Kapitel 6
Ich war wach, bevor die Sonne durch das kleine Fenster schien und fühlte mich, als hätte mich als hätte ich 10 Std. auf dem Feld gestanden. Die Wände hier waren sehr dünn und die Dame (oder der Herr) im Nachberzimmer hat die Nacht über eine ganze Waldlandschaft abgeholzt. Jetzt konnte ich noch nach Hause gehen, bevor ich mich am Abend wieder auf den Weg hierher machen müsste. Mir war klar, dass meine Eltern nicht begeistert sein werden. Mir tat es jetzt schon für Mary leid, die es liebte, wenn die ganze Familie zusammen feierte. Es war bei uns fast noch wichtiger, als der Heilige Abend. Ächzend setzte ich mich auf. Mein Nacken war steinhart. Diese Matte hier war unbequemer als der Strohsack, der zuhause meine Bettunterlage war. Das bisschen Wasser, das in dem Kruck war, roch widerlich und sah aus, als würde es hier schon lange stehen. Angeekelt stellt ich den Krug zurück auf den Boden und ordnete meine Haare. Oder besser ich versuchte es, soweit das ohne Spiegel möglich war. Mein Kleid war zerknittert. Dafür hatte mein neues Kleid die Nacht unbeschadete überstanden. Jetzt war ich dankbar für den Sack, den mir die alte Frau mitgegeben hatte. Ich versuchte das Kleid so gut es ging zu glätten, gab es aber relativ schnell auf. Es ging einfach nicht.
Im Hof ging es bereits zu, wie in einem Bienenstock. Kären mit Lebensmitte fuhren vor und ich roch den metallischen Geruch von Tier Blut. Scheinbar wurde auch schon geschlachtete. Ich machte mich auf die Such nach einem Brunnen und hoffte, vielleicht auch etwas zum Essen auftreiben zu können. Nach einigem Suchen fand ich schließlich einen Brunnen, an dem nicht ganz so viel los war. Ich holte mir einen Eimer Wasser hoch und wusch mir mein Gesicht, die Arme und den Hals. Anschließend stelle ich den Eimer wieder zurück und schritt zum Tor, um mich auf den Heimweg zu machen. Lucian sah ich nicht an diesem Morgen und wunderte mich über die Enttäuschung, die in mir aufstieg. Auf den Weg zum Marktplatz stibitzte ich mir einen Apfel von einem Ochsenkarren, der an mir vorbei fuhr. Jetzt war das Loch in meinem Bauch wenigstens etwas gestopft. Auch auf dem Marktplatz war schon viel los, obwohl die Sonne noch nicht so lange am Himmel stand und das Geschrei der Marktleute erfüllte die morgendliche Luft. Meine Laune hob sich und ich lief beschwingt aus Niema hinaus.
Natürlich hatten sich meine Eltern sorgen um mich gemacht. Mutter sah ziemlich erschöpft aus und Mary hatte rot geweinte Augen. "Wo warst du nur? Wir haben wirklich gedacht, wir sehen dich nie wieder! Du weißt doch wie gefährlich es in Niema bei Nacht ist" schimpfte Mutter und zog mich in ihre Arme. "Tut mir leid, Mutter. Ich hab es einfach nicht mehr rechtzeitig geschafft. Ich hab einfach zu lange gebraucht, bis ich mich für ein Kleid entschieden hatte." Die Begegnung mit Lucian ließ ich aus. Aber ich musste meiner Mutter wohl oder übel berichten, dass ich heute mein erstes Erntefest nicht mit ihnen verbringen würde. Mutter sagte eine Weile nichts. Ich hatte das Gefühl, mich verteidigen zu müssen. "Ich hab einfach keine andere Lösung gesehen, als beim Herzog um ein Nachtlager zu bitten. Ich konnte doch nicht wissen, dass er als Gegenleistung will, dass ich für ihn beim Erntefest arbeitete. Ohne Bezahlung versteht sich" schob ich verbittert hinterher. "Ist gut, Nelly. Du musst dich nicht verteidigen. Es war klug von dir zum Herzog zu gehen und ich bin stolz auf dich, dass du es getan hast. Das hätte sich nicht jeder getraut." Sie lächelte mich an und ein warmes Gefühl der Freude durchströmte mich. "Du bist also nicht wütend auf mich?" Fragte ich kindlich. "Warum sollte ich? Ich bin froh, dass du heil zurückgekommen bist. Es gibt noch genügend Erntefeste, die wir gemeinsam feiern können. Aber nun zeig deiner Schwester und mir doch endlich das Kleid, das du gekauft hast und das eigentlich schuld an dem Ganzen ist. Ich hoffe doch, dass war es auch wert."
Wie ich erwartete hatte, war meine Mutter begeistert von dem Kleid. Auch, wenn sie es im ersten Moment doch als zu "Fein" für mich fand. Mary wollte natürlich genau wissen, wie der Herzog aussah und ob das Anwesen von innen wirklich so pompös war, wie Mutter immer in den Geschichten erzählte. Da ich ihr das Bild, das sie von all dem hatte, nicht zerstören wollte, bestätigte ich einfach, dass das Anwesen sogar noch glanzvolller war, als in Mutters Erzählungen. Und der Herzog ein sehr attraktiver Mann war. Dass er allerdings auch arrogant und unsympathisch war, verschwieg ich ihr. Den gesamten Mittag dachte ich nicht an Lucian und auch als der Nachmittag kam und ich mich für den Abend am Hof fertig machte, dachte ich nicht an ihn. Ich hatte mich dazu entschieden, das neue Kleid einfach anzuziehen. Wenn es ein Arbeitskleid oder so was Ähnliches geben würde, konnte ich es immer noch ausziehen. Meine Haare band ich zu einem festen Knoten zusammen und steckte sie mit der neuen Spange fest. Als ich mich im Spiegel betrachtete, fand ich mich gar nicht so schlecht. Komischer weiße sahen sogar die tiefen Augenringe unter meinen Augen gar nicht mal so schlecht aus. Ich schüttelte den Kopf. Augenringe als neuen Schönheitstrend bei Hofe. Ich musste schmunzeln. Dann legte ich den Spiegel weg und ging in die Wohnstube, in der Mutter gerade dabei war, ein Stück Schinken in Stücke zu schneiden. "Du siehst wunderschön aus, Nelly." Meinte Mary ehrfurchtsvoll und sah mich mit großen Augen an. Ich lächelte sie an. "Ich mach mich dann auf den Weg Mutter. Wahrscheinlich werde ich es nicht vor morgen Mittag schaffen zurück zu kommen." Mutter sah von ihrer Arbeit auf. "Ist gut, Kind. Aber mach keine Dummheiten!" Innerlich rollte ich mit den Augen. Immer diese weißen Elternratschläge. "Werde ich nicht" sagte ich schnell. Ich strich Mary über den Kopf und drückte Mutter einen Kuss auf die Wange. "Bis Morgen und schönes Erntefest."
Auf dem Weg nach Niema kamen mir viele Menschen entgegen oder liefen vor mir. Scheinbar wollten sich einige nicht das Spektakel in der Stadt entgehen lassen. Angesteckt von der heiteren Stimmung, die auf der Straße herrschte, summte ich fröhlich vor mich hin. Auch in Niema selber war die Stimmung sehr heiter und ich sah schon die Ersten durch die Gegend torkeln. Das fing ja schon mal gut an. Je näher ich dem herzoglichen Anwesen kam, desto feiner wurden die Menschen um mich herum. Einmal wäre ich beinahe von einer Kutsche überfahren wurden und ich konnte mich gerade noch so mit einem Sprung zur Seite rette. Schimpfend wedelte ich mit der Faust hinter ihr her. Was für ein ungehobelter Kerl! Von da an passte ich auf und ging schon vorher zur Seite, wenn ich eine Kutsche kommen hörte. Als ich endlich das Anwesen erreicht hatte staunte ich nicht schlecht. Es hatte sich innerhalb von ein paar Stunden in ein Märchenschloss verwandelt. Im Hof standen zahlreich Fackeln, die den Mauern rund um das Anwesen einen goldenen Schimmer verliehen. Blumen standen an jeder Ecke und von der Mitte des Hofes bis zum Eingang führte ein roter Teppich. Wo ich allerdings hin musste war mir ein Rätsel. Da entdeckte ich eine größere Menge Leute und sah eine junge Frau, die darauf zuhielt. Rasch raffte ich mein Kleid und eilte zu ihr. "Entschuldigen Sie?" fragte ich höfflich. Die junge Frau, fast noch ein Mädchen, sah micht erstaund an. "Ja?" "Wo muss ich hin, wenn ich als Bedienstete hier arbeit?" Sie musterte mich von oben bis unten. "Folg mir einfach." Und das tat ich auch.
Tut mir leid, das die Kapitel so kurz sind. Ich versuch sich in Zukunft länger zu machen :-)
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top