Kapitel 21 - Oase

Wir saßen dort noch lange zusammen und langsam merkte ich, wie ich in ihren Armen müde wurde. Meine Augenlider wurden immer schwerer und ein Gähnen entkam mir. "Schlaf ruhig Viktoria. Ich bleibe hier" Damit schlossen sich meine Augen und ich sackte in einen tiefen Schlaf.

Als ich aufwachte, lag ich im Bett und spürte nicht mehr Elarias Arme um mich. Kurz breitete sich Trauer aus, doch dann hörte ich einen weiteren Herzschlag und mein Blick schoss dorthin. Elaria saß wieder auf ihrem Stuhl, Augen auf ein Buch gerichtet. Erleichtert atmete ich aus, sie war wirklich bei mir geblieben. Elaria blickte zu mir auf und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. "Hast du gut geschlafen?" Nickend setzte ich mich auf und blickte erneut beschämt auf mein fehlendes Oberteil, ich brauchte dringend Kleidung. Und ein Bad.

Bevor meine Frage ausgesprochen war, antwortete Elaria bereits. "Ich habe dir neue Kleidung mitgebracht" Damit zeigte sie auf ein ordentlich gefaltetes Stoffbündel am Fuß des Bettes und erhob sich langsam. Mit einer eleganten Handbewegung tauchte wieder ein blutgefülltes Glas neben mir auf, dieses Mal größer. "Aber erst solltest du trinken, der gestrige Tag war auslaugend genug. Regeneriere deine Kräfte und dann werde ich dich zu unseren Quellen führen."

Schnell tat ich wie befohlen und erneut war die Wirkung unmittelbar. Gestärkt verließ ich das Bett und blickte mit Scham auf meine mit Stoff verbundene Oberweite, mein Bauch sichtbar. So konnte ich nicht den Raum verlassen, dachte ich empört. Mit einem leisen Lachen stellte sich Elaria vor mich und wie auch zuvor las sie förmlich meine Gedanken. "Hier in Gniea sind die Normen andere als in deiner Heimat. Haut zu zeigen ist hier nicht verpönt, je nach Spezies sogar bevorzugt. Ständig zerreißende Kleidung bei der Gestaltwandlung würden die Lyka auf Dauer ein Vermögen kosten."

Mit einem weiteren Lachen ging sie zur Tür, das Kleidungsbündel in ihren Armen und mti einer weiteren Handbewegung materialisierte sich ein Umhang um meine Schulter. Erleichtert, nun weniger skandalös gekleidet zu sein, folgte ich ihr aus dem Raum. Wir liefen einen langen, hellen Flur entlang. Immer wieder lief jemand an uns vorbei, verbeugte sich kurz vor Elaria und warf einen neugierigen Blick auf mich.

"Was ist dieser Ort?" fragte ich fasziniert, als wir eine steinernde Treppe runterliefen und in einer wunderschönen Oase landeten. Hell erleuchtet befanden sich vor mir mehrere kleine Wasserkörper, vom Gestein umrandet. Dampf stieg über ihnen auf und verlieh dem großen Raum eine mysteriöse Aura. Pflanzen ranken sich an den Wänden hoch, sie sahen fast aus wie Efeu aus, doch so viel schöner. Die Blätter waren filigraner und kleine rote Blüten wuchsen das Gewächs entlang, von einem leichten Schimmer umgeben.

Mit geröteten Wangen bemerkte ich, dass wir nicht die einzigen im dieser Oase waren. Mehrere Menschen, nein Wesen, badeten in dem Wasser und ihre leisen Gespräche hallten durch den hohen Raum. Mit einer Handbewegung führte Elaria mich den Weg runter, entlang der vielen Wasserkörper. Kaskaden, dachte ich fasziniert. "Das sind unsere Quellen. Wie du siehst leuchtet das Wasser. Der Grund dafür ist simpel, Magie" mit einem Grinsen führte sie mich nach links, wo Ranken mehrere kleine Bereiche abschatteten. Von hier konnte ich von hinter dem Sichtschutz Wasser hören und mit großen Augen schaute ich wieder zu Elaria.

"Während der Großteil hinten in den offenen Kaskaden badet, haben wir hier einige private Bereiche zum baden. Zwar ist wie erwähnt unsere Kultur anders als die deine und scheinbar was die Kleidung betrifft offener, doch auch in Gniea schätzen wir Privatsphäre. Schwer Verwundete möchten manchmal nicht preisgeben, wie malträtiert ihre Körper sind und bevorzugen daher die privaten Pools. Hier" damit zeigte sie auf einen offenen Raum und deutete mir einzutreten. Elaria folgte mir und mit Erstaunen beobachtete ich, wie die Ranken langsam zuwuchsen und den Raum schlossen.

"Das alles wurde von den Fela geschaffen. Sie sind die älteste Spezies unserer Welt und haben bis heute die engste Bindung zu den Elementen. Während wir Helá teilweise die Luft, Lyka die Erde, Darú das Feuer und Mela das Wasser beherrschen, gehen die Kräfte der Fela tiefer. Ihre Magie wirkt teils noch hunderte von Jahren nach, wie auch in unserer Oase, ein Relikt einer längst vergangenen Zeit. Die privaten Pools schließen sich, sobald jemand eintritt und von innen eine Hand an die Ranken hält. Wenn du fertig bist, berühren die Ranken erneut und sie werden sich wieder öffnen."

Damit legte sie mir die Kleidung auf einen Stuhl neben dem Pool, wie sie ihn nannte, und mit einem letzten aufmunternden Lächeln berührte sie die Ranken und wie erklärt, öffnete sich erneut der Raum. "Sobald du fertig bist, kannst du deine schmutzige Kleidung in den Eimer da vorne legen. Mixturen für die Haare und den Körper findest du neben dem Pool. Ich werde mich ebenfalls kurz baden und danach vor dem Raum auf dich warten". Damit verschwand sie und ich berührte zögerlich die Ranken.

Erstaunten machte sich in mir breit, als die Pflanze sich geschwind wuchs und eine Barriere zur Außenwelt schaffte. "Magie" flüsterte ich vergnügt, löste den Umhang und entledigte mich langsam meiner Hose und dem Stoffband um meine Brüste. Nachdem meine Sachen in dem Eimer neben den Ranken platziert waren, näherte ich mich langsamen Schrittes dem dampfenden Wasser. Vorsichtig bewegte sich meine rechte Hand auf den Pool zu und experimentell ließ ich meine Finger eintauchen.

Das Wasser war wundervoll warm. Aufgeregt setzte ich mich auf das Gewässer umrandende Gestein und lief vorsichtig die steinigen Treppen in dem Pool runter, bis mein Körper bis zu den Schultern von Wasser umgeben war. Glücklich seufzend entspannten sich langsam meine Muskeln, mein erstes warmes Bad seit Wochen genießend. Der leichte Duft nach Kräutern in der Luft löste innere Ruhe in mir aus und schnell verschwand auch der Rest meines Körpers im Wasser.

Wieder auftauchend griff meine Hand nach den am Rand platzierten Fläschchen und ich atmete die Gerüche der Mixturen nacheinander ein, bis ich mich für eine nach Rosen riechende Flüssigkeit entschied. In elegantem Schriftzug stand dort Haarseife und schnell entleerte ich die Flasche auf meinen verknoteten Haaren. Die Mixtur einmassierend umgab mich der Duft nach Rosen. Entspannter denn je nahm ich ein weiteres Fläschchen mit der Aufschrift Körperseife und rieb mich im flachen Teil des Pools mit der nach Honig riechenden Mixtur ein. Sauber und mit neuer Energie trocknete ich mich außerhalb des Pools ab und hielt mein neues Gewand vor mich.

Es war ein wunderschönes weißes Kleid, verziert mit filigranen silbernen Schnörkeln am Oberkörper. Schnell zog ich es mir an und war überrascht, wie sich der leichte Stoff an mich schmiegte. Suchend kreiste mein Blick durch den Raum und blieb an der rechten Wand hängen. Erstaunt beobachtete ich meine Reflexion. Der herzförmige Ausschnitt lies meine Oberweite ungewohnt groß aussehen und meine Wangen verfärbten sich beschämt. Doch mit einem Kopfschütteln verwarf ich den Gedanken. Ich war nicht mehr auf der Erde und wenn Elaria mir das Kleid gegeben hatte, war es sicherlich den hier bestehenden Kleidernormen entsprechend.

An der Taille befand sich ein eleganter silberner Gürtel, worunter das Gewand bis knapp über meinen Knöcheln in Wellen nach unten floss. Sie hatte mir ebenfalls elegante Ballerinas in weißer Farbe hingelegt, welche mir wie geschneidert saßen. Ich sah aus wie eine Prinzessin, dachte ich amüsiert. Doch gleichzeitig vermisste ich meine Hose. Meine vorherige Kleidung war für eine Dame nicht im Ansatz angebracht gewesen, doch sie hatte mir unglaubliche Bewegungsfreiheit erlaubt, welche mir bereits jetzt fehlte.

Bei jeder Bewegung floss das Kleid elegant um meine Beine und rasch erhob sich meine Hand, um die Ranke zu berühren. Draußen wartete bereits Elaria, jetzt in einem dunkelgrünen Gewand gekleidet. "Das Kleid steht dir ausgezeichnet" bemerkte sie lächelnd udn zog dann nachdenklich ihre Augenbrauen zusammen. "Als du in unsere Welt kamst, hattest du eine Hose an. Ich möchte dass du weißt, dass das in Gniea ein völlig normales Kleidungsstück für Frauen ist. Soweit ich weiß, wird es auf der Erde von dem weiblichen Geschlecht weiterhin erwartet, Kleider zu tragen. Hier wirst du solche Einschränkungen nicht finden, Viktoria. Über deine Kleiderwahl entscheidest alleine du"

Damit wies sie mich an, ihr wieder zu folgen und ich atmete erleichtert aus. Wir verließen die Oase und wieder in dem Flur angelangt blieb sie an einer großen, mit goldenen Verzierungen dekorierten Glastür stehen.

"Diese Tür führt zu unseren Gärten. Ich denke es wird Zeit, dir einen kleinen Teil unserer Welt zu zeigen"

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