Kapitel 124: Trübes Wasser
Sie konnte einfach keine Ruhe finden, wie konnte Severus der Familie Potter so etwas antun?
Es war nicht genug, dass er ein Todesser war, nein, er hatte dafür gesorgt, dass alles so war, wie es war.
Dass Harry ohne Eltern bei seiner Tante aufwuchs und sie ihn fürchterlich behandelten, dass Sirius jahrelang in Askaban gesessen hatte, dass Voldemort beinahe die gesamte Zaubererwelt in Angst und Schrecken versetzen konnte und viel zu viele Menschen ihr Leben lassen mussten.
„was glaubst du warum ist sein Patronus eine Hirschkuh?.... Es ist die Liebe zu Lily", Dumbledores Worte drangen durch ihren Kopf, die Liebe zu Lily, sein Patronus ist immer noch eine Hirschkuh, auch wenn Hermine ihn liebte, er würde sie nie lieben, weil immer noch Harrys Mutter in seinen Gedanken umherspukte.
Die Erkenntnis traf sie fast noch mehr, als die schreckliche Tatsache, dass er die Frau, die er offenbar immer geliebt, an den grausamsten Zauberer, den die Welt je gesehen hat, verraten hatte.
Er war ein Verräter in doppelter Hinsicht, Lily und auch ihr gegenüber. Mit bösen Gedanken schlief sie ein, das würde sie nicht auf sich beruhen lassen.
Am Morgen rief sie Dobby zu sich, immer noch wütend und enttäuscht ließ sie sich von ihm in Severus Zelle bringen.
„Du hast mich die ganze Zeit angelogen", stellte sie einfach fest.
„Ich habe alle die ganze Zeit angelogen.", gab er zurück, er hob nicht einmal den Kopf, um mit ihr zu reden, saß an die Wand gelehnt, den Kopf zur Seite gedreht.
„Deswegen wolltest du nicht, dass ich dich liebe... auch wenn es diesen Krieg nicht gäbe... du hast nie etwas für mich empfunden, du würdest mir nicht sagen, dass du genauso fühlst, weil es nicht stimmt. Du liebst nur Lily.", ihre Stimme zitterte, sie wusste selbst nicht, ob es Wut oder Trauer war.
Er sah auf, sah zu dem Punkt, von dem ihre Stimme kam und schüttelte den Kopf.
„Ich habe Lily geliebt...", er nickte, „aber alles, was ich dir gesagt habe, das stimmt. Mein Leben war nach Lilys Tod dunkel und einsam, bis ich dich traf. Ich hab mich dagegen gewehrt, gegen diese Gefühle, gegen dich... solange ich die Kraft dafür hatte... Du bist zu stark für mich. Ich sage dir nicht, dass ich dich liebe, weil ich es nicht ertragen könnte dich zu verlieren.", seine Stimme war leise, löste in Hermine neue Stürme aus.
Sie wollte ihn eigentlich hassen, aber das was er sagte, wie er es sagte, drängten Hermine fast dazu ihn zu umarmen und zu küssen. Sie musste sich sehr zusammenreißen und schluckte.
„Ich kann nicht erwarten, dass du mir glaubst... aber es ist die Wahrheit.", fügte er hinzu.
„Deine Wahrheit... was letzten Endes nichts weiter, als eine... schattige Version ist.", ihre Stimme war kalt und enttäuscht.
Er zog die Augenbraune zusammen und nickte.
„Das ist vermutlich alles, was ich bin. Eine schattige, dunkle Version von allem, was ich erlebe und weiß...", sein Bariton drang durch die Zelle, legte sich auf Hermine. Tränen schoben sich wieder in ihre Augen, die sie versuchte runterzuschlucken.
Sie atmete tief ein und aus, strich sich durch ihr Gesicht und die Haare, lehnte sich an die Zellenwand.
Warum war das alles nur so furchtbar kompliziert?
Warum wusste sie wieder nicht, was sie genau glauben sollte?
Er hatte keinen Grund sie weiter anzulügen, oder?
War das alles die Wahrheit, dass er es nicht ertragen könnte sie zu verlieren, dass er ihr deswegen nicht seine Gefühle gestand, dass alles über Lily der Wahrheit entsprochen hatte?
„Ich verstehe jetzt, dass du so lange ein Spion sein konntest... es ist als wolle man durch trübes Wasser blicken...", ihre Stimme war kraftlos.
„Es tut mir leid, dass es ist, wie es ist... ich wollte dich nie in diese Lage bringen, ich hoffe, das weißt du.", kam es dunkel von ihm.
Ohne ein weiteres Wort verschwand Hermine durch Dobbys Hilfe aus der Zelle und kam im Gryffindorgemeinschaftsraum an.
„Gut, dass du da bist Hermine! Wir haben eine erste Version des Traums!", sprudelte es aus Fred heraus, noch ehe Hermine ganz da war.
„Eigentlich ist es nur ein einfacher Zauber, aber... da wir ihn quasi extrem verändern müssen, muss man ihn trinken. Er schmeckt vermutlich nach Minze...", George grinste sie an.
„Vermutlich...", wiederholte Hermine und nahm den Trank entgegen.
„Ja... wir können es nicht genau sagen, es riecht zumindest nach Minze.", Fred zuckte mit den Schultern.
„Aber es ist zumindest so sicher, dass ich davon nicht wahnsinnig werde oder so, oder?", fragte Hermine, als sie sich auf die Couch setzte. Fred und George sahen einander nur an.
„Das ist nicht euer Ernst... ihr wollt, dass ich euren Traum trinke und ihr könnt mir nicht einmal sagen, was die Nebenwirkungen sind?"
„Mine, mach dir keine Sorgen... bisher ist noch niemand verrückt geworden. Slughorn kann dir bestimmt helfen, wenn es passieren sollte...", George nickte ihr zu, drückte ihre Hand mit dem Tank darin dann weiter zu ihrem Gesicht.
Hermine seufzte genervt aus, entkorkte die Phiole und schluckte den Inhalt.
Kaum war sie in den Traum eingetaucht, wachte sie auch schon wieder auf, sie war kalkweiß und in Schweiß gebadet, fasste sich an den Hals und atmete hektisch ein und aus.
„Der Traum...", fing sie an.
„War super?", fragten George und Fred aus einem Mund.
„Nein! Überhaupt nicht super! Anstatt, dass ich Harry töte, hat er mir das Messer aus der Hand genommen und mir die Kehle durchgeschnitten!", sprudelte es aufgebracht aus ihr heraus.
„Oh...also...ja... das kann eine Nebenwirkung sein.", stammelte Fred.
„Das sollten wir dringend mit Slughorn besprechen", meinte George und zog seinen Bruder aus dem Gemeinschaftsraum.
Hermine, Ginny und Harry gingen wild diskutierend nach unten in die Große Halle um zu Abend zu essen.
Es war recht friedlich in den Mauern, noch machte sich niemand große Sorgen um irgendetwas. Die Auroren bewachten das Schloss und alle Eingänge, Remus und Tonks waren mit den Lehrern in der Großen Halle, Hermines Blick glitt über Dumbledore und seine Gäste, sie schienen sich amüsiert zu unterhalten.
Wie können alle so ruhig sein und lachen?, fragte sie sich, musste unweigerlich an Severus denken, sie wollte ihm glauben, konnte es aber nicht wirklich.
Ginny zog Hermine mit sich und setzte sie auf ihren Platz, streichelte über ihren Rücken und lächelte sie aufmunternd an. Hermine dankte Ginny still und heimlich dafür, dass sie ihre Stimmung offenbar immer wieder wahrnahm und sie ganz von allein auf andere Gedanken brachte.
Nach einem ausgiebigen Essen kamen Tonks und Remus zu Hermine, nahmen sie unter ihre Aufsicht und liefen zusammen über die Ländereien.
„Wie geht es ihm?", fragte Tonks nach einer Weile, Remus sah auf und beobachtete Hermines Reaktion.
„Schlecht.", sagte sie einfach und zuckte mit den Schultern. Tonks und Remus tauschten vielsagende Blicke aus.
„Habt ihr gewusst, dass er Harrys Eltern verraten hat? Dass er Voldemort die Information über die Prophezeiung gegeben hat?", fragte sie, als sie nicht sagten.
„Hermine...", fing Remus an.
„Du wusstest es!", hauchte sie.
„Ja... aber er hat sie nur bedingt verraten... ich meine... er hat Voldemort die Prophezeiung erzählt...aber Voldemort wusste nicht, wo sich Lily, James und Harry aufhielten. Es war Peter, der Voldemort zu ihnen geführt hatte...", Remus sah traurig zu Hermine, diese schnaubte nur auf.
„Er hat viele Jahre darunter gelitten, vermutlich sein ganzes Leben.", schob Remus nach.
„Schön, dass du darüber einfach hinweg sehen kannst... Sirius saß unschuldig in Askaban für seinen Verrat...", mischte sich Tonks ein, sie war ziemlich aufgebracht, das sah man anhand ihrer roten Haare.
„Tonks bitte...haben wir darüber nicht ausführlich gesprochen?", wollte Remus sie beruhigen.
„Du hast darüber ausführlich gesprochen...", gab Tonks wütend zurück, „wie kannst du ihm das ganze einfach so durchgehen lassen? Bist du jetzt auf seiner Seite?"
„Hass hat noch keinen je weiter gebracht im Leben", sagte Remus laut, Tonks hielt inne, „Ich vermisse James und Lily jeden Tag, genauso wie Sirius... unterstell mir nicht, dass ich das nicht tue!", er ballte die Händen zu Fäusten, „Severus hat einen schweren Fehler begangen, aber es ist nicht richtig, ihn deswegen sein ganzes Leben lang zu verurteilen und zu hassen."
Hermine sah fassungslos zwischen den beiden hin und her, es wäre, als würde sich ihre innere Zerrissenheit in Remus und Tonks manifestieren und trotzdem kam Hermine zu keinem neuen Entschluss.
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