Damals ...
TEIL 1
Wie gebannt, starrte Marie auf den Giebel der alten Halle, auf dessen Spitze eine Stange steckte. Am oberen Ende dieser Stange bewegte sich ein weißer Stofffetzen mit einem Totenkopf und zwei gekreuzten Knochen darunter im Wind. Ihre Bandenfahne. "Ach du Scheiße, ich glaub's ja nicht." Auch Luisa ließ ihr Fahrrad einfach zur Seite kippen und fuhr sich durch die rotblonden Haare. Dies machte sie immer, wenn sie nervös war. "Der ... der hat das wirklich gemacht." "Ja", sagte Marie mit monotoner Stimme. "Er hat es getan. Und dann ist er nicht mehr nach Hause gegangen. Sekunden vergehen, fünf, zehn ...
"Wenn ihm was passiert war..." Alle schauten zu Manu, die unentwegt die Fahne anstarrte. "Dann sind wir schuld." "Was soll den schon passiert sein. Du siehst doch die Fahne da oben. Es hat geklappt." Es klang nicht so überzeugt, wie Luisa das wohl gern gehabt hätte. "Sollten wir nicht lieber mal hinfahren?", schlug Tommy vor. Er war der einzige Junge in dieser Mädchengang und ziemlich schüchtern.
"Vielleicht sitzt er im Hauptquartier und wartet auf uns." Luisa's Gesicht hellte sich schlagartig auf. "Genau. Mensch, Tommy, manchmal hast du echt gute Einfälle." Ihr Kopf flog herum, sie sah Marie an. "Tommy hat Recht. Silly hat die Mutprobe gemacht und jetzt sitzt er im Hauptquartier und wartet auf uns, weil er denkt, wir würden ihn aufnehmen. So dämlich ist der doch. Ihr wisst schon: Zweifünf." "Was meinst du damit: Er denkt, wir würden ihn jetzt aufnehmen?" "Ach komm, Marie." Luisa stieß ein kurzes Lachen aus und schüttelte den Kopf. "Du willst den Schwachkopf nicht wirklich dabei haben?" Als Marie nicht antwortete, tat Manu es für sie. "Klar nehmen wir ihn auf. Er hat die Mutprobe bestanden, die DU ihn gestellt hast."
"Zuerst fahren wir mal rüber und schauen nach, ob er wirklich auf uns wartet." Marie hob ihr Fahrrad hoch und schwang sich auf den Sattel. Sie brauchte sich nicht umzudrehen, sie hörte, dass die anderen ihr folgten. Wie immer versteckten sie ihre Räder hinter einem Gestrüpp, nur ein paar Meter von der Stelle entfernt, an der sie die paar Bretter eines glaslosen Fensters entfernt hatten und die sie als Eingang benutzten. Luisa stieg als erste hindurch, Marie ist gleich hinter ihr. Sie mussten außen auf einen etwa einen Meter hohen Vorsprung steigen, dann bückten sie sich, um unter dem Fensterrahmen hindurchzuschlüpfen. "Scheiße", stieß Luisa aus und ließ Marie mitten in der Bewegung innehalten. "Oh Scheiße, Scheiße, Scheiße."
Marie ging in die Hocke, sie konnte nichts sehen, da Luisa direkt vor ihr auf der Innenbrüstung des Fensters stand. "Was? Was ist los?", fragte Tommy nervös von außen. "Ich weiß es auch nicht." Marie war aufgeregt, etwas sagte ihr, dass sie ein Problem hatten. Ein großes Problem. "Luisa, nun sag schon. Was ist los?" Luisa rückte zur Seite, nun konnte Marie sich ein kleines Stück nach vorne schieben, über den Rahmen, mit einem Fuß auf die Innenbrüstung und dann sah sie es auch. Das Innere der Halle sah komplett anders aus als noch am Vortag. Es war heller als sonst und mit einen Blick nach oben stellte Marie fest, dass nur noch das halbe Dach übrig war. Der Boden vor ihnen war mit Ziegeln, Latten und dicken, zerbrochenen Balken übersät. Zumindest da, wo der Boden noch intakt war ...
Fortsetzung folgt
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