Kapitel 25
Lucian hatte ich jetzt seit fast 4 Monaten nicht mehr gesehen. Ehrlich gesagt fragte ich mich wirklich, was er bitteschön so wichtiges zu tun hatte. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Lucian sich mit irgendwelchen wichtigen Leuten treffen musste. Oder verbreitete er Angst und Schrecken bei den Leuten, in dem er in die Rolle des Teufels schlüpfte? Während ich daheim saß und mich zu Tode langweilte. Ich hatte mir das Leben an der Seite des Teufels auf jeden Fall aufregender vorgestellt und vor allem nicht so einsam. Zudem hatte er mir verboten, das Gelände zu verlassen. Er behandelte mich immer noch mehr wie eine Gefangene. Es war frustrierend. Du wolltest es ja so meldete sich mein verschollenes Unterbewusstsein mal wieder zu Wort. Der Einzige, der meine Laune besserte und der sich ab und zu bei mir blicken ließ, war Lung. Er tollte durch den Garten, als wäre er ein kleines Kätzchen, was nicht selten das reinste Chaos verursachte. Das Mary dann beseitigen musste, da sie der Meinung war, als Prinzessin müsste ich das nicht tun. Obwohl ich mit im Moment ehr vorkam wie die gelangweilte Ehefrau eines reichen Händlers oder so was. Ich hatte alles war ich brauchte, aber meinen Verlobten sah ich so gut wie nie. Ja, Lucian hatte mir an diesem wunderschönen Tag vor 4 Monaten einen Antrag gemacht. Ich lächelte versonnen und drehte an dem goldenen Ring mit dem roten Robin. Er war schön. Allerdings hatten wir uns noch nicht darüber unterhalten, wann wir heiraten wollten. Seufzend legte ich das Buch weg und starrte in die Flammen des Kamins. Inzwischen wurde es nachts schon empfindlich kühl und ich vermisste einen wärmenden Körper neben meinem. Außerdem wurde es so schnell dunkel. Ich hasste diese Jahreszeit. Es würde nicht mehr lange dauern und der erste Schnee würde fallen. Es klopfte an der Tür. "Eure Hoheit? Das Abendessen ist servierbereit." Schon wieder war ein Tag um und ich hatte wieder nichts von Lucian gehört. So langsam machte ich mir ernsthafte Sorgen was eigentlich absurd war. Immerhin war er der Teufel, was sollte ihm schon passieren? "Ich komme" sagte ich, erhob mich aus dem gemütlichen Sessel und strich mein pflaumenlila Kleid glatt.
In der Nacht erwachte ich mit dem Gefühl, beobachtet zu werden. Erschrocken schlug ich die Augen auf und setzte mich hastig auf. Aus der Dunkelheit starrten mich zwei paar grüne Augen an. Es gab nur eine Person mit solch durchdringen grünen Augen. Mit einem kleinen Schrei stürzte ich mich aus dem Bett und in seine Arme. Er war klirrendkalt, aber das war mir egal. "Lucian" schluchzte ich. Erst jetzt merkte ich wie sehr ich ihn eigentlich vermisst hatte. Er drückte mich an sich und hauchte mir einen Kuss auf meinen Scheitel. "Nelly." Dann fanden sich endlich unsere Lippen. Er küsste mich, als würde er großen Durst leiden und ich sei seine Quelle. Seine Zunge stahl sich in meinen Mund und spielte mit meiner. Ehe ich mich versah, lag ich auf dem Rück in dem breiten Bett, Lucian über mir. Ich strich mit meinen Händen über seinen muskulösen Rücken, der sich unter meinen Berührungen anspannte. Seine Hand wanderte unter mein Nachthemd und strich über meine nackte Taille. Ich seufzte leise und dieses kleine Geräusch brachte ihn scheinbar wieder zu Besinnung. Und mich um den Verstand. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal solche Lust für einen Mann empfinden könnte und dann hörte er einfach auf. "Nicht." Er klang gepresst, als spreche er mit sich selber. "Lucian" meine Stimme war heißer vor Verlangen. Er schloss gequält die Augen. "Wir sind noch nicht verheiratet." Ich schnaubte. "Lucian, du bist der Teufel" er zuckte zusammen, als ich das sagte, aber ich fuhr unbeirrt fort "Und machst die Gedanken darüber, dass ich nicht als Jungfrau in die Ehe gehe? Das kannst du mir nicht weiß machen." Um ehrlich zu sein, ich war ein bisschen gekränkt, dass ich nicht annährend so eine große Anziehung auf Lucian ausübte, wie er auf mich. Lucian fuhr sich mit der Hand durch seine ohnehin schon zerzausten Locken. "Darum geht es nicht." "Worum denn dann?" Lucian sah mich an. "Das...kann ich dir nicht erklären. Nicht, solange du noch nicht an mich gebunden bist und noch gehen kannst." Er stand vom Bett auf und tigerte unruhig durch das Zimmer. Ich stand ebenfalls auf und stellte mich vor hin. Er war ein ganzes Stück größer, als ich und ich musste meinen Kopf in den Nacken legen um ihm in die Augen zu sehen. "Dann binde mich doch einfach an mich. Wir sind schon verlobt. Worauf willst du noch warten?" "Das ist nicht so einfach wie du dir das vielleicht vorstellst, Nelly. Es ist nicht wie bei den "normalen" Menschen. Wir können nicht einfach in die Kirche gehen und uns trauen lassen. Wir beide müssen woanders hin und bevor wir dahin gehen, möchte ich sichergehen, dass du dir zu 100% sicher bist was mich angeht." Ich verstand es nicht. Wie sollte ich ihm den noch beweisen, dass ich mir sicher bin. In meinem gesamten, inzwischen 18-jährigen Leben war ich mir einer Sache noch nie so sicher gewesen, wie jetzt. "Ich weiß, was du für mich empfindest. Aber ich bin der Teufel. Für mich gelten andere Regeln und auch wenn es so aussieht, stehe ich noch längst nicht über allem. Ich führe auch nur Befehle aus." Das war mir neu. Es gab also noch eine Person, die über Lucian stand. Er seufzte. "Inzwischen kenn ich dich gut genug, um diesen Blick zu kennen, aber wir sprechen morgen darüber." Es hatte keinen Zweck, mit ihm zu Diskutieren. Diese Erfahrung hatte ich bereits gemacht. Deshalb nickte ich nur. "Geh ins Bett. Ich komme nach." Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn und verließ mein Zimmer.
Ich fuhr hoch, als ich ein lautes Krachen hörte. Mit keuchendem Atem saß ich stocksteif in meinem Bett. Lucian war noch nicht da wie ich mit einem Blick auf die Bettseite neben mir registrierte. Wieder ein Krachen gefolgt von einem Fluch der kurz darauf in ein schmerzerfülltes Stöhnen überging. Dann plötzlich wurde es still. Das Einzige was ich noch hörte, war mein eigener dröhnender Herzschlag. Obwohl alles in mir schrie im Bett zu bleiben und bis morgen zu warten schwang ich die Beine aus dem Bett. Diesmal lag der Höllenhund nicht davor. Ich tapste Barfuß zur Tür und öffnete sie einen Spaltbreit. Im Flur war es dunkel. Nur der Vollmond spendete ein schummriges Licht. Ich schlüpfte durch den geöffneten Spalt und tastete mich vorsichtig den Gang entlang. Ein komischer Geruch lag in der Luft. Es roch nach Fäulnis und Moder. Mein Magen machte einen kleinen Hüpfer und ich presste meine Hand dagegen, um ihn an Ort und Stelle zurück zu drängen. Je näher ich der großen Holztür kam, desto stärker wurde der widerliche Gestank. Ich drückte mir eine Hand an die Nase und atmete flach durch den Mund. Die Türe war ein spaltbreit offen, gerad große genug, dass ich hindurch schlüpfen konnte. Der Gestank war hier so intensiv, dass ich einen Schritt zurück taumelte und ein kleines Würgen nicht unterdrücken konnte. Unter der Brücke brodelte es gefährlich und die roten Adern schienen den Boden beinahe zu sprengen. Doch das alles nahm ich gar nicht war. Für mich zählte nur die Gestalt, die sich gerade wieder leise stöhnend zu regen begann: Lucian.
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