19.

Die weite Ebene des Herzens schien Lenny fast schon tröstlich. Der Gedanke, dass ihre Schwester wegen ihr sterben könnte, ließ sie dennoch nicht los. Sie musste auf jeden Fall versuchen, von ihrem Plan, Lenny zu helfen, abzubringen.

Langsam lief sie den Schotterweg zur verbrannten Stelle inmitten des Feldes entlang. Grauer Nebel hing über dem Boden und die kleinen Steinchen pieksten in ihre bloßen Füße. Als sie den Fleck kahler Erde erreichte, auf dem einst die Bibliothek gestanden hatte, fiel ihr Blick auf die zerrissene Buchseite auf dem Boden. 

Erstaunt hob sie die beiden Stücke auf. Als sie das letzte Mal hier gewesen war, hatte sie sich gar keine Gedanken mehr über die seltsame Botschaft gemacht. Hab keine Angst. Doch dieses Mal standen weitere Worte auf dem spröden Papier. 

"Hab keine Angst um mich. Du sollst leben. Nicht ich."

Las Lenny laut vor. Wieder drohten ihr Tränen in die Augen zu steigen. Wer hatte diese Nachricht hinterlassen? Boneseeker konnte nicht schreiben, sie war ein Vogel. Vorsichtig faltete Lenny die Buchseite zusammen und steckte sie in die Falten ihrer Robe. 

"Boneseeker!" brüllte sie. Ihre Stimme verklang in den Weiten des Feldes. Noch einmal rief sie den Namen des Vogels. Sie hätte ihr helfen können. Im Herz sollte sie sicher sein, keiner außer Lenny konnte hinein. War sie auch entführt worden? Wer würde schon auf die Idee kommen, einen Vogel zu entführen?

Traurig drehte Lenny der kläglichen Ruine den Rücken zu. Solange sie Alice nicht zurück hatte, würde sie sich auf andere Dinge konzentrieren müssen. 

Als sie die Augen aufschlug, stand Layla über ihr und starrte ihr ins Gesicht. "Alles okay? Du bist nicht aufgewacht, selbst als ich dich geschüttelt habe. In wenigen Worten erklärte Lenny ihrer Schwester alles, was sie noch wissen musste. Am Ende sah Layla besorgter aus als zuvor. Doch sie ging nicht weiter auf das Thema ein, sondern hielt Lenny einen Zettel hin. Darauf war eine Reihe unordentlicher Zahlen gekritzelt worden. 

"Adresse ist hinten drauf. Ich mach uns nen Tee." Ohne ein weiteres Wort zu sagen verließ Laylas das Zimmer. Lenny holte ihr Handy aus der Tasche und tippte die Nummer ein. Sie war immer noch ein bisschen benommen, und die Haut um den Rubin schmerzte. 

"Ähm, Hallo?" ertönte Timos Stimme. "Bist du das, Lenny?" Lenny wunderte sich nicht, warum er ihren Namen kannte. Er hatte Alice' und ihrem Gespräch lange genug gelauscht. 

"Ja." sagte sie trocken. "Du hast gesagt, du willst dass ich dich informiere, wenn ich noch einmal trainiere." 

"Ja, hab ich, aber hör zu. Es tut mir total leid, ich hätte auch einfach so fragen können, aber ihr hättet bestimmt nein gesagt und - ach egal. Ich habe das Video gelöscht." 

Lenny lächelte. "Danke." sagte sie aufrichtig. "Aber ich brauche deine Hilfe." 




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