Kapitel 8 - dunkles Erwachen

Suchend blickte ich mich um, doch konnte keine bekannte Stelle ausmachen. „Verdammt" fluchte ich laut und riss meine Arme hoch. Verwirrt betrachtete ich meine Handgelenke.

Wo waren die blauen Flecken geblieben? Vorsichtig fasste ich mir an den Hals, doch der erwartete Schmerz kam nie. Meine Wange war ebenfalls unverletzt, stellte ich mit Verwunderung fest. Überfordert von der Situation ließ ich mich auf den Boden fallen und überlegte, wie ich in diese Situation kam.

Ich war für einen kurzen Spaziergang in den Wald gegangen und hatte Wasser gehört. Dann hatte ich einen Bach entdeckt und mich dort hingesetzt. Ein Man kam und dann... Wütend schrie ich auf. Was war dann passiert? Ich wollte gehen und dann... Dann hatte er versucht mich zu schänden. Schlagartig fiel mir alles wieder ein. Ich hatte ihm auf die Zunge gebissen und sein Blut geschluckt.

Danach verlief alles wie in einem Traum. Ich hatte seinen Puls gehört und die Halsschlagader pochen sehen? Die Abstrusität des ganzen lies mich kurz auflachen, bevor ich zögernd an meinen Mund fasste. Meine Finger fühlten eine dickflüssige Flüssigkeit und als ich sie vor mein Gesicht hielt, musste ich schwer schlucken. Blut?

Aber das konnte nicht sein. Vehement schüttelte ich den Kopf und sah mich auf der Lichtung um, als mein Blick erneut an dem toten Reh hängenblieb. Langsam erhob ich mich und ging vorsichtig auf das Tier zu, um die Wunde näher zu betrachten. An seinem Hals klaffte eine blutverschmierte Wunde. Ich kniete mich zögernd neben das Wild und brachte mein Gesicht direkt vor die tödliche Verletzung.

Vier Einstichstellen im Fell. Schockiert atmete ich ein und leckte mir automatisch über die Lippen, als ich den Geruch des Blutes wahrnahm. Angeekelt wendete ich meinen Blick ab, nur um kurz danach wieder auf die Wunde zu starren. Ich fühlte mich schlagartig wieder durstig, als wäre ich tagelang ohne Wasser gewesen. Zitternd erhob ich mich wieder und drehte mich ruckartig um. Entschlossen lief ich ein paar Schritte nach vorne, bevor ich stehenblieb.

Mit geschlossenen Augen versuchte ich, mich weiter an das Geschehene zu erinnern. Der Jäger war Opfer meines Durstes geworden, akzeptierte ich widerwillig. Die Beweise sprachen für sich, egal wie unglaublich absurd die Idee war.

Was hatte ich dann getan? Ah, mein Durst war nicht gelöscht gewesen und ich hatte meine Ohren angestrengt, um einen Herzschlag in der Nähe zu orten. Wie hatte ich das geschafft? Das Reh war wohl, was meine Ohren wahrgenommen hatten. Ich war hingerannt, in einem unmenschlichen Tempo. Das ganze war so surreal, und doch wusste ich tief im Inneren, dass es wahr war.

Konnte ich vielleicht jetzt das gleiche tun, um meinen Weg zurückzufinden? Nein, zuvor musste ich mich im Bach von dem Blut befreien, sagte der vernünftige Teil in mir. Also schloss ich die Augen und konzentrierte mich auf die Geräusche des Waldes. Zunächst passierte nichts und ich wollte gerade aufgeben, als alles langsam lauter wurde. Verwirrt hielt ich mir die Hände über die Ohren. Es war so unglaublich laut.

Mit meiner unterbrochenen Konzentration wurde alles wieder leiser und ich senkte zögerlich meine Arme. Vielleicht musste ich mich konzentrieren, damit mein Gehör sich verbesserte? Mit dem Gedanken schloss ich wieder meine Augen und fokussierte mich dieses Mal nur auf das Rauschen des Wassers.

Mit den zunehmend lauter werdenden Geräuschen bahnten sich Kopfschmerzen an, doch ich gab nicht auf und versuchte es mit fest zusammengebissenen Zähnen erneut. Langsam filterte sich ein Rauschen heraus und ich fokussierte mich mit meiner ganzen Konzentration darauf. Dann hörte ich es klar, das fließende Wasser des Bachs. Aber wo? Mit geschlossenen Augen bewegte ich mich langsam im Kreis, bis ich wusste, in welche Richtung ich gehen musste.

Mit einem Blick in den Himmel bemerkte ich mit pochendem Herzen, dass die Sonne bereits tiefer stand. Es war später Nachmittag, ich entdeckte ich entsetzt. Das würde Folgen mit sich bringen. Mit dem Gedanken begann ich in die Richtung des Bachs zu rennen. Immer schneller bewegten sich die Bäume an mir vorbei.

Ich merkte, wie ich zunehmend an Tempo gewann, bis endlich meine Umgebung nur aus schnell wechselnden Silhouetten bestand. Dann kam das Gewässer in Sicht und ich blieb schlagartig stehen. Das war keine gute Idee, denn mit dem ruckartigen Abbremsen verlor ich das Gleichgewicht und rollte über den Waldboden.

Direkt vor dem Bach blieb ich schwer atmend liegen und setzte mich dann schnell auf. Mein Körper schmerzte. Prüfend untersuchte ich meinen Fuß, mit dem ich wohl umgeknickt war. Ein Schluchzen entkam mir. Wie sollte ich so zurückgehen? Mit Tränen in den Augen begutachtete ich meinen Fuß und konnte es kaum glauben. Schnell wischte ich mir über die Augen, doch das Bild änderte sich nicht. Mein geschwollener, geröteter Fuß heilte sich langsam.

Erstaunt bewegte ich ihn langsam und seufzte erleichtert, als kein Schmerz mehr zu spüren war. Für den Moment war mir die Abstrusität der Situation egal, meine Verletzung war verschwunden.

Damit stand ich auf und lief die letzten Meter zum Bach. Dort wusch ich mein Gesicht mit dem Wasser und unterdrückte den Schauder beim Erblicken meiner nun roten Hände. Das würde bis später warten müssen. Als ich wieder sauber war, beobachtete ich erneut meine Umgebung. Dieser Ort hatte seine Magie verloren, dachte ich bedrückt.

Zwischen den Bäumen erblickte ich einen Teil des toten Jägers, doch schüttelte den Kopf. Den Körper würde ich mir nicht ansehen. Damit schloss ich erneut meine Augen und konzentrierte mich dieses Mal auf das Geräusch von Herzschlägen. Zunächst nahm ich nur die der Tiere in meiner Umgebung wahr, doch dann hörte ich mehrere Herzschläge von links. Erleichtert öffneten sich meine Augen und ich rannte los.

Dieses Mal versuchte ich darauf zu achten, nicht so abrupt zum Stehen zu kommen. Zwar musste ich mich zum Stabilisieren an einem Baum festhalten, aber dieses Mal rollte ich nicht über den Waldboden. Dann lief ich den kurzen Weg zum Waldende und schaute auf meine Kleidung runter.

Mein Kleid war an manchen Stellen zerrissen und es fanden sich überall Blutflecken.

Das würde interessant werden zu erklären.

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