Kapitel 33

Das zerren an meine Gedanken weckte mich am nächsten Morgen. Langsam wurde es gruselig. Ich war nicht vergesslich und trotzdem hatte ich das Gefühl, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Es lag mir auf der Zunge, aber es wollte kein Nam, kein Gesicht oder ein Gegenstand in meine Gedanken kommen. Entschlossen schüttele ich den Kopf, verdrängte das Gefühl wieder in die hinter Ecke meines Gehirns. Ich setze mich auf, streckte mich. Mein Kopf dröhnte und als in den Spiegel über der Kommode blickte sah ich in das Gesicht einer Toten. Meine Haut war blass und die schwarzen Ringe unter meinen Augen wirkten wir Krater. Die letzte Nacht hatte Spuren hinterlassen. Immer wieder war ich hochgeschreckt, weil ich mir einbildete jemand würde meinen Namen rufen. Ich klatschte mir eine Hand voll Wasser ins Gesicht und fragte mich im selben Moment, dass ich hier außer Bella keine anderen Personen gesehen hatte. Trotzdem war in meinem Zimmer immer ein Krug mit frischem Wasser vorhanden. Etwas unheimlich war es schon. Nach dem ich mit der Bürste durch meine inzwischen hüftlange Mähne gebürstet hatte, band ich sie mir mit einem Band zu einem Zopf zusammen und schlüpfte in ein zartgelbes Kleid, dass ich mir zuvor rausgesucht hatte. Kaum war ich fertig klopfte es bereits an der Tür. Ehe ich „Herein" hatte rufen können, wurde die Türe bereits geöffnet und ich erkannte die elfenhafte Bella im Türrahmen. „Der Meister wünscht euch zu sehen." Ohne auf meine Antwort zu warten drehte sie sich auf dem Absatz um und verschwand wieder. Sie konnte mich eindeutig nicht leiden und ich konnte nicht nachvollziehen warum das so war. „Hey, wohin soll ich denn?" Ich stürzte aus dem Zimmer und sah gerade noch einen Zipfel ihres blauen Kleides um die Ecke verschwinden. Nur mit Mühe konnte ich mir einen höchst undamenhaften Fluch verkneifen. Ich raffte mein Kleid, lief ihr hinter her und erreichte sie schließlich an der Treppe, die hinunter zum Speiseraum führte. „Wenn Ihr Euch beim nächsten Mal sputen würdet, müsstet Ihr mir nicht hinterher rennen." Ich konnte das biestige Blitzen in ihren Augen sehen. Wenn ich auf eins keine Lust hatte, dann war es ein Krieg mit dieser arroganten Elfe. Ich verkniff mir also einen giftigen Kommentar und folgte ihr in den Speisesaal. Der Tisch war mit allen möglichen Leckereien gedeckt und am Kopf saß, in einer Zeitung vertieft, der Meister. Er hob den Blick, als wir dem Saal betraten. Sein Blick blieb kurz an Bella hängen, dann huschte er weiter zu mir und blieb an mir kleben. Ich konnte wohlwollen und noch etwas anders in seinem Blick sehen, was ich nicht deuten konnte. Oder besser nicht deuten wollte. „Guten Morgen, Nelly" wie immer schickte seine Stimme eine Reihe von Schauern über meinen Rücken „Ich hoffe du hast gute geschlafen." Er legte die Zeitung beiseite und sah mich erwartungsvoll an. „Guten Morgen! Das hab ich, danke der Nachfrage." Der Meister erhob sich von seinem Platz, schritt auf mich zu. Ich fühlte mich klein und schwach, als seine große Gestallt vor mir stand und er von oben auf mich herunter sah. Er streckte seine große Hand aus und strich mit seinem langen Zeigefinger über die Ringe unter meinen Augen. „Ich mag es nicht, wenn man mich anlügt. Die Frage kommt dir belanglos vor und dennoch wünsche ich, dass du sie ehrlich beantwortest." Mit jedem Wort zitterte ich mehr. Seine Stimme strahlte so viel Macht, so viel Autorität aus, dass ich am liebsten vor ihm auf die Knie gefallen und um Vergebung gefleht hätte. Schnell vertrieb ich den Gedanken aus meinem Kopf, zwang mich ihm fest in die Augen zu sehen und nicht den Blick zu senken. „Also frage ich dich noch einmal: Hast du gut geschlafen?" Ergeben schüttele ich den Kopf. Ich hasste es, dass er mich fast schon Maßregelte und seine Hand an meinen Wangen machten es nicht besser, so hatte ich keine Chance ihm auszuweichen. Außerdem hatten sich seine Finger ziemlich fest in meine Haut gebohrt, was inzwischen fast schon schmerzhaft war. „Es geht doch" murmelte er, strich mit seinen Finger noch einmal über meine Wange, ehe er mich losließ und zurück zu seinem Platz ging. Ich blieb wie angewurzelt stehen. „Was ist, Nelly? Willst du nichts essen? Ich würde es dir empfehlen, du wirst mich heute nämlich begleiten." Ruckartig hob ich den Kopf. „Begleiten? Wohin?" „Das wirst du noch früh genug erfahren. Jetzt iss endlich, damit wir möglichst führ aufbrachen können." Mein Appetit hielt sich in Grenzen. Erstens war ich kein Morgenmensch, war ich noch nie gewesen und zweitens war mir die vorherige Aktion auf den Magen geschlagen. Also nahm ich mir eine Schüssel, füllte sie mit Haferflocken und Milch und schnappte mir noch einen Apfel, setzte mich an einen Platz am anderen Ende des Tisches.

„Wenn du fertig bist, kannst du dich auf deinem Zimmer noch einmal frisch machen, ehe wir aufbrechen." Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Schnell erhob ich mich, lies die Schüssel und den angeknabberten Apfel liegen und floh förmlich nach oben in mein Zimmer. Er machte mir Angst, mit jedem Tag, den ich länger hier verbrachte fragte ich mich, was ich hier sollte. Es fühlte sich nicht richtig an. Im Gegenteil, alles in mir schien „Falsch" zu schreien und dieses Gefühl, etwas Wichtiges vergessen zu haben, das sich in regelmäßigen Abständen einstellte trieb mich schier in den Wahnsinn. In meinem Zimmer trat ich an meine Kommode, öffnete meine Haare und fuhr grob mit der Bürste durch. Ich ließ sie offen, zupfte mein Kleid zurecht und spürte mir etwas von dem Rosenwasser auf meinen Hals und meine Handgelenke. Da er mir nicht gesagt hatte, wo es hinging, nahm ich nur eine kleines Täschchen und meinen Fächer mit. Dann war ich bereit und verließ meine Zimmer.

Als ich die Treppe nach unten schritt wartete er bereits am Fuß selbiger. Er hielt mir seine Hand hin und ich ergriff sie, wieder einmal völlig hingerissen von seinem perfekten Aussehen. „Es wird nur eine kurzer Ausflug zu einem...Freund sein. Wir werden spätestens heute Abend wieder hier sein, meine Liebe." Er strich kurz mit dem Daumen über meinen Handrücken. Die große Flügeltüre, die nach draußen führte, öffnete sich wie von Zauberhand als er auf sie zuging. Vor der großen Steintreppe stand eine offene Kutsche gezogen von vier prachtvollen schwarzen Pferden. Ein wahr gewordener Mädchentraum. Als kleines Mädchen hatte ich mir oft vorgestellt, wie es wohl wäre in einer Kutsche zu fahren. Ich hatte es mir immer unglaublich bequem und romantisch vorgestellt. Der Meister führte mich die Treppe hinunter, klappte den Schlag auf und half mir in die Kutsche. Die Sitzflächen waren mit weichem Satin gepolstert und dicke, weiche Kissen drückten sich gegen meinen Rücken. Er setzte sich mir gegenüber, seine Knie streiften meine. Die kurze Berührung ließ die Stelle kribbeln und ich zog unauffällig meine Beine zurück. Ruckelnd setze sich die Kutsche in Bewegung langsam rollten wir von dem gekiesten Hof, ehe der Kutscher die Rappen zu einem flotten Trap antrieb und wir zügig das Grundstück verließen.

Leute, es tut mir wahnsinnig leid, dass es so lange mit dem Kapitel gedauert hat! Aber ich hatte keine Ideen mehr und dann war noch Stress in der Schule. Jetzt sind meine „Ideenspeicher" allerdings wieder gefüllt und ich hoffe es dauert nicht wieder fünf Monate bis zum nächsten Kapitel.



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