inne gehalten. Diesmal erholt sich Niall anscheinend schneller, denn er erkundigt sich kurzatmig „Wie war … eigentlich … der Livestream?“ Damit will er sehr wahrscheinlich von sich ablenken. Wir tun ihm diesen Gefallen und gehen auf seine Frage ein. Liam erwidert „Es hat Spaß gemacht, aber mit dir wäre es natürlich noch um weiten besser gewesen.“ Dankbar lächelt Niall Liam leicht an, indes fügt Louis hinzu „Falls du auch noch fragen willst wie es mit dem Auftritt in einer Woche ist: Der Kartenverkauf dafür läuft nun schon.“
Bevor Niall zu einer Antwort ansetzen kann, äußert Amy beim Hinstellen des gefüllten Tellers „Lass es dir schmecken und du musst nicht alles essen. Ich wusste nur nicht wie viel Hunger du hast.“ Beeindruckt mache ich einige Salzstangen, Zwieback und auch geschnittenes Obst auf dem Teller vor Niall aus. Wie hat sie das alles so schnell aufgetrieben? Niall scheint unser allgegenwärtiges Starren nun nicht mehr aufzufallen oder vielleicht auch nicht mehr zu stören, da er mit aller Ruhe nach kurzem Überlegen einen Zwieback ergreift und langsam darauf herumzukauen beginnt.
Plötzlich rappelt sich Liam wortlos auf und verlässt die Küche. Verwundert schaue ich ihm nach. Als er bereits nach kurzer Zeit zurückkehrt, klärt sich die ungestellte Frage, denn Liam stellt vor Niall den zubereiteten Tee ab und setzt sich danach wieder vor seinen Teller. Niall äußert krächzend „Danke.“ „Kein Problem.“ Liam lächelt ihm zu. In der darauffolgenden halben Stunde isst jeder schweigend weiter, auch Niall widmet sich anscheinend hochkonzentriert seiner Kost. Von dem Tee trinkt er immer wieder einen Schluck und die Decke legt er nicht einmal ab. Mir ist bewusst, dass ich schon wieder starre, aber ich kann einfach nicht anders.
Ich mustere den neben mir sitzenden Niall aufmerksam. In seinem blassen Gesicht zeichnen sich nun gerötete Stellen ab, die vermutlich von dem Fieber stammen. Außerdem drückt er immer, wenn er hustet, was doch recht häufig ist, seine eine Hand auf seine Brust. Was er da wohl hat? Nachher muss ich ihn unbedingt fragen, aber jetzt sieht er schon bei den wenigen Tätigkeiten, welche essen, sitzen und trinken beinhalten, vollkommen erschöpft aus. Wiederholt kneift er seine Augen zusammen und verändert gelegentlich seine Position auf dem Stuhl.
Da ich nun einmal direkt neben ihm sitze, fällt mir nach wenigen Momenten der Stille auf, dass Niall keineswegs normal, wie jeder gesunde Mensch, atmet. Es wirkt insgesamt sehr angestrengt und oberflächlich, aber ich bin ja kein Arzt. Vielleicht bilde ich mir das langsam auch nur ein. Kopfschüttelnd wende ich mich von Niall ab und stecke meine letzte Gabel in den Mund. „Musstest du nicht aufs Klo, Niall?“ Zayns plötzliche Äußerung, nach minutenlangem Schweigen, erschrickt mich, sodass ich mich an dem Bissen verschlucke und anfange zu husten. Mit hochrotem Kopf versuche ich den Fremdkörper aus meiner Luftröhre zu befördern.
Da mir Tränen in die Augen steigen, erkenne ich nicht wer mir zu Hilfe kommt und auf meinen Rücken klopft. Langsam beruhige ich mich und trinke einen Schluck Wasser, dann äußere ich „Danke!“ Erst jetzt blicke ich zu meinem Helfer und stocke kurz. Amy lächelt mir zu, nickt und lässt sich wieder auf ihrem Platz nieder. Ich setze ein falsches Lächeln auf, da sich irgendetwas in mir sträubt Amy völlig zu vertrauen und mich so daran hindert wirklich ehrlich freundlich zu ihr zu sein. Liam, Zayn und Louis haben davon offenbar nichts mitbekommen, da sie allesamt mit ihrem gefüllten Teller beschäftigt sind und der Rest Aufmerksamkeit Niall gilt, der nun verlegen zugibt „Stimmt. Ich geh dann mal… kurz.“
Niall lässt die angeknabberte Salzstange zurück auf den, noch immer recht vollen, Teller sinken und stellt sich bedächtig auf seine Füße. Die drei vor mir sitzenden Jungs werfen mir einen klar erkenntlichen Bick zu, weswegen ich mich ebenfalls erhebe „Ich begleite dich.“ Einverstanden nickt Niall und ich greife mir seinen linken Arm um ihn, falls erneut der Schwindel über ihn kommen sollte, sofort stützen zu können. Liam, Louis, Zayn und Amy blicken uns nach als ich zusammen mit Niall die Küche verlasse und das Bad ansteuere. Schon nach wenigen Schritten lege ich ihm meinen rechten Arm um die Hüfte und erkundige mich „Wie geht es dir?“
Beinah hechelnd wie ein Hund im Hochsommer erwidert Niall „Nicht besonders…“ Besorgt blicke ich ihn von der Seite an, dennoch frage ich nichts mehr und ebenso bleibt Niall stumm. Naja, abgesehen von seinen lauten Atemzügen. Angekommen an der Badtür lasse ich Niall vorsichtig los, welcher sich gleich am Türrahmen festkrallt. „Ich warte hier, okay?“ Fragend blicke ich ihn an und Niall antwortet mit einem kurzen Nicken. Ansehen tut er mich dabei nicht, stattdessen öffnet er die Tür und schiebt sich schwerfällig hinein. Ich schließe die Tür wieder hinter ihm.
Hoffentlich bekommt er das alleine hin und wenn nicht, dann wird er mich schon rufen. Optimistisch gestimmt lehne ich mich direkt neben der Badtür gegen die Wand und warte. Es vergehen einige Sekunden, dann mehrere Minuten. Im Inneren des Bades bleibt es ruhig, nichts regt sich. Mit allmählicher Unruhe klopfe ich mit meinen Fingerknöcheln gegen das Holz und rufe „Niall? Alles klar bei dir?“ Es kommt zwar keine Antwort zurück, aber es ertönt ein Husten, welches unweigerlich von Niall stammen muss. Allerdings atme ich erst befreit auf, als eine gedämpfte Erwiderung erklingt „Brauch noch etwas.“ Ich nicke und bleibe an Ort und Stelle stehen.
Jedoch vergeht doch noch einige Zeit bis die Türklinke von innen herunter gedrückt wird und ein blonder Schopf erscheint. Ich lächle meinen besten Freund an, während dieser nur wenig seine beiden Mundwinkel nach oben zieht. Wenn er vorhin noch nicht so erschöpft ausgesehen hätte, dann würde ich sagen, dass er es jetzt auf jeden Fall ist. Aus matten und nur noch halb geöffneten Augen blickt er mich an. Sorgsam erkundige ich mich „Willst du zurück auf die Couch oder…“ Ich unterbreche mich selbst, da Niall schon bei dem ersten Teil meiner Frage kaum merkbar mit dem Kopf genickt hat.
Ich lege ihm erneut meinen Arm um die Hüfte und zusammen bringen wir die kurze Strecke schnellstmöglich hinter uns. Niall stolpert mehr über seine eigenen Füße, als dass er wirklich zielstrebig auf das Sofa zusteuern würde und ich muss ihn die ganze Zeit über auf den Beinen halten, welche offensichtlich einfach unter seinem Gewicht nachgeben. Auf dem gesamten Weg atmet Niall so wie nach dem untrainierten Zurücklegen eines 1000 Meter Sprints. Seine schnellen Atemzüge sind demnach sehr gut hörbar. Dies ist auch ein weiterer Grund, dass ich erleichtert aufatme als ich Niall behutsam auf der Couch absetze.
Vollkommen ohne jegliche Körperspannung lässt dieser sich mit geschlossenen Augen auf den Rücken fallen und bleibt genau so liegen. Mit Bedacht ziehe ich die zweite Decke unter ihm hervor und breite diese ordentlich über ihm aus. Dann lasse ich mich seufzend in den dort neben dem Sofa stehenden Sessel fallen und richte meinen Blick auf den offenbar sehr schnell eingeschlafenen Niall. Meine Augen kleben aufmerksam auf seinem blassen Gesicht mit den roten Wangen. Es vergehen einige Minuten, in denen ich Niall betrachte und völlig still auf dem Sessel verharre.
Doch plötzlich lässt mich eine Stimme erschreckt hochfahren „Ach hier seid ihr und wir warten in der Küche auf euch!“ Ich schaue auf und erkenne Liam, der mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansieht. Neben ihm stehen Zayn, Louis und auch Amy. Alle haben ihren Blick fragend auf mich geheftet. Ich äußere mir durch die Haare fahrend „Ich wäre ja wiedergekommen, aber Niall war echt hundemüde. Und dann wollte ich ihn nicht alleine lassen…“ Verständnisvoll meint Zayn „Wir haben uns nur gewundert was ihr so lange zusammen treibt.“ Indes nimmt Amy offenbar ihren neuen Stammplatz ein, die freie Stelle neben Niall auf der Couch.
Louis, Zayn und Liam rücken sich nun ebenfalls Sitzgelegenheiten näher und lassen sich nacheinander darauf nieder. Bereits nach kurzer Zeit breitet sich ein Schweigen aus. Amy hat Nialls linke Hand erneut mit ihren beiden Händen umschlungen und sieht ihn unentwegt an. Ich kann nicht anders als sie skeptisch zu beobachten. Noch immer kann ich es nicht nachvollziehen, dass Niall ihr so schnell verfallen ist. Außerdem weiß ich nichts von ihr! Ausgenommen ihren Namen, was doch recht spärlich ist.
Niall erzählte uns zwar immer mal wieder wie es so mit Amy lief, aber niemals rückte er mit ein paar interessanten Informationen über sie heraus. Dass sie noch zur Schule geht und welches Essen sie am liebsten isst, ist ein Anfang, aber halt nicht besonders viel. Aus purer Neugierde und auch Argwohn äußere ich leise „Wohnst du mit deinen Eltern in einem Haus oder habt ihr eine Wohnung gemietet?“ Die verwirrten und überraschten Blicke meiner Freunde ignoriere ich, da Amy sich mir mit einem perplexen Ausdruck zuwendet „Wie bitte?“ Ich entgegne mit neutralem Ausdruck „Soll ich meine Frage nochmal wiederholen oder beantwortest du mir sie?“
„Was soll das, Harry?“ Irritiert sieht Louis mich von der Seite an, doch ich warte auf Amys Erwiderung, zu dieser sie jetzt offenbar ansetzt. Ausweichend entgegnet sie „Wieso willst du das wissen?“ Ich zucke mit meinen Schultern „Aus purem Interesse.“ In Gedanken füge ich noch 'für dich´ hinzu. Mit meiner direkten Frage anscheinend nicht zurechtkommend schüttelt Amy leicht ihren Kopf und wendet sich ab. Sofort bemerke ich „Hast du etwas zu verbergen, weil du mir nicht antwortest?“
„Harry!“ Diesmal Liams Ausruf nicht beachtend, schaue ich mit einem erwartungsvollen Grinsen auf Amy, welche nun ihre Lippen kurz aufeinanderpresst und dann entgegnet „Nein habe ich keineswegs! Es ist ein Haus.“ Sie zweifelnd musternd äußere ich „Sicher?“ Nun aufgebracht zischt sie leise, um Niall nicht aufzuwecken „Ich werde doch wohl noch wissen wo ich wohne!“ Da niemand meiner drei Bandkollegen sich einmischt, öffne ich meinen Mund um abermals etwas zu fragen, doch ich werde von zwei Armen unsanft in den Stand gerissen.
Verblüfft schaue ich in das ernste Gesicht von Zayn, welche mir leise zuflüstert „Es reicht!“ Weil Louis und Liam mich mit ähnlichen Gesichtsausdrücken wie Zayn anschauen, seufze ich und lasse zu, dass Zayn mich aus dem Wohnzimmer schiebt. Jedoch motze ich auf dem Gang „Was sollte das?“ Mit fassungslosem Gesicht dreht Zayn mich zu sich um „Das sollte ich eher dich fragen! Wieso bedrängst du Amy dermaßen? Und das auch noch in dieser jetzigen Situation!“ Bei Zayns Worten werde ich mich meinem Fehler bewusst. Es war unpassend Amy das nun zu fragen, während es Niall nicht gut geht.
Ehrlich zerknirscht entgegne ich „Tut mir leid. Ich habe nicht richtig nachgedacht…“ Friedlicher gestimmt sieht Zayn mich nun an und schlägt vor „Wie wäre es, wenn wir zu viert oben einen Film schauen würden? Amy achtet unten so lange auf Niall, da sie sowieso nicht von dessen Seite weichen würde.“ Einverstanden nicke ich stumm, woraufhin Zayn zurück ins Wohnzimmer läuft und ich mich bereits nach oben in das zweite Zimmer mit Fernseher und gemütlichen Sitzgelegenheiten begebe.
Unten ist zwar mehr Platz, aber genug Nächte haben wir nun schon zu fünft in diesem Zimmer verbracht und einen Filmmarathon nach dem anderen zurückgelegt. In dieser Erinnerung schwelgend lächle ich und pflanze mich auf die weiche Couch. Es dauert nicht lange bis Zayn mit Liam und Louis hereinkommt und sie sich nach einer erneuten Entschuldigung meinerseits mit einem Lächeln neben mir niederlassen. Geschwind ist ein Film herausgesucht und eingeschaltet.
Danke für die Votes!! *-* Da ich gerade so glücklich über die vielen Reads bin, kommt heute schon das nächste Kapitel ^-^
Meine Fragen an euch:
- Traut irgendwer von euch Amy ebenfalls nicht so ganz über den Weg?
- War Harry mit seiner Fragerei unhöflich oder war das gerechtfertigt?
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