Kapitel 22 - ein erster Einblick in die neue Welt

Gemeinsam liefen wir durch die wunderschönen Gärten. Die vielen Pflanzen blühten in unendlich vielen Farben, während jahrhunderte alte Bäume mächtig in den Himmel ragten. Alles wirkte so viel brillanter, als Zuhause. Der Wald dort war für mich idyllisch gewesen, doch verblasste im Vergleich zu der Natur um mich herum. Rechts von mir erspäte ich eine Art Pavillon mit durchsichtigem, in der Sonne schimmerndem Dach. Darin befanden sich unglaublich viele Kräuter, welche von einem jungen Mann gegossen wurden.

"Dort züchten wir unsere Wetter empfindlicheren Kräuter" sprach Elaria, als sie meinen Blick bemerkte. Nickend lief ich weiter, während sie mir mehr über die Helá verriet. "Wir Helá haben nicht alle die gleichen Fähigkeiten. Jeder wird mit einer unterschiedlich starken Luftmagie geboren, doch es existieren weitere Kräfte, welche je nach Familie vererbt werden können. Die am häufigsten vererbte Kraft ist die der Heilung, wie ich sie besitze. Für die Trankherstellung haben wir unsere besonders in den Luftkräften Begabten."

"Um wirkungsvolle Heilungstränke zu erstellen, wird eine tiefe Verbindung mit den Elementen benötigt, ebenso starke Heilungskräfte. Für Schutztränke, gegen beispielsweise die Beeinflussungskräfte von Vela, muss eine Helá die Kraft besitzen, Schilde zu erschaffen. Letzteres ist eine seltenere und machtvolle Gabe, welche in Gefahrensituationen Leben retten kann. Wenige von uns werden mit einer noch viel kraftvolleren Fähigkeit geboren, der Zukunftssicht.

!Früher sendeten wir unsere begabtesten Seher an die Höfe der anderen Königreiche, um die Herrscher in ihren Entscheidungen zu unterstützen. Helá waren und sind bekannt für ihre Diplomatie und den Wunsch nach dem Erhalten des Mächtegleichgewichts. Doch dann, als vor hunderten von Jahren der Krieg begann, verschwanden die Seher plötzlich. Niemand weiß, wer dafür verantwortlich war, noch was die Beweggründe waren. Doch in der Zeit verloren wir viele Helá mit der Gabe der Zukunftssicht."

Seufzend setzte sie sich auf eine Bank und beobachtete den Garten. "Vielleicht wollte jemand sichergehen, dass die Seher die Herrscher nicht vorwarnen können?" fragte ich zaghaft und sie schaute mich nachdenklich an. "Das ist möglich. Über die Jahre haben sich unzählige Theorien gebildet..."

"Was ist mit den anderen Spezies, welche Kräfte besitzen Vela neben ihren erhöhten Sinnen und der Beeinflussung?" "Sie sind die schnellsten Wesen Gnieas und ihr Biss hat eine erregende Wirkung. So viel weißt du bereits. Doch es gibt auch Vela, welche den Biss schmerzhaft gestalten können. Die Kraft der Beeinflussung kann bei richtiger Nutzung ein wirksames Mittel sein, doch manche besitzen eine noch viel mächtigere Gabe. Das Lesen und Beeinflussen von Gedanken ist so gefährlich, da die wenigsten sich davor schützen können."

"Helá mit der Fähigkeit der Schilderschaffung haben eine natürliche Abwehr dagegen, doch die meisten anderen Wesen können es ohne eiserne Kontrolle über ihre Gedanken nicht. Aufmerksame Wesen können eine beeinflusste Person sofort entdecken, da die Augen der Person dabei glasig werden und Bewegungen unnatürlich steif wirken. Die Gedankenmanipulation ist weitaus schwieriger zu sehen. Solltest du jemals merken, dass jemand sich urplötzlich anders verhält, denk an meine Worte zurück."

"Eine letzte Kraft gibt es noch, eine gleichermaßen gefährliche Gabe. Blutmagie ist, wie der Name verrät, die Kontrolle des Blutes. Vela könnten damit die Blutzirkulation stoppen, Körper immobilisieren. Doch sie können auch Blutungen von Verletzungen stoppen und bei einer Vergiftung das Blut säubern. Ein Vela hätte bei deiner Verletzung ohne Probleme den Fremdkörper mit dieser Fähigkeit aus deinem Körper entfernen können."

Erschrocken blickte ich sie an. Das klang gefährlich, tödlich. "Elaria" fing ich langsam an und sie ermutigte mich mit ihrem Blick weiterzusprechen. "Woher weiß ich, ob ich eine dieser Kräfte besitze? Bisher habe ich all das erlebt, was du als Kräfte einer jeden Vela beschrieben hast"

Nickend blickte sie in den Himmel und antwortete. "Ich dachte mir, dass diese Frage kommen würde" ein sanftes Lächeln umspielte ihren Mund bei den Worten und mein Kopf senkte sich beschämt. "Die Frage ist nicht so simpel, wie es scheinen würde. Wie bei den Helá werden die Kräfte vererbt." ihr nachdenklicher Blick richtete sich kurz in den Himmel, bevor er zu mir zurückkehrte.

"Viktoria du bist nicht aus dieser Welt, doch bist Vela. In all meinen Jahren habe ich niemals von so etwas gehört oder gelesen. Ich weiß nicht, welche Kräfte du hast. Aber.." damit erhob sie sich und grinste mich an. "Wir sprechen später weiter über die Fähigkeiten der Wesen Gnieas. Ich habe eine Idee, komm" damit lief sie los und schnell folgte ich ihr.Wir liefen weiter durch den Garten, bis wir vor dem Eingang eines wunderschönen Schlosses standen.

Quelle: Pinterest, (die Bildrechte gehören dem Schöpfer des Bildes; es dient lediglich der Visualisierung), so stelle ich mir das Schloss von Hallar vor

Mit offenem Mund stand ich da und begutachtete das architektonische Meisterwerk. Es erinnerte mich an die eindrucksvollen Paläste der arabischen Länder, welche ich früher in Büchern gesehen hatte, nur war das Schloss vor mir magischer.

In der Mitte thronte ein breiter Turm, der von einem riesigen tropfenförmigen Dach bedeckt wurde. An der Spitze befand sich ein grandioser durchsichtiger Kristall, welcher von der Sonne getroffen das Licht in regenbogen farbige Lichtstrahlen brach. Rundherum stiegen goldene Säulen in den Himmel, welche nach oben hin in spitzen Enden mündeten. Außerhalb davon befanden sich zahlreiche pavillonartige Strukturen mit ebenso tropfenförmigen, leuchtend weißen Dächern auf unterschiedlichen Ebenen.

Elaras leises Lachen brachte mich aus meinem Staunen heraus und schnell schloss ich meinen Mund. "Das Schloss ist wunderschön, nicht wahr? Früher lebten dort die Herrscher unseres Königreiches, heute werden die Helá von dem Rat der Ältesten geführt. Hier lernen junge Helá ihre Kräfte zu beherrschen. Wesen aus allen Königreichen kommen her um zu heilen, oder einfach der chaotischen Welt zu entfliehen."

"Du bist Teil des Ältestenrats, richtig? Ich meine mich zu erinnern, dass du mir das am ersten Tag erzählt hattest" Lächelnd nickte sie und betrat das Schloss durch den riesigen Bogen vor uns. "Das stimmt. Ich bin ein Teil des Konzils. Und wir sind hier, weil ich dich zu Zirelle bringen möchte." Während sie redete, liefen wir langsam durch das belebte Schloss. Überall liefen Menschen, nein Wesen rum und gingen ihren täglichen Aufgaben nach. Wir entfernten uns von der Masse und Elara führte mich ein paar Flure entlang.

"Ich weiß nicht wie alt Zirelle ist, aber sie ist schon lange auf dieser Welt. Als sie zu uns kam, sagte sie uns, sie würde gerne ein ruhiges Leben bei uns führen. Wir nahmen sie auf und so lebt sie bereits seit fast einhundert Jahren hier. Ah, da sind wir auch schon." Damit hielt sie vor einer Tür und gerade als Elaria zum Klopfen ansetze, öffnete sich die Tür. Eine wunderschöne junge Frau mit rubinroten Augen blickte mir tief in die Augen, ihre langen schwarzen Haare in Wellen, ihren Oberkörper runterfließend. Ein mysteriöses Lächeln umspielte ihre vollen Lippen und ihre melodische Stimme erklang.

"Viktoria, ich habe dich bereits erwartet."

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