Kapitel 18
„Verdammt, können sie denn nicht sehen, dass Sören das nur macht, um die Freundschaft zwischen Noah und mir kaputt zu machen?", verzweifelt warf ich meine Arme in die Luft. Schon seit etwa einer viertel Stunde stand ich hier und versuchte den Direktor von Noahs Unschuld zu überzeugen. Selbstverständlich funktionierte das nicht ganz so gut, wie ich gehofft hatte.
„Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich neutral agieren muss. Alle Indizien sprechen nunmal gegen Noah", seine Stimme war gesenkt und man konnte deutlich den genervten Ton heraus hören. Ich musste mir mit aller Konzentration ein Lachen verkneifen. Natürlich musste er 'neutral reagieren'. Es ging ja schließlich um seine beschissene Bonzenkarre. Zu ziemlich hundert Prozent war ich mir sicher, dass sich das ganze Prozedere von ihm um einige Zeit hinausgezögern ließ, wenn es sich nicht gerade um sein Auto gehandelt hätte.
Ein tiefer Seufzer entwich seiner Kehle.
„Sieh' es endlich ein Aaron, du kannst nicht immer versuchen, alles in die Schuhe von anderen zu schieben. Wenn wir ehrlich sind, bist du wahrscheinlich sogar daran Schuld, dass Noah zu solch aggressiven Maßnahmen greift. Wie sollte er sonst auf solche Ideen kommen?" Abschätzend musterte der alte Mann mich. Er versuchte vorauszusehen, was ich im nächsten Moment tun würde. Er wollte mir einen Schritt voraus sein, das konnte ich an seinem Blick ausmachen. Ob er jemals erkennen würde, dass ihm das niemals gelingen sollte? Nicht dann, wenn es wichtig war?
„Gar nicht, Noah war das verdammt nochmal nicht! Sören hat ihm das Messer irgendwie in die Tasche gesteckt und diesen komischen Zettel hat der doch auch geschrieben. Erkennen sie denn kein Muster? Immer dann, wenn irgendwas in dieser Art passiert, hänge ich da mit drin. Und warum? Weil Sören das so plant, verdammt. Sie können doch nicht wirklich so bescheuert sein", schrie ich ihm inzwischen entgegen. Mein Puls raste und ich war mir sicher, dass mein Blutkreislauf inzwischen nur noch von rotglühender Lava angetrieben wurde. Um nicht letztendlich noch Etwas von dem überfüllten Schreibtisch zu werfen, krallte ich meine Finger fest in das Polster des Stuhles vor mir. Das Gesicht des Direktors nahm mit der Zeit, die weiterhin verstrich, aber eine leichte rosa Färbung an. Oh ja, der Mann war sauer. Wütend hatte er seine Augenbrauen zusammengezogen, die Lippen fest aufeinander gepresst. Ein wenig Genugtuung gab mir das schon.
„Aaron, so hast du nicht mit mir zu reden. Ich bin eine Respektsperson und so hast du mich auch zu behandeln. Und ja, ich sehe da tatsächlich ein Muster. Wie du bereits so treffend formuliert hast, bist du immer in diese Sachen verwickelt. Was soll ich also denken? Richtig, du bist entweder verantwortlich für diese Taten oder du stiftest andere an, solche Dinge zu tun. Mehr gibt es hier nicht zu besprechen. Es ist ja außerdem nur eine Verwarnung und jetzt verschwinde endlich aus meinem Büro", presste der Direktor noch hervor und ein leichtes Schmunzeln zupfte an meinen Mundwinkeln. Er musste sich wirklich zusammenreißen, um nicht auszurasten. Tatsächlich musste ich zugeben, dass mich das amüsierte. Ich fasste mir dann doch ein Herz und ging in kleinen Schritten auf die Holztür zu. Der sollte doch auch etwas von meinem Besuch haben oder nicht? Ich riss gerade die Tür auf und konnte dann doch die Überraschung auf meinem Gesicht nicht verbergen. Vor mir stand Mira, die so aussah, als hätte sie gerade vorgehabt, anzuklopfen. In ihrem Gesicht spiegelte sich zuerst ebenfalls Verwunderung, sie fasste sich aber schnell wieder und setzte ihre altbekannte arrogante Maske auf. Sie stolzierte an mir vorbei und knallte das Holz hinter ihr zu. Was wollte die denn vom Direx? Hatte sie jetzt etwa auch noch vor, irgendwelche Lügen über mich zu verbreiten?
Verwirrt lief ich die Gänge bis zum Eingangsbereich lang. Ich wollte gerade durch die gläserne Flügeltür treten, als mich eine altbekannte Stimme aufhielt. Genervt rollte ich mit den Augen, bevor ich mich dann doch umdrehte. Meine Hände vergrub ich tief in meinen Hosentaschen.
„Ey Aaron, warte mal. Warum warst du denn noch beim Direktor? Hast du ernsthaft versucht, dein Schätzchen zu beschützen? Dir hätte klar sein müssen, dass das nicht funktionieren würde. Du musst aber zugeben, dass ich das gut geplant habe. Ich musste nicht einmal wirklich präzise sein, der alte Mann wusste trotzdem, wen er verdächtigen sollte. Und dann hatte Noah tatsächlich auch das Messer. Wie soll der dann darauf kommen, dass ihr wirklich nichts damit zu tun habt?", erklang Sörens Stimme und sie triefte nur so vor Spott. Wie konnte er nur stolz drauf sein? Merkte er nicht, wie lächerlich er sich damit machte?
Ich konnte nur meinen Kopf schütteln. Auf dieses Niveau wollte ich mich gar nicht erst herunterlassen. Ich zog die rechte Hand aus meiner Hosentasche und griff bereits nach der Tür.
„Willst du jetzt etwa schon nach Hause? Gut, ich kann das verstehen. An deiner Stelle würde ich mich sogar beeilen und die Flaschen vom Alki wegräumen. Soweit ich weiß, sind die Bullen auf dem Weg zu euch. Na dann, einen schönen Tag wünsche ich dir noch." Damit verabschiedete er sich endlich und ich konnte mich auf das Wesentliche konzentrieren. Was zur Hölle meinte er damit? Wieso war die Polizei auf dem Weg zu uns? Sollte das wieder einer seiner verdammten Witze sein? Ich schluckte. Es war doch nicht möglich, dass er Recht hatte. Oder? Woher sollte er davon wissen und was sollte überhaupt vorgefallen sein?Sörenhatte seine Fehler... Aber würde er auch die Polizei rufen, um mir zu schaden?
Langsam füllte sich mein Inneres mit Angst. Wenn die tatsächlich kommen sollten, wäre es besser, wenn man nichts mehr von der Sucht meines Vaters sehen könnte. Andernfalls würden die mich doch in ein Heim abschieben. Gerade jetzt, wo sie nicht mehr da war, mussten mein Vater und ich doch zusammenhalten. Dann schlichen sich wieder diese grauenvollen Gedanken in meinen Kopf.
Würdet ihr wirklich zusammenhalten, hätte er nie seine Hand gegen dich erhoben.
Fuck, ich sollte mich beeilen. Dann rannte ich los.
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