Die Versöhnung
Ahila kniete vor mir und hielt sich den Bauch während ich mit geballten Fäusten vor ihr stand. In dem Moment als sie mit verängstigtem Blick zu mir aufsah, erkannte ich was ihr gerade angetan hatte. Fassungslos sah ich auf meine Hände in dessen Flächen ich vor Zorn meine Nägel hineingebohrt hatte. Sie begannen vor meinen Augen an zu zittern.
Was ist passiert?
Was habe ich getan?
Professor Agina lief zornig durch die Feuerfeen hindurch. In ihrem Gesichtsausdruck sah ich nichts Gutes.
"Auseinander mit euch!" schrie sie uns an und stellte sich direkt zwischen uns. Dabei sah sie nur mich an.
"Hätte ich mir gleich denken können das die Kriegsfee irgendwann Probleme macht" zischte sie mich an und ich verstand nicht was sie meinte.
"K... Kriegsfee?"
"Was glaubst du wie die Kristallfeen sonst im Krieg genannt wurden. Hier sind wir Feuerfeen zwar die bösen, aber während der Kriege sind deine Leute diejenigen gewesen die ohne mit der Wimper zu zucken über einen Berg aus Leichen gegangen sind. Und ausgerechnet eine wie dich mussten sie hier zurücklassen" erklärte sie mit einem sehr düsteren Ton, dann lehnte sie sich sehr nah in meine Richtung und starrte mir direkt in die Augen.
"Wenn du deine Wut und deine Kräfte nicht bald in den Griff bekommst, wirst du uns noch alle umbringen" ihre Stimme war so bedrohlich das ich das Gefühl hatte, mir würde das Blut in den Adern gefrieren. Professor Agina richtete sich wieder auf und sah zu Ahila.
"Du gehst zur Krankenstation und du!" fuhr sie mich wieder an.
"Du trainierst mit Kiran weiter. Mal sehen ob du ihn auch so leicht umhauen kannst"
"Aber..."
"Kein aber!" Ich wagte es nicht nochmal zu widersprechen und stellte mich meinem Schicksal als sich Kiran mir gegenüberstellte.
"Und von vorne!" brüllte die Professorin über den Platz und alle gehorchten ihr aufs Wort. Zum Glück hörte Kiran wie ein braves Hündchen auf die Professorin und ahmte zunächst nur ihre Bewegungen nach.
"Ärger im Paradies?" fing Kiran flüsternd eine Konversation mit mir an. Mich irritierte das und ich zögerte bevor ich ihm antwortete.
"Ich weiß nicht was in mich gefahren ist"
"Du hast dem Stereotypen deiner Art nachgegeben"
"Sterio... was?" hakte ich verwirrt nach.
"Jeder Feenart wird eine bestimmte Charaktereigenschaft nachgesagt und nur wenige schaffen es sich dagegen zu entscheiden wie alle anderen zu sein" erklärte er und sah dabei immer nach ob andere Notiz von unserer Unterhaltung nahmen.
"So wie du?" er nickte.
"Ich sehe du verstehst es"
"Und was mache ich jetzt? Ich habe keine Ahnung von den Schattenfeen oder wie sie sich verhalten"
"Was für ein Zufall das du einen Schlüssel zu einer Geheimen Bibliothek besitzt in der alles wissende Bücher stehen" Ich schwieg, mir war das peinlich, denn darauf hätte ich wirklich auch selbst kommen können.
"Woher weiß ich welches das richtige ist?"
"Du hast das richtige schon bekommen. Im Unterricht von Professor Chiron und davon steht auch das Originale in der Bibliothek" mit neuer Hoffnung sah ich ihn an und es war mir das erste Mal egal das er eine Feuerfee war.
"Hey! Das hier ist Kampfunterricht und kein Teetreffen!" schrie uns Professor Agina wieder an und wir sahen das wir nicht mitbekommen haben das die Übungen schon zum richtigen Kämpfen übergegangen waren. Ich schluckte als ich die skeptischen und teilweise hasserfüllten Blicke der Feurfeen sah.
"Du musst mich umhauen" flüsterte ich Kiran zu der mich nur verwirrt ansah.
"Na los. Es fällt auf das du dich nicht wie sie verhältst" er nickte und schneller als ich es realisieren konnte lag ich auch schon mit dem Rücken auf dem Boden. Ich verzerrte mein Gesicht und stöhnte vor Schmerzen.
Musste er das gleich so ernst nehmen? Die Professorin tauchte in meinem Blickfeld auf und grinste mich bitter an.
"Damit ist deine Überheblichkeit fürs erste gestillt würde ich sagen. Das wars für heute! Packt eure Sachen und verzieht euch!" brüllte sie nach ihrem herablassenden Kommentar über den Platz. Ich richtete mich wieder auf und sah Kiran böse im Augenwinkel an, dieser zuckte nur mit den Schultern und flog mit seiner Tasche davon. Ich klopfte mir den Staub ab und flog auch los bevor diese Professorin auch noch auf die Idee kam mich aufzuhalten um mit mir zu reden.
Zurück im Schulgebäude, blieb ich nachdenklich im Gang stehen und sah aus dem Fenster. Ich fühlte mich schrecklich und nach dem was ich getan hatte konnte ich nicht zurück in die Wohngemeinschaft. Allerdings wusste ich auch nicht wo ich als nächstes hinmusste, da mein Stundenplan in meinem Zimmer lag und selbst wenn ich ihn holen könnte, würde er mir nichts bringen. Das Adrenalin in mir gab langsam nach und wandelte sich zu einem Kloß um der sich in meinem Hals den Weg nach oben bahnte. Ich konnte die Tränen nicht zurückhalten und versuchte so leise und unauffällig wie möglich zu weinen. Zum Glück waren gerade wenig bis gar keine Feen in diesem Teil der Akademie unterwegs und wenn jemand vorbeikam, kümmerte es die Fee nicht ob eine erbärmliche Schattenfee im Gang stand und heulte. Das erste Mal seit langen wünschte ich mir wieder im Armenviertel bei Evander zu sein, zurück in einer Zeit in der niemand wusste wer oder was ich war, doch die Zeit war auf ewig vorbei.
Ich wusste nicht wie lange ich hier stand und vor mich hin weinte, aber irgendwann spürte ich eine Hand auf meiner Schulter.
"Azura... warum weinst du denn?" hörte ich die zarte und besorgte Stimme von Terra. Ein Schock durchfuhr mich. Wie sollte ich Terra erklären wie es dazu kommen konnte das ich ihre beste Freundin geschlagen hatte.
"Ich will nicht darüber reden" schluchzte ich und Terra drehte mich zu sich. In ihre besorgten Augen zu sehen machte die ganze Sache nur noch schlimmer.
"Du kannst mit mir über alles reden, das weißt du oder?" ich nickte nur und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht.
"Warum bist du überhaupt hier?" fragte ich um von mir abzulenken.
"Weil ich und Selene die einzigen waren die in Geschichte saßen und der Professor so keinen Unterricht machen wollte. Also haben wir uns auf die Suche nach euch gemacht" jetzt wurden meine Schuldgefühle unerträglich und ich musste es ihr sagen.
"Ahila ist auf der Krankenstation... meinetwegen" gab ich zu und sah betroffen zu Boden.
"Was!? Warum? Was ist passiert?" Wieder sah ich auf meine zitternden Hände.
"Ich... habe die Kontrolle verloren... ich habe ihr wehgetan... ich... ich wollte das nicht" und wieder fing ich an zu weinen und auch wenn ich glaubte das Terra mich für das was ich getan hatte hassen würde, tat sie das nicht und umarmte mich.
Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte trennten wir uns wieder und ich sah sie mit aufgequollenen Augen an.
"Du bist nicht sauer auf mich?"
"Nein wieso denn. Du hast einen Fehler gemacht und du hast es erkannt ohne es abzustreiten. Das ist kein Grund wütend zu werden"
"Sag das mal Ahila... sie war schon davor sauer auf mich und ich weiß nicht mal warum" Terra lachte, was ich nicht verstand.
"Nimm Ahila nicht zu persönlich. Vergiss nicht, dass sie eine Windfee ist. Das sind Freigeister und wenn sie über einen längeren Zeitraum mit anderen Feen in einem engen Raum eingesperrt sind, können sie... naja... etwas unleidlicher als sonst werden" erklärte sie.
"Das verstehe ich... aber warum hat sie mir das nicht einfach gesagt? Warum hat sie mich noch zusätzlich provoziert?" fragte ich schluchzend.
"Das sind so Verhaltensweisen, die werde ich bei ihr nie verstehen, aber mach dir keine Sorgen, das wird alles wieder" versuchte sie mich zu trösten.
"Ja das mag sein... aber ich kann mich damit jetzt noch nicht auseinandersetzen und brauche etwas Zeit allein... kannst du mir den Weg zum Garten noch mal zeigen?"
"Natürlich"
Terra verabschiedete sich mit traurigem Blick von mir nachdem sie mich schweigend zum Rand des Dryaden Gartens gebracht hatte. Nach unserer Begegnung mit der Dyade erklärte mir Terra, dass der Garten eigentlich Dryaden Garten heißt, das war aber denen bekannt die auch von der Dryade selbst wussten. Die meisten nannten ihn einfach nur Schlossgarten. Ich lief direkt auf die nächste Steinbank zu von der man einen perfekten Blick auf den Dryaden Baum hatte. Er war immer noch so wunderschön wie am Anfang und ich vergas meine Sorgen solange ich den Baum betrachten und mir jedes noch so kleine Detail einprägen konnte. Um mich weiter abzulenken holte ich den Stein von Professor Erion hervor und legte ihn auf meine Handflächen. Mit so viel Konzentration wie ich noch aufbringen konnte, versuchte ich diesen Stein irgendwie in Bewegung zu setzen, aber es tat sich nichts. Frustriert lehnte ich mich zurück.
"Bei den anderen sah das so einfach aus" ich sah ihn den Wolkenfreien Himmel hinauf und dachte an die Worte des Professors, dann sah ich wieder auf den Stein und fing an mich statt auf den Stein, auf die Moleküle um den Stein herum zu konzentrieren. Zunächst passierte nichts, doch als ich mit ganzer Willenskraft versuchte diesen Stein in Bewegung zu setzen, konnte ich ihn ganz leicht zucken sehen.
"Er hat sich bewegt" stellte ich fasziniert fest und versuchte es weiter.
Ich saß hier bis die Mittagssonne gnadenlos auf mich herunter brannte. Nichts um mich herum nahm ich wahr, ich sah nur den Stein und spürte dabei wie die Energie durch meinen Körper floss und endlich sah ich wie sich eine Azurblaue Aura um den Stein herum entwickelte. Langsam hob der Stein von meinen Handflächen ab und flog noch etwas unsicher zuckend vor mir her. Fasziniert und konzentriert zu gleich starrte ich den Stein breit grinsend an und konnte nicht glauben das ich es war die den Stein zum Schweben brachte. Ich schaffte es sogar den Stein zu stabilisieren.
"Ich habe es geschafft!" rief ich freudig auf und glaubte alleine hier zu sein.
"Gratuliere" hörte ich eine monotone Stimme direkt neben mir. Ich erschrak und schleuderte den Stein von mir weg.
"Ahila!? Was... was machst du hier?" fragte ich perplex. Sie antwortete nicht und setzte sich neben mich was mich nur noch mehr verwirrte.
"Hör mal, ich..." wollte ich mit meiner Entschuldigung anfangen, doch Ahila hob ihre Hand um mich am Weiterreden zu hindern.
"Die Erklärung kannst du dir sparen. Terra hat mir schon alles gesagt was ich wissen muss und ich will nicht das du noch mal in Tränen ausbrichst" die Schuldgefühle kamen wieder zurück und ich sah zu Boden. Im Augenwinkel sah ich wie Ahila mich ansah, ihren Blick konnte ich jedoch nicht deuten.
"Warum ich eigentlich hier bin... ich wollte mich bei dir entschuldigen" fing sie an und wieder konnte ich sie nur verwirrt ansehen.
"Ich hätte daran denken sollen das du von meinen Stimmungsschwankungen nichts weißt. Ich hätte einfach etwas sagen sollen, dann wäre das nicht so eskaliert und das tut mir leid. Ich weiß das es nicht einfach ist mit jemandem wie mir befreundet zu sein. Dieses ganze Gemeinschaftliche und Gesellschaftliche Zeug ist oft etwas viel für mich und das hätte ich dir schon viel früher erzählen sollen" erklärte sie und ich fragte mich ob ich Ahila jemals so viel am Stück habe reden hören.
"Und du hattest recht... ich war eigentlich wütend auf Selene und habe es an dir ausgelassen, weil es um dich ging. Das war falsch und das weiß ich jetzt" langsam wurde mir ihre Gesprächigkeit etwas unheimlich. Es klang als wäre es schon lange überfällig gewesen das sie mit jemandem Sprach.
"Ist schon ok Ahila, du musst dich nicht rechtfertigen. Wir haben beide Fehler gemacht. Wie wäre es, wenn wir einfach mehr miteinander reden? Ich habe oft das Gefühl das du mich nicht leiden kannst und bin dir darum eher aus dem Weg gegangen" gab ich zu und war unsicher wie sie darauf Reagierte.
"So ist das nicht. Es fällt mir nur sehr schwer mich anderen anzunähern und die Tatsache das du eine Schattenfee bist und verfolgt wirst macht eine stabile Freundschaft schwierig. Windfeen können nicht sehr gut mit ihren Gefühlen umgehen wie du bestimmt schon gemerkt hast... sogar Selene bekommt das besser hin"
"Ich spreche aus Erfahrung, wenn ich sage das ich weiß wie es ist gute Freunde zu verlieren. Aber das sollte dich nicht davon abhalten neue Freundschaften zu schließen. Man kann immer jemanden verlieren... aber ich glaube das es schlimmer, wenn man die Person verliert und dann realisieren muss das man eine mögliche Freundschaft mit dieser Person versäumt hat" nachdem ich das sagte passierte das undenkbare. Ahila lächelte mich an und Umarmte mich...
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top