17.
Als Lenny zu Hause ankam, saß zu ihrer Überraschung Layla am Küchentisch. Ihre Schwester rührte abwesend mit einem Löffel in einer Kaffeetasse herum. "Wie geht es dir?" fragte sie, ohne aufzuschauen. Lenny setzte sich ihr gegenüber. "Ganz gut, eigentlich."
Layla warf ihr einen ernsten Blick zu. "Deine beste Freundin ist urplötzlich zum Arschloch mutiert und du hattest ein krasses Fieber, das anscheinend immer noch an deinem Körper hängt, so wie die Schatten unter deinen Augen aussehen. Oder du hast Schlafprobleme. Und du wurdest verprügelt."
Lenny saß da und starrte Layla ungläubig an. Wie hatte sie das alles mitbekommen, wenn sie den ganzen Tag nur in ihrem Zimmer hockte? "Was hat eigentlich jeder mit meinen Augenringen?" murmelte sie.
"Sie lassen dich wie ein Zombie aussehen." sagte Layla trocken. "Kein schöner Anblick." Lenny schnaubte. "Was interessiert es dich schon?" fragte sie. Layla sah ernsthaft gekränkt aus. "Tut mir leid, dass ich mich um meine Schwester sorge." schnappte sie und nahm einen großen Schluck aus ihrer Tasse.
Sofort hatte Lenny Schuldgefühle. "Sorry." murmelte sie. "Ich bin einfach nur sehr erschöpft." hastig flüchtete sie in ihr Zimmer.
Um sich von ihren rasenden Gedanken abzulenken, schnappte sie sich ein dickes Buch aus dem Regal und schlug den Deckel auf. Doch schon nach der ersten Seite bemerkte sie, wie unkonzentriert sie war. Sie konnte sich einfach nicht mehr auf die Geschichte konzentrieren, sondern dachte nur noch an ihre Gedanken bei Timos Anblick. Hatte sie wirklich darüber nachgedacht, ihn zu töten? Bei der Erinnerung lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Nur kurz, und dennoch war der Gedanke dagewesen.
Angestrengt versuchte sie, sich wieder auf die Geschichte zu konzentrieren, doch die Buchstaben schienen vor ihren Augen zu verschwimmen. Genervt legte sie das Buch beiseite und fischte ihr Handy aus der Tasche. Sie hatte zwar schon den ganzen Tag mit Alice verbracht, aber sie musste einfach noch einmal mit ihr sprechen. Ungeduldig wartete sie darauf, dass ihre Freundin ans Telefon ging.
"Hallo Lenny!"
"Hi, ich wollte dich nur fragen ob-"
"Nein Handy liegt vermutlich auf dem Mond. Für alle anderen: das ist mein Anrufbeantworter. Bitte hinterlasst nach dem Piepsknödel eine Nachricht."
Frustriert legte Lenny auf und schrieb Alice eine kurze Nachricht. Doch gerade als sie WhatsApp schließen wollte, fiel ihr Alice' Profilbild auf. Als sie es vergrößerte, gefror ihr das Blut in den Adern. Ein weißes Blatt Papier war mit tiefrotem Nagellack beschrieben worden.
"Wenn du deine Freundin in einem Stück wiedersehen willst, komm morgen Früh in den Garten der abgebrannten Villa. HERZliche Grüße, Eras.
Lenny starrte das Bild an. Jeder würde es für einen Scherz halten, wenn er es sah. Der Nagellack war anscheinend noch frisch gewesen, als das Foto aufgenommen worden war, und glänzte. 'Wie Blut.' schoss es Lenny durch den Kopf. Plötzlich erinnerte sie sich an das, was Alice zu ihr gesagt hatte, als sie den kleinen Fingerschwur geleistet hatten.
"Rote Fingernägel stehen dir."
Es war alles Lennys Schuld. Sie hätte jemandem davon erzählen sollen. Doch wem konnte sie schon vertrauen? Erschöpft ließ sie den Kopf auf die Knie sinken und ließ ihren Tränen freien Lauf.
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