1. Kapitel
Joy blutete. Dunkles, rotes Blut quoll aus einem dünnen Kratzer auf ihrem Handrücken. Leise fluchend, hielt sie die linke Hand mit der rechten umklammert und versuchte, sich aus den Dornen zu befreien, die sich in ihre Kleidung gekrallt hatten. Dabei hinterließ der Saft der schwarzen Beeren, die gut geschützt in dem stacheligen Gestrüpp wucherten, klebrige Flecken auf dem Stoff.
Endlich hatte Joy sich aus dem hüfthohen Strauch gekämpft und zupfte sich mit schmerzverzerrter Miene Stacheln aus Haut, Haaren und Hemd.
Kugelbeeren zu sammeln war eine ziemlich schmerzhafte Angelegenheit. Die kleinen, runden Früchte verbargen sich tief in den dornigen Zweigen ihrer Sträucher. Es war nicht einfach, an sie heranzukommen. Trotzdem stellten die Beeren ein herrliches Frühstück dar und Joy konnte dieser Süßigkeit nur selten widerstehen. Noch immer schmeckte sie den wunderbaren Geschmack ihrer Mahlzeit auf der Zunge.
Zufrieden klopfte Joy sich die alte Hose, die mit einem Gürtel an ihrer Hüfte befestigt war, aus und zupfte das viel zu große Hemd zurecht. Dann schlenderte sie zu dem breiten Fluss, der nahe des Kugelbeerbusches lag und betrachtete ihr verschwommenes Gesicht in der Wasseroberfläche. Sofort schweifte ihr Blick zu den meerblauen Augen. Sie waren so sonderbar und einzigartig und stets das Erste, was einem Betrachter auffiel. Umrandet waren die tiefblauen Kreise von langen, dunklen Wimpern. Darüber lagen gerade Augenbrauen. Eine zweite Besonderheit an Joy waren ihre blonden Haare, die ihr in dichten Strähnen über die Schultern fielen.
Joy verzog ihre Lippen zu einem leichten Lächeln und beobachtete, wie ihr Spiegelbild jede ihrer Bewegungen nachahmte. Sie kämmte sich mit gespreizten Fingern durch die Haare, rubbelte sich mit Flusswasser Schmutz aus dem Gesicht und zupfte an ihrer lumpigen Kleidung. Nach einer Weile war Joy mit ihrem Äußeren zufrieden und wandte sich, immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen, wieder von dem Spiegelbild ab. Prüfend senkte sie den Blick auf ihre Handfläche. Das Blut, das vor wenigen Minuten aus dem Kratzer gesickert war, bildete eine feste Kruste über der Wunde. Joy beschloss, dennoch ein wenig Stoff zum Verbinden der Hand zu besorgen, und wandte sich nach Norden, um zum in der Nähe liegenden Dorf zu laufen. Geschickt schlängelte sie sich zwischen Baumstämmen hindurch, duckte sich vor herabhängenden Zweigen und wich kleinen Pfützen, die durch den Regen der Nacht entstanden waren, aus.
Es war nicht weit bis zum Dorf. Nach fünf Minuten zügigem Lauf tauchten kleine, bescheidene Holzhütten in der Ferne auf. Kurz bevor Joy aus dem Schutz des Waldes trat, überprüfte sie nochmals, ob wirklich sämtlicher Schmutz aus ihrem Gesicht verschwunden war. Dann huschte sie in die Schatten der Häuser und näherte sich dem Kern des Dorfes.
Joy war geübt darin, mit den finsteren Winkeln der Häuser zu verschmelzen. In ihrer dunklen Kleidung, dem leichten Schritt und dem gesenkten Kopf, war sie beinahe unsichtbar für die in ihrem Alltag vertieften Dörfler. Joy näherte sich dem Marktplatz, von dem der strenge Geruch von Fisch wehte. Je näher sie kam, desto lauter wurden die Stimmen der vielen Menschen, die sich zwischen den Marktständen drängten. Rufe der Händler, die die Herrlichkeit ihrer Waren priesen, schallten durch die Luft, wurden allerdings noch von dem Lachen der Kinder, die am Hafen spielten und von den Hühnern, die aufgeregt in ihren Käfigen umherflatterten, übertönt.
Joys aufmerksamer Blick huschte zu einem kleinen Wagen, an dem ein Mann lehnte und Pfeife rauchte. Auf einem Tisch, den er kaum beachtete, lagen wüst verstreut dünne Stoffe, billiger Schmuck und bunte Knöpfe. Joy schälte sich aus den Schatten der Häuser und huschte auf den Warentisch zu. Der Blick des Mannes streifte sie kurz, schweifte aber sofort wieder gelangweilt ab. Joy schlenderte wie zufällig dicht an dem Stand vorbei. Dabei schoss ihre Hand für einen Sekundenbruchteil hervor, schnappte sich einen Streifen dünnen Stoffes und verbarg diesen in ihrer Faust. Niemand hatte etwas bemerkt. Ein triumphierendes Lächeln erschien auf Joys Gesicht, während sie sich schnell wieder auf den Weg, zurück in die Schatten machte.
Kurz bevor Joy in der Dunkelheit verschwand, fiel ihr plötzlich ein finsteres Augenpaar in der Menschenmenge auf. Ihr Herz machte einen Sprung und ihr Atem stockte. Diese Augen sahen sie unverwandt an. Sie, den unauffälligen Schatten. Joy blieb stehen und starrte in das dunkle, ausdruckslose Augenpaar, das sie ebenso misstrauisch musterte. Sie schüttelte hastig den Kopf, schloss für einen Moment die Augen und starrte dann erneut zu der Stelle, an der die Person gestanden hatte. Das Augenpaar war fort.
Joy schluckte schwer. Irgendetwas an dem Blick hatte sie zutiefst beunruhigt. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen schlich sie sich zurück durch die Gassen bis zum Waldrand. Das mysteriöse Augenpaar ging ihr nicht aus dem Kopf, auch nicht, als sie sich erneut durch den Wald schlug und einen Weg durch das Unterholz bahnte.
Als sie wieder ein ganzes Stück vom Dorf entfernt war, drang Joy plötzlich ein Donnern an die Ohren, das mit jeder Sekunde lauter wurde. Sie erkannte das Geräusch sofort und warf sich hinter den Schutz eines dicken, knorrigen Baumstamms. Auf dem Wildwechsel, den sie bis eben entlanggewandert war, näherte sich rasend schnell eine dunkle Staubwolke, während das Poltern, das mittlerweile deutlich als Hufgetrappel erkennbar war, immer lauter wurde.
Mit leuchtenden Augen beobachtete Joy, wie eine wilde Herde auf sie zu galoppiert kam. Die Gruppe bestand aus Zentauren. Diese Wesen hatten den Oberkörper eines Menschen und den Unterkörper eines Pferdes. Joy sah muskulöse Beine und wehende, lange Haare an sich vorbeifliegen. Ihr Blick suchte nach einer ganz bestimmten Person. "Nahuel!", schrie sie gegen den Lärm des Hufgetrappels an, winkte heftig und hielt verzweifelt nach ihrem Freund Ausschau. "Nahuel!" Ein großer, junger Apfelschimmel löste sich aus der Gruppe und blieb schlitternd stehen. Sein menschlicher Kopf drehte sich suchend in alle Richtungen. "Hier bin ich!", rief Joy und kam stolpernd hinter dem Baum hervor. Der junge Zentaur schnaubte erfreut, als er sie erblickte. Er beachtete seine Herde, die in einer dichten Staubwolke am Ende des Wildwechsels verschwand, nicht mehr und trottete mit breitem Lächeln auf sie zu. Joy lief ihm strahlend entgegen und breitete die Arme aus, um den jungen Mann zu umarmen. Dieser beugte sich erfreut zu ihr hinunter und erwiderte die herzliche Begrüßung. Joy stellte bewundernd fest, wie hart und durchtrainiert sich Nahuels Körper an ihrem kleineren, zierlicheren anfühlte. Verlegen trat sie zurück. Dann musterte sie das junge Gesicht des Zentauren teils glücklich, teils vorwurfsvoll. "Ich habe dich schon ewig nicht mehr gesehen", stellte sie fest und blickte ihm in die grün-braunen Augen. Sie leuchteten aufmerksam aus einem kantigen Gesicht mit schrägem Kiefer, einer Narbe am Kinn, Stoppelbart und karamellblonden Haaren. "Wo warst du die ganze Zeit?"
Er verzog schuldbewusst das gebräunte Gesicht und trat von einem Bein auf das andere. "Es tut mir leid. Ehrlich. Glaub mir, ich hätte dich unglaublich gerne besucht, aber ich hab nun mal Pflichten in der Herde, die mich in letzter Zeit viel in Anspruch genommen haben." Seine Augen leuchteten so ehrlich und betroffen, dass Joy nicht anders konnte, als ihm einen kurzen Kuss auf die Wange zu geben.
"Schon gut." Ihre Mundwinkel hoben sich zaghaft und sie warf Nahuel einen warmen Blick zu. "Ich verzeihe dir." Die Wangen des Zentauren waren zartrosa angelaufen und er scharrte verlegen mit den Hufen im Sand.
"Ehrlich gesagt habe ich auch jetzt nur wenig Zeit. Die Herde wird sich wundern, wo ich geblieben bin. Können wir uns heute Abend treffen?"
Joy nickte erfreut. "Ja. Bei Sonnenuntergang am Fluss?" Nahuel machte eine zustimmende Kopfbewegung und schenkte ihr ein sanftes Lächeln.
"Bis dann, Joy." Er drehte sich um und trabte an, den Spuren seiner Herde folgend.
"Bis dann!", rief Joy ihm nach und beobachtete wehmütig, wie der junge Zentaur mit fliegenden Hufen zwischen den Bäumen verschwand.
Nahuel war ihr bester Freund, seit sie sich erinnern konnte. Er war ein kluger, gewissenhafter Zentaur, der sich ihr gegenüber stets freundlich und treu verhalten hatte. Zwar waren Zentauren für gewöhnlich eher scheu, doch Nahuel und Joy verband eine außergewöhnliche, tiefe Freundschaft.
Joy folgte ebenfalls weiterhin dem Wildwechsel und kickte ein paar kleine Steine vor sich her. Sie lauschte dem entfernten Plätschern des Flusses, beschloss, wieder zu dem Gewässer zurückzukehren, und bog kurzerhand scharf nach rechts in das Gestrüpp ab. Dabei spitzte sie konzentriert die Ohren, um durch das leise Wasserrauschen die richtige Richtung zum Fluss bestimmen zu können.
Als Joy sich schließlich aus dem dichten Gestrüpp hinaus kämpfte und zum Ufer des Gewässers lief, bemerkte sie ein warmes Kribbeln, das ihr wie ein Adrenalinstoß durch die Adern schoss. Sie kannte dieses Gefühl. Es überkam sie häufig, wenn sie sich dem Wasser näherte. Joy hob ihre trockenen, schlammverkrusteten Finger und hielt sie sich nachdenklich vor das Gesicht. Ihr gefiel die angenehme Wärme, die sie durchströmte, doch die Ungewissheit, woher diese stammte, machte sie nervös.
Als Joy sich ans Ufer kniete und eine Hand in das Wasser hielt, stieg die Hitze in ihren Fingern noch mehr an. Sie beobachtete voller Faszination, wie die Flüssigkeit um ihrer Hand herum hell zu leuchten begann und spielerische Wirbel formte.
Auf einmal fiel ein Schatten auf den Fluss. Joy legte den Kopf in den Nacken und erkannte, dass eine Wolke die Sonne verdeckt hatte. Ein plötzliches Frösteln überlief ihren Körper und sie zog die Hand aus dem Wasser zurück. Mit der Sonne war auch die Wärme des Morgens verschwunden. Joy trocknete ihre Hand an der Hose ab und betrachtete den Gürtel, den sie um ihre Hüfte trug. Daran waren einige kleine Werkzeuge befestigt. Ein Seil, eine Flasche Wasser, ein Spiegel, ein Feuerstein und ein Kompass. Doch ihr wichtigstes Gut befand sich perfekt versteckt in einem ihrer hohen, robusten Stiefel. Lächelnd zog Joy das kleine, scharfe Messer aus dem Schuh und drehte es in den Händen. Diese Waffe hatte ihr nicht selten das Leben gerettet. Mit ihr konnte sie Äste schneiden, Späne für Feuer schnitzen, jagen, werken und sich gegen wilde Tiere verteidigen. Joy ließ den Blick suchend über das Flussufer schweifen und beugte sich zur Seite, um einen großen, flachen Stein an sich heranzuziehen. Sie spritzte ihn mit etwas Wasser nass und begann dann langsam und sorgfältig das Messer daran zu schärfen. Dabei spürte sie plötzlich ein eigenartiges Kribbeln im Nacken. Sie fühlte sich beobachtet. Joy warf ein paar verstohlene Blicke auf die spiegelnde Wasseroberfläche des Flusses und suchte den Wald hinter sich ab. Doch sie entdeckte niemanden. Schulterzuckend führte Joy ihre Arbeit fort, blieb jedoch aufmerksam und lauschte angespannt auf Geräusche, die einen Beobachter entlarven könnten.
Nach einer Weile ertönte jäh ein Rascheln aus den Bäumen hinter Joy und sie fuhr augenblicklich herum. Doch als ihr Blick suchend über die Sträucher huschte, erblickte sie nur eine Krähe, die sich aus den Zweigen einer Tanne schwang und krächzend in den bewölkten Himmel flatterte.
Joy ärgerte sich über sich selbst. Warum war sie nur so nervös? Es war normal, dass im Wald Blätter raschelten und Zweige knacksten. Sie versuchte, ihren Herzschlag wieder zu beruhigen, und senkte den Kopf, um ihre Arbeit fortzusetzen. Doch gerade, als sie nach dem in der Sonne blitzenden Messer greifen wollte, fiel ein Schatten über sie. Joys Herz blieb für einen Moment stehen. Hinter ihr stand eine riesige, maskierte Gestalt und sah mit grimmigem Blick auf sie hinab. Als Joy mit zitternden Händen nach ihrer Waffe greifen wollte, schnellte ein mächtiger Stiefel vor und kickte das Messer aus ihrer Reichweite. Joy krabbelte entsetzt auf allen vieren zurück, doch der Fluss versperrte ihr den Fluchtweg. "Was..." Joys Stimme war heiser vor Schreck. "Was willst du?" Die Gestalt antwortete nicht und starrte sie nur aus kalten, schwarzen Augen an. Joy rappelte sich mühsam auf und blieb ratlos stehen. Ihre Gedanken rasten. Sollte sie sich nach rechts, zu ihrem Messer stürzen, oder geradeaus laufen und versuchen, an dem Maskierten vorbei zu kommen? Kampf oder Flucht. Joy wusste, dass das ihre beiden einzigen Möglichkeiten waren. Denn die Augen des Mannes funkelten so gefährlich und feindselig, dass Joy jeden Augenblick mit einem Angriff seinerseits rechnete. Trotzdem entschied sie sich, einen Fluchtversuch zu wagen, und sprintete in Richtung Wald los. Der Maskierte hatte offenbar nicht die Absicht, Joy entkommen zu lassen. Er warf sich ihr blitzschnell entgegen und rammte Joy mit einer solchen Wucht die Faust in den Magen, dass ihr die Luft aus den Lungen gepresst wurde und sie mit schmerzverzerrtem Gesicht in sich zusammenfiel. Der Mann baute sich drohend vor ihr auf und sah mit versteinerter, hasserfüllter Miene zu ihr herab. Joy versuchte panisch, von ihm fortzukriechen, doch der Maskierte setzte, ohne zu zögern, mit einem festen Fußtritt in ihre Rippen nach. Joy jaulte auf vor Schmerz, ihr Sichtfeld begann sich zu drehen. Sie wimmerte verzweifelt, versuchte weiterhin, dem Angreifer zu entfliehen, und hob schützend die Hände vor den Kopf. Wer war dieser Mann? Und was wollte er von ihr? Wie ein Dieb sah er nicht aus. Seine Stiefel waren vornehm und teuer, die Kleidung sauber und makellos. Als der Maskierte sich bückte und seine Hände nach Joys Kehle ausstreckte, war es Joy jedoch gleichgültig, wer genau er war. Der Mann wollte sie offensichtlich umbringen und ihr Überlebensinstinkt drängte Joy, sich zu verteidigen. Adrenalin schoss durch ihre Adern, als sie mit einem zornigen Schrei die Zähne in die massige Hand grub. Der Mann zischte leise und stolperte fluchend zurück.
Joy versuchte sich taumelnd aufzusetzen. Doch der Angreifer, nun erst recht wütend geworden, stürzte sich sofort wieder auf sie und beugte sich über Joy. Sie trat ihm entschlossen gegen das Schienbein, rappelte sich auf und stolperte ein paar Schritte zurück. Keuchend suchte sie hinter einem Baum Schutz, während der Maskierte sich von dem schmerzhaften Tritt zu erholen versuchte. Als er erneut auf Joy zu stampfte und sie am Hemd zu fassen bekam, schlug er ihren Kopf so heftig gegen den Baumstamm, dass sie benommen in sich zusammenfiel.
Vor Joys Augen flimmerte es schwarz. Panisch stellte sie fest, dass sich kalte, schweißnasse Hände um ihre Kehle gelegt hatten und erbarmungslos zudrückten. Sie wimmerte und röchelte nach Luft. Dumpf nahm Joy wahr, dass sich ihnen plötzlich leise Stimmen näherten. Der Griff um ihren Hals lockerte sich und sie spürte die Unsicherheit des Unbekannten. Der Mann fluchte leise. Joy sog gierig die frische Luft ein, die sich einen Weg zu ihren Lungen bahnte und blinzelte benommen.
Die Stimmen wurden lauter und Blätter raschelten in einiger Entfernung. Verschwommen sah Joy, wie ihr Feind aufsprang, ihr einen qualmenden Gegenstand vor die Nase warf und hastig zwischen den Zweigen verschwand.
Röchelnd atmete Joy den grünen Rauch, der in dünnen Fäden in die Luft stieg, ein. Ihr Kopf schmerzte höllisch und vor ihren Augen tanzten Sterne.
Das letzte, was Joy mitbekam, bevor sie das Bewusstsein verlor, war, wie sich eine menschliche Gestalt zwischen den tiefhängenden Zweigen der Nadelbäume hervor schob und ihr direkt in die Augen starrte.
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