Kapitel 93: So tun als ob


Die nächsten Tage waren ruhig, der Unterricht war fordernd, was Hermine nicht im Mindesten störte und die Hausaufgaben waren viel. Snape ließ sie während der Stunden in Verteidigung gegen die Dunklen Künste weitestgehend in Ruhe, ebenso wie Harry und Neville.
Sein Interesse lag nun mehr auf Ron und das ein oder andere Mal ermahnte er ihn derart, dass Ron einfach nur kreidebleich am Tisch saß.
Hermine wusste, dass es wohl an der Wahrheit lag, die sie gezwungenermaßen preisgeben musste und Rons Plan, dass Hermine Snape verführen sollte, um an Informationen zu gelangen. Hermine sah jedes Mal einfach auf den Tisch, sie hatte keine Lust und keine Kraft mit Snape zu diskutieren und irgendwo war Ron zum Teil auch selbst schuld, zumindest redete sie sich das ein.

Als er die Stunden beendete, war Hermine meist die erste, die den Raum verlassen hatte, dem wollte er an diesem Tag zuvor kommen.
„Miss Granger bleibt nach der Stunde hier.", bellte er, bevor er die Schüler rausschmiss. Hermine stopfte ihre Unterlagen wütend in ihre Tasche, sie wollte nicht mit ihm reden und stürmte wieder durch die Reihen, die Schüler sahen sich perplex an, Hermine Granger missachtete die Worte eines Professors?
„Miss Granger!", schallte es durch den Raum, Snape sah ihr wütend nach, Hermine setzte ihren Weg fort, wurde aufgehalten durch die Schüler, die wie Rehe im Lichtkegel eines herannahenden Autos panisch stehen blieben.
„Hermine", kam es von Snape und der ganze Klassenraum hielt den Atem an.
Hermine blieb ruckartig stehen, das war das erste Mal, dass er sie beim Vornamen genannt hatte, es musste also wirklich verdammt ernst sein.

Ron und Harry sahen zwischen ihr und Snape hin und her.
„Ich wusste nicht, dass so viele von Ihnen Hermine heißen..", schnarrte er dunkel und damit setzten sich alle anderen wieder hektisch in Bewegung, liefen aus dem Raum und überließen Hermine ihrem Schicksal.
Sie atmete tief ein und aus, drehte sich dann langsam um, als er die Tür geschlossen hatte.

„Was ist?", fragte sie und sah ihn böse an.
„Das was zwischen uns steht sollte Ihre Folgsamkeit nicht beeinflussen. Wenn ich Ihnen sage, dass ich Sie gerne sprechen möchte, sollten Sie dem nachkommen.", sagte er streng, der typische Professor.
Hermine sah ihn weiterhin böse abwartend an.
„Ich bin hier, was ist?", fragte sie wieder, fast schon patzig.
„Ich denke...", sagte er langsam, er musste sich sehr zusammenreißen sie nicht wegen ihrer unfreundlichen Art zurechtzuweisen, „Sie sollten die restlichen Stunden des Nachsitzen noch antreten."
Sie lachte ungläubig auf, „war es das?", sie drehte sich wieder um und wollte gehen.
„Ich werde mich für das was ich gemacht habe nicht entschuldigen, es war notwendig für mich. Die Art und Weise war vielleicht nicht die richtige... das tut mir leid.", sagte er leise und dunkel.
Sie starrte auf die Tür als sie ihm zuhörte, dann öffnete sie die Tür und verließ den Klassenraum ohne ein weiteres Wort zu sagen.

Sie lief in die Große Halle, warf ihre Tasche auf die Erde als sie sich auf ihren Platz neben Harry und Ginny setzte und seufzte laut auf. Ihre Freunde sahen sie fragend an.
„Ist alles ok?", fragte Harry vorsichtig und musterte sie.
„Dieser Mann macht mich noch wahnsinnig", sagte sie genervt und schüttete sich ein Glas Kürbissaft ein.
„Was wollte er?", fragte Ginny und sah sie interessiert an.
„Dass ich die restlichen Stunden nachsitze...", gab Hermine zurück und schüttelte den Kopf.
Ron verdrehte nur die Augen, hielt sich aber zurück.
„Hermine vielleicht solltest du mal mit Dumbledore reden...", meinte Harry und sah sie mitleidig an.
„Nein... er hat doch genug zu tun... du musst dir keine Sorgen machen...", sie lächelte ihn freundlich an, im gleichen Moment rauschte eine dunkle Figur mit wehendem Umhang an ihnen vorbei durch den Gang zum Lehrertisch.
„Ich werde schon mit ihm fertig...", sagte Hermine nachdenklich als sie ihm hinterher sah, Snape flog um den Tisch und setzte sich geschmeidig auf seinen Platz, sah ihr direkt in die Augen, Hermine musterte noch leicht erbost sein Gesicht, drehte sich dann um und aß ihr Mittagessen.

Es war kurz nach 19 Uhr, Hermine fummelte an ihrer Uniform und dachte nach, sie war nervös, sollte sie zu ihm oder nicht.
Dann sprang sie fast schon auf, zog ihren Umhang an und lief ungesehen durch das Portal des Gemeinschaftsraums, verschwand in der dunkle Ecke gegenüber, nahm den Geheimgang und kam kurze Zeit später in den Kerkern raus, sie hörte einen aufgebrachten Snape, die Tür war leicht geöffnet.
„Draco sei nicht so dumm... sonst wirst du deinem Vater bald Gesellschaft leisten", spie er seinem sonst so geliebten Slytherin entgegen, sie lugte leicht um die Ecke, konnte gerade noch sehen, wie Draco sein Büro verließ und wütend davon stapfte in Richtung Großer Halle.
Sie ging vorsichtig zu der immer noch offen stehenden Tür und sah in den Raum.
Snape saß am Schreibtisch, er massierte seine Nasenwurzel und sah müde aus, dunkle Schatten lagen unter seinen Augen, er tat ihr leid.
Was hatte er mit Draco zu schaffen? Warum war er so sauer auf ihn?
Sie wollte es wissen, aber sie wollte sich nicht wieder mit ihm streiten, er hatte wahrscheinlich wirklich genug zu tun, eigentlich wollte sie seine Aufgaben gar nicht kennen.

Sie räusperte sich und trat vorsichtig in den Türrahmen, sah ihn schüchtern an. Er sah auf, die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Was machen Sie denn hier?", fragte er perplex.
„Ich muss noch einige Stunden nachsitzen", meinte sie leise mit einem leichten Lächeln.
Er stand langsam auf, er wirkte so, als hätte er Schmerzen, war noch verspannter als sonst. Dann löschte er die Lichter in dem Büro, schob sich an ihr vorbei und ließ die Tür ins Schloss fallen.
Hermine sah ihm traurig nach, wollte sich schon wieder umdrehen und zurück gehen, als er sie ansprach.
„Kommen Sie", meinte er, hatte die Tür seiner Privaträume geöffnet und sah sie abwartend an.
Hermine ging schnell zu ihm und betrat seine Räume, Snape folgte ihr und schloss leise die Tür. Sie drehte sich zu ihm und sah ihn an.

„Geht es Ihnen gut?", fragte sie besorgt und musterte ihn.
„Es geht schon.", meinte er, ging zu seinem Schrank und schenkte sich ein Glas Whiskey ein. Hermine beobachtete ihn wieder traurig und schüttelte den Kopf.
„Möchten Sie etwas trinken?", fragte er und sah sie über die Schulter an, „Ich habe mir Kürbissaft bringen lassen."
„Sie trinken doch gar keinen Kürbissaft...", meinte Hermine und zog die Augenbrauen zusammen.
„Aber Sie...", sagte er leise, füllte ein Glas und gab es ihr.
„Danke", sagte sie, ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

Er nahm sein Glas, ging zur Couch und ließ sich darauf fallen, knurrte leicht auf und ließ den Kopf in den Nacken fallen, öffnete den obersten Knopf seiner Robe.
„Sind Sie festgewachsen?", fragte er leicht ironisch, als er die Augen schloss.
„Ich weiß nicht was ich machen soll...", sagte sie leise.
„Ist es so abwegig sich einfach neben mich zu setzen?", fragte er leicht anklagend.

Hermine ging langsam zur Couch und setzte sich in die andere Ecke, musterte ihn wieder.
„Miss Granger", er seufzte laut aus, „sein Sie doch einfach ein wenig lockerer... ich werde Ihnen schon nichts tun."
Sie setzte sich im Schneidersitzt auf das Leder und lehnte den Kopf an die Rückenlehne, sah ihn weiter an.
„Sie überraschen mich immer wieder.", sagte Snape, als er einen Schluck trank.
„Sir?", sie verstand nicht.
„Ich hätte nicht gedacht, dass Sie wirklich nochmal hier hin kommen...", er lachte leicht.
„Ich hätte auch nicht gedacht, dass Sie in meine Räume kommen und sich danach mehr oder weniger entschuldigen.", sagte sie und musterte ihn.
„Ich auch nicht...", meinte er leise, trank einen weiteren Schluck.
„Was war das heute Mittag mit „Hermine"?", sie versuchte seine tiefe Stimme zu imitieren.
„Sie haben ja nicht gehört...", meinte er, strich sich über die Augen.
„Ich wollte auch nicht mit Ihnen reden.", sagte sie offen.
„Und jetzt sitzen Sie hier", ein leichtes Schmunzeln lag auf seinen Lippen.

„Warum muss es immer so sein? So... angespannt und.. distanziert? Warum müssen wir immer so tun, als würden wir uns nicht mögen?", fragte sie unschlüssig.
„Ist es nicht immer das, was Menschen machen? So tun als ob? Damit keine tieferen Fragen gestellt werden und man nicht in Erklärungsnot gerät?", sein Blick wirkte offen und interessiert.
„Sie geraten doch nie in Erklärungsnot...", meinte sie und lächelte leicht.
„Würde der Schulleiter jetzt in meine Räume kommen würde ich wohl ziemlich in der Klemme stecken.", meinte er, seine Zunge war durch den Alkohol wieder einmal gelockert.

Hermine atmete durch, stellte den Kürbissaft auf den Tisch und rutschte näher zu ihm, legte den Kopf schief und legte eine Hand auf seine Schulter, berührte mit ihren Fingern seine Haare.
„Sie wollen wohl wirklich, dass ich von der Schule fliege...", meinte er und musterte ihr Gesicht.
Sie nahm den Blick von seinen Haaren und sah direkt in das Obsidian seiner Augen. Sie zog die Hand von der Schulter, lehnte sich langsam an ihn, legte den Kopf auf seine Brust und umarmte ihn leicht, ihre Beine kamen auf der Couch zum Liegen. Snape seufzte auf, legte aber einen Arm um ihren Rücken und streichelte über sie.

„Es tut mir leid, dass ich Sie nach Black gefragt habe", sagte er langsam und nahm einen tiefen Atemzug.
„Mir auch", gab sie leise zurück, er nahm wieder einen Schluck.
„Waren Sie wieder bei ihm? Sie sehen so müde aus...", fragte sie und hörte genau auf die Reaktion, die von ihm ausging.
„Nein... ich muss für die nächste Zeit nicht mehr hin... ich habe... anderes zu tun.", meinte er, seine Stimme war dunkel, überlegend was er wie formulierte. Er bemerkte ihre angespannte Art, ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.
„Hören Sie auf darüber nachzudenken.", forderte er, es war eine Mischung aus sanft und streng, er wusste vermutlich selbst nicht genau, wie er den Satz aussprechen sollte.
Sie sah auf und musterte ihn, ihr Blick war traurig, „haben Sie Lust zu tanzen?", fragte sie leise, ein leichtes Lächeln mischte sich unter die besorgten Züge.
„Eigentlich nicht...", meinte er mit einer hochgezogenen Augenbraue.
„Eigentlich heißt eigentlich ja...", sagte sie grinsend, stand auf und zog ihn mit sich. Er seufzte, verdrehte die Augen, folgte ihr aber. Sie stellte sich in die Mitte seines Wohnzimmers, streckte ihm ihre Hand entgegen.

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