Kapitel 68: Schimäre


Für eine Weile war es ruhig im Wohnzimmer, nur das sanfte Geräusch von Haut auf Haut war zu hören, als die Finger der beiden über die Hand des jeweils anderen strichen, Hermine hatte ihren Kopf auf seine Schulter gelegt, der Blick war gedankenverloren auf den Stoff seiner Robe gerichtet.
Ein plötzlich-erschrockenes Luftholen schreckte Severus aus seiner friedlichen Ruhe auf, „was ist, wenn Tonks und Remus zu meinen Eltern gehen?", ebenso erschrocken suchte sie seinen Blick, „Wenn sie sich erkundigen wollen, wie es mir geht?"
Diese Befürchtung hatte auch Severus und so wie er Tonks kannte, vermutete er, dass sie und Lupin genau das in naher Zukunft tun würden, „dann solltest du ihnen zuvor kommen", auf Hermines Gesicht erschien ein fragender Blick, „bevor sie dich besuchen, besuchst du sie..."
„Tonks hat mir vorgeschlagen, in den Ferien zu ihr zu kommen", meinte sie leise, erinnerte sich an ihre Worte.
Während Hermine über diese Möglichkeit nachdachte, stand Severus auf, lief schnell in das Arbeitszimmer, holte Feder, Papier und eine spezielle Tinte, die die Nachricht nur sichtbar machen würde, wenn sie bei der adressierten Person ankäme und stellte alles auf den Couchtisch.
„Ich hoffe das funktioniert...", sie nahm sich die Feder und einen Zettel, schrieb einige Zeilen und sah dann zu Severus, der den Brief ebenfalls durchlas.

„Muss es denn unbedingt in der Winkelgasse sein?", er war wenig begeistert von diesem Treffpunkt, zu viele dunkle Gestalten hielten sich dort mittlerweile auf.
„Die beiden wohnen dort... außerdem kann ich Fred und George besuchen, die Arthur und Molly bestätigen werden, dass es mir gut geht... ich bin mir sicher, dass Ginny ihnen Bescheid gesagt hat...", wieder einmal war es so furchtbar kompliziert und anstrengend an wirklich alles zu denken.
„Mir gefällt es einfach nicht, dass du allein durch die Winkelgasse schlendern wirst, wenn am helllichten Tag Zauberer verschleppt werden.", brummte er, dachte dabei vor allem an Ollivander, den Fenrir und Anhang an einem eigentlich ruhigen Vormittag aus seinem Laden regelrecht entführt hatten.

„Mir wird nichts passieren...", hielt sie dagegen, rollte die Nachricht zusammen und belegte sie mit einem Zauber, der sie zusammenhalten würde. Severus stand murrend auf, öffnete die Tür zum Garten und rief eine unauffällige Posteule zu sich, die sich flatternd auf eine Stuhllehne niederließ und leise schnatterte, als würde sie höflich nach Wasser und ein wenig Futter fragen.
Während Hermine vorsichtig die Terrasse betrat und sich interessiert umsah, hielt Severus dem Vogel zwei kleine Schalen mit Wasser und Eulenfutter entgegen, sah ihr dann dabei zu, wie sie trank und aß und auf die Nachricht wartete, die sie überbringen sollte, band dann, als die kleine Mahlzeit beendet war, die Nachricht vorsichtig an das Bein und gab der Eule noch einige Anweisungen.
Sie erhob sich schnell, flog zielstrebig die angesteuerte Route an und war nach einigen Sekunden aus ihrer Sichtweite.
„Ich hoffe, dass das die richtige Entscheidung war", sagte er leise, musterte Hermine, die sich neben ihn gestellt hatte, ließ den Blick besorgt über den Himmel gleiten und schob sie dann sanft wieder ins Haus zur Couch.

Die nächsten Stunden verbrachten sie miteinander kuschelnd auf dem Polster, Hermine versuchte, so gut es ging, seine Gedanken von dem Brief und der möglichen Antwort zu lenken, sprach über alle möglichen Themen und immer neue, hatte für eine Zeit sogar das Gefühl, dass ihr Ablenkungsmanöver erfolgreich war, bis ein Klopfen an der Scheibe ihn sofort aufspringen ließ und sie beinahe auf den Boden beförderte.
Sie hatte sich gerade aufgerappelt, da kam Severus schon wieder mit dem Brief in der Hand zurück und übergab ihn Hermine, die ihn entfaltete und schnell durchlas.
„Die beiden sind damit einverstanden und freuen sich, sie schlagen vor mich von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze abzuholen", erzählte sie, sah lächelnd zu Severus, „also brauchst du auch keine Angst haben, dass ich in der Winkelgasse verschleppt werde...", kicherte leicht, als sich ein leicht beleidigter Ausdruck auf sein Gesicht schob.
„Wann willst du dich mit ihnen treffen?", fragte er stattdessen.
„Sie laden mich für Mittwoch ein."
Severus nickte, „dann haben wir noch ein paar Tage, um uns sinnvolle Antworten für mögliche Fragen zu überlegen."
„Das sollte nicht allzu schwer sein.", lächelte Hermine, legte den Brief zur Seite, „Können wir uns dann für eine Weile ein wenig entspannen?", schmuste sich wieder an ihn, drückte ihn sanft auf die Couch und legte sich vorsichtig auf ihn, um den Kopf auf seiner Brust abzulegen und entspannt die Augen zu schließen.

Eine weitere Stunde verging, seine Hände strichen unaufhörlich über ihren Rücken, bis sie plötzlich aufhörten, „du hast noch gar nichts gegessen."
„Stimmt", sie nickte entspannt, in der ganzen Aufregung um Tonks und Remus war ihr der Hunger tatsächlich ein wenig vergangen.
„Bitte entschuldige...", seine Stimme war von Schuld durchzogen, „auf was hast du Appetit?", stand mit einer geschmeidigen Bewegung mit ihr vor der Brust auf und ging mit ihr in die Küche, er war es einfach nicht gewohnt für jemanden zu sorgen, auch wenn in Hogwarts die Mahlzeiten geregelt waren, in seinen eigenen vier Wänden außerhalb der Schule aß er wenig und viel unregelmäßiger.
Unentschlossen zuckte sie mit den Schultern, „ich weiß nicht genau.", konnte diesen Ausdruck auf seinem Gesicht nicht wirklich deuten und folgte seinen angespannten Handgriffen.
„Du musst nicht auf das gute Essen in Hogwarts verzichten, der Vorratsraum ist durch einen Zauber mit dem von Hogwarts verbunden...", erklärte er, eine Sache, von der Hermine tatsächlich keine Ahnung hatte.
„Ist das nur bei dir so?", sah neugierig in den Raum, der allerlei Schätze beinhaltete.
„Nein... Hogwarts ist mit vielen Häusern verbunden, Professoren, Ordensmitglieder... Dumbledore war immer schon der Meinung, dass Hogwarts genug für alle hat... auch der Grimmauld Place war eine Abzweigung bis zu dem Tag im Ministerium."

Diese Tatsache verwirrte sie wieder einmal ungemein in ihrer Sicht über Dumbledore, er hatte so viele Facetten, dass jede neue Information ein völlig neues Bild von ihm ergab.
„Das ist sehr aufmerksam von ihm", sagte sie leise, sah Severus dabei zu, wie er verschiedene Zutaten auf die Arbeitsplatte seiner Küche stellte.
„Das ist es in der Tat.", er nickte, auch wenn er diese freundliche Geste am Anfang seiner Professorenlaufbahn viel zu übertrieben fand und sich in den ersten Jahren dagegen sträubte dieses Angebot anzunehmen, nach einer gewissen Zeit empfand er es als unheimlich praktisch, auch wenn er im Allgemeinen eher wenig von dieser Freundlichkeit in Anspruch nahm.
Zusammen standen sie vor dem Herd, kochten eine Menge, die für eine ganze Familie reichen würde, verteilten die Haufen auf verschiedene Teller, belegten sie mit Zaubern, um das Essen warm zu halten und stellten alles auf den Wohnzimmertisch, an dem sie schließlich, als alles fertig war, saßen und aßen.

Nach dem vorgezogenen Abendbrot, das ein warmes Gefühl in Hermines Magen setzte, saßen sie noch eine Weile auf der Couch, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, die sich nicht sonderlich voneinander unterschieden.
Nach und nach entspannte sich Severus, die Sorge um Lupin und Tonks wich langsam der Freude, dass er wirklich Zeit allein mit ihr verbringen durfte, ohne befürchten zu müssen, dass irgendjemand sie stören würde, ohne sich am Morgen wieder von ihr trennen zu müssen.
Hermine nahm seine Hand, hielt sie fest in ihren, lehnte den Kopf an die Couch und musterte ihn mit einem friedlichen Lächeln, lächelte umso wärmer, als er sie ebenfalls ansah.
„Danke, dass ich hier sein darf.", flüsterte sie, drückte seine Hand.
Er nickte leicht, eigentlich hätte er ihr danken müssen, zog ihren Arm zu sich und streichelte sanft darüber, schien allerdings irgendwie in Gedanken zu sein.
„Woran denkst du?", sie beobachtete seine Bewegungen und seinen Gesichtsausdruck.
„Was würdest du von Mexiko halten?", sah dabei geradewegs in ihr Gesicht, streichelte währenddessen weiter über ihren Arm.
Ein fragender Ausdruck bildete sich auf ihren Zügen, „in welchem Zusammenhang?"
„Um dort zu wohnen...", er zuckte leicht mit den Schultern.
„Du willst in Mexiko leben?", konnte nicht verhindern, dass sich ein Bild von Severus mit einem Riesensombrero in ihrem Kopf bildete und kicherte leicht, versuchte allerdings schnell wieder ernst zu sein.
„Vielleicht lieber in den skandinavischen Bereich? Finnland, Färöer und Island sind auch wunderschön.", überlegte er weiter.
„Und im Gegensatz zu Mexiko sehr viel kälter", meinte Hermine lachend, „Färöer wurde gut zu dir passen.", lächelte dann, diese Inselgruppe im Nordatlantik war ebenso rau, geheimnisvoll und von einer unbeschreiblichen Mystik umgeben wie er.
So wild und rau die Landschaft auch war, ebenso viele wunderschöne sanfte Orte fand man auf diesen Inseln. Von Vulkanen erschaffen, von der peitschenden See geformt, mit vielen versteckten Orten und unzähligen Wundern.

„Eine wirklich schöne Schimäre", flüsterte er mit Wehmut in der Stimme, natürlich wusste er, dass eine solche Überlegung immer nur eine Illusion bleiben würde, wenn dieser Krieg vorbei wäre, wäre es sein Leben vermutlich auch.
„Manche Träume werden wahr", flüsterte Hermine zurück, dachte dabei vor allem an ihr Glück ihn in dieser Unmöglichkeit gefunden zu haben, auch wenn sie nach einer solchen Verbindung nie gesucht hatte.
„Hoffnungslos romantisch", kommentierte er, als hätte er ihre Gedanken gehört, schüttelte leicht den Kopf, „na komm, wir gehen nach oben, dann können wir weiter träumen."
„So nennst du das neuerdings", Hermine lachte, stand dann auf und ging mit ihm zusammen die Treppen nach oben.

Als sie oberen Etage ankamen, wirkten beide ein wenig unbeholfen und unsicher, eine Sache, die sie von Severus nicht kannte.
Es schien, dass dieses Haus doch mehr Einfluss auf ihn hatte, als sie dachte.
Das Fenster im Schlafzimmer war weit geöffnet, ein leicht süßer Duft nach Feigen drang von außen in den Raum, der sanfte Wind drückte die weichen Gardinen, die an beiden Seiten hingen, immer wieder in den Raum hinein.
Er räusperte sich leise, ging zu einem Schrank und knöpfte still die Robe auf und zog sie sich von den Schultern, Hermine ihrerseits hockte sie zu ihrer Tasche, kramte ein luftiges Negligé heraus, sah kurz zu Severus, der gedankenversunken auf die Robe in seiner Hand starrte.
Sie befreite sich kurzerhand von ihrer Alltagskleidung und der Unterwäsche, schlüpfte dann in das Nachtgewand und setzte sich leise auf das Bett, beobachtete ihn dabei, wie er langsam weitermachte und sich bis auf die Boxershorts auszog.
Sie wollte ihn so gerne aus seinen Gedanken ziehen, wollte, was auch immer er fühlte, mit ihm teilen und so ein wenig leichter machen, „du bist so still...", fing sie leise an, versuchte an seiner Körperhaltung etwas abzulesen.
„Entschuldige", er schüttelte leicht den Kopf, legte seine Kleidung auf einen kleinen Hocker, ging zum Bett und setzte sich vorsichtig neben sie, „ich...", suchte nach den richtigen Worten.
„Ist es dir unangenehm, dass ich hier bin?"

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