Kapitel 2: Eine echte Niete


„Morgen, Mine", freundlich sah er zwischen den Mädchen hin und her, spürte recht schnell, dass irgendetwas im Busch war.
„Morgen", sie lächelte leicht.
„Schlecht geschlafen?", er sah sie prüfend an, „Du bist ziemlich spät wieder gekommen, oder?"
„Hast du mich gehört?"
„Ich hab irgendein Poltern gehört, was ausnahmsweise mal nicht Rons Schnarchen war...", er warf seinem besten Freund einen vielsagenden Blick zu.
„Ich schnarche überhaupt nicht.", gab dieser ein wenig beleidigt zurück.
„Du schnarchst wie ein Haufen verschnupfter Bären!", Ginny verdrehte die Augen.
„Woher willst du wissen, wie sich ein Haufen verschnupfter Bären anhört?", fragte er skeptisch, „Können Bären überhaupt Schnupfen bekommen?"

Harry lachte, sah zu Hermine, „wirklich alles in Ordnung?"
Sie nickte, „mach dir keine Sorgen... nach dem Frühstück geht's mir bestimmt besser."
„Dann komm.", er nahm ihre Hand, zog sie mit sich mit und folgte Ginny und Ron in Richtung Ausgang.
„Ginny, ich mein's ernst... woher willst du wissen wie sich schnarchende verschnupfte Bären anhören?"
„Ron...", Ginny schüttelte den Kopf, wurde dann von ihrem Bruder in eine sinnfreie Diskussion über Bären und deren Krankheiten gezogen, die sich bis zum Frühstückstisch in der Großen Halle hinzog.
„Jetzt halt die Klappe mit deinen Bären", keifte sie, sie hatte wirklich die Nase und die Ohren voll von seinem Gesabbel.
„Du hast damit angefangen", beleidigt zog er den Teller mit Toasts zu sich, legte sich gleich vier auf seinen Teller und füllte den Rest des Geschirrs mit Rührei, Speck und Würstchen.

Hermine war, trotz der Unsinnigkeit, die dieses Gespräch mit sich brachte, froh, dass sie von der vergangenen Nacht abgelenkt wurde.
Ein wenig entspannter setzte sie sich auf ihren Platz und ließ einen freundlichen Blick durch die Halle schweifen, dabei fiel ihr ein angespannt aussehender Snape ins Auge, der nur minder erfreut lauschte, was Dumbledore ihm eindringlich zu sagen hatte.
Er wirkte genervt, wütend, innerlich aufgebracht und sie fragte sich, womit der Schulleiter Snapes Gemüt so erregte, sie hatte bisher immer das Gefühl gehabt, dass Dumbledore immer eine schützende Hand über ihn hielt, dass er ihm uneingeschränkt vertraute und auch Snape eine große Portion Respekt für den alten Mann übrig hatte; dieser Respekt schien sich jetzt, seinem Blick nach zu urteilen, jedoch zu verabschieden.

„Hast du gehört?", fragte Harry, tippte ihr leicht auf die Schulter.
„Mh? Was?", ihr Kopf ruckte zu ihrem besten Freund.
„Morgen ist das erste Quidditch-Training der Saison... ich hab gefragt ob du mitkommst", wiederholte er lächelnd.
„Klar, ich bin schon gespannt... verfolgt Ron immer noch die Absicht wieder ins Team zu kommen?", fragte sie ein wenig leiser, musterte den Rotschopf, der sich fast eine komplette Wurst in den Mund stopfte.
„Er hat wirklich viel trainiert in den Ferien, das weißt du...", gab ihr einen eindringlichen Blick.
„Warum guckst du mich so an? Glaubst du, ich rede ihm das aus?", fast schon beleidigt musterte sie ihn.
„Nicht direkt...", er seufzte, „ich glaube er ist wirklich furchtbar nervös... und unsicher. Er spricht jede Nacht davon im Schlaf...vor allem, dass er es nicht wieder schafft..."
„Ich werde mich zurückhalten", versprach sie, sah fast schon mitleidig zu Ron, sein Blick wirkte in der Tat fieberhaft und unruhig.
„Danke.", lächelte Harry, was Hermine erwiderte, sie sah auf ihre Uhr, „schon so spät... ich muss los... die erste Stunde bei Slughorn, wünsch mir Glück.", sprang dann auf, nahm ihre Sachen mit und rannte nach unten in die Kerker.

Es fühlte sich irgendwie merkwürdig an zu wissen, dass nicht mehr Snape der Meister der Zaubertränke war, sondern Horace Slughorn, ein alter Freund von Dumbledore, der ebenso urig und eigen war, wie Dumbledore selbst.
Hermine war natürlich die erste, die den Raum betrat, setzte sich auf einen der freien Plätze und zog ihr Buch ‚Zaubertränke für Fortgeschrittene' aus ihrer Tasche, um sich darin schon ein wenig einzulesen, was sie schon eine ganze Woche vorher angefangen hatte.
„Ah, Guten Morgen", begrüßte ein vergnügter Professor die junge Frau, „pünktlich wie die Handwerker", scherzte er, lief dann mit seinen Unterlagen unter dem Arm zum Schreibtisch.
„Maurer, Sir.", meinte Hermine.
„Pardon?", er stoppte, drehte sich zu Hermine, die ihn freundlich ansah.
„Pünktlich wie die Maurer", erklärte sie, „so heißt es zumindest, wenn Sie das Sprichwort bei den Muggeln meinen."
Ein aufmerksamer Blick erreichte sie, seine Augen hopsten über sie, „genau das meine ich.."
„Ich bin Hermine Granger.", beantwortete damit die Frage, die auf seinem Gesicht abzulesen war.
„Ah! Minervas Wundermädchen", rief er erfreut, „Ich habe schon von Ihnen gehört, Miss Granger und glauben Sie mir, meine Erwartungen an Sie sind überaus hoch."
Hermine errötete leicht, „ich hoffe ich kann sie erfüllen."
„Keine Sorge, ich bin weitaus umgänglicher als mein Vorgänger", gluckste er wieder, „aber nicht minder genau und aufmerksam!"
„Professor Snape hat vermutlich seine Gründe diese... Strenge an den Tag zu legen", meinte sie freundlich, sagte intuitiv genau das Richtige, um Slughorn weiter von sich zu überzeugen.
Er winkte ab, „Severus mimt gerne den Strengen, aber so war er immer schon, schon im meinem Unterricht, immer sehr genau, sehr präzise und akribisch, ein wahrhafter Meister der Zaubertränke..", in seinen Augen flackerte ein leichter Stolz.
„Sie waren sein Professor?", fragte sie verwundert.
„Die ganzen sieben Jahre", er nickte freundlich, „aber das ist vielleicht eine Geschichte für ein anderes Mal", kicherte wieder, begrüßte dann die anderen Schüler, die nach und nach in den Raum drangen.

Als die Klasse vollzählig war, bat Slughorn sie alle in einem Halbkreis um seinen Tisch, um von ihm eine kleine Einführung in diesen Kurs zu bekommen, der offenbar sehr viel anstrengender und auch interessanter war, als der, der Unterstufe.
In diesem Moment stolperte Harry samt Ron in den Unterricht.
„Ah, Harry. Ich hab Sie schon vermisst. Sie haben offenbar noch jemanden mitgebracht", Slughorns Augen glänzten, Harry schien über die Maßen interessant für ihn zu sein.
„Ron Weasley, Sir", stellte sich der Rothaarige vor, „aber ich bin 'ne echte Niete in Zaubertränke... vielleicht sollte ich einfach wieder..", wollte sich gerade aus dem Raum schieben, als Harry ihn fast schon gewaltsam hineindrängte.
„Ach Papperlapapp, wir bringen Sie schon auf Kurs, Freunde von Harry sind auch Freunde von mir, holen Sie die Bücher raus.", drehte sich vergnügt zur Klasse.
„Tut mir Leid, Sir, aber ich hab meine Buch noch nicht... und Ron auch nicht", sagte Harry entschuldigend.
„Im Schrank müssten noch welche sein, ‚Zaubertränke für Fortgeschrittene'", wandte sich dann wieder an die Klasse, „Ich habe hier etwas vorbereitet heute Morgen, kann mir einer von Ihnen vielleicht erzählen, was wir hier vor uns sehen?", fragte er freundlich, beobachtete die Klasse.

Hermines Hand schoss sofort in die Höhe, näherte sich den Tränken, „das hier ist Veritaserum, ein Wahrheitsserum... es bringt denjenigen, der es zu sich nimmt, dazu die Wahrheit zu sagen... und das ist der Amortentia.. der mächtigste Liebestrank der Welt. Man sagt er riecht für jeden unterschiedlich, je nachdem was die Person anzieht... so riecht er für mich nach...", sie nahm eine Nase dieser Betörung, „frisch-gemähtem Gras, neuem Pergament... und... Pfefferminz-Zahnpasta.", sah dann ein wenig verlegen zu Slughorn, der ihr beipflichtete und nicht müde wurde zu betonen, wie gefährlich dieser vermeintlich einfach Liebestrank war, er sogar eine Besessenheit auslösen könne und er vermutlich der gefährlichste Zaubertrank in diesem Raum sei.

Katie Bell stellte, nachdem sich alle wieder von dem Duft des Liebestrankes befreien konnte, die Frage, die wohl nur Hermine noch unter den Nägeln brannte, „Sir, Sie haben uns noch nicht gesagt, was mit dem da ist", zeigte auf eine kleine Phiole mit goldig-schimmernder Flüssigkeit.
„Ah, ja... was Sie hier vor sich sehen, Ladies und Gentlemen, ist ein sehr interessanter Trank... bekannt als Felix Felicis... die verbreitete Bezeichnung ist-"
„Flüssiges Glück", warf Hermine ein, ihre Augen glänzten aufgeregt.
„Ja, Miss Granger, flüssiges Glück...", er nickte freundlich, „sehr schwierig in der Herstellung und unglaublich gefährlich, wenn er falsch gebraut wird... ein Schluck und man hat das Gefühl, dass alle Bestrebungen gelingen... zumindest solange die Wirkung anhält.
Und das ist, was ich jedem von Ihnen heute anbiete... eine kleine Phiole flüssigem Glücks für denjenigen, der es schafft, in den heutigen Stunden, einen annehmbaren Trank der lebenden Toten zu brauen, die Anweisungen dazu können auf Seite 10 in Ihren Büchern gefunden werden. Vielleicht sollte ich Ihnen sagen, dass es in den ganzen Jahren nur ein Schüler geschafft hat, diesen Trank in ausgezeichneter Qualität zu brauen, um diesen Preis zu gewinnen... wie dem auch sei, viel Glück für Sie alle. Fangen Sie an!"

Sowohl Harry als auch Hermine waren gewillt diesen Trank in geforderter Qualität zu brauen und damit den Felix Felicis zu gewinnen, Ron hatte wenig Hoffnung, dass seiner gelingen würde und Seamus brachte schon nach wenigen Handgriffen seinen Kessel zum Explodieren.
Während Hermine sich genau an die Anweisungen des Buchs hielt und damit recht wenig Erfolg erzielte, tat Harry genau das Gegenteil, er hielt sich an hineingekritzelte Verbesserungen, die eindeutig von den Anweisungen abwichen.
„Wie machst du das?", fragte Hermine als sie an dem Aufschneiden der Bohnen verzweifelte, da diese immer wieder durch die Gegend hopsten und ihrer scharfen Klinge entfleuchten.
Harry hingegen hatte keine Probleme den Saft aus den Bohnen zu bekommen.
„Zerdrücken", meinte er schulterzuckend, träufelte den Saft einer weiteren Bohne hinein.
„Oh nein, in den Anweisungen steht eindeutig schneiden!", gab sie fast schon giftig zurück. Warum sah sein Trank so viel besser aus, obwohl er sich nicht an die Regeln hielt?
Je mehr Zeit voranschritt, je besser Harrys Trank aussah, desto verzweifelte rührte Hermine in ihrem umher, musste sich ein Schluchzen verkneifen, ihr Trank war die reinste Katastrophe.
Was sollte Slughorn nur denken, wenn sie schon bei der ersten Aufgabe jämmerlich versagte?

Am Ende hatte Harry es geschafft einen perfekten Trank zu brauen, Slughorn war vollkommen aus dem Häuschen und übergab ihm stolz die Phiole Felix Felicis, worüber Harry gleichermaßen froh und stolz war.

*

„Wie sehen Sie denn aus?", fragte Snape mit einer hochgezogenen Augenbraue, als Hermine als letztes aus dem Raum schlurfte, die Scham über ihren Misserfolg war auf ihrem Gesicht ablesbar.
„Wir hatten die erste Stunde bei Slughorn", schluchzte sie, strich sich die aufgebauschten Haare zurück, ging langsam weiter.
Severus zog die Augenbrauen zusammen, in fünf Jahren hatte er sie noch nie so gesehen, was hatte Horace diesem Mädchen bloß angetan, was er nicht geschafft hatte?
„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Horace so grausam ist.", meinte er skeptisch, musste dann fast seine Erschrockenheit verstecken, als sie aufsah.
Ihre Augen waren gerötet, der Blick so traurig und schambehaftet, als wäre ihr schlimmstes Geheimnis gelüftet worden, die krausen Haare in der Verbindung mit ihrem Blick, löste in ihm fast den Wunsch auf den alten Mann für seine Tat zu bestrafen.
Was denkst du denn da? Mitleid mit Granger? Severus, bitte...
Vielleicht war das das schlechte Gewissen, was in ihm bohrte nach dieser katastrophalen Begegnung während seiner Aufsicht.
„Er hat nichts gemacht... ich hab den Trank einfach nicht hinbekommen, egal wie genau ich nach den Anweisungen im Buch gehandelt habe", gestand sie leise, atmete einige Male tief durch.

Dass die Anweisungen im Buch zu keinem Erfolg führten, wusste er selbst seit Jahren, genau deswegen hatte er die falschen Angaben durch seine eigenen verbessert und die Art und Weise des Brauens revolutioniert.
Nahezu alle Tränke gelangen auf seine Art schneller und besser und genau deswegen ließ er die Schüler nie nach Buchanweisungen brauen, sondern immer nach seinen eigenen.
„Dann sollten Sie sich in Zukunft mehr anstrengen und weniger jammern. Immerhin fällt Ihr Versagen auch auf mich zurück..", sagte er kalt, ließ sie stehen und rauschte durch den Kerkergang in seine Räume.

Wie ein begossener Pudel stand Hermine im Gang, dieser Tag hatte im Grunde erst angefangen und war schon eine einzige Katastrophe.
Die Verwandlungsstunden bei McGonagall wird bestimmt besser, versuchte ihre innere Stimme sie aufzumuntern.
Mit herunterhängenden Schultern lief Hermine eilig durch die Kerker, nahm diverse Treppen nach oben und kam gerade eben pünktlich an ihrem Platz an.
Tatsächlich verlief diese Stunden sehr viel ruhiger und besser als die vorherige und nach weiteren zwei Stunden wartete die erste kleinere Pause auf sie.

Als Hermine wieder auf Harry traf hing dieser trübselig über seinem Platz, nippte immer mal wieder an dem Kürbissaft, „alles gut?", fragte Hermine, setzte sich zu ihm und versuchte zu ergründen, was sein Problem war.
„Wir haben gleich Snape...", murrte er.
Seufzend nickte sie, „er ist heute super gelaunt", sagte sie ironisch, Harry sah fragend auf, „ich hab ihn vorhin nach der Zaubertrankstunde getroffen."
„Was ist passiert?", in Harrys Augen schob sich ein leichter Hauch von Wut.
„Das übliche... er konnte sich einen bösen Kommentar nicht sparen", sie dachte über das nach, was er gesagt hatte, dann sollten Sie sich in Zukunft mehr anstrengen und weniger jammern... Immerhin fällt ihr Versagen auch auf mich zurück.., schnaubend schüttelte sie den Kopf, Mr. Einfühlsam Severus Snape.. was erwartest du? Hatte er jemals ein Wort des Trosts und der Aufmunterung übrig?

Nein, das hatte er in der Tat nicht, noch nie, für niemanden, nicht einmal bei seinen geliebten Schlangen.
Wobei, konnte er überhaupt lieben?
Er hatte ihr nie den Eindruck vermittelt als würde irgendwas auf der Welt sein kaltes, schwarzes Herz erwärmen können.
Auch wenn er der Meister der Zaubertränke war, ein erstaunlich begabter und mächtiger Zauberer, der jüngste Professor und Hauslehrer, den Hogwarts je hatte, was die Menschlichkeit anging war er eine echte Niete, auch wenn ihn diese Tatsache nicht zu stören schien, so dachte Hermine.

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