Schicksal

„Du weißt, dass ich dich liebe.", flüsterte er ihr zu und griff ihre Hand. Natürlich wusste sie es. Er machte kein sonderlich großes Geheimnis daraus. Zumindest vor ihr nicht. „Und ich weiß, dass du mich auch liebst."
Sabine schaute weg. Ezra hatte recht. Sie liebte ihn. Mehr als alles andere wünschte sie sich, sie könnte einfach mit ihm weglaufen und glücklich werden.
„Das tue ich. Das weißt du. Aber..."
Seine Augen leuchteten.
„Dann hör auf, zu sagen, dass uns die Hände gebunden sind. Ganz egal, ob wir fliegen oder fallen... ich möchte es mit dir gemeinsam tuen. Wen kümmert es, dass das nicht unser Schicksal sein sollte? Was, wenn ich hier und jetzt entscheide, dass du mein Schicksal bist? Was soll die Galaxie dagegen tuen können?"
Aus seinem Mund klang das alles so einfach. Aber das war es nicht. Er war ein Jedi. Jedi durften nicht lieben. Schlimmer noch, sie war eine Mandalorianerin. Sie gehörte einer Gruppe von Mandalorianern an, die er ausschalten sollte.
Aber bereits bei ihrem ersten Aufeinandertreffen hatte es ihm ihretwegen vollkommen die Sprache verschlagen. Und alles, was seitdem zwischen ihnen passiert war, spielte sich in dieser Sekunde nochmal vor ihrer beider Augen ab.

Ezra Bridger und Caleb Dume waren damit beauftragt worden, die Death Watch mit der Hilfe von einer Einheit Klonen endgültig aus dem Weg zu räumen. Zu diesem Zweck war Ezra undercover in die Organisation eingeschleust worden. Sie hatten ihm eine Rüstung besorgt und er hatte sich eingeschlichen, um Informationen über Bewaffnung und Lücken in der Verteidigung zu beschaffen. Es hätte eine kurze Mission werden sollen. Ein paar Tage, rein und raus, nicht auffallen. Aber er war aufgefallen. Einem Mädchen, das kaum älter war als er.
Sie hatte sofort gemerkt, dass er nicht dazu gehörte. Dass er nicht der neue Rekrut war, der er zu sein behauptete.
„Eine Rüstung zu besitzen macht dich noch nicht zum Mandalorianer. Dazu gehört mehr.", hatte sie gesagt, als sie ihn nach dem Training beiseite genommen hatte, als sie allein im Raum gewesen waren. „Ich könnte dich auf der Stelle melden. Es sei denn, du verrätst mir, wer du wirklich bist, und was du hier verloren hast."
„Ich bin, wer ich zu sein behaupte."
Sie hatte ihn amüsiert angeschaut.
„Ein Mandalorianer? Du? Und du erwartest, dass ich dir das abkaufe? Wie süß."
„Hör mal, ich habe keine Ahnung, wer du bist, oder was du für Wahnvorstellungen hast, aber..."
Dann hatte sie den Helm abgenommen, und er hatte zum allerersten Mal ihr Gesicht gesehen. Er war auf der Stelle hin und weg gewesen. Die braunen Haare mit den violetten Spitzen, und ihre wunderschönen haselnussbraunen Augen...
„Sabine. Mein Name ist Sabine."
„Du... du bist umwerfend."
„Sag »Ich liebe dich« auf Mando'a und ich gehe mit dir aus.", hatte sie selbstsicher grinsend gesagt. und er war völlig baff gewesen.
„Du... ich... ich..."
„Du kannst es nicht, nicht wahr? Sie haben dir sicher allerlei militärische Begriffe beigebracht. Einige Grundlagen... aber nicht das. Weil sie nicht glaubten, dass du das brauchen würden. Und weil Jedi nicht lieben dürfen."
Er war so perplex gewesen, dass ihm die Kinnlade heruntergeklappt war.
„Woher weißt du-"
„Die Art, wie du dich ausdrückst. Du bist viel zu höflich für einen Mandalorianer, und dein Lächeln ist viel zu aufgesetzt für einen trainierten Spion. Du versuchst, deine Gefühle zu verbergen, wie es die Art der Jedi ist, und wenn man nicht genau hinsieht, dann mag das vielleicht klappen, aber mich trickst du nicht aus. Du bist nämlich, wenn ich ehrlich sein soll, ein ziemlich lausiger Jedi."
„Ich-"
„Hör doch mal auf, hier so herumzustammeln. Das ist langsam schon peinlich." Sie hatte die Augen verdreht. „Bin ich das erste Mädchen, dass du so blöd anglotzt? Ihr dürft doch nicht lieben."
„Das stimmt schon-"
„Also bin ich entweder so schön, dass du darüber dein Training vergisst, oder du bist einfach, wie ich bereits vermutet hatte, nicht besonders gut in dem, was du tust. Wirst du mir jetzt verraten, was du hier verloren hast?"

Danach hatte Ezra sich entschlossen, dass er wohl keine Wahl hatte, und die Wahrheit ausgeplaudert. Denn in einem Punkt hatte sie wohl recht. Er war ein lausiger Jedi. Wie er es drehte und wendete, er konnte und wollte einfach nicht verstehen, wie es mit dem Orden vereinbar war, Lebewesen zu töten. Seine Eltern waren getötet worden, als er noch klein gewesen war, weil sie etwas gesagt hatten, was irgendjemandem nicht gepasst hatte. Als er gefunden worden war, kurz nach dem Tod seiner Eltern, war sieben gewesen... und damit eigentlich schon zu alt, um das Training zu beginnen. Aber Caleb, der ihn gefunden hatte, war er sofort ans Herz gewachsen, und er hatte beschlossen, ihn auszubilden... ganz egal, was der Jedi-Orden dazu sagte. Und schließlich hatte man zugestimmt, es ihm zu erlauben.
Ratsmitglied Anakin Skywalker hatte sich sehr für die Ausbildung des Jungen ausgesprochen, weil er in einer ähnlichen Lage gewesen war, bevor er gefunden worden war, und er sich wünschte, dass man dem Kind eine Chance gab. Man hatte ein Auge zugedrückt... wie man es bei Anakin getan hatte, und wie man es bei seinen Zwillingen tuen würde.
Dadurch, dass Ezras Ausbildung so spät erst begonnen hatte, konnte er seine Gefühle nicht so gut unterdrücken wie andere. Und als er jetzt Sabine vor sich sah... Sabine, die kaum älter war als er, und die zusammen mit ihren Eltern umgebracht werden sollte, weil sie Teil dieser Organisation war... er konnte es nicht zulassen. Sabine war hier hinein geboren. Jedes Mitglied hatte seine eigenen Gründe, hier zu sein. Man hätte sie alle einzeln anhören müssen, um sie zur Rechenschaft zu ziehen. Aber sie stattdessen auszuschalten, war die einfache Lösung. Es war schneller, und deshalb hatte man sich so entschieden. Und das war einfach nur falsch. Und wenn sein Respekt vor dem Leben ihn zu einem schlechten Jedi machte, verflucht, dann war er eben ein mieser Jedi.
Es tat ihm leid, Caleb zu enttäuschen... aber er konnte nicht hinnehmen, dass all diese Leute einfach ohne Prozess getötet wurden.

Nachdem er Sabine erzählt hatte, was die Jedi planten, hatte die Death Watch die Basis verlegt. Sabine hatte ihn nicht verraten. Ezra hatte eine Nachricht an seinen Meister verschickt, und ihm gesagt, dass er aufgeflogen und gefangen genommen worden war, und er sich selbst entkommen würde, wenn sich ihm die Chance bot, weil es zu gefährlich wäre, ihn rauszuholen. Und er war geblieben. Monatelang. Weil er hatte sehen wollen, was es mit der Death Watch wirklich auf sich hatte. Und das, was er miterlebt hatte, hatte seine Sicht auf die Dinge vollkommen verändert. Er hatte begonnen, die Organisation zu verstehen.
Sabine hatte ihm vieles beigebracht. Vieles über die Sprache, über die Geschichte der Mandalorianer, über die Sprache.
»Ihnen wurde alles weggenommen, was ihr Volk jemals gewesen ist. Ihre gesamte Identität. Kein Wunder, dass sie das nicht ohne weiteres akzeptieren wollen.«
Er und Sabine hatten miteinander trainiert, und geredet, und sehr viel Zeit miteinander verbracht. Ezra bemerkte schnell, dass ihr Aussehen nicht das Einzige an ihr war, was umwerfend war. Und ehe er sich versah, war er Hals über Kopf in sie verliebt. Und der Jedi stellte sicher, dass sie das auch merkte, was sie zunächst bloß amüsiert hinnahm. Aber bald musste sie vor sich selbst zugeben, dass es ihr auch irgendwie gefiel. Mit Ausnahme ihres etwas älteren Bruders, der Ezras Annäherungsversuche mit Missbilligung beobachtete, hatte die Death Watch kaum Mitglieder in ihrem Alter. Und Ezras Sicht auf das Leben, seine Einstellung... alles an ihm war so anders als das, was sie kannte. Trotz seiner vertrottelten Art schien er den Ernst des Lebens aus erster Hand zu kennen. Er brachte sie zum Lachen, und sie war glücklicher, wenn er in ihrer Nähe war. Dass er nicht töten wollte, ganz egal, ob ein Freund oder Feind vor ihm stand, bewunderte sie. Denn auch wenn sie es nie laut gesagt hätte... Sie liebte ihre Kultur mehr als alles, aber sie war sich nicht sicher, ob die Art, wie ihre Familie dafür kämpfte, die richtige war. Und je länger er blieb, desto unsicherer war sie sich, ob das, was sie momentan tat, tatsächlich das war, womit sie den Rest ihres Lebens verbringen wollte.
Ezra war der Einzige, der sie je gesehen hatte. Ihre Bilder. Und er war hin und weg gewesen.
„Das ist umwerfend. Du bist umwerfend. Es ist nicht fair, dass ich der Einzige bin, der das sehen darf. Du solltest das irgendwo ausstellen."
Sie war knallrot geworden.
„Meinst du ehrlich?"
„Ganz ehrlich." Er grinste. „Ach übrigens... Ni kar'tayli gar darasuum, Sabine Wren. Gehst du jetzt mit mir aus?"
Danach war sie diejenige gewesen, die gestammelt hatte.
„Das habe ich dir doch gar nicht beigebracht. Ich- du hast- du hast- woher weißt du-"
„Die Grundkenntnisse habe ich immerhin schon vorher gehabt, auch wenn du sie noch verbessert hast. Und ich weiß durchaus, wie man ein Wörterbuch benutzt – auch wenn du mir das offensichtlich nicht zutraust."
Sie hatte gelacht.
„Ach, bei Mandalore, du bist so ein verdammter di'kut..."
„Ist das ein ja?"
„Ja."

Und nun standen sie hier. Auf dem Dach der Basis. Weil er sich entschlossen hatte, dass er gehen musste. Sein Meister suchte nach ihm. Und bald würde er ihn finden, und dann würde sie sterben müssen. Dann würden sie alle sterben müssen, weil die beiden Seiten sich nicht verständigen wollten. Weil Töten einfacher war, als einen diplomatischen Weg zu finden. Er wollte zum Orden zurückkehren, und den Jedi klar machen, dass das nicht die Lösung war. Und dann wollte er den Orden verlassen, um mit ihr zusammen sein zu können. Aber das wollte sie nicht.
„Du kannst nicht dein Leben für mich wegwerfen, Ezra. Das kann ich nicht zulassen. Du wirst ein Jedi werden. Und ich werde hierbleiben. So sollte es immer sein. Dass da unsere Gefühle dazwischen geraten sind, war nur ein blöder Zufall. Das hätte nicht sein sollen. Das Schicksal kann niemand ändern."
„Wer schreibt uns vor, was Schicksal ist? Wer sagt, dass es unveränderlich ist? Können wir nicht selbst entscheiden, was wir mit unserem Leben machen?"
„Und das ausgerechnet aus dem Mund eines Jedi. Solltest du nicht daran glauben, dass euch von der Macht vorgeschrieben ist, welchen Weg ihr geht?"
„Ich liebe dich. Scheiß drauf, was wir sein sollten."
„Es... Ezra, es steht so viel zwischen uns, wir können doch nicht einfach..."
„Doch. Wir können, wenn es das ist, was du willst. Komm mit mir."
„Ich kann doch nicht meine Familie verlassen. Manche Grenzen lassen sich nicht überschreiten. Du musst das verstehen."
„Du willst es nicht. Nur deshalb ist es unmöglich."
„Doch. Ich will. Mehr als alles andere. Was wir hier tuen, wie wir es tuen, ist nicht richtig, und das weiß ich... und ich liebe dich... aber ich habe Angst."
„Ich werde den Orden erst verlassen, wenn sichergestellt ist, dass sie die Death Watch nicht einfach ausradieren. So können wir deine Familie beschützen." Er schaute ihr tief in die Augen. „Du musst keine Angst haben. Du bist stärker als das. Ändere dein Schicksal. Du weißt, dass die Art deiner Familie, zu kämpfen, falsch ist. Aber sie kämpfen für das Richtige. Ändere das Schicksal deines Volkes. Rede mit eurer Regentin. Es wird nicht einfach sein. Nichts hiervon ist einfach. Aber wenn es jemand schafft, sie zu überzeugen, etwas zu verändern, dann bist du das. Niemand kann uns vorschreiben, wer wir sein sollen. Es wird schwer sein, und ich bin ehrlich, ich habe ziemliche Angst davor, wie mein Meister reagiert, aber... es ist nicht unmöglich. Wir können etwas ändern. Wir können zusammen sein. Ganz egal, was die Macht vorbestimmt hatte. Wir schreiben unsere Geschichte selbst. Deine Entscheidung. Meine Entscheidung. Nur das bestimmt, was sein wird."
Und als sie ihm in die Augen sah, wusste sie, dass er recht hatte. Sabine atmete tief durch, und dann nickte sie. Ihre Arme schlossen sich um seinen Hals, und sie gab ihm einen langen, intensiven Kuss. Als sie sich voneinander lösten, griff sie nach seiner Hand.
„Du hast recht. Ich liebe dich. Ich kann dich nicht haben, daran ist nichts zu rütteln, und mir sind die Hände gebunden. Das ist unser Schicksal. Also lass uns verdammt nochmal die Fesseln durchschneiden und das Schicksal umschreiben."


A/N: Basiert lose auf dem Song „rewrite the stars" von Zac Efron. Ein letzter Sabezra-Oneshot vor dem Serienfinale. Und wehe, es kommt jemand auf die Idee, Spoiler in die Kommentare zu schreiben.

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