10 - Überraschung Überraschung
"Das Essen ist fertig!" sagte Kyle und stand auf.
"Essen?" fragte Tamara, blickte von ihren Laptop hoch und atmete tief ein. "Spaghetti Bolognese!", stellte sie zufrieden fest. "Das liebe ich und auch noch selbst gekocht! Kann ich mitkommen? Ich möchte sie unbedingt kennen lernen!"
"Sie hat sicher nichts dagegen!" beschloss Kyle und ging zu Alice rüber, nahm die Post aus den Fach und ließ sie fast fallen. Aber als er sie durch sah, sah er das es alles nur bekannte und relativ uninteressante Absender waren.
Er ging weiter in die kleine Küche, Marvin saß schon am Tisch und schlang gierig die Nudel in sich hinein. "Eh, du hast ja nicht mal auf uns gewartet!" sagte er zu ihm.
Marvin sah in an, zuckte mit den Schultern und aß dann weiter.
"Essen die Besucher mit?" fragte Alice und holte noch ein paar Teller raus. Er nickte. Sie sah es zwar nicht, aber sie wusste es ja ohnehin, da sie in seinen Kopf war. Er nahm ihr die Teller ab und reichte ihr die Post. Sie sah sie durch und zog dann einen Brief vor und machte ihn auf.
Und holte ein einzelnes Blatt hervor.
Er wollte es ihr aus der Hand reißen als sie auch schon anfing zu lesen.
"Zur Geburt zweier Engel kam die Welt zum steh.."
Er unterbrach sie "Du hast es dir doch schon wie oft durchgelesen, und du tust es immer wieder, wenn Mutter das mitkriegt wird sie ausrasten!"
Sie warf ihm einen dieser Blicke zu, der ihm ganz eindeutig sagte, wie egal ihr das war. Er seufzte. "Sie kommt!"
Und in dem Moment trat ihre Mutter durch den Durchgang und klatschte in die Hände. "Tanzen meine lieben Kinder!", das war eine Aufforderung und ihre Mutter erwartete sofortigen Gehorsam.
Um ärger vorzubeugen führte Lucian, ohne Wiederspruch, sofort Magdalena in die Mitte des Frühlingspavillon. "Aufstellung!...und ...eins...zwei...drei ...vier... eins ...zwei...drei..." Ihre Mutter sah auf die Schritte die sie machten, "Gerade Haltung, ihr seid der Kronprinz und die Prinzessin!" erinnerte sie sie "Magdalena sieh deinen Bruder an und nicht das Schloss!" ihre Mutter klang verärgert. Natürlich. Magdalena schaffte es immer mit jeder Kleinigkeit ihre Mutter aufzuregen. Manchmal musste sie auch gar nichts tun und ihre Mutter meckerte trotzdem.
"Entschuldigt Mutter!" sagte sie und hörte auf zu tanzen.
Mag nicht! wollte Lucian sie zurückhalten.
"Aber ich muss wissen was es mit den Vers auf der Schlossmauer auf sich hat, es lässt mir keine Ruh!" Innerlich hörte sie Lucian stöhnen, doch er verzog keine Miene. Er würde ihr immer Rückendeckung geben, ob er nun einer Meinung mit ihr war oder nicht.
"Du wirst ja doch keine Ruhe geben!" erwiderte ihre Mutter zornig. "Es ist eine Prophezeiung die vor langer Zeit einer eure Vorfahren für seine Kinder tat. Er war bekannt dafür das er Dinge voraus sehen konnte, er hatte das zweite Gesicht. Er hat gesagt, diese Prophezeiung werde erst in vielen Jahren geschehen, wenn Frauen wie Männer Hosen tragen. Deshalb hat man sie an die Wand geschrieben!"
Jetzt mischte sich Lucian ein, wenn ihre Mutter die Wahrheit sagte, musste man dies nutzten. "Aber es heißt doch das diese Prophezeiung erst nach unserer Geburt angeschrieben wurde? Und warum gibt es keine Porträts von Abaddon und Azrael, das sind doch die Kinder von denen du Sprachst?"
Ihre Mutter seufzte schwer und setzte sich auf die Bank, durch ihre blonden Haare zogen sich graue Strähnen und ihr Gesicht war vom Alter gezeichnet.
"Ja Abaddon und Azrael. Wisst ihr euer Vater verbot es mir, dies zu erzählen, da ihr nun aber fünfzehn seid denke ich, ist es an der Zeit das ihr über euer Schicksal bescheid wissen solltet.
Hört gut zu. Es gibt ein Porträt von den beiden, aber es ist verboten es aufzuhängen, denn ihr solltet es nie sehen. Ich habe es täglich gesehen, ich wuchs, sowie jeder andere hier, damit auf. Es waren ja meine Ururur ...tante und mein Ururur...onkel. Die beiden sahen sich sehr ähnlich, genauso ähnlich wie ihr. Sie sahen genauso aus wie ihr. Jeder der das Porträt gesehen hat und der euch kennt ist der Meinung, das ihr die Wiedergeburten seid. Das ihr sie seid."
"Wir sollen sie sein? Aber sie sind doch gestorben, sie sind tot!"
"Nein sie seid ihr! Und diese Prophezeiung ist eure Zukunft! Ich weiß nicht wie oft ihr noch sterben werdet und wieder geboren werdet, bis du, Magdalena, Hosen trägst! Aber es wird so kommen! Frenjon hat sich noch nie geirrt! An den Tag, wo ihr geboren wurdet, als Abaddon und Azrael, sowie als Magdalena und Lucian, gab es beide Male eine Sonnenfinsternis, beide Male flammten alle Fackeln und Feuerschalen, Kerzen und das Meer um uns herum auf, beide Male stieg das Wasser und tanzte mit dem Feuer! Und jedes Mal dazwischen wo ihr auch zuvor schon wiedergeboren wurde, geschah genau das gleiche! Es ist euer Schicksal. " sie machte eine Pause sah auf die Sonnenuhr in ihren Garten "So jetzt wird weiter getanzt, erzählt ja eurem Vater nichts!"
"Versprochen Mutter!" sagten beide und sahen sich hilflos an. Das was sie jetzt erfahren hatten war überwältigend. Dafür würden sie ihre Mutter ewig danken.
"Gut, ihr tanzt jetzt den Tanz mit dem ihr den Ball, morgen eröffnen werdet!" Magdalena und Lucian stellten sich wieder auf. Die Handflächen in Schulterhöhe berührten sich fast, ihre Blicke waren ineinander versenkt, so begannen sie im Kreis zu tanzen.
"Morgen werden einige Männer im heiratsfähigen Alter kommen, Magdalena. Du weißt, du bist es selbst nun. Und auch für dich Lucian werden junge Damen zu Gast sein."
Sie tauschten einen kurzen Blick "Wir werden nicht heiraten, Mutter!" sagten beide zugleich und gaben ihre Kommentare dazu. "Aufgeblasene Diktator, mit eiskalten schwitzigen Händen und Puder im Haar? Nein, danke ich verzichte!"
Lucians Kommentar war nicht weniger schockierend wahr "Frauen die kichern wie kleine Mädchen und so viel Schminke auf der Haut haben, das man davon nichts mehr sieht, eingepackt mit Stoffen sodass sie steif wie Staturen gehen, stehen und tanzen? Darauf kann ich auch verzichten!"
"Magdalena! Lucian!" rief ihre Mutter empört und entsetzt.
"Beweis uns das Gegenteil Mutter!" forderte Magdalena sie auf und stürmte mit Lucian an ihrer Seite auf den Ausgang des Pavillons zu. "Ihr müsst doch aber Hochzeit halten!" rief ihre Mutter verzweifel hinter ihnen hinterher.
"Dann werden ich und Magdalena heiraten!" Lucian drehte sich nicht einmal um, als er das sagte.
Er spürte auf einmal Arme die ihn zu beider Seiten hielten und sich zwischen ihn und Magda ...Alice stellten.
Er schüttelte den Kopf. Wo war er?
Gerade noch war er in den Pavillon gewesen und jetzt? Er sah sich um.
Jetzt dämmerte es ihm, er war in der Küche. In Alice Küche.
Tamara Stand zwischen ihm und Alice und hielt sie beide mit einer Hand zurück direkt vor ihnen war die orangefarbene Küchenwand. So wie es aussah, wären sie fast dagegen gelaufen. Alexandr oder Stepan? Er konnte die beiden einfach nicht unterscheiden, stand auf der anderen Seite neben ihm und hielt ihn ebenfalls zurück. Neben Alice stand jedenfalls der andere von den beiden.
Marvin saß auf den Stuhl das Kinn mit Tomatensoße beschmiert und starrte sie an.
Alice strich sich das Haar zurück und sah sich hilflos in den Raum um. "Was ist hier los? Was war das?"
Sie befreite sich von den Armen und trat zurück, hob das Blattpapier auf das auf den Boden lag, wo der Vers draufstand auf. Er zuckte mit den Schultern, ging zur ihr hinüber und sah auf den Vers, als er ihn nun ansah passierte nichts. Was war das eben gewesen?
"Eh, Leute kann mir mal einer sagen was hier los war oder ist?"
"Wie sollen wir es dir sagen, wenn wir es selbst nicht wissen?" fragte Alexandr oder Stepan. Mussten die beiden denn immer die gleichen Klamotten tragen?!
"Du bist Stepan, oder?" fragte Alice erst mal, sie waren alle verwirrt und es brachte doch nichts wenn man sich Gegenseitig mit sinnlosen Fragen auf die Nerven ging.
"Wie kannst du die beiden unterscheiden?" fragte Tamara und zog ein Braue hoch "Ich hab Jahre gebraucht! Du siehst sie zum ersten Mal zusammen!"
Sie zuckte mit den Schultern. Wie sie das machte musste niemand wissen. Es reichte schon zu das Kyle wusste, dass sie es an Hand der Anziehungskraft die Alexandr ohne Pause auf sie ausübte, von Stepan unterscheiden konnte. Und an den Augen, die waren irgendwie ...anders!
Stepan zog eine Braue hoch und musterte sie von Fuß bis Kopf, dann sah er zu Kyle und musterte ihm ebenfalls.
"Man sieht sich immer zweimal, Prinzessin!" sagte er in Deutsch zu Alice und machte eine spöttische Verbeugung. Diese Geste, sie kam ihr bekannt vor. Da war etwas. Vor ihren Augen verschwamm alles, aber Alexandr umfasste ihr Handgelenk und auf einmal sah sie wieder klar. Ohne das Stepan etwas gemerkt hätte, wandte er sich Alexandr zu und redete in Russisch auf ihn ein. Zu dumm nur das sie diese Sprache verstand. "Sie ist es und sie kann uns unterscheiden, Bruder! Ich würd sie mir, an deiner Stelle nicht entgehen lassen. So eine wie sie, wirst du kein zweites Mal finden! Und das meine ich in mehr als nur einer Hinsicht." Stepan warf ihr einen letzten abschätzigen Blick zu. "Tamara wir gehen!"
"Stepan was ist los?" fragte Tamara, die sich nicht gern herumkommandieren ließ.
"Das kann ich nicht erklären, wenn's gut geht, spricht sie immer noch russisch, und versteht uns."
"Was?" fragten Tamara und Alexandr. "Immer noch?"
"Man sieht sich, Bruder." Damit griff er nach Tamaras Handgelenk und zog sie Richtung Tür aus der Küche. Sie rief noch zur Verabschiedung "Bis bald!" und dann hörte man auch das klappen der Tür.
Alice ließ sich auf einen Stuhl fallen. Kyle zog einen neben sie und Alexandr ließ sich nach einen Moment gegenüber von ihr auf einen Stuhl fallen.
"Krieg ich noch mehr Spagetti mit Tomatensoße?" fragte Marvin und hielt ihr seinen Teller entgegen. Alice lachte "Natürlich!" Sie stand auf füllte seinen Teller neu. "Will noch jemand?" Kyle reichte ihr seinen Teller, Alexandr tat es ihm nach und dann reichte Kyle ihr noch ihren Teller.
Nach einigen Minuten fragte Alexandr schließlich: "Kann mir mal einer sagen was Stepan meint? Oder was mit euch los war?" fuhr fort, ohne auf eine Antwort zuwarten. " Ihr habt getanzt? Ihr habt mit einem ganz komischen Akzent Englisch gesprochen und euch auch ganz komisch angeblickt? Ihr habt von heiraten gesprochen." Alexandr merkte selbst das seine Verwirrung und Ahnungslosigkeit, nun Wut wich. "Ihr wärt fast gegen diese Wand gelaufen. Ihr wart wie in einer anderen Welt!"
"Ich weiß nicht..." fingen beide zugleich an. "Erzähl du, ich füg hinzu!" sagte Kyle.
"Ich hab angefangen das Blatt zu lesen und irgendwann hab ich das von einer Wand abgelesen wo genau das gleiche stand! Ich und Kyle waren in so einen Pavillon und dann trat .." sie probierte es so genau wie möglich zu beschreiben, sprach auch manchmal aus Kyles Perspektive, wenn er sich in ihre Gedanken einmischte. "..und dann waren wir wieder hier, den Rest kennt du ja!"
Für einige Minuten herrschte wieder Stille und sie aßen schweigend weiter.
Marvin saß ungeduldig auf seinen Stuhl baumelte mit den Beinen und schob den Teller immer zu hin und her. "Willst du ins Wohnzimmer gehen Fernseher schauen?" erkundigte sie sich bei ihm.
Er sprang sogleich vom Stuhl auf und stürmte in das angrenzende Wohnzimmer, Kate dicht hinter sich, die zuvor zusammengerollt auf ihren Kissen gelegen hatte. Er drehte sich noch mal kurz um, um ihnen mitzuteilen das er wusste wie der Fernseher an ging und schlug dann auch schon die Tür zu.
"Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, was es war?" fragte Alexandr "Oder anders ist einen von euch beiden sowas schon mal passiert?"
"Eigentlich... nicht das ich wüsste!" Alice schüttelte den Kopf.
"Meine Eltern sagten das ich als ich kleiner war, manchmal stundenlang wie in einer anderen Welt war. Aber das ich dann auch wieder danach total normal war. Vieleicht war das ja sowas." Kyle zuckte mit den Schultern und schob seinen leeren Teller von sich.
"Mmh...Ich hab da so eine Idee. Hört sich vieleicht komisch an, aber ist ja möglich, gibt ja immerhin auch... " Alexandr unterbrach sich selbst, jetzt hätte er fast gesagt das es Vampyre gab und da wusste er ja noch nicht mal ob Alice es wusste. "Egal, vieleicht ist es möglich das Seelen immer wieder geboren werden, und nehmen wir an das stimmt, ihr eine Erinnerung an Euer früheres Leben hattet. Ich muss ehrlich sagen ich habe eigentlich nie daran geglaubt, aber Tamara hatte schon immer mal sowas erzählt und sie kennt sich damit auch wirklich besser aus als ich. Ihr wisst ja selbst, ihr könnt euch in Gedanken miteinander unterhalten, das ist ja auch nicht gerade alltäglich!" führte er zu seiner Verteidigung gleich mit auf. Er wollt sich vor Alice nicht lächerlich machen, obgleich er glaubte das sie das was er sagte sehr ernst nahm. Er dachte wieder an Stepan's Worte "Man sieht sich immer zweimal Prinzessin."
Kyle zuckte mit den Schultern, "Das kann gut möglich sein!" stimmte er zu "Wir haben recht altertümliche Kleidung getragen, die Bauart war altertümlich und wir haben auch ziemlich gewählt gesprochen, obwohl wir mit unserer Mutter sprachen."
"Wir sollten für einen Ball noch mal tanzen üben, und uns nach einem Partner umsehen, zum heiraten!"
"Das war das vorhin?" fragte Alexandr wie beiläufig nach und lehnte sich mit verschränkten Armen in den Stuhl zurück. Die Antwort war ihm seltsamer Weise sehr wichtig.
Alice und Kyle schnitten eine Grimasse. "Sagen wir so, wir waren beide abgeneigt und ich hab dann gesagt das ich und Alice heiraten!"
Alexandrs Augenbrauen zuckten nach oben. "Wart ihr dort auch Zwillinge?"
Beide nickten. "Wir sahen ein wenig jünger, aber genauso aus wie jetzt!" bestätigte Alice.
"Wie jetzt?" hakte Alexandr nach "Gesicht? Augen? Haar?"
"Alles!" bestätigten beide.
"Die gleichen Namen?"
"Nein, Magdalena und Lucian!" Kyle legte den Arm um Alice Schultern und sah genau wie Alexandr diese Bewegung mit seinen Augen verfolgten und diese sich dann zu schlitzten verengten. Er sah auf, direkt in Kyles Augen.
In seinen Kopf hörte Kyle ein Knurren wie das eines gefährlichen und mächtigen Raubtiers und wenn man hinter Alexandrs Antlitz sah, würde man auch genau das dort vor finden.
Pass auf was du tust, warnte Kyle ihm, wenn du ihr weh tust, werd ich dich in Stücke reisen. Egal ob du mein Freund bist und mir das Leben gerettet hast, sie ist meine kleine Schwester, meine Seele.
Noch einmal hörte er das Knurren, doch nun viel drohender. Und er, Kyle, knurrte zurück. Schon als er das tat wurde ihm klar was er da machte. Er hatte seinen besten Freund gedroht. O Gott, was war nur mit ihm los. Er schüttelte den Kopf. Aber seine Worte konnte er nicht aus seinen Gedächtnis verbannen, dafür waren sie viel zu wahr.
Alice sah ihn an und er erwiderte ihren Blick.
Was war das? fragte sie ihn. Was ist los?
Nichts es ist alles okay! Sie hatte seine Drohgebärde mit Alexandr nicht mitbekommen, Gott sei Dank. Er würde alles tun um dies zu verheimlichen. Eigentlich musste er es nur vergessen.
Seine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf das was vor ihm geschah. Die Teller fingen an durch die Luft zu schweben und sich ordentlich neben der Spüle zu stapeln, während das Wasser einlief. Er blinzelte erst ein paar Mal, dann warf er Alexandr einen Blick zu. Der schüttelte mit den Kopf und zog eine Braue hoch und neigte mit einen Blick auf Alice den Kopf. Alice schien das alles nicht mitzubekommen sie starrte auf einen unsichtbaren Punkt und kaute auf ihrer Unterlippe herum.
"Alice?" fragte er vorsichtig.
"Mmh?" sie sah ihn immer noch nicht an.
"Lässt du gerade die Teller durch die Gegend schweben?"
Der Teller der sich gerade angehoben hatte, viel wieder zurück auf den Stapel. "Oh, Mist!" rief Alice aus. "Ich hab schon wieder nicht aufgepasst!"
"Also warst du das?" hakte Kyle noch einmal zur Sicherheit nach.
"Ja!" rief sie verärgert aus und fing an auf und ab zu laufen.
"Warum hab ich das nicht gesehen oder gespürt? Oder viel besser warum hast du das nicht gesagt?" fragte Kyle.
Sie sah auf, sah ihn an. "Für mich ist das so natürlich wie atmen! Ich mach das schon seit ich ein kleines Kind bin! Ich kann das solange ich denken kann, für mich ist das normal! Kannst du das nicht?" fragte sie ihn.
"Ich hab's noch nie ausprobiert!" gestand er ihr.
Er beobachtete jede Bewegung von ihr. Sein Blick wurde förmlich von ihr angezogen. Mit ihm stimmte irgendwas nicht. Seit er ihr zum ersten Mal begegnet war, dachte er nur an sie. Wie sie aus sah, wie sie roch, wie sie sprach, wie sie lächelte. Wie sie sich in seinen Armen angefühlt hatte. Nach was sie Schmeckte. Sie war wie eine Sucht. Und er war der Süchtige.
Er konnte es nicht fassen das er Kyle angeknurrt hatte. Kyle war doch ihr Bruder, von ihm hatte er nichts zu befürchten. Was hatte er eigentlich zu befürchten? Was hatte ihm dazu veranlasst, Kyle anzuknurren? Hatte er Angst das Kyle ihm Alice ausspannen konnte? Gott, wo war das hergekommen. Er und Alice waren ja noch nicht mal richtig zusammen. Es war nur Begehren. Eine rein körperliche Sache. Er sah kurz zu Alice die mit leicht schräg gelegten Kopf sich mit Kyle unterhielt. Ihre Augen blitzten grün auf, als sie nickte. Dann warf sie den Kopf zurück und lachte. Nur sehr schwer konnte er sich selbst dazu zwingen den Blick von diesem hinreißenden Gesicht abzuwenden. Er schloss die Augen legte den Kopf in den Nacken und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. War es wirklich nur Begehren? Was sollte er nur tun?
Alice und Kyle waren etwas Besonderes. Wenn die beiden zusammen waren, fühlte man die Macht regelrecht um sie wallen. Die Energien die sie ausstrahlten waren enorm. Und das sie besondere Fähigkeiten hatten, hatte ja Alice gerade gezeigt. Er zweifelte keine Sekunde daran das Kyle das auch konnte. Und sie besaßen eine besondere Verbindung. Und sie erinnerten sich wahrscheinlich an Dinge aus einem anderen Leben.
In dieser Welt gab es schon ziemlich seltsame Dinge, Dinge die selbst für einen über
fünfhundert Jahre alten Vampir seltsam waren.
Er rieb sich die Schläfe. Schon wieder fühlte er wie tausend und mehr Nadeln sich in sein Gehirn bohrten. Immer und immer wieder. Es war belastend. Er hatte schon immer gewusst das er eine sehr große telepathische Begabung besaß, da Tamara, Stepan und er Drillinge waren und sie sich von klein auf so unterhielten. Dadurch konnte er sich fast immer in die telepathischen Gespräche andrerer und in deren Köpfen reinhängen, die Gedanken mit anhören und sogar kontrollieren. Er hatte es auch bis zu einem gewissen Grad bei Kyle gekonnt. Aber im Gegensatz zu sonst hatte er nur seine Gedanken lesen können. Aber seit Alice da war konnte er noch nicht einmal dies. Es war eindeutig zuerkennen das sie Kyles Kräfte verstärkte. Und wahrscheinlich auch anders herum. Denn er konnte auch nicht Alice Gedanken lesen. Er konnte ja noch nicht einmal ihr Gespräch mit anhören.
Was ihn interessierte war, ob er Alice Gedanken würde lesen können wenn sie allein waren. Wenn Kyle nicht in ihrer Nähe war. Mehr als nur die äußere Hülle wie im Kaufhaus, das was sie zeigen wollte oder wo sie ihre Kräfte brauchte, damit es den Passanten nicht auffiel. Bruder, beeil dich, wir warten auf dich! hörte er Stepans Stimme durch sein inneres Schallen.
Er schlug die Augen auf. Gib mir noch ein paar Minuten! und stand nach einem kurzen Blick auf die Uhr auf. Wie lange hatte er so gesessen? Es war nun schon kurz nach neun. Das Geschirr war zu Ende abgewaschen. Alles sah wieder ordentlich aus. Alice und Kyle lehnten beide mit verschränkten Armen an der Küchenanrichte und sahen sich in die Augen. Sie unterhielten sich. Seine Kopfschmerzen, die Vampire eigentlich nicht bekamen waren dafür der deutlichste Beweis.
"Hey Leute, ich will ja nichts sagen" lenkte Alexandr die Aufmerksamkeit auf sich "aber ihr solltet vieleicht mal auf die Uhr sehen!"
"Oh!" sagten Beide.
"Marvin!" rief Kyle und machte die Wohnzimmertür auf. "Es ist schon.." er verstummte abrupt. "..spät!" beendete er noch leise und ging auf seinen kleinen schlafenden Bruder zu und hob ihn hoch.
Alice hielt ihm die Türen auf als er mit seiner kleinen Last in den Armen zurück kam. "Guten Nacht!" sagte sie. Kyle kam näher hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen "Guten Nacht!" erwiderte er und kümmerte sich dann weiter um Marvin.
Als sie durch die Tür in den Gang hinaus trat, kamen ihr Worte und Bilder in Sinn.
"Gute Nacht, mein Feuerteufel!" sagte Lucian und hauchte einen Kuss auf ihre Wange.
"Feuerteufel?" fragte sie mit leicht beleidigtem Unterton nach.
Er sah sie hochmütig und belustigt zu gleich an. "Du willst mir doch nicht erzählen, das Sir Alexandr Drakons Gewand wegen der Fackel die einen Fuß von ihm entfernt stand angefangen hat zu brennen!"
"Kann doch sein!" erwiderte sie mit Unschuldsmiene und einem heben der Schultern.
"Unwahrscheinlich, jeder der dich kennt, das heißt hier auf der Insel lebt, weiß das du das Ding in Flammen aufgehen lassen hast, Mag!"
Sie zuckte mitleidlos die Schultern, ihr Mutter war zu einen strich zusammengepresst der ihren Zorn verriet. "Wenn er mich in Ruhe gelassen hätte wer das vieleicht alles nicht passiert!"
"Naja, es war auf jeden Fall unterhaltsam!" versuchte Lucian seine Schwester aufzuheitern. "Hast du gesehen, alle von unserer Insel außer Mutter, haben sich die Hand vor dem Mund gehalten, Hustenanfälle und unkontrollierte Zuckungen bekommen!"
Ein Lächeln breitet sich auf ihren Gesicht aus "Oh ja, allein das war's eigentlich schon wert!"
"Eure Hoheiten!" ein junges Mädchen, ihre Zofe knickste vor ihnen.
"Wie oft hab ich dir gesagt nenn mich einfach Magdalena!"
"Entschuldigt, Madam!" wieder knickste sie.
"Ich möchte keine Dienerin, die sich nicht traut so zu sein wie sie ist, ich möchte jemanden Natürliches der die Etikette nicht ganz so strickt sieht!" erklärte sie verzweifelt.
"Das hat sich in den ganzen Jahrhunderten nicht geändert, das wird es auch jetzt nicht!" erinnerte er sie. Sie seufzte. "Gute Nacht!" Er hauchte nochmals einen Kuss auf ihre Wange und die Zofe keuchte sowie sie es jeden Abend tat. Er grinste mutwillig und verbeugte sich vor den beiden Frauen. "Gute Nacht!" sagte er und ging in sein Zimmer ihr gegenüber.
Sie schüttelte den Kopf. Schon wieder hatte sie so etwas gehabt. Kyle?
Ich hab's auch gesehen! bestätigte er und fügte noch hinzu Unsere Vergangenheit! Wie früher!
Das erzählen wir niemand! beschloss Alice. Sie fühlte Kyles Zustimmungen und ging zurück in ihre eigene Wohnung. Mitten im Flur stand Alexandr.
"Was machst du noch hier?" fragte sie ihn.
"Guten Nacht sagen!" antwortete er und kam langsam auf sie zu. Diese einfachen Worte, wie er auf sie zukam und ansah, wirkten auf sie gefährlich und erregend. Sie fühlte sich wie ein in die enge getriebenes Tier. Sie zog eine Braue hoch und wollte instinktiv einen Schritt zurück treten, doch Alexandrs Finger schlossen sich um ihr Handgelenk und zogen sie zu sich. Mit der anderen hob er ihr Kinn an.
Er senkte den Kopf, seine Lippen trafen die ihren und teilten sie sacht mit der Zunge. Sie erwiderte seinen Kuss, zögerlich, vorsichtig. Und als sie das tat, er teilte sie ihm die Erlaubnis ihren Mund zu erobern, von ihm besitzt zu ergreifen. Nun war sein Kuss nicht mehr sacht und zart. Er war hart, fordernd, leidenschaftlich. Seine Hände hielten ihr Gesicht fest. Ihre krallten sich in seine Schultern, fuhren durch sein Haar und zogen ihn näher. Sie presste sich an ihn und erwiderte seinen Kuss genauso leidenschaftlich, mit voller Hingabe. Sie duellierte sich mit ihm. Keuchte. Genoss es.
Als er von ihr abließ, merkte sie zum ersten Mal die Wand in ihren Rücken gegen, die er sie gepresst hatte und gegen die sie sich nun nach Luft schnappend lehnte. Er war auch außer Atem, brachte aber tatsächlich noch ein arrogantes selbstbewusstes Lächeln zustande. Sie bedachte sein Lächeln mit einem zornigen Blick. "Gute Nacht!" sagte er und verschwandt durch die Tür.
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