Kapitel 15
Wie schon vor einer Woche führte Lucian mich durch die endlosen Gänge zum Ballsaal. "Wie lange dauert das noch?" quengelte ich gespielt. Lucian schmunzelte. "Wir müssen ein Stück weiter gehen. Der Ballsaal liegt ein Stück weiter im Schloss drinnen." Nach 15 Minuten hatten wir es dann endlich geschafft. Ich klammerte mich fester an Lucians Arm. Ich war nervös. Würde man mir ansehen, dass ich diejenige war, die am Erntefest als Bedienstete geholfen hatte? Das würde der Gerüchteküche mächtig einheizen. Ich sah es schon vor mir wie sie sich über Lucian das Maul zerreißen werden. Ich hielt ihn zurück. "Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist? Ich mein, erst war ich hier als Bedienstete und jetzt bin ich als deine Begleitung beim Ball? Die zerreißen sich doch das Maul über dich und..." Lucian stoppte meinen Redeschwall in dem er mich einfach weiterzog und sagte "Weißt du, über mich hat man schon so oft getratscht, da kommt es auf das eine Mal hier auch nicht mehr an." Dann zog er mich in den Ballsaal. Ich war überwältigt. Schon oft hatte ich mir ausgemalt, wie es wohl auf einem Ball sein würde. Doch das hier übertraf alle meine Vorstellungen. Es sah noch Prachtvoller aus, als beim Erntefest und der Saal war riesig. Mein Dorf hätte hier mehr als 20 Mal reingepasst und insgeheim fragte ich mich wieso man diesen Raum von draußen nicht einmal erahnen konnte. Mit jedem Schritt, den ich neben Lucian herging fühlte ich mich sicherer und vor allem schöner. Ich stand mit meinem Kleid den Kleidern der anderen Frauen in nichts nach. "Ich würde dir empfehlen den Mund wieder zu schließen, Prinzessin. Nicht das da noch was reinfliegt." Raunte Lucian mir ins Ohr und drückte mit seinem Daumen sanft gegen mein Kinn um meinen Mund zu schließen. Ich wurde rot. Ich hatte es gar nicht bemerkt. Die Damen in ihren prächtigen Kleidern verschlangen Lucian förmlich mit ihren Blicken. Obwohl er längst nicht so farbenprächtig gekleidet war, wie die andern Herren. Vielleicht auch gerade deswegen. In mir wuchs die Eifersucht, doch ich versuchte sie, im Zaum zu halten. Was führst du dich eigentlich so auf? Ihr seid kein Paar. Zumindest hat Lucian nicht gefragt. Du bist nur sein hübsches Anhängsel zischte mein Unterbewusstsein gehässig. Es sollte endlich die Klappe halten. Eine Bewegung an der Decke riss mich aus meinem inneren Disput. Zwei prächtige Feuervögel segelten über uns. Mir war gar nicht aufgefallen wie hoch der Saal war. Er musste ohne jeden Zweifel sehr hoch seon, sonst könnten unmöglich gleich zwei von diesen großen und wunderschönen Vögeln da oben fliegen. Ihr Gefieder glänzte in allen möglichen Rot und Organe Tönen. Natürlich hatte ich schon oft von diesen Vögeln gehört sie jedoch nie so nahe gesehen. Soweit ich wusste waren sie eigentlich so gut wie ausgestorben. Ich wollte Lucian fragen warum die Vögel da oben flogen, doch als ich mich zu ihm umdrehte merkte ich, dass er gar nicht mehr neben mir stand. Mein Arm hing in der Luft immer noch in der gleichen Haltung, in der er zuvor auf seinem Arm lag. Das musste ziemlich dämlich aussehen. Schnell nahm ich den Arm runter und blickte mich suchend nach Lucian um. Ich entdeckte ihn ein paar Meter von mir entfernt umringt von einem bunten Haufen. Beim Nähren hinsehen erkannte ich bestimmt 20 Damen. Eine farbenprächtiger als die andere. Tja, da hatte es wohl auch nichts gebracht, dass er eine Weste in der Farbe meines Kleides anhatte. Ich wurde wütend. Gleichzeitig war ich aber auch enttäuscht. Mein erster Ball und gleich so was. Als ich mich umdrehte um alleine im Saal zu flanieren, stieß ich mit einem sehr muskulösen Mann zusammen. Mit einem gereizten Zischen drehte er sich um. Eingeschüchtert von seiner Reaktion stammelte ich schnell eine Entschuldigung und sah zu Boden. Ich spürte wie der Blick meines Gegenübers über mich glitt. Ihm schien zu gefallen, was er sah. "Oh nein, ich bitte um Entschuldigung." Die Stimme der Person war tief und hatte einen eigenartigen Akzent, den ich nicht einordnen konnte. Mutig hob ich meinen Blick. Vor mir stand ein junger, gutaussehender Mann mit blonden Locken und braunen Augen. "Seid Ihr hier ganz alleine?" fragte er und hob eine Augenbraue. "Nein, eigentlich nicht. Mein Begleiter ist gerade nur...beschäftigt." Ich warf einen bösen Blick in die Richtung, in der ich Lucian vermutete. Sehen konnte ich ihn nicht mehr. Dafür war der bunte Haufen um ihm einfach zu groß geworden. Grund Gütiger, soooo gut sah er nun auch wieder nicht aus. Kurz glaubte ich ein gieriges Funkeln im Blick des Fremden vor mir zu sehen. "Das verstehe ich nicht. Wie kann man Euch hier allein stehen lassen? So eine Schönheit würde ich nicht aus den Augen lassen. Frauen ohne männliche Begleitung werden hier oft als Freiwild angesehen." Das hatte ich bereits bemerkt. "Dürfte ich vielleicht auch Euren Namen wiesen?" fragte der Mann. "Nelly" sagte ich schlicht. "Nur Nelly?" fragte er. Ich nickte. Gerade als ich ansetzte um ihn nach seinem Namen zu fragen, spielte die Musik und der Fremde zog mich einfach auf die Tanzfläche, ohne zu fragen ob ich überhaupt tanzen wollte.
"Ihr tanzt gut" säuselte er mir nach der dritten Runde ins Ohr. Ich errötete wieder und strahlte in einfach an. Gerade als er mich in eine Figur führen wollte trat Lucian neben mich. "Dave" sagte er kalt. "Lucian" antwortet der Andere. "Darf ich fragen, was du mit meiner Partnerin machst?" Ach, jetzt war ich plötzlich wieder seine Partnerin. "Da du beschäftig warst, habe ich es als meine Pflicht gesehen mit ihr zu tanzen." Ich spürte förmlich wie ein Wirbel aus Testosteron und Machogehabe um mich wirbelte. Ich hasste es, wenn man von mir sprach, als wäre ich gar nicht da. "Lucian, du warst beschäftig" warf ich ein. "Und ich wollte nicht stören." Er ignoriert mich vollkommen und zog mich hinter sich. "Sie gehört mir, vergiss das nicht, Dave" knurrte Lucian. Jetzt reichte es aber! Der Fremde, jetzt mit Namen, sah mich noch einmal kurz an und deutete eine Verbeugung in meine Richtung an. Dann drehte er sich um und ging.
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