1 - Und das Leben geht trotzdem weiter

Sie tauchte auf, aus den Nichts. Der Nebel umhüllte sie wie ein Umhang. Sie Schritt den schmalen Waldweg entlang, der ihr schon so vertraut war, der Nebel ihr ständiger Begleiter. Leise erklang in den hohen Baumwipfeln das Gezwitscher der Vögel. An ihren nackten Füßen leckte das Feuer, das ihr auf jeden Schritt folgte. Sie trat aus dem Wald und auf die freie Wiese. Freiheit. Endlich hatte sie wieder das Gefühl von Freiheit. Das unbändige Verlangen zu rennen packte sie und sie gab ihm nach. Hier in der Nacht, ihrer eigenen Welt rannte und sprang sie über die Wiese, drehte Kreise und fühlte sich frei. Wie hatte sie diese Freiheit vermisst. Die Freiheit die sie nur hier fand! Sie warf die Arme hoch und das Feuer flammte auf und schoss hinauf bis zu den Sternen beleuchteten Himmel. Seine Hitze hüllte sie in wollige Wärme und die Flammen erleuchten die milde Sommernacht.

Sie tanzte lachend weiter durch das Gras auf die Brücke zu.

Sie machte eine Handbewegung und Feuer flammte in den Schalen und Fackeln auf der Brücke auf und hüllten die Person, die auf ihr stand in goldenes Licht. Sie rannt auf ihn zu. Auf denjenigen dessen Seele so war wie ihre. Der so war wie sie. Der sie verstand. Der wusste wie es ihr ging und der ihr immer half. Der so aus sah wie sie. Der so fühlte wie sie. Sie rannte und er fing sie mitten im Sprung auf und wirbelte sie im Kreis herum. Bevor er ihr einen Kuss auf die Wange drückte und sie fest an sich zog.

Sie fühlte seine Trauer. Und wusste, dass etwas Schlimmes passiert war und sie fühlte auch wie schwach er sich fühlte. Sie ließ alles Leben und alle Freude die sie fühlte in ihn strömen, ihn fühlen. Stumm hielten sie sich auf der kleinen Brücke vom Mond beschienen und Feuerflammen erleuchtet. Sie hauchte einen Kuss auf seine Wange und sah in seine blauen Augen, die dunkler vor Trauer waren. Ihre waren rot, rubinrot.

"Sie sind tot!" flüsterte er so leise das sie kaum ein Wort verstand und strich ihr die lockigen Gold-silbernen Strähnen aus dem Gesicht. Seine waren wesentlich kürzer als ihre aber von der gleichen Farbe und genauso wild gelockt. "Meine Eltern, sie sind tot!"

Sie nahm ihn fester in die Arme, zog ihn an sich und lehnte ihren Kopf an seine Schulter, da er gut ein Kopf größer war als sie.

"Wie?" fragte sie leise, nach einigen Minuten Stille.

"Sie haben sie gefoltert." sagte er voller Zorn und Wut "Und danach umgebracht." Tränen rannen ihm über die Wange, von denen sie wusste, dass niemand anderer sie je sehen würde. Er wandte sich ab. Sah zu der Nebelwand, die direkt vor der Brücke auf sie zu warten schien.

"Komm!" sagte er und griff nach ihrer Hand und zog sie zu dem Nebel. "Ich will nicht darüber reden, ich will kämpfen."

Sie verstand ihn, er brauchte Ablenkung und nur allzu gern, ließ sie sich von ihm mit ziehen. Auf die Wiese zu einer Stelle wo das Gras sehr flach war.

Er ließ sie los und Schritt zwei drei Meter weiter. Bevor er sich zu ihr um drehte und sein Schwert aus der Scheide zog, welches goldenen im Licht des Vollmondes aufblitzte.

"Du meinst du willst verlieren." zog sie ihn auf und wog ihre eigene goldene Klinge die genau wie für sie geschaffen schien.

Er lächelte sie voller belustigtem Selbstvertrauen an "Das glaubst du doch selbst nicht?" fragte er zucker süß zurück.

"Beweis mir das Gegenteil!" forderte sie ihm auf.

Seine Zähne blitzten noch einmal auf bevor sie aufeinander losgingen.

Ihre Schwerter knallten mit einem lauten Knall aufeinander und beide stemmten sich dagegen ehe sie, sie zurückrissen und wieder aufeinander losgingen. Immer wieder und wieder griffen sie einander an, sprangen zurück, zogen den Kopf ein, duckten sich, schlug um auszuweichen Rads und Saltos, hechteten zur Seite oder ließen sich zu Boden fallen bevor sie sich rum rollten und wieder aufsprangen.

Sie wussten nicht wie lange sie kämpften doch irgendwann knallten ihre Schwerter wie zu Beginn aneinander und sie ließen sich dann keuchend und lachend zurück fallen.

Wie immer hatte keiner von ihnen beiden gewonnen denn sie waren gleich stark.

"Danke." sagte er, und sah traurig wie er und sie anfingen zu verblassen. Beide gingen nun wieder in die richtige Welt zurück, dorthin wo sie zuhause waren. Wo sie getrennt waren und ein Teil von ihnen fehlte.

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Alexandr lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. Seine Ohren schmerzten und seine Augen brannten. Er saß mit Kyle und dessen kleinen Bruder Marvin in einen Flugzeug, von London nach München. Sein Herzschlag schlug im selben Takt wie Kyles nervöses Klopfen auf der Sessellehne. Er wusste das Kyle sich hier unwohl fühlte, sogar noch schlimmer als er selbst. Marvin war sobald er an seinem Platz saß eingeschlafen. Das grelle Licht, blendete seine geschlossenen Augen. Mit einem leisen Seufzen setzte er seine Sonnenbrille auf und versuchte seine Ohren gegen das Klopfen von Kyle, dem flüstern der anderen Passagiere und den unaufhörlichen dröhnen der Rotoren des Flugzeuges zu verschließen.

"Noch Fünfzehn Minuten!" stöhnte Kyle neben ihm.

Alexandr öffnete die Augen und sah seinem jungen Freund an. Sechs Wochen war es her das er ihn gewandelt hatte. Sechs Wochen und immer hatte er sich noch nicht dran gewöhnt. Nur ganz knapp war er dem Tod von der Schippe gesprungen und doch fühlte er sich in diesen Leben noch nicht richtig wohl. Alexandr wusste das ihm irgendwas fehlte, doch er wusste nicht was. Seine Eltern waren Tod, aber das hatte er verkraftet, wesentlich besser als Marvin, obwohl er selbst dabei gewesen war. Obwohl er selbst gesehen hatte wie sie gefoltert und getötet wurden. Marvin war dies zum Glück erspart geblieben.

An genervt fuhr Kyle sich durch das blau-schwarze Haar, was ihm tief in die Stirn fiel. "Warum mussten wir unbedingt fliegen?!" fragte er und Alexandr hörte die Qual in seiner Stimme. Besorgt drang Alexandr in die Gedanken von Kyle ein und stellte erleichtert fest das er seine Blutgier unter Kontrolle hatte. Das war für einen Neuling nicht üblich, aber Kyle war sowieso anders. Genau wie Alexandr störten ihm die lärmenden Rotoren, die Menschen und das grelle Licht und der Geruch nach dem frischen pulsierenden Blut der Menschen. Aber er hatte sich unter Kontrolle.

"Wenn man aus einem Land verschwindet muss man das wenn eine Kontrolle kommt irgendwie nach weisen können. Außerdem weiß Marvin nicht was wir sind." erklärte er ihm zum wievielten Mal und ließ den Kopf wieder zurück sinken und schloss die Augen. "Du hast es bald geschafft!"

"Kann ich Ihnen helfen?" fragte eine Stewardess direkt neben ihm. Er wandte sich ihr zu, machte sich jedoch nicht einmal die Mühe die Augen zu öffnen, unter der Sonnenbrille sah sie sowieso nicht ob er sie an blickte oder nicht. Er verzog seine Lippen zu einem spöttischen Lächeln, denn er hörte den einschmeichelten Ton und antwortete mit einem leisen "Nein, danke!" bevor er sich wieder abwandte.

"Sind sie sich sicher?" fragte sie nach und er antwortete "Ganz sicher!" Er hörte sie davon gehen und erkannte in der Art wie sie ging das sie beleidigt war. Typisch: So war es immer, dachte er resigniert. In dem er zum Vampyr geworden war, hatte er nicht nur ein Großteil seiner Familie verloren, sondern auch seine Chance auf eine eigene Familie. Auf eigene Kinder oder auch nur auf eine Frau die ihn um seiner Selbstwille und nicht nur seinen Aussehen oder Geldes wegen liebte. Eine die ihm ebenbürtig war, eine die er lieben und verwöhnen konnte, eine die er beschützen konnte, die ganz ihm allein gehörte! ...

Endlich landete das Flugzeug und unterbrach seine trüben Gedanken.

Schnell brachten Kyle, Marvin und er die Sicherheitskontrollen hinter sich, holten ihre Koffer und besorgten sich ein Taxi.

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