45 - Prinzessin. Prinzessin.

Tamara starrte auf das Gemälde das sie mitgebracht hatte. Das Gemälde von den Zwillingen. Es lehnte in voller Lebensgröße gegenüber dem Kamin, wo Natascha sich die Hände wärmte. Sie ließ ihren Blick zu Kyle und Marvin schweifen die sich an einen kleineren Tisch gegenüber saßen und "Die Verflixte Vier" spielten. Sie hatte Marvin in der Schule für einige Tage entschuldigt und ihn dann kurz nachdem sie hier angekommen waren, geholt. Er wusste das hier etwas nicht stimmte und sie hatte ihm auch schon ein wenig erklärt, soviel wie nötig. Er wusste das sie Vampyr waren und er wusste auch das sein Bruder und Alice noch mehr anders waren, als sie. Sie beobachtet Kyle sah wie seine Hand zur Schläfe glitt und sie zu massieren begann. Marvin sah auf und seinen Bruder vorwurfsvoll an. "Du hast schon wieder verloren!" schimpfte er auf Englisch "Das machst du mit Absicht!"

Kyle sah gequält drein. "Das würd ich ja gern behaupten, Kumpel, aber das wär gelogen!" er zerwuschelte ihm die Haare und Marvin seufzte. "Okay, dann noch mal und diesmal strengst du dich wirklich an!"

Tamara schmunzelte und sah dann zu den Jungs die sich auf der Couch lümmelten und ein Fußballspiel angeschaltet hatten, welches jetzt in den Hintergrund gerückt schien. Um ihren Lippen lag ebenfalls ein Schmunzel. Ihre Augen verfolgten interessiert das Geschehen. Tamara spürte ganz genau das sie sich wohlfühlten, das sie Freude an diesen einfachen Beisammen sein hatten. Und das freute sie.

Das Leben als Vampyr war nicht einfach, auch wenn man unsterblich war. Die Unsterblichkeit war Gabe und Fluch zugleich. In den Leben als Vampyr erschien es einem meist als Fluch. Als Vampyr war man einsam. Die Alten ganz besonders. Neal, Markus, Richard, Zinjo, Paul und Tom. Sie alle hatten ihre eigene Geschichte, ihre eigenen Quallen, die sie durchs Leben schleppten und jeder kämpfte ums überleben, obwohl sie dessen die meiste Zeit überdrüssig waren. Sie waren allein, hatten ihre Familien verloren. Durch die Zeit oder weil sie verstoßen worden waren, da sie „blutsaugende Ungeheuer" waren. Tamara wusste das sie in solchen Momenten wie diesen vergaßen das sie allein waren, das sie Vampyre waren, das niemand auf sie zuhause warten würde und sie war froh darüber. Sie hatten nur sich selbst, Tamara und ihre Geschwister und sie würden auch immer zusammenhalten. Sie und ihre Brüder hatten es in der Hinsicht leichter gehabt. Sie hatten immer gewusst das sie für einander da sein würden. Außer Alexandr. Auch wenn sie sich mit ihm fast noch besser verstand als mit Stepan, war Alexandr doch immer einsam gewesen. Sie hatte sich bemüht diese Einsamkeit zu vertreiben, doch hatte sie genau gewusst das es nichts bringen würde. Alexandr war zu sensibel. Sie wusste das er sich immer eine Familie gewünscht hatte. Eine Frau, die ihn mit strahlenden Augen ansah und Kinder die zu ihm aufblickt und sein Haus mit Lachen füllten. Und dann war er zum Vampyr geworden und damit hatte man auch all seine Hoffnungen auf die Erfüllung dieses Wunsches zerstört.

Irgendwann hatte Tamara eingesehen das sie ihren Bruder nicht aus der Einsamkeit ziehen konnte und das die einzige Chance ihn vor den Selbstmord zu bewahren, darin bestand ihm eine Aufgabe nach der anderen aufzuhalsen. Und es hatte geklappt bis jetzt. Und jetzt? Jetzt hatte er Alice. Jetzt war sein Wunsch war. Tamara hatte gesehen wie Alexandr sie anschaute und sie hatte auch gesehen wie Alice ihn ansah. Und sie hatte gesehen wie Alice sich vor ihm geworfen hatte um sein Leben zu retten. Das was die beiden verband war Liebe und ging sogar noch weit darüber hinaus. Sie wusste es instinktiv. Alice war die richtige für ihn und die einzige.

Trotzdem wollte sie mehr über Alice und auch über Kyle erfahren. Die Geschehnisse auf der Insel ließen sich nicht einfach so vergessen. Kyle gebot über das Wasser und Alice über das Feuer, wenn die beiden einmal die Kontrolle über sich oder die Fähigkeiten verloren, konnten sie zusammen alles und jeden zerstören. Wer hätte sie schon aufhalten können?

Tamara hatte wissbegierig wie sie war, gemeinsam mit Luca fast das komplette Schloss auf den Kopf gestellt um mehr über die beiden herauszufinden. Sie hatte zahlreiche Fotos von Gemälden mit den beiden und auch anderen Familienmitgliedern gemacht. Hatte zahlreiche Kopien von uralten Schriften gezogen und einige Bücher mitgenommen die ihr wichtig erschienen. Das einzige Manko: Viele der Texte waren in dieser hochkomplexen Schriftform verfasst, die sie nur einmal zuvor schon gesehen hatte. Jedoch hatte sie sich nie die Mühe gemacht sie zu lernen, sodass sie nun beim entziffern dieser Schriften nur sehr langsam voran kam. Alice und Kyle würden ihr nachher Rede und Antwort stehen müssen. Auch wenn sie sich für ihren Bruder freute, aber ohne eine sehr, sehr ausführliche Erklärung kamen sie nicht davon.

Stepan tauchte mitten im Zimmer auf. Im gleichen Moment hörte sie seinen Schmerzens Schrei. Sofort waren alle aufgesprungen und bereit ihm zu helfen.

Stepan fing an zu fluchen und wüst zu schimpfen und schüttelte seinen Arm an dem ein schwarzer Windhund sich festgebissen hatte und ihn anknurrte.

"Nimm diese verdammte Hundetö..." er wurde unterbrochen von einen leisen erstaunten Ausruf der von der Tür kam."Damon!" Sofort als er Alice Stimme hörte ließ der Hund los und sprang auf sie zu. Alexandr wollte sie hinter sich schieben, doch sie entzog sich einfach seiner Hand und kniete sich ungeachtet Alexandrs Proteste hin. Damon stellte seine vordere Pfoten auf ihre Oberschenkel, und schleckte ihr übers ganze Gesicht.

"Hey, lass!" sie strich über seinen schönes glattes Fell und bemerkte mit Bestürzung das er noch dünner geworden war.

Kate, die bis gerade eben noch ruhig auf Marvins Schoß geschlafen hatte sprang auf und rutschte über das Laminat stürzend auf sie zu. Sie prallte voller Schwung gegen Damon, der auch einige Zentimeter rutschte und zusammen lagen sie wie ein Hundeknäul auf den Boden. Alle bis auf Stepan lachten.

"Diese Töle gehört dir?!" fragte er. Immer noch auf Knien sah sie in sein wutentbranntes Gesicht das Alexandr bis aufs Haar glich. Bloß die Augen, dachte sie, sind heller als Alexandrs Augen.

Sie bemerkte wie Alexandr sich näher an sie heran schob, eine Warnung an Stepan und spürte über die mentale Verbindung seine innere Anspannung. Er würde seinen eigenen Bruder an die Kehle gehen. Diese Erkenntnis erschreckte sie zutiefst. Schnell erhob sie sich und stellte sich vor Alexandr, so dicht das sie seine Körperwärme im Rücken fühlen konnte.

"Ich weiß nicht, wem er gehört! Ich bin ihm neulich im Park begegnet. Er war herrenlos." antwortete sie ruhig.

"Warum ist das Vieh dann so auf dich fixiert, das es mich beißt wenn ich ein paar Klamotten hole?" fragte er und sah demonstrativ zu der aufgerissenen Wunde an seinen Arm, die nun zuheilen begann.

Alice zuckte mit den Schultern und erklärte dann immer noch ruhig "Sie heilt ja wieder!"

Stepan schnaubte drückte seinen Bruder einen Koffer in die Hand. "Als Tamara Marvin geholt hat, sah sie Vampyre vor dem Haus sitzen" teilte er im leise mit sodass es Marvin nicht hören konnte. "Ich denke es ist besser wenn ihr vorerst hier bleibt bis wir Traver unschädlich gemacht haben!"

Alexandr nickte "Danke Bruder!"

Stepan musterte seinen Bruder und Alice einen Moment lang. Alexandr hatte von hinten besitzergreifend einen Arm um ihre Taille geschlungen und sie schmiegte sich an ihn. "Ich hatte recht" wandte sich Stepan an Alice "oder Prinzessin?"

Sie knirschte mit den Zähnen und dachte an den Abend zurück, als Stepan sie zum Tanz aufgefordert hatte.

...Sie tanzten über die Tanzfläche und flirteten leicht miteinander. Aus dem Augenwinkel sah sie wie ihr Bruder sich von der Frau lossagte mit der er gerade tanzte, um auf sie zuzukommen. Sir Alexandr musste es auch bemerkt haben, denn er führte sie noch einmal in eine schwungvolle Drehung und verbeugte sich dann leicht vor ihr. "Ihr seid zwar nicht ganz mein Geschmack, Prinzessin, aber ich glaube für meinen Bruder wärt ihr genau die Richtige!" mit diesen Worten ließ er ihre Hand los und verschwand in der Menge. Sie sah ihn zornentbrannt nach. Was für eine Frechheit...

"Ja!"

"Ihr schuldet mir einen Anzug, Prinzessin!"

Alice schnaubte. „Doch nicht etwa, weil ich ihn ein wenig angesengt habe?" fragte sie mit Unschuldsmine und fügte dann noch hinzu „...Sir Alexandr Drakon!"

Stepan lachte und machte eine formvollendete Verbeugung. „Wenn sie mich jetzt entschuldigen, Prinzessin."

Alice lachte mit ihm.

Stepan machte eine abwinkende Geste und verschwand in die Küche.

Alice ließ ihren Blick durch den Raum gleiten und sah die Männer die bei ihrer Rettung geholfen hatten. Alexandr stellte sie der ganzen Mannschaft vor, alle musterten sie, sie fragten wie es ihr ging. Natascha lächelte sie an und sie erwiderte das Lächeln. Dann kam Marvin zu ihr und sah sie verzweifelt an. "Sag mal Alice, kannst du besser spielen als Kyle?" fragte er sie und allgemeines Gelächter brach aus. Alice zerwuschelte ihm die Haare. „Gegen so einen geschickten Spieler wie dich werde ich wohl kaum eine Chance haben!" antwortete sie. „Wir können das ja mal testen, aber nicht heute. Ich muss noch etwas mit unserem Bruder klären."

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