Kapitel 32

Der Wein rannte meine Kehle hinunter und mit jedem Schluck, den ich zu mir nahm, verschwand dieses Gefühl, etwas Wichtiges zu vergessen. "Wie ist dein Name?" fragte ich. Der Alkohol verlieh mir Mut, diese Frage zu stellen. "Für dich bin ich dein Meister, meine Schöne. Namen sind nicht wichtig." Ich traute mich nicht, weiter zu bohren, geschweige denn Einspruch gegen seine Aussage zu erheben. Von wegen, Namen waren nicht wichtig! Für mich waren Namen sehr wichtig. Meiner Meinung nach sagte sie viel über den Menschen aus. "Wir sollten essen." Kaum hatte der Meister diese Worte ausgesprochen, erschienen Menschen mit großen Platten. Sie stellen die Platten auf den Tisch und verschwanden genauso schnell, wie sie gekommen waren. "Bediene dich, Nelly. Du wirst deine Kraft brauchen." Er betrachtete mich nachdenklich und nahm einen Schluck aus seinem Kelch. Zaghaft nahm ich mir etwas Fleisch, Erbsen und etwas längliches, was ich nicht kannte, aber sehr gut schmeckte. Mit jedem Bissen wuchs mein Appetit und so war ich schon bald bei der zweiten Portion angelangt. "Es scheint dir zu schmecken." Amüsiert beobachtete er, wie ich die Gabel auf halben Weg zum Mund in der Luft schweben lies und errötete. "Es schmeckt sehr gut" murmelte ich, schob mir die Gabel in den Mund. Erst jetzt viel mir auf, dass sein Teller leer war. "Willst du nichts essen, Meister?" Sein Blick verdunkelte sich, wurde wilder. "Oh, glaub mir, Kleines. Ich werde heute noch speisen." Er prostete mir zu und nippte an seinem Wein. Ich tat es ihm gleich. Dann schwieg ich. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und auch er machte keine Anstalten, Konversation zu betreiben. Er starte in sein Glas, schien mich nicht mehr wahrzunehmen und so hatte ich genügende Zeit, ihn meinerseits zu mustern. Er sah wirklich übernatürlich schön aus. Wenn ich mich nicht täuschte schimmerten seine Haare bläulich und unwillkürlich verspürte ich den Wunsch sie zu berühren. Ich wollte wissen, ob sie sich genauso seidenweich anfühlten, wie sie aussahen. Ich hatte das irre Bedürfnis, meine Hände in seinen Haaren zu vergraben. Dann viel mein Blick auf seinen Lippen. Sie waren voll und hatten einen leichten roten Schimmer, ähnlich einer Kirsche. Mit Mühe konnte ich einen kleinen Seufzer unterdrücken, als ich mir vorstellte, wie sich eben diese Lippen auf meinen Anfühlen würden. Ich zuckte zusammen, als er wieder sprach. "Ich werde mich nun zurückziehen." Er erhob sich und ich tat es ihm gleich. "Wenn du etwas benötigst, wende dich an Bella." Die blonde Schönheit tauchte neben ihm auf und lächelte mich an. Es war ein herablassendes Lächeln, eines, mit dem ich als Kind oft von den älteren Kindern im Dorf bedacht wurde, wenn ich nicht verstand warum eins und eins zwei waren. Ich tat so, als würde ich es nicht bemerken und lächelte naiv zurück "Dann wünsch ich dir eine angenehmen Nacht, meine Schöne" und mit einer angedeuteten Verbeugung in meine Richtung verschwand er. „Kommt Ihr?" Die Schönheit, Bella, stand vor der Türe und sah ungeduldig in meine Richtung. Allen Anschein nach hatte sie es sehr eilig. „Ich komme."

„Ihr könnt Euch hier frei bewegen. Haltet euch allerdings von den Gemächern des Meisters fern." Das war eine eindeutige Warnung in meine Richtung. Also nickte ich nur. Inzwischen hatte ich aufgegeben, mich zu fragen, was ich hier eigentlich sollte. In der tiefe meiner Seele, zerrte etwas sehr schwach, zupfte zaghaft an meinem Herzen. Kurz, dann war das Gefühl verschwunden. „Ich wünsche Euch eine angenehme Nacht, Nelly." Nach einem kurzen Blick in meine Richtung, eilte sie davon. Kopfschüttelnd öffnete ich die Türe, die in mein Schlafzimmer führte und trat ein. Müde rieb ich mir über die Stirn. Das Abendessen war anstrengend gewesen und besonders wohl fühlte ich mich hier auch nicht. Nicht so wohl, wie...ja, wie wo eigentlich? Da war nichts. Ein Loch in meinem Kopf. Im Zimmer war es stockfinster. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie die Sonne untergegangen war. Müde tastete ich mich vor zu meinem Bett. Zu faul, Kerzen anzuzünden. Ich löste dir Schnüre in meinem Rücken, die das Kleid an Ort und Stelle hielten und lies es zu Boden gleiten, dann löste ich meine Frisur, schüttelte meine Mähne. Ein Blick aus dem Fenster lies mich innehalten. Da war kein einziger Stern am Himmel, aber ich entdeckte auch keine Wolken, die selbige vielleicht verdecken könnten. Irritiert trat ich ans Fenster und sah hinaus. Kein Mond, keine Sterne. Sehr seltsam, aber ich war zu müde, um mich weiter Gedanken darüber zu machen. Die Müdigkeit überfiel mich, wie ein Räuber auf der Suche nach Schmuck. Ich schaffte es gerade noch zum Bett, dann fielen mir die Augen zu und ich sackte in einen tiefen, traumlosen Schlaf, aus dem ich erst hochschreckte, als ich hörte, wie jemand meinen Namen rief. Mit klopfenden Herzen lauschte ich in die Dunkelheit meines Zimmers. Doch bis auf das laute Klopfen meines Herzens war es still. Verwirrt lies ich mich auf die Kissen zurück sinken. Die Stimme hatte sich so real angehört, so...vertraut. Aber ich konnte nicht zuordnen, wo her ich die Stimme kannte. Also drehte ich mich auf die Seite und versuchte, wieder einzuschlafen. Aber der Schlaf wollte nicht kommen. Ich wälzte mich auf den Rücken, auf die Seite und wieder auf den Rücken. Stattdessen kreisten meine Gedanken um den Meister. Was verheimlichte er mir noch, außer seinen Namen? Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Als mit schließlich doch wieder die Augen zu fielen, zupfte wieder etwas an meinen Herzen. Das Bild eines Mannes zog durch meinen Kopf, so durchsichtig und schwach, dass ich einfach nicht danach greifen konnte. Dann schlief ich ein weiteres Mal ein.

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