21 - Offenbarungen
Alexandr schlenderte den Parkweg entlang. Für die Menschen um ihn herum musste es so aussehen als würde er bloß wahllos seine Wege gehen, doch er folgte Alice' Geruch. Er hatte sie heute noch nicht gesehen, da er die Schule für einen Tag hatte sausen lassen. Tamara, Stepan und er hatten sich noch einmal zusammengesetzt und das ausgewertet was sie gestern gefunden hatten. Berauschend war das Ergebnis nicht gewesen. Aber sie waren auch noch nicht fertig. Er hatte noch nicht alles zu Papier gebracht was er in seinem Kopf abgespeichert hatte. Tamara hatte angefangen die alten Schriften zu übersetzen und Stepan setzte sich mit den Bauplänen auseinander. Er selbst zeichnete alles auf und versuchte ihre Wanzen und Kameras zum laufen zu bringen, ohne Erfolg. Irgendwo musste ein Störsignal sein. Ihre Begeisterung hielt sich dementsprechend in Grenzen. Sie wussten zwar mit hundertprozentiger Gewissheit das Traver und seine Bande die Morde an den Kindern in England begannen hatten und auch die in Frankreich, doch Beweise die den Tod von Traver gerechtfertigt hätten, hatten sie noch nicht gefunden. Das hieß, das sie offiziell ihn nicht umbringen durften. Aber inoffiziell wusste jeder das Kleopatra, die Königin der Vampyre nichts gegen den spurlosen Verbleib von Traver hatte, da sie ihn als Bedrohung ansah. Somit würde man zwar pflichtgemäß dem Verbleib nachgehen, aber nicht mit der Genauigkeit, die erforderlich wäre.
Er sah Alice. Sie war mit Marvin und Kate in den Park gegangen und nun spielten sie alle drei mit einer Frisbee. Er sah ihnen zu. Sah wie Alice lachend den Kopf zurückwarf und genoss den Schauer der ihm bei diesen suchterregenden Geräusch durchrieselte.
Sie und Kyle waren erst spät in der Nacht wieder gekommen und er wusste bis jetzt noch nicht, was sie gemacht hatten und wo sie waren. Nur die Sache das er wusste, dass sie bei Kyle war hatte ihn beruhigt. Schlafen konnte er trotzdem nicht. Erst als er hörte wie die Garage auf ging und wenig später Kyle und Alice hörte, die sich lachend von einander verabschiedeten. Er hörte die Türen und dann war es für ein paar Momente still, bevor er das Rauschen der Duschen vernahm. Noch jetzt musste er bei der Erinnerung daran den Kopf schütteln. Die beiden taten alles zur gleichen Zeit. Ohne das sie es wussten. Sie waren so gleich und doch so verschieden. Und sie hingen sehr aneinander. Das Band zwischen ihnen würde niemand zertrennen können.
Und das wollte er auch nicht. Nein! Er wollte sie. Er wollte sie die seine nennen können. Er hatte sich in sie verliebt. Er kannte sie nicht lange und doch war er sich vollkommen und ohne jeglichen Zweifel sicher. Sie war sein. Er würde sie bekommen. Sie war für ihn allein geschaffen, sie würde an seiner Seite sein, unter ihm liegen, in seinen Armen zum Leben erwachen und in Stücke zerspringen. Sie passte in jeder Hinsicht zu ihm, sie hatte es bloß noch nicht akzeptiert. Er hatte ja selbst fast zwei Tage gebraucht um es zu akzeptieren nachdem er es wusste, was er fühlt. Er musste mit ihr Sprechen. Allein.
Er sah sich im Park um. Da hinten spielten ein paar Jungs Fußball die ungefähr Marvins Altersklasse waren. Unauffällig drang er in dem Geist des einen Jungens ein und machte ihn auf Marvin aufmerksam. Es dauerte keine fünf Minuten, da kam der Junge auch schon zu Marvin gerannt und fragte ob er mit ihnen Fußball spielen wollte. Marvin lehnte natürlich nicht ab und ging mit zu den Jungs, so dass Kate ihm traurig hinter her sah.
"Er kommt doch wieder!" bemerkte Alice lachend als auch sie den Blick sah. Alexandr trat von hinten an sie heran und legte ihr die Hand in den Nacken. Sie zuckte nicht zusammen und erstarrte auch nicht, obwohl er hätte meinen können kein Laut gemacht zu haben der seine Anwesenheit verraten hatte. Er zog leicht an ihr und ohne Scheu folgte sie seiner Bewegung. Beugte sich soweit zurück das sie sich an ihn lehnen musste um nicht zu fallen.
Er küsste ihre roten Lippen, die sich bereitwillig für ihn öffneten und genoss ihren Geschmack. Unschuldig und süß.
"Wo wart ihr gestern?" fragte er wie neben bei, während er mit seinen Fingern federleicht über ihr Schlüsselbein strich, bevor er sie wiederwillig los ließ.
"Bei Kyle zuhause!" antwortete sie noch vollkommen verwirrt und außer Atem von dem Kuss und seinen hauchzarten Berührungen.
"Bei Kyle zuhause, in England?" hakte er verwirrt nach und legte ihr einen Arm um die Taille, nachdem sie Kate an die Leine gemacht hatte.
"Ja!"
"Dann weißt du..." sie unterbrach ihn einfach.
"...das ihr Vampyre seid. Ja! Kyle hat es mir mehr oder weniger freiwillig erzählt, als ich Traver begegnet bin!" erklärte sie.
Blitzschnell drehte er sich um und packte sie an den Armen und sah ihr prüfend ins Gesicht. "Du bist Traver begegnet? Wann?"
Sie biss sich von innen auf die Wange und wandte den Blick ab. Warum musste sie auch so viel plaudern? Kyle hatte es ihm nicht ohne Grund nicht erzählt. "Am Montag!" antwortet sie und sah ihn wieder an.
"Er hat nichts gesagt? Nichts gemacht?" fragte Alexandr und ging wieder mit ihr weiter.
"Naja, er hat was gesagt mit "Ich werde dich holen" und "Du wirst mir dienen" und so'nen Schwachsinn. Danach ist er verschwunden!"
"Dieser elende Hurensohn, ich werde ihn vierteilen!" fluchte Alexandr und legte seinen Arm instinktiv fester um Alice.
"Lass das Kyle machen, Traver hat seine Eltern umgebracht!" bemerkte sie. Sie setzte ihr volles Vertrauen in Kyles Fähigkeiten. Instinktiv wusste sie das er ein großartiger Kämpfer war und zweifelte nicht daran das Kyle Traver würde schlagen können.
Und wie ich das werde. Versicherte ihr Kyle. Sie verdrehte die Augen. Nicht einmal wenn er Sport machte konnte er es sein lassen. Privatsphäre! Sagt dir das was? Sie war nicht wirklich böse, sie wusste schließlich wie schwer es war sich zurück zuhalten. Aber manchmal konnte es anstrengend und nervig sein. Du mich auch. Lachte Kyle sie aus, als Erwiderung ihrer Gedanken, wurde dann aber wieder ernst, mehr oder weniger. Ich bin ja schon ganz lieb und halt meine Gedanken im Zaum, bis zum nächsten Mal.
Alice hatte dafür nur ein Wort übrig. Idiot.
"Das hat er dir auch erzählt?" fragte Alexandr verwundert und ging nicht drauf ein das sie für einen Moment nicht ganz da war.
"Als er Traver durch meine Augen gesehen hat sind ihm die Erinnerung an die Folter überkommen." ihren Körper überliefen kleine Schauer des Grauens als sie daran dachte "ich habe sie auch gesehen und dann habe ich auch dich gesehen wie du ihn gerettet hast!" sie drehte sich zu ihm um. "Danke!"
Es war zwar nur ein Wort, aber damit drückte sie ihm ihre ganze Dankbarkeit aus. So wie sie es sagte ... Alexandr hörte die Worte dahinter und verstand auch die Bedeutung, die sie nicht in Worte fassen konnte, die aber der Ton dieses einen Wortes und auch der Blick ihrer Augen ihm verrieten. Alexandr biss die Zähne zusammen als er daran dachte, was damals in den alten Stall passiert war.
Sie hauchte zarte Küsse auf seinen Mundwinkel und neckte ihn. Mit Mühe riss er sich los und fragte die Frage, die ihm immer wieder abgelenkt hatte. "Dann stört es dich nicht das ich ein Vampyre bin ... und dein Bruder?"
"Nein, warum sollte es?" fragte sie und klang fast so als habe er sie mit der Frage beleidigt. "Du bist nicht so wie Traver und Kyle ist es auch nicht. Nicht was du bist, ist was dich ausmacht, sondern wie du es bist!"
"Aber ich habe auch schon gemordet, ich habe auch schon gefoltert!" gestand er und wartet mit angehalten Atem auf ihre Reaktion.
"Und warum hast du es getan? Weil es dir Spaß macht oder weil sie deiner Familie und dir geschadet haben?" Sie tat seine Handlungen einfach mit dieser Frage ab und erwartete keine Antwort.
"Aus Spaß habe ich nicht getötet wie Traver, der in England fast eine gesamte Schulklasse abgeschlachtet hat, aber manchmal habe ich einfach wegen eines Auftrages getötet!" antwortete er trotzdem, denn er wollte klare Verhältnisse schaffen.
"Du hast damit aber anderen Menschen geholfen!"
"Verdammt nochmal, das kannst du gar nicht wissen!" stritt er heftig ab.
Sie blieb mit ihm zusammen stehen und drehte sich langsam um. "Warum willst du unbedingt das ich dich für ein Monster halte?" fuhr sie ihn an "Ich weiß verdammt noch mal nicht woher ich weiß, dass du sowas nicht getan hast und auch nie tun würdest, aber ich weiß es halt!" sie ging weiter ohne auf ihn zu warten.
Er holte sie schnell mit seinen langen Schritten ein und wirbelte sie herum "Weil das der einzige Grund wäre, denn ich für ein Nein als Antwort auf meine Frage akzeptieren würde! Ich will dass du genau weißt, mit wem du es zutun hast." er sah sie eindringlich an "Ich bin über fünfhundert Jahre alt, komme aus Russland, habe zwei noch lebende Geschwister die genau wie ich als Chasseure, heißt Jäger, für den Rat der Vampyre arbeiten. Wir alle sind die Perfektionierung von Mördern und zögern keine Sekunde. Wir jagen die Abtrünnigen unter uns und bringen sie vor den Rat oder töten sie selbst. Wir haben uns genug Feinde gemacht, die alle genau so langlebig sind wie wir und jeden in unseren Umfeld jagen, foltern oder auch töten würden, wenn es zum Vorteil für sie wäre. Und wir gehören zur Elite der Chasseure!"
"Und wie lautet nun die Frage?" erkundigte sie sich als er Luft holte.
Er sah sie lange an. "Jede andere wäre jetzt schreiend weggelaufen!" bemerkte er leise und tonlos.
"Na da hast du ja Glück das ich nicht jede andere bin!" sie seufzte und fuhr sich durch die Haare. "Mein Gott, ich weiß das du das alles nur tust weil du daran glaubst, weil es das richtige ist und weil es deinen vielleicht von der Norm abweichenden Moralvorstellungen entspricht!"
"Das was ich dich jetzt Frage weicht normalerweise total von meinen Moralvorstellung ab!" gestand er und legte seine warme Hand in ihren Nacken.
"Warum?"
"Weil es dich in Gefahr bringt!" er beugte sich vor und küsste sie. Langsam zart und sehnsuchtsvoll strich er mit seinen Lippen über ihre, bis sie sich ihm öffnete und dann erkundete er in genussvollen Zügen das innere ihres Mundes. Die dunkle Süße. Sie legte die Arme um seine Schultern. Als sie beide nach Luft rangen lehnte er seine Stirn an ihre.
"Würdest du uns zwei als Paar eine Chance geben?" fragte er seine Stimme rau und noch ganz außer Atem.
Sie nickte, ihr fehlte nach wie vor die Luft und er ließ ihr auch keine Gelegenheit wieder zu Atem zu kommen. Er eroberte ihren Mund. Diesmal heftiger, besitzergreifender.
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Zu kitschig oder noch okay? Was denkt ihr?
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