Das Jahrhundertfest
Die drei standen einfach nur da und starrten uns an. Doch auch ich musste ihre aufwendig verzierten Anzüge bestaunen. Rune trug einen Seidenweißen Anzug dessen Oberteil und Sakko mit zahlreichen Goldenen Verzierungen Bestückt war. Er stand etwas hinter den anderen beiden und er schien sich hier gar nicht wohl zu fühlen. Mit verschränkten Armen und grimmigen Blick sah er sich das Wilde treiben auf dem Fest genauer an und schien uns überhaupt nicht zu bemerkten. Delwin hingegen stand neben Kiran und versuchte mich nicht zu sehr anzustarren. Sein Anzug war komplett in Weinrot und die kompliziert aussehenden Verzierungen hoben sich farblich nur minimal davon ab. Kiran trug mit Abstand den am Aufwendigsten gestalteten Anzug. Der Sakko war Silber mit unterschiedlichen Verzierungen und ein größerer Bereich von den Schultern abwärts war Bordeauxrot mit leicht Rosé Farbigen Blättern als Verzierung.
„Ihr seht fantastisch aus" schwärmte Delwin gleich während Kiran nur Zustimmend nickte.
„Danke, nur schade das Terra nicht hier ist" antwortete Ahila etwas nachdenklich und ehe noch jemand in sorgenvolle Gedanken versank, tauchte Lobo wie aus dem nichts neben uns auf.
„Macht euch keine Sorgen. Der kleinen Naturfee geht es schon viel besser"
„Danke Lobo" bedankte ich mich erleichtert bei ihm.
„Na los, habt Spaß und vergesst eure sorgen. Aber nehmt euch vor den jüngeren Windfeen in Acht. Da sind ein paar Langfinger dazwischen" scherzte Lobo bevor er wieder in der Menge verschwand.
„Also ihr habt ihn gehört. Amüsieren wir uns. Nach der Chimäre können wir morgen immer noch suchen" freute sich Selene, dann packte sie meinen uns Ahilas Arm und zerrte uns auf die Tanzfläche.
Ich konnte aber nicht so einfach abschalten, während ich etwas ungeschickt hin und her wippte, sah ich mich immer wieder nach möglichen gefahren um. Irgendwas stimmte nicht und ich wurde dieses Gefühl einfach nicht los.
„Hast du schon mit Kiran geredet?" fragte Selene plötzlich. Irritiert sah ich sie an.
„Was? Nein noch nicht" Selene blieb stehen und sah mich fast schon vorwurfsvoll an.
„Du musst es ihm sagen, diese angespannte Stimmung zwischen euch ist ja kaum auszuhalten"
„Es war noch nicht der richtige Zeitpunkt" wehrte ich ab, doch Selene verdrehte nur die Augen.
„Für solche Gespräche gibt es keinen Richtigen Zeitpunkt" mit den Worten ging sie wieder zu Ahlia zurück um zu Tanzen, auch Delwin hatte sich zu ihnen gesellt. Mir jedoch war nicht zum Tanzen zumute und ich begab mich zum Buffet auf dem so viele Speisen uns Getränke standen, dass ich kaum die Übersicht darüber behalten konnte.
„Wie können die Feen auf so einer kleinen Insel nur so eine große Auswahl haben?" fragte ich mich das etwas zu laut, denn Leonis stand hinter mir und lachte.
„Das ist die Arbeit Jahrhunderterlanger Vorbereitung" antwortete er dann. Ich wurde knallrot im Gesicht vor Scharm.
„Tut... mir leid Leonis"
„Alles gut. Du hast nicht viel vertrauen in andere. Nicht wahr?" schuldig blickte ich zu Boden.
„Ist das so offensichtlich?" wieder lachte er.
„Du bist auf einer riesigen Feier und jeder könnte sehen, dass du die Einzige bist die keinen Spaß zu haben scheint. Nun mal abgesehen von deinem Freund da drüben, aber er scheint generell keinen Spaß zu verstehen" ich folgte seinem Blick zu Kiran, der etwas abseits der Feier gegen einen Baum lehnte. Wieder spürte ich die Röte in meinem Gesicht aufsteigen.
„Er ist nicht... mein Freund" stammelte ich dann nur.
„Nicht? Ich könnte schwören... naja, aber kann ja noch werden. Ich muss wieder nach Terra sehen. Sie ist wach und weigert sich, sich an die Bettruhe zu halten" jetzt musste ich lachen.
„Ja so ist sie eben" dann ging er und mein Blick ging fast Automatisch zurück zu Kiran, der aber nicht mehr an derselben Stelle stand. Etwas verwirrt sah ich mich nach ihm um, konnte ihn aber nicht finden. Ich beschloss nicht weiter nach ihm Ausschau zu halten und begann unterschiedliche Speisen und Getränke zu mir zu nehmen. Erst da viel mir auf wie groß mein Hunger eigentlich war.
„Da hat aber jemand Hunger" erschrocken blickte ich von meinem überfüllten Teller auf.
„Terra? Ich dachte du musst im Bett bleiben" sie lachte.
„Ich lass mir doch nicht so ein großes Fest auf einer abgelegenen Insel entgehen. Spinnst du"
„Aber..."
„Nichts aber. Ich werde jetzt Spaß haben und nachdem ich bei dem Schiffsbruch fast drauf gegangen wäre, darf ich das auch" unterbrach sie mich. Erst als sie sich drehte viel mir ihr Hellgrünes, Bodenlanges Seidenkleid auf. Die weiten, Durchsichtigen Spitzenärmel waren länger als ihre Arme und die Goldverzierung reichte von ihrer Hüfte bist zur ihrem Hals hinauf. Bevor ich noch irgendwas sagen konnte, machte sie Ahila uns Selene aus und stürmte zu ihnen um mit ihnen zu tanzen. Ich hingegen widmete mich wieder meinem Teller.
Anschließend lief ich ziellos über den Festplatz. Alles war mit Lichtern und Pflanzen geschmückt und Zauber einer Windfee, hielt die kalte gischt des Meeres von uns fern. Eine Gruppe Feen spielte auf verzauberten Instrumenten die Musik zu der alle tanzten und dass alles während ich mich nicht darauf einlassen konnte mal nicht das schlimmste zu vermuten. Kurz sah ich Kiran, wie er sich vom Fest entfernt und in Richtung Meer lief, doch ehe ich ihm folgen konnte, tauchte Lobo auf einem Podest vor seiner Ehrenstatue auf und begann eine Rede zu halten.
„Einhundert Jahre sind vergangen, seit unser kleines Dorf durch den Krieg vom Festland getrennt wurde. Nicht alle die hier anwesend sind, können sich noch an diesen Tag erinnern. Es war ein schrecklicher Tag, doch wir haben ihn überlebt. Wir haben eine neue Zivilisation aufgebaut und wir können ganz ohne die Hilfe der Außenwelt überleben. Das alles habt ihr nicht nur mir zu verdanken, sondern auch meinem alten Freund Delwin. Ich bin mehr als froh ihn heute hier zu haben, nachdem wir uns so lange nicht mehr gesehen haben. Aber ihr kennt mich. Ich rede nicht sehr gerne vor vielen Leuten. Ich bin einfach froh hier zu sein und dieses Ereignis mit euch feiern zu können. Also habt spaß und um alles andere kümmern wir uns morgen wieder" mit den Worten stieg er wieder vom Podest und alle jubelten ihm zu.
Auch ich klatschte, sah mich dann aber wieder nach Kiran um als sich die anderen Feen wieder mit den Feierlichkeiten beschäftigten. Gerade wollte ich in die Richtung laufen in die Kiran verschwunden war, da wurde ich von einer Fee angerempelt.
„Oh Entschuldigung" sagte sie gleich und lief weiter bevor ich ihr sagen konnte das nichts passiert war. Unbeirrt kämpfte ich mich weiter durch die Menge und schaffte es mich zu dem Ort durchzuschlagen, an dem ich Kiran das letzte Mal gesehen hatte. Aufmerksam suchte ich die Umgebung nach ihm ab, bis ich ihn an einem Holzzaun stehen sah. Ich schluckte schwer und lief mit kleinen, unsicheren Schritten auf ihn zu. Er wirkte nachdenklich während er auf den Großen See hinausblickte in dem sich auch ein paar Wasserfeen aufhielten, welche sich das Fest lieber aus der Ferne ansahen. Knapp hinter ihm blieb ich stehen und überlegte was ich zu ihm sagen sollte, wie ich ihm erklären sollte warum ich ihm aus dem Weg gegangen bin. Regungslos stand ich da und wusste nicht was ich machen sollte.
„Ich weiß das du dastehst" murmelte Kiran und ich konnte nicht ganz ausmachen, ob er wütend oder nur nachdenklich war. Die Tatsache aber, dass er mich angesprochen hatte, brachte mich dazu, weiter auf ihn zu zugehen und mich neben ihn an den Zaun zu stellen.
„Warum bist du nicht auf dem Fest?" fragte ich vorsichtig.
„Das gleiche könnte ich dich fragen" schuldbewusst sah ich zu Boden.
„ich habe mir sorgen gemacht" gab ich zu, doch damit traf ich einen empfindlichen Nerv von ihm.
„Ach ja? Ich hatte in letzter Zeit nicht den Eindruck als würde dich meine Anwesenheit kümmern" fassungslos starrte ich ihn an.
„Das ist überhaupt nicht war Kiran! Ich mache mir immer sorgen um dich und die anderen" Mit dieser Antwort schien er sich nicht zufrieden zu geben, da er nur genervt den Kopf schüttelte und das machte mich wütend.
„Was erwartest du denn von mir Kiran!?" fuhr ich ihn nun an und das obwohl ich nicht vor hatte ihm gegenüber laut zu werden.
„Das du mit mir redest!" wurde er nun auch laut, aber wenigstens sah er mich jetzt auch an. Augenblicklich nach seinem Wutausbruch wurde seine Mimik wieder sanfter.
„Tut mir leid... du gehst mir nur schon ewig aus dem Weg und ich weiß nicht was ich getan habe" gab er nun etwas kleinlaut zu. Ich schwieg und überlegte wie ich ihm die ganze Sache erklären sollte.
„Ich musste mir über ein paar Dinge klar werden... und ich wusste nicht wie ich mit dir darüber reden sollte" fing ich wieder ruhiger an zu reden.
„Über was denn?"
„Über das was bei der Akademie passiert ist, als uns die Feuerfeen angegriffen haben" Kiran dachte nach, schien aber nicht auf das zu kommen was ich meinte.
„Ich war nicht ganz bewusstlos" an seinem Blick erkannte ich das er nun sofort wusste was ich meinte, sagen tat er aber nichts dazu.
„Ich konnte noch alles hören und wahrnehmen was um mich herum passiert ist" fügte ich noch hinzu, ohne ihn dabei anzusehen.
„Azura ich..." fing er an, doch ich hob meine Hand um ihn abzuwimmeln.
„Nein, lass mich reden. Ich musste über das nachdenken was passiert ist und wie ich damit umgehen sollte... da sind Gefühle, die ich nicht kenne und ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll" sprudelte es förmlich aus mir heraus. Kiran richtete sich auf und ging vorsichtig auf mich zu, dann griff er nach meinen Schultern um mich zu sich zu drehen. Nun musste ich ihn ansehen.
„Ich hätte dich nicht küssen dürfen. Das stand mir nicht zu und das tut mir leid... ich weiß nicht was mich da geritten hat" entschuldigte er sich ehrlich und in dem Moment wurde mir eine Sache endlich klar.
„Es war nicht der Kuss an sich der mich gestört hat... sondern die Tatsache, das ich bei meinem ersten Kuss nicht ganz anwesend war" Kiran wirkte von meiner Aussage irritiert und auch davon, das ich ihm nun in die Augen sah, ohne seinem Blick ausweichen zu wollen. Es war als hätte ich schlagartig verstanden was die Gefühle in meinem Inneren bedeuteten. Meine Augen sprangen immer wieder zwischen seinen Augen und seinen Lippen hin und her. Ich konnte es nicht glauben oder gar begreifen, aber ich wollte ihn Küssen, jetzt und hier. Doch eine Sache ließ mich doch wieder zögern. Ich wich mit enttäuschtem Blick einen Schritt zurück.
„Das dürfen wir nicht" hauchte ich. Er kam wieder näher auf mich zu und hob mein Kinn an.
„Hier wird uns nichts passieren"
„Aber wir werden die Insel wieder verlassen und was ist dann? Ich bringe dich schon genug in Gefahr" beschwerte ich mich.
„Das ist mir egal" mit einem kräftigen Ruck zog er mich zurück in seine Arme und küsste mich. Es war wie ein riesiges Feuerwerk in meinen Inneren. Ich vergaß meine Sorgen sofort und ich wollte in diesem Moment nichts mehr als das hier. Wir lösten uns wieder von einander und sahen uns an, als hätten wir das unvermeidliche viel zu lange hinausgezögert. Doch jeder Moment musste irgendwann enden und unser Moment endete, als wir das bedrohliche Rote Licht am Horizont erblickten...
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