Kapitel 16: Einigung


An einem düsteren Oktober-Abend zog sie sich mit einem heißen, schokoladigen Kakao, eingekuschelt in ihr Bett zurück, Ginny hatte zwar versucht sie zu einem Freunde-Abend zu überreden, aber seit Er nicht mehr kam, war sie nicht wirklich in der Stimmung gute Miene zum bösen Spiel zu machen, denn auch Ginny, Harry und Ron verhielten sich seit einiger Zeit merkwürdiger als üblich, auch wenn Ginny stets versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
Sie nippte gerade an ihrem Kakao, als ein Klopfen an der Tür sie aus der Einsamkeit zog.
„Ich hab immer noch keine Lust, Ginny", rief sie vom Bett durch die Tür, hoffte, sie würde es endlich dabei belassen, stattdessen klopfte es erneut. Augenverdrehend stellte sie ihren Kakao auf den Nachtschrank, robbte vom Bett, ging zur Tür und öffnete sie mit einem anklagenden Blick, stockte dann erschrocken, als nicht Ginny vor ihr stand.

„Guten Abend", begrüßte er sie.
„Hallo", verdattert sah sie über ihn, musterte die Maske und die Augen, es war eindeutig er, in ihrem Magen breitete sich ein warmes Gefühl aus, ihre Atmung verschnellerte sich.
„Du siehst es nicht, aber... ich freue mich.", sagte er ruhig, sie konnte die eben erwähnte Freude sogar in seiner Stimme hören.
Ihr Herz machte einen kleinen Hüpfer, aufgeregt lächelnd trat sie zur Seite, zog ihn am Ärmel in ihre Räume, schloss dann eilig die Tür.

Er stand recht unschlüssig im Raum, sie hatte beinahe schon überschwänglich reagiert, freute sie sich wirklich so ihn zu sehen?
Auf diese Frag bekam er relativ schnell eine Antwort, als sie den Abstand zu ihm überbrückte und ihn stürmisch in die Arme nahm.
Sie drückte sich nah an ihn, ihre Arme waren um ihn geschmiegt, strichen über seinen Rücken, ihr Gesicht lag an seiner Brust.
Völlig überrumpelt von dieser Geste stand er wie eine Säule vor ihr, er traute sich nicht einmal zu atmen, sich irgendwie zu bewegen.
Sie nahm einen tiefen Atemzug, drückte ihn noch ein wenig mehr und genoss seine Nähe, die sie wirklich vermisst hatte.
Nur langsam löste sie sich von ihm, sah ihm dann von unten in die Augen, seine erschrockenen Züge blieben ihr Dank der Maske verborgen, aber sie sah das Entsetzen in seinen Augen.

Sie errötete recht stark, nahm ihre Hände von ihm, lächelte unsicher, auch wenn es ihr ein wenig peinlich war, dass sie ihm so deutlich zeigte, dass sie ihn vermisst hatte, sie war froh es getan zu haben. Er hatte sich gut angefühlt, fest, fast schon ein wenig muskulös und er gab einen atemberaubenden Duft ab, Pfefferminz, Pergament und Tinte und einen Hauch von Melisse.
Als sie sich umdrehte und zu ihrem Bett ging, biss sie sich auf die Lippe, hatte sie ihn verschreckt?
„Damit habe ich nicht gerechnet", sagte er, beantwortete damit ihre ungestellte Frage.
„Tut mir leid...", gab sie kleinlaut zurück, ließ sich auf der Matratze nieder und setzte sich in einem Schneidersitz in seine Richtung.

Einen tiefen Atemzug nehmend ging er ebenfalls zu ihrem Bett, setzte sich auf die Matratze, was hier geschah, war noch weniger richtig als irgendetwas anderes in seinem Leben und doch machte es ihn in diesem Moment unfassbar glücklich.
„Das muss dir nicht leid tun... ich bin es nur nicht gewohnt.", er legte den Kopf schief.
„Dann solltest du dich besser daran gewöhnen", Hermine lächelte herzlich.
Er stockte, „willst du das etwa öfter machen?"
„Hättest du etwas dagegen? Ist dir meine Nähe unangenehm?", Sorge zog durch ihren Blick, er hätte auflachen können, sie sorgte sich mehr um sein Wohnbefinden als um ihr eigenes.
„Ganz und gar nicht", gab er dunkel zurück, „deine Nähe ist... berauschend.", drang mit seinen Augen wieder in ihre.
Warum konnte er sie mit wenigen Worten so sprachlos machen?
So verunsichern und gleichzeitig bestärken?
Solch eine Sehnsucht in ihr schüren, noch mehr dieser Geständnisse zu erfahren?
Sie biss sich verschüchtert auf die Lippen, „ist das so?", fragte sie gehaucht, ihr Herzschlag verschnellerte sich unnatürlich.
„Du weißt, dass es so ist", sagte er, hypnotisierte sie wieder mit seinem Blick.
„Es war viel mehr ein... Wunsch.", gestand sie leise.
„Du solltest wirklich aufpassen, was du dir wünschst.", mahnte er, legte den Kopf schief.
Hermine schluckte, „ich hatte nur gehofft, damit nicht allein zu sein", rutschte vorsichtig ein wenig näher, zog damit seinen Blick auf sich, der sie nicht davon abhielt noch ein Stück näher zu rutschen, „darf ich dich nochmal umarmen?"
„Willst du mich schwach machen?", fragte er tatsächlich schwach, je näher sie ihm kam, je öfter er sie auf diese Weise sah, desto schwerer fiel es ihm wirklich standhaft zu bleiben.
„Würdest du schwach werden?", hauchte sie, biss sich erneut auf die Lippe, war neben ihm angelangt, legte zitternd ihre Finger an seinen Arm, strich langsam nach oben über seine Schulter.
Er nickte bedächtig, „würde ich..."
Hermines Neugier war wieder einmal geweckt, dieses Gespräch war so surreal, dass sie es unbedingt weiter führen wollte, sie wollte sehen in welche Richtung all das verlief, „was würdest du denn mit mir machen?", legte den anderen Arm ebenfalls um ihn und drückte sich wieder vorsichtig an seinen Körper.

Severus schloss die Augen, ihre Nähe, ihre Wärme, ihr Duft war wahrhaft berauschend, zitternd legte er seine Hände an ihren Rücken, verstärkte nach kurzer Zeit seinen Griff und drückte sie nah an sich.
Was tat diese junge Frau nur mit ihm?
Was tust du nur mit ihr?, fragte sein Gewissen, ließ verschiedenste Gefühle durch ihn ziehen.
„Was würdest du mit mir machen?", wiederholte sie gehaucht an seinem Ohr, strich über seinen Schulter, krallte sich mit der anderen Hand in seine Robe.
„Sehr viel schlechtes", raunte er, Verzweiflung schob sich in seinen Körper, Verzweiflung gemischt mit Sehnsucht und einer nicht zu leugnenden Erregung, die er ein Glück noch unter Kontrolle hatte.
Hermine hielt ihn fester, „würdest du mir weh tun?"
„Niemals.", sagte er schnell und so aufrichtig, dass sie ihm sofort glaubte ohne den Hauch von Zweifel.
„Dann darfst du mit mir machen, was du willst", sagte sie schmunzelnd, lachte als sie sich löste und seinen beinahe schon verstörten Blick sah.
„Du solltest sowas nie laut sagen, vor allem nicht Männern wie mir.", warnte er, andere Todesser würden diese Situation schamlos ausnutzen und sich an ihr auf alle möglichen Arten vergehen.
„Ich sage es nicht Männern wie dir, sondern nur dir. Vielleicht will ich ja, dass was mit mir machst..", hörte sie sich sagen, war selbst ein wenig erstaunt, dass diese Worte aus ihrem Mund drangen, aber die Freude, dass er wieder da war, war beinahe grenzenlos.

„Vielleicht ist es besser, wenn ich gehe.", angespannt löste er vorsichtig ihre Hände.
„Ich... meinte es nicht so... es war ein dummer Spaß, es tut mir leid, bitte geh nicht...", verzweifelt sah sie ihn an, hoffte er würde sich von ihr umstimmen lassen, „wo warst du so lange?", fragte sie stattdessen.
Er nahm einen tiefen Atemzug, das war in der Tat eine gute Frage, „ich... habe überlegt, ob ich nochmal zu dir kommen soll...", gab er langsam zu.
„Ganze zwei Wochen hast du nachgedacht?", mit großen Augen sah sie ihn an.
„Da ich wieder hier bin, hätte ich offenbar noch länger nachdenken sollen... es ist nicht richtig... dich zu besuchen, mit dir zu reden...", er schüttelte leicht den Kopf.
„Ich habe jeden Tag gehofft, dass du es wieder tust.", flüsterte sie, hoffte ihn nicht wieder mit dieser Ehrlichkeit zu erschrecken, „Und ich bin wirklich froh, dass du hier bist... auch wenn du das offenbar nicht hören willst.", schob sie mit einer leichten Trauer nach.
„Ich... will es nicht hören, weil es mir gefällt...", selbst in dieser verzerrten Stimme hörte sie seinen Zwiespalt, es fiel ihm offenbar wirklich schwer das Richtige zu tun, obwohl für Hermine etwas anderes richtig war, als für ihn.
„Hast du Angst, dass du... erwischt wirst? Dass du bestraft wirst?", sie wollte verstehen, warum er sich so schwer tat.
„Nein", sagte er schnell, im Grunde war ihm das mittlerweile wirklich völlig egal, wenn ihn jemand erwischen würde, würde er die Strafe, die ihn erwarten würde, ohne Widerstand annehmen, „es geht mir um dich... um deine... Seele... ich will nicht, dass sie in Dunkelheit versinkt."

„Denkst du wirklich so schlecht von dir?", fragte sie leise besorgt, rutschte vorsichtig wieder ein wenig weiter zu ihm.
„Jeder würde das."
Hermine dachte einen Moment nach, sie wollte ihn so gerne von seinem schlechten Gewissen befreien, auch wenn sie die Sorge hatte, dass das gar nicht so einfach war, er trug es vermutlich schon viele Jahre mit sich, so, wie er über das Todesser-Sein dachte, wie wenig er von dem hielt, was seine Kumpanen betrieben, er hatte einen falschen Weg gewählt, ganz eindeutig, aber er folgte ihm nicht, nicht wirklich, sonst hätte er ihr schon längst wehgetan und die Chance Harry zu ihm bringen genutzt anstatt sich zu verstecken.
Sie glaubte nicht, dass er böse und niederträchtig war, dass er ein schlechter Mensch war, selbst wenn er in dieser Robe neben ihr saß, er wirkte viel mehr wie eine verlorene Seele, die so lange in der Dunkelheit gelebt hatte, dass sie sich panisch von der Helligkeit versteckte, um ja nicht zu sehen, was aus ihr geworden war.
Aber, dass er zu ihr kam, mit ihr sprach, mit ihr Zeit verbrachte, war für Hermine ein Zeichen, dass er genug davon hatte im Dunkeln zu leben.

„Vielleicht können wir uns auf etwas einigen", schlug sie langsam vor, sein Kopf drehte sich ein wenig zu ihr, sah aber immer noch auf seine Beine, „wir verbringen weiter Zeit zusammen, du erzählst mir, was du mir erzählen willst und kannst und das akzeptiere ich dann... und wenn ich mich irgendwie unwohl fühle, mit dem, was du mir sagst oder wenn ich mich unwohl fühle, wenn du da bist, dann... werde ich dich bitten zu gehen. Was denkst du darüber?"
Er nahm einen tiefen Atemzug, dachte offenbar wirklich intensiv darüber nach, „auch wenn mich das nicht von meiner Schuld befreit, dich überhaupt erst aufzusuchen... es nimmt mir die Sorge, dass es dir damit schlecht geht.", meinte er langsam, richtete seine schwarzen Augen auf die junge Frau neben ihm, die sich ein glückliches Lächeln nicht von den Lippen wischen konnte.
„Aber du musst mir versprechen sofort etwas zu sagen", forderte er, gab ihr einen vielsagenden Blick.
„Ich werde dich hochkant rauswerfen, wenn es mir mit dir zu bunt wird", versprach sie aufrichtig, lachte dann, setzte sich ein wenig entspannter ins Bett.

Er schüttelte leicht den Kopf, lehnte ihn dann an die Wand und musterte sie, „du bist unmöglich..."
„Das nehme ich jetzt mal als Kompliment", kicherte sie leicht.
„Das war es auch..."
„Dann.. vielen Dank", sie zuckte leicht mit den Schultern, beobachtete dann das regelmäßige Heben und Senken seines Brustkorbs.
„Hast du schon Pläne für...", er stoppte, eigentlich wollte er fragen, was ihre Pläne nach der Schule waren, nach ihrem Abschluss, aber da sich bald alles verändern würde, würden sie, Weasley und Potter vermutlich nicht mehr die Schule besuchen.
Wenn Dumbledore tot und der Dunkle Lord freie Bahn in Hogwarts hätte, wäre es ein Himmelfahrtskommando für die drei wieder hier aufzutauchen.
Wieder einmal bohrte das schlechte Gewissen in ihm, er nahm Harry nicht nur einen weiteren nahestehenden Menschen, eine Art Vaterersatz, sondern auch ihr die Möglichkeit ihren Abschluss zu machen, es war einfach nicht fair.

„Hab ich Pläne für was?", fragte sie freundlich, als er selbst nach einigen Minuten nicht weitergesprochen hatte, holte ihn damit aus seinen schuldbehafteten Gedanken.

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