Das Tauschgeschäft
Die Stille die sich nach dem letzten Satz des Professors um uns herum bildete war unerträglich. Jeder wollte wissen was er vorhatte doch keiner traute sich nachzufragen. Langsam kehrte aber die Kraft wieder zu mir zurück und ich konnte wenigstens ein Wort aussprechen. Völlig unerwartet konnte ich nur ein schwaches.
„Kiran" zwischen meinen Lippen hervorpressen. Sofort kniete er sich neben Evander und strich mir über meine verschwitzte Stirn. Ich sah Evanders irritierten Blick. Ich konnte mir gar nicht ausmalen wie es für ihn aussehen musste mich zusammen mit einer Feuerfee zu sehen. Nicht nach all dem was sie uns angetan hatten.
„Ich bin hier Azura" hauchte er. Es schien als würde er gegen einen Kloß in seinem Hals ankämpfen. Das Atmen viel mir schwer und mein Körper war völlig ausgebrannt.
„Hat... hat es funktioniert?" fragte ich mit aller Kraft die ich noch aufbringen konnte. Kiran schluckte schwer ehe er mir antwortete.
„Ja... hat es. Du hast die Mondfinsternis aufgehalten" schwach lächelte ich und schloss meine Augen wieder, da es zu anstrengend war sie offen zu halten.
„Das ist gut"
„Werde jetzt nicht schwach Azura! Deine Mission ist noch nicht zu Ende!" hörte ich Rune und wenn ich nicht so Schwach gewesen wäre, dann hätte ich ihm für diese Aussage einen Fausthieb verpasst. Müde zwang ich meine Augen wieder dazu sich zu öffnen. Erschöpft sah ich den Professor an.
„Das Zepter"
„Ich weiß... mir fällt nur eine Möglichkeit ein wie ich es entferne ohne dass es dich tötet" erklärte er erneut.
„Und die wäre?" fragte Delwin bevor ich es tun konnte.
„Etwas mit der gleichen oder einer ähnlichen Magiesignatur muss den Platz des Zepters einnehmen... ein Tauschgeschäft so zu sagen" Frust machte sich in mir breit. Das Mondzepter war das mächtigste Artefakt der Schattenfeen und wir waren in einer Gefahrenzone. Wie sollten wir hier und jetzt etwas mit einer ähnlichen Magiesignatur finden?
„Wir können sie nicht mehr länger aufhalten! Kerberos öffne das Tor zum Schattenportal. Jetzt!" hörte ich die Sphinx rufen. Kerberos stürmte auf das in Stein gemeißelte Tor zu. Das Symbol darauf leuchtete so Rot wie seine Augen auf. Langsam schob sich der Fels in einander und ein Weg in tiefte Dunkelheit wurde freigelegt.
„Na los Feen. Ihr zuerst!" schrie Kerberos. Kiran hob mich hoch und lief auf den Durchgang zu. Eine endlos wirkende Felstreppe führte in Dunkle tiefen. Wir zögerten einen Augenblick ehe wir mit schnellen Schritten hinunterliefen. Wir nahmen auch Lumia mit die von Terra und Leonis mit Ranken gefesselt wurde. Schließlich war auch sie nur ein Opfer ihres Vaters.
Unten angekommen befanden wir uns in einen riesigen dunklen Raum der nur auf kaltem Felsgestein bestand. Von Oben kämpfte sich ein schwacher Lichtkegel in die Höhle, die einen in der Mitte des Raumes stehenden Steinbogen erleuchtete. Ein großer runder Bogen aus glattem Gestein um den sich knorrige totwirkende Wurzeln rankten. Auch wenn ich mir das Schattenportal viel beeindruckender vorgestellt hatte, hatte ich große Ehrfurcht davor.
Mittlerweile war ich wieder stark genug um mich aufzusetzen.
„Das Tor wird sie nicht ewig aufhalten können" stellte Kerberos besorgt fest, dann sah er mich an.
„Du muss das Portal öffnen, jetzt"
„Ich weiß nicht wie" sagte ich nur und bemerkte erst jetzt wie stark die Kette an meinem Hals Vibrierte.
„Deine Eltern haben dir den Portalschlüssel nach deiner Geburt gegeben. Der Kristall war stark genug den Schlüssel und deine Magie in sich aufzunehmen" erklärte Evander. Dabei wich er Schuldbewusst meinem Blick aus. Er wusste genau, dass er gegen die Abmachung meiner Eltern und der Rektorin verstoßen hatte.
„Hättest du dich wie vereinbart an die Abmachung gehalten, dann wüsste sie das jetzt auch!" schimpfte Professor Erion.
„Sie kam viel zu spät nach Aletheier. Wir hatten nicht genug Zeit um sie auf ihre Aufgabe vorzubereiten" fügte er noch wütend hinzu.
„Es tut mir leid. Aber ich konnte sie nicht dieser Gefahr aussetzen! Sie war sicher bei mir!" protestierte Evander.
„Ja... sehr sicher war sie. Die Kriegerfeen hätten sie fast erwischt und getötet!"
Eine ganze Weile sah ich zwischen ihnen hin und her. Ich versuchte zu begreifen warum sie sich meinetwegen so stritten.
„Beruhigt euch wieder. Professor, ich weiß einiges ist Schief gelaufen und vielleicht wären einige Dinge anders gekommen, wenn ich früher zur Akademie gekommen wäre. Aber wir sind hier und ich lebe noch. Und Evander. Ich bin dir nicht böse für das was du getan hast. Du bist meine Familie und daran wird sich nichts ändern. Also hör auf die Vorwürfe zu machen" ging ich dazwischen als ich wieder die nötige Kraft dazu hatte. Beide wichen nun meinem Blick aus. Mit aller Kraft versuchte ich mich wieder auf die Beine zu ziehen. Kiran und Delwin halfen mir dabei.
„Uns zu streiten bringt nichts. Wir können nicht durch das Portal solange das Zepter in Azura ist" brachte Selene einen Einwand ein während ich nur darüber nachdachte wo sie und Ahila plötzlich herkamen.
„Da kann ich vielleicht helfen" kam es plötzlich von Kerberos der sich neben uns setzte. Seine Geschwister bewachten das Steintor und sahen verwirrt zu uns.
„Wie meinst du das?" fragte ich und ging mit schwachen Beinen auf ihn zu. Vorsichtig senkte er seine drei Köpfe zu mir runter.
„Ich habe gehört, was der Professor sagte und ich glaube, dass ich die einzige Magiequelle bin, die dafür in Frage kommt"
„Kerberos nicht! Du wurdest gerade erst befreit und willst dich jetzt freiwillig in den nächsten Käfig sperren?!" ging die Chimäre gleich dazwischen.
„Was bringt mir die Freiheit, wenn ich sie nur dazu nutze um dieser Welt beim Untergang zuzusehen Bruder!?" konterte Kerberos so überzeugend, dass sich die Chimäre nicht traute weiter zu protestieren.
„Warum gerade du Kerberos? Einer von uns könnte sich dieses Mal opfern" schlug die Sphinx vor.
„Ihr habt den Professor genauso gehört wie ich. Etwas mit einer ähnlichen Magiesignatur muss diesen Platz einnehmen und ich war dem Sonnenzepter genauso lange ausgesetzt wie sie dem Mondzepter. Nur ich komme dazu in Frage" erklärte Kerberos und tatsächlich klang das logisch. Gefallen tat mir das dennoch nicht.
„Ich habe dich gerade erst befreit und du verlangst von mir dich wieder einzusperren? Das lasse ich nicht zu. Es muss einen anderen Weg geben!" schimpfte ich los.
„Sieh dich um Schattenfee! Wo willst du jetzt noch eine andere Lösung finden?" konterte er. Verzweifelt sah ich zum Professor und an seinem Blick sah ich, dass auch er keinen anderen Weg als diesen sah.
„Wenn ich das mache, was passiert dann mit dem Mondzepter?" fragte ich verzweifelt.
„Es wird an einem sicheren Ort verwahrt. Es ist besser, wenn nur ich und die Rektorin wissen wo sich dieser Ort befindet" erklärte er ruhig und gerade diese Ruhe machte mich so wütend.
„Und was ist, wenn was schief geht? Wenn sie und die Rektorin sterben während ich weg bin? Wie bekomme ich es dann wieder zurück!?"
„Sobald du zurückkehrst, kommt das Zepter automatisch zu dir zurück und Kerberos ist wieder frei. Ganz egal was mit mir oder der Rektorin passiert. Das verspreche ich dir" nun wurde ich ruhiger, denn ich vertraute ihm und es gab keinen Grund dies nicht zu tun.
„Also gut... dann tun wir es" gab ich mich geschlagen.
„Bist du dir da sicher? Du bist kurz davor den Höllenhund höchstpersönlich in dir aufzunehmen! Du weißt nicht was das für Auswirkungen auf dich haben wird!" beschwerte sich nun Kiran besorgt.
„Du hast sie doch gehört! Es gibt keinen anderen Weg und schlimmer als die Auswirkungen des Mondzepters wird es schon nicht sein!" konterte ich mit Tränen in den Augen. Kiran umfasste meine Schultern und sah mir in die Augen.
„Das ist Selbstmord! Das lasse ich nicht zu" kurz glaubte ich auch Tränen in seinen Augen zu sehen. Ich lächelte und legte meine Hand auf seine Wange.
„Es wird alles gut... versprochen"
„Das weißt du nicht" hauchte er verzweifelt. Kerberos kam nun näher auf uns zu.
„Ich passe gut auf deine Freundin auf kleine Feuerfee. Du wirst kaum merken das ich da bin" versicherte uns Kerberos. Ich wurde Rot als er mich seine Freundin nannte und auch Kiran wirkte irritiert von seiner Aussage. Ich räusperte mich während ich Lumia im Hintergrund hörte, wie sie gegen ihre Fesseln ankämpfte. Da auch ihr Mund von Ranken bedeckt war, kamen nur quietschende Laute von ihr.
„Na gut... dann bringen wir es hinter uns"
Der Professor musste noch einiges vorbereiten. Aus einer Ledertasche die er bei sich trug holte er verschieden farbige Steine hervor die etwas größer waren als die die er in seinem Magieunterricht verwendet hatte. Von diesen Steinen ging auch eine weitaus größere Macht aus. Nachdem ich mich wieder auf den Boden gelegt hatte, legte er die Steine in einem Kreis um mich herum. Dabei sah ich einen sehr besorgten Gesichtsausdruck bei ihm der mich stutzig werden ließ.
„Was haben sie?" er hielt inne und dachte darüber nach wie der das folgende in Worte fassen sollte.
„Ich kann nicht versprechen, das dass eine Schmerzfreie Prozedur wird. Auch wenn es sich um einen Tausch handelt, muss ich die Magiesignaturen erst auseinanderreißen" erklärte er und blickte dann zu Kiran.
„Ganz egal wie Schmerzhaft es wird und egal wie laut sie schreit... keiner von euch darf in dieser Phase diesen Kreis betreten" noch einmal musterte er Kiran der angespannt seine Hände zur Faust ballte.
„Besser ihr haltet ihn fest" fügte er noch hinzu und sah dabei zu Delwin und Rune, die zustimmend nickten. Dann wandte sich der Professor Kerberos zu.
„Bist du dir wirklich sicher das du das machen willst?"
„Seit 17 Jahren wünsche ich mir nichts sehnlicheres als Freiheit. Doch solange dieser König an der Macht ist, werde ich nie ganz frei sein. Er wird mich jagen nur um mich wieder in Ketten zu legen. Wenn ich also die Wahl habe, ob ich wieder angekettet werde oder ob ich mich neben einer Magiesignatur gemütlich zusammenrollen und schlafen kann. Dann wähle ich doch lieber letzteres" ich hörte ein leichte lachen vom Professor und auch ich musste lächeln.
„Also gut. Dann rolle dich mal zusammen" ohne zu zögern legte sich Kerberos vor ihn, so dass er ihm die leuchtenden Steine auf seine drei Köpfe legen konnte.
„Seid ihr bereit?" fragte der Professor nun ernster.
"Ja" sagte ich mit einer leichten Unsicherheit in der Stimme. Kerberos hingegen sah noch einmal zu seinen Geschwistern die dem ganzen aus der Ferne fassungslos zusahen. Es schien fast so, als würden sie nicht glauben können zu was für einem Opfer ihr Bruder bereit war.
„Ich komme zurück... danke das ihr mich nicht aufgegeben habt" sagte Kerberos zu ihnen, was ihnen Erleichterung brachte.
„Wir würden das jederzeit wieder tun... viel Glück Bruder" hörte ich zum ersten Mal nette Worte von der Hydra und das trieb mir wieder die Tränen in die Augen.
„Fangen wir an" unterbrach der Professor die emotionale Szene und kurz hatte ich das Gefühl das selbst er den Tränen etwas näher war als sonst.
Kerberos lag direkt neben mir. Ich spürte den warmen feuchten Atem auf meiner Haut und als ich meinen Kopf zu ihm drehte, blickte ich in die treusten brennenden Augen die ich jemals zuvor gesehen hatte. Als dann der Professor anfing in einer Feensprache zu sprechen die ich noch nie gehört hatte, starrte ich an die Felsdecke. Die Steine um mich herum vibrierten und lenkten dann einen Lichtstrahl auf mich der sich tief in mein innerstes bohrte.
Ab hier erinnerte ich mich kaum an das was geschah. Nur an schmerzverzerrte Bruchstücke die ich wie ein verschwommenes Bild vor meinem inneren Auge sah. Als wäre es nicht real. Ich spürte wie sich mein Brustkorb vor Schmerzen nach oben drückte. Ich wusste das ich aus vollem Halse gegen die unfassbaren Schmerzen geschrien hatte. Auch spürte ich wie dich kraftvolle Magie meine Magiesignaturen vorsichtig auseinanderriss. Es war unerträglich und ich fragte mich wie ich es schaffte so lange bei Bewusstsein zu bleiben, denn ich sah es. Das Mondzepter. Das Mächtige Artefakt schwebte in helles Mondlicht getaucht direkt über mir. Ein Mondsichelförmiger Kristall gefasst in eine wunderschön verzierte Silberne Fassung. Dann verschwand es und mein Köper viel schwach und Schwer wie Stein auf den Boden. Regungslos und kurz vor der Bewusstlosigkeit lag ich da und spürte wie ich immer schwächer wurde.
„Azura!" hörte ich Kiran schreien. Ich hörte die Proteste von Rune, Delwin und Evander die versuchten ihn zurück zu halten. Dann hörte ich wie er unter schmerzen zusammenbrach. Es war als würden seine Schmerzen immer schlimmer werden je schwächer ich wurde und ich konnte nichts dagegen tun.
„Kiran was ist mit dir?" fragte Terra und das war der Moment an dem ich es bereute niemandem von dem Feenschwur erzählt zu haben, denn dann wüssten sie, warum er so leiden musste. In diesem kurz andauernden Moment, war ich dem Tod näher als je zuvor.
„Professor beenden sie den Zauber! Jetzt!" schrie Kerberos, als wüsste er was los war.
Als nächstes erinnerte ich mich nur daran wie die Steine auf seinen Köpfen aufleuchteten und sich Kerberos und Feenstaub auflöste. Nachdem er in meinen Körper gesogen wurde, verlor ich das Bewusstsein...
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