Kapitel 61: Erinnerungen
Einige Stunden saßen sie zusammen auf der Couch, Hermine hatte sich an ihn gelehnt, genoss die warme Haut seines Oberkörpers an ihrer Wange, lauschte den regelmäßigen Atemzügen, die von ihm ausgingen, die Finger immer noch miteinander verschränkt, die Decke über seinen Schultern hüllte auch Hermine ein.
Als es langsam Zeit für das Abendessen wurde, ließ sie ihn nur ungern allein auf der Couch zurück, forderte von ihm, dass er ebenfalls etwas essen möge, während sie ihre Mahlzeit in der Großen Halle einnahm und verließ dann schnell seine Räume.
Zu ihrer Freude und seinem Glück tat er ihr wirklich diesen Gefallen, war gerade beim Nachtisch, als sie zurück in die Kerker kam.
Ein erleichtertes Lächeln huschte über ihre Lippen, zufrieden hockte sie sich zu ihm auf die Couch, streichelte durch seine Haare und gab ihm einen Kuss auf den Kopf.
„Und? Hast du eine Idee, wie du wieder ins Bett kommst?", gespielt unschuldig musterte sie ihn, streichelte weiterhin durch seine Haare.
„Ich dachte, das hätten wir bereits geklärt", sah genauso unschuldig zu ihr, löffelte weiter seinen Nachtisch.
Ein wenig perplex sah sie ihn an, meinte er das wirklich ernst?
„Ich werde dich nicht tragen", stellte sie verwirrt klar, stoppte das Liebkosen seiner Haare.
„Warum nicht?", ein fast schon empörter Ausdruck saß auf seinem Gesicht, stellte mit leichtem Keuchen die geleerte Schüssel zurück auf den Wohnzimmertisch.
„Weil du zu schwer bist für mich", lachte leicht dabei.
Er zog eine Augenbraue nach oben, „willst du etwa sagen, dass ich dick bin?", musterte sie noch einige Momente, verfiel dann in Gelächter, was er gleich darauf wieder bereute, die Rippen schmerzten immer noch mehr, als er zugeben wollte.
Kopfschüttelnd stand Hermine auf, zog ihren Zauberstab, belegte ihn mit einem Schwebezauber und ließ ihn hinter sich her schweben, während sie ins Schlafzimmer ging.
Als sie ihn vorsichtig auf die Matratze dirigierte und absenkte, brummte er, „ich hasse diesen Zauber...", dachte an die, über die Stränge geschlagenen, „Streiche", die Potter und Black immer an ihm verübten.
„Du hättest die Nacht natürlich auch auf der Couch verbringen können...", sie zuckte mit den Schultern, „das ist bestimmt gut für deinen Körper nach solchen Verletzungen.", setzte sich zu ihm und schmunzelte.
Er nahm einen tiefen Atemzug, „er weckt unschöne Erinnerungen...", versuchte sich umständlich ein wenig höher zu schieben, was er schon nach wenigen Versuchen aufgab.
Hermine erinnerte sich an die Erzählungen von Harry, dass er in Snapes Erinnerungen Zeuge einer recht bedrückenden Situation wurde, sein eigener Vater hatte Severus mit einem Schwebezauber kopfüber baumeln lassen und angedroht ihm die Hose herunter zu ziehen, was Harry ein Glück nicht zu sehen bekam, da Severus Herr seiner Gedanken war und ein weiteres Eindringen in die schlimmsten Erlebnisse seiner Schulzeit unterband.
Es hinterließ schon damals einen unangenehmen Beigeschmack bei Hermine, die seit dieser Erzählung ein merkwürdiges Gefühl von Mitleid und Anerkennung für Severus empfand.
Er war so weit weg von diesem schwachen, unbeholfenen Jungen, der sich nicht gegen seine Peiniger wehren konnte, sie hätte, wenn Harry ihr das alles nicht erzählt hätte, nie gedacht, dass er früher solche Unannehmlichkeiten über sich ergehen lassen musste.
Viel mehr war er mittlerweile ein sehr begabter und mächtiger Zauberer, vielleicht neben Dumbledore sogar der mächtigste, den sie kannte, wenn er sogar dem Dunklen Lord jahrelang etwas vorlog und seine Gedanken und Gefühle in einem solchen Maße unter Kontrolle behielt.
Severus musterte sie, „Potter hat dir von meinen Erinnerungen erzählt, nicht wahr?", es war schlimm genug, dass ausgerechnet der Junge diese Demütigung sehen musste und seinen Vater vermutlich dafür feierte, aber, dass auch Hermine davon wusste, löste in ihm etwas sehr viel unangenehmeres aus.
„Er...", sie nickte leicht, vermied es ihm in die Augen zu sehen, „er war sehr durcheinander an diesem Abend..."
Severus schnaubte, „durcheinander...", er selbst war nach diesem Vorfall viel zu wütend gewesen um irgendeine andere Emotion seines Gegenübers aufzunehmen und so hatte er nicht den Hauch einer Ahnung, dass Harry in der Tat furchtbar verwirrt war.
„Egal, was James Potter mit dir gemacht hat... Harry hat es nicht... es ist nicht fair, deine Wut auf ihn zu übertragen.", Hermine versuchte an seine Vernunft zu appellieren, die in dieser Beziehung offenbar eine eher untergeordnete Rolle spielte. Gefühle könnten nie mit Vernunft erklärt oder beruhigt werden.
„Viele Dinge sind nicht fair", er presste die Kiefer aufeinander, ballte die Hände zu Fäusten und versuchte seine Wut ein wenig zu unterdrücken, im Grunde hatte sie recht, auch wenn Potter so unheimlich viel von seinem Vater in sich trug, ein wirkliches Unrecht hatte ihm dieser Junge nie getan und genauso wenig war Hermine Schuld an dem, was er erlebt hatte.
Hermine dachte einen Moment lang nach, legte dann vorsichtig ihre Hand auf seine und versuchte die Faust zu lösen, was ihr auch recht schnell gelang, „bist du sauer auf mich?"
„Nein... ich erinnere mich nur nicht gerne daran.", er sah auf ihre Hand, die sich immer weiter in seine schob.
„All diese Erlebnisse haben dich zu dem gemacht, der du heute bist...", versuchte ihn damit aufzuheitern, was allerdings ins genaue Gegenteil umschlug.
„Das befürchte ich auch...", sein Blick verfinsterte sich, hätten Potter und Black ihn nicht seit dem ersten Schuljahr regelrecht gemobbt, hätte er vielleicht nie in diesem Ausmaß den dunklen Pfad betreten.
Nur wegen James Potter und Sirius Black hatte er „Verteidigungszauber", wie den Sectumsempra, erfunden, auch wenn sie mehr Angriff als Verteidigung waren.
Ab einem bestimmten Punkt in seinem Leben wollte er nicht mehr das Opfer sein, er wollte nicht mehr wehrlos sein, er wollte mächtig sein, wollte sich gegen seine Peiniger wehren können und erfand Zauber, die niemand, der sie nicht kannte, parieren könnte.
Auch Hermine bemerkte die Doppelbedeutung ihrer Aussage, fühlte sich gleich darauf noch ein Stückchen schlechter, rutschte weiter zu ihm und legte sich an seine Seite.
Er nahm einen tiefen Atemzug, keuchte danach wieder auf und schloss genervt die Augen, hoffte, dass sein Körper bald wieder geheilt wäre und er nicht länger auf die Hilfe der jungen Frau neben ihm angewiesen wäre, die sich mittlerweile auf ihren Ellenbogen stützte und wieder durch seine Haare strich.
Ein wenig versöhnlicher sah er zu ihr, ließ sich von ihrem Blick immer weiter beruhigen und hatte bereits nach einer guten Viertelstunde beinahe wieder vergessen, warum er vor wenigen Minuten so aufgewühlt war, „du findest mich also dick?", fragte er leise, erinnerte sich an das Gespräch auf der Couch.
„Das hab ich nie behauptet!", verteidigte sie sich empört.
„Du hast gesagt, dass ich zu schwer für dich bin", erinnerte er sie, wartete fast schon schadenfroh auf ihre Ausrede.
„Das bist du ja auch!", sagte sie lachend, schüttelte den Kopf, hielt ihm den Mund zu, als er protestieren wollte, „Ich bin viel zu schwach, um so einen... maskulinen Körper, wie deinen, zu tragen...", entschuldigte sie, strich über seine Arme und seine Brust, „diese Muskeln...diese Haltung... diese Anmut...", fuhr dann vorsichtig langsam nach unten über seinen Bauch und noch weiter zwischen seine Beine, „diese Männlichkeit...", lachte dann auf, als sie seinen Blick sah.
Severus schob die Hand von seinem Mund, „ich hätte es dir fast geglaubt...", zog ein wenig beleidigt eine Augenbraue nach oben und wandte den Blick ab.
Hermine kicherte, drückte sein Gesicht vorsichtig zu ihrem und gab ihm eine Reihe von Küssen, „hör auf zu schmollen... ich kann dich nicht tragen, auch wenn du nicht dick bist.", schenkte ihm ein herzliches Lächeln und lachte wieder.
„Du hast es noch gar nicht pro-", wurde von ihr mit einem warmen Kuss zum Schweigen gebracht, der langsam immer inniger wurde.
Nur zaghaft stoppte er sie, sah sie beinahe schon gequält an, „ich schlafe überaus gerne mit dir, aber in dem Zustand kann ich dir nicht das bieten, was du gewohnt bist...", gab ein trauriges Lachen ab und strich ihr dann eine Haarsträhne hinter das Ohr.
Sie nahm einen tiefen Atemzug, verließ dann ohne viele Worte das Bett und ging ins Bad, kam einige Minuten später umgezogen wieder zurück, krabbelte ins Bett, kuschelte sich wieder an ihn und zog die Decke über sich, ließ unter der Decke ihre Fingerspitzen sanft über seine Brust fahren.
Severus suchte ihre Hand, streichelte darüber und gab ihr einen Kuss auf den Kopf, „morgen geht es mir wieder besser.."
„Das hoffe ich... sonst musst du doch in den Krankenflügel", schloss die Augen und kuschelte sich weiter an ihn.
„Dazu wird es nicht kommen", brummte er leise, lehnte seinen Kopf an ihren und schloss ebenfalls die Augen.
Am nächsten Morgen wurde sie schon früh von angestrengtem Atmen geweckt, verwirrt sah sie sich um, sah Severus neben sich, dessen Gesicht mehr als schmerzverzerrt war und sich darauf zu konzentrieren schien nicht loszuschreien.
„Was hast du?", mit einem Mal war sie hellwach.
„Ich kann mich kaum bewegen", knurrte er angestrengt mit zusammengepressten Kiefern, versuchte sich wieder aufzusetzen und scheiterte kläglich.
Sie setzte sich auf, strich sich die Haare nach hinten und sah seinen Versuchen dabei bei das Bett zu verlassen, er konnte sich nicht einmal wirklich drehen und je länger sie ihm dabei zusah, desto mehr wurde ihr bewusst, dass er den heutigen Tag wieder im Bett verbringen würde, was natürlich Dumbledore auf den Plan rufen würde. Eine Tatsache, die er, warum auch immer, um jeden Preis verhindern wollte.
„Holst du mir nochmal Tränke?", eine beinahe greifbare Verzweiflung legte sich in seine Stimme.
„Das bringt doch nichts", Hermine schüttelte den Kopf, seufzte dabei.
„Bitte."
Sie nahm einen tiefen Atemzug, stand schnell auf, lief durch das Wohnzimmer in das Labor, kam mit drei kleinen Phiolen zurück und drückte sie ihm in die Hand, die er schnell entkorkte und herunterschluckte.
Er wartete einige Minuten, Hermine hatte sich derweil wieder auf das Bett gesetzt, musterte ihn wieder, wie er versuchte seine Kraft zu sammeln, ihr und auch sich selbst vorzuspielen, dass es ihm gut ging, dass er in der Lage war den heutigen Tag zu überstehen.
Ein verbissener Ausdruck huschte immer mal wieder über sein Gesicht, er hielt den Atem an, die sichtbaren Muskelstränge krampften als er sich aufsetzen wollte zusammen und schließlich sackte er keuchend wieder zurück.
„Es gibt nur eine Möglichkeit", sagte sie, sah leidend über ihn, verstand einfach nicht, warum er sich so quälte.
„Ich gehe nicht zu ihm", zog dabei eine Schnute wie ein kleiner Schuljunge.
„Ich weiß...", sie rutschte zu ihm, nahm seine Hand, streichelte über seine Knöchel, beugte sich dann zu ihm, benetzte seine Lippen mit einem Kuss, streichelte durch seine Haare und zog ihm kräftig einige Haare heraus, was er mit einem bösen, „Aua", kommentierte.
Hermine sprang vom Bett, „du kannst so nicht unterrichten, zu Dumbledore und Madame Pomfrey möchtest du auch nicht..."
„Hermine, nein, wenn du das machst...", er versuchte wieder sich aufzusetzen, aber sein Körper streikte.
„Ein Glück hast du ihn auf Lager...", sie ging schnell aus seinem Schlafzimmer, öffnete den Raum zu seinem Privatlabor und zog sicher den benötigten Trank aus einer Schublade, ging dann wieder zurück. Er starrte böse zu der Tür, in der sie nun stand.
„Wenn du nicht zum Unterricht erscheinst, wird er doch sowieso dahinterkommen", fing sie an, ging wieder zu ihm.
„Diese Idee ist so dumm, sie könnte von Potter stammen...", knurrte er.
„Oh, glaub mir... er würde nie freiwillig deinen Körper annehmen.", sie lachte leicht, wollte ihm eine Strähne aus dem Gesicht streichen, als er ihre Hand festhielt, mit sehr viel weniger Kraft als sonst, „Hast du eine bessere Idee?"
„Hundert bessere."
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