Kapitel 22
Als ich wieder zu mir kam, tat mir alles weh. Ich konnte nicht einordnen woher der Schmerz kam und zu meinem Entsetzten musste ich feststellen, dass ich mich nicht bewegen konnte. Ich blickte nach oben. Meine Arme waren gestreckt und über meinem Kopf mit eisernen Ketten festgemacht. Ich sah an mir herunter. Mein Kleid hin nur noch in Fetzen an mir. Benommen registrierte ich, dass es stockdunkel war. Langsam schlich sich kalte Angst in meinen Körper. Wo war ich hier? Ich konnte mich an nichts erinnern. Ich versuchte meine Arme zu bewegen und stöhnte gleich vor Schmerzen auf. Meine Arme brannten wie Feuer und ich merkte wie mein Schlüsselbein an einen andern Knochen stieß. Heiße Tränen traten in meine Augen. Aber ich verbat mir zu weinen. Wer oder was auch immer mich hier festhielt sollte mich nicht gebrochen sehen. Plötzlich nahm ich ein schwaches Leuchten war, das näher kam. Inzwischen hatten sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt und ich erkannte, dass ich in einer Zelle war. Ohne Türe wie ich feststellte. Ein schmaler Körper schob sich in die Zelle. Sofort wurde der Raum wie von durch Zauberei hell erleuchtete. Mit einem kleinen Stöhnen kniff ich die Augen zu. Es war zu hell. "Sieh an, unsere Prinzessin ist wach." Eine melodische und eindeutig weibliche Stimme hallte durch die Zelle. "Bitte entschuldigen Sie ihre Unterkunft, aber im Moment ist das hier das Beste für Sie, Prinzessin." Warum Prinzessin? Ich war ein einfaches Mädchen vom Land. "Da muss eine Verwechslung vorliegen. Ich bin keine Prinzessin. Sie wollten bestimmt jemand andern haben" Murmelte ich und öffnete vorsichtig meine Augen. Das Licht war nicht mehr ganz so hell. Etwa einen Meter von mir entfernt stand eine zierliche kleine Frau, fast noch ein Mädchen. Ihr Gesicht wurde von zwei riesigen, dunkel blauen Augen dominiert. An ihrer Seite stand ein Höllenhund. Vor Schreck krabbelte ich noch ein Stück enger an die Wand. Doch das Vieh sah gar nicht so aus, als wolle es mich gleich zerfleischen. Es wedelte sogar mit dem unförmigen Schwanz, wie ein gewöhnlicher Hund. Ich schauderte. "Sie erkennen Euch." Die Stimme des Mädchens war fast nur ein Flüstern. "Wer erkennt mich?" "Die Höllenhunde. Sie erkennen Euch als ihre Prinzessin." Wo war ich hier nur gelandet? "Ich versteh das nicht" sagte ich verzweifelt. "Ich bin keine Prinzessin. Ich bin ein normales Landmädchen. Kette mich los und sucht eure Prinzessin." Das Mädchen schüttelte den Kopf. "Es steht in der Prophezeiung." Mit diesen Worten drehte sie sich um, pfiff nach dem Höllenhund und verschwand so plötzlich wie sie gekommen war.
Jetzt konnte ich nicht mehr an mich halten und ließ meinen Tränen freien Lauf. Erst das mit Lucian und jetzt bin ich hier angekettet wie ein Hund in einer Zelle und ein verrücktes Mädchen erklärt mir ich sei eine Prinzessin. Das musste ein Albtraum sein. Bestimmt würde gleich Mutter reinkommen und mich wecken. Aber nichts dergleichen geschah. Dafür hörte ich immer wieder diese gurgelnden Geräusche vor der Tür und hin und wieder sah ich die Umrisse eines Höllenhundes. Inzwischen meldete sich mein Magen und meine Kehle war so trocken, dass mir das schlucken schwer viel. Gerade als ich dachte ich würde verhungern oder verdursten wurde es hell in der Zelle und das Mädchen stand wieder vor mir. In der einen Hand hielt es ein Tablett mit Essen und in der anderen einen Krug. "Hier ist etwas zu esse für Sie." Sie stellte das Tablett und den Krug vor mich hin. "Und wie soll ich bitte essen? Ich bin hier festgemacht." Zur Bekräftigung meiner Worte zog ich einmal kräftig an meine Fesseln. Ein Fehler, den sofort schoss ein scharfer Schmerz in meine Schulter und mir wurde beinahe schwarz vor Augen. Das Mädchen runzelte die Stirn und schnippte einmal mit dem Finger. Sofort lösten sich die Fesseln und ich fiel unsanft auf den Hintern. Stöhnend hielt ich mir meine Schulter. "Es tut mir wirklich alles sehr leid, aber das muss sein, Prinzessin." Sie sah beinahe schon verzweifelt aus. "Verdammte, lass mich einfach gehen!" schrie ich. Sie zuckte nicht einmal zusammen. "Das geht nicht. Und jetzt haltet Still, damit ich Ihre Schulter richten kann."
Die Prozedur des Einränkens bekam ich nicht mehr mit, da ich das Bewusstsein verlor. Als ich wieder zu mir kam lag ich in einem großen, sehr bequemen Bett. Ein dumpfer Schmerz war in meiner Schulter zu spüren. Der Arm lag in einer Schlinge. Ich setzte mich vorsichtig auf. Auf dem Tischchen neben mir stand ein Tablett mit Brot, Käse und einigen Scheiben Braten. Daneben ein Krug mit Wasser. In diesem Moment knurrte meine Magen so fordernd, dass ich zusammenzuckte. Ich schob mir eine Stückchen Brot in den Mund. Es schmeckte gut. Das Wasser trank ich, ganz undamenhaft, direkt aus dem Krug.
Nach dem ich gegessen hatte und satt war, schwang ich langsam die Beine aus dem Bett. Meine Zehen streiften etwas Weiches. Ich schrie leise auf und zog meine Füße zurück ins Bett. Vor meinem Bett lag ein Höllenhund. Schlafend. Ich betrachtete ihn genauer. Jetzt im Licht sah er nicht mehr ganz so schrecklich und ekelig aus. Der Kopf war zwar knochig, aber es wirkte nicht mehr ganz so unheimlich. Auch der Körper wirkte genährter. Das Ding sah mehr aus, wie ein Windhund. Auch auf dem Schloss hatte ich solche Tiere gesehen. Der Höllenhund grummelte und drehte sie auf die Seite, alle Viere von sich gestreckt. Ein leises Klopfen an der Tür ließ das Tier den Kopf heben. Ein leises Knurren drang aus seiner Kehle. Aber er entspannte sich sofort, als das Mädchen ihren schmalen Körper durch die Tür schob. "Gut, Ihr seid wach." Sie tippelte auf einen Schrank zu, der mir vorhin noch gar nicht aufgefallen war und öffnet ihn. "Wie heißt du eigentlich?" fragte ich das Mädchen. "Mary" sagte sie. Ich zuckte zusammen. Was es Zufall, dass sie wie meine Schwester hieß. Ich schaute sie mir genauer an, konnte aber keinerlei Ähnlichkeit mit meiner Schwester feststellen und ich musste zugeben, dass mich das enttäuschte. "Ist Das Kleid für Euch in Ordnung?" Mary hielt ein wunderschönes nachtblaues Kleid in die Höhe. Ich nickte nur. Sie half mir aus dem Bett und beim Ankleiden. Meine Haare ließ ich offen. Das war eine Freiheit, die ich mir hier nehmen konnte. "Wir werden Euren Gemahl heute her bringen" meinte Mary beiläufig. Ich wirbelte herum. "Wie bitte?" "Na ja, Lin hat euch zusammen gesehen." Sie deutet auf den Höllenhund, der vor meinem Bett lag. Aha, also eine "Sie". "Wie gesehen? Wir sind nur Freunde, nicht mehr." Es gelang mir nicht ganz, die Verbitterung aus meiner Stimme zu verbannen. "Nein, nein, er liebt Euch. Das hat Lin mir berichtet." Die Ohren des Tiers bewegten sich leicht, bei der Erwähnung ihres Namens. "Also, ist er Euer Gemahl. Er wird heute Mittag hier eintreffen." Mit einem kleinen Knicks verschwand Mary aus meinem Zimmer. Ich ging zu meinem Bett und ließ mich darauf sinken. Wo war ich hier nur hingeraten? War ich tatsächlich in der Unterwelt? Aber dafür war es zu hell. Draußen schien zwar keine Sonne, aber es war auch nicht so, wie man es sich in der Hölle vorstellte. Erschöpft und mit zunehmend schmerzenden Arm ließ ich mich auf das Bett zurück fallen. Er würd mich hassen, war mein letzter Gedanke, bevor ich wieder einschlief.
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