Kapitel 18 - eine wundersame Welt
"Du bist Vela" sagte sie lächelnd, doch es verschwand bei meinem verwirrten Blick. "Mein Kind, aus welcher Welt kommst Du?" "Wie meinen Sie das, ich bin nicht mehr auf der Erde? Das ist nicht möglich" erwiderte ich harsch und schaute betroffen zu Boden. Sie hatte mir anscheinend das Leben gerettet und ich dankte ihr mit meiner Unfreundlichkeit. Tief durchatmend entschuldigte ich mich leise und schaute sie erwartungsvoll an. "Du bist, was wir eine Weltenwanderin nennen. Als Du verletzt warst, hast eine eine kreisförmige Struktur aus sich wendelnden Wurzeln gesehen? Mit einer runden Öffnung in der Mitte?"
Erschrocken atmete ich ein und dachte konzentriert zurück. Meine Sicht war verschwommne gewesen, aber ich hatte so etwas gesehen. Der Wind, dachte ich panisch. Der farbenfrohe Strudel, der sich so schnell gedreht hatte. War as etwa das Portal gewesen? "Ich glaube ja" flüsterte ich, die Situation für mich schwer greifbar. Sie nickte erfreut und sprach weiter. "Ich denke du hast deine blutige Hand daran gehalten, womit du unabsichtlich das Portal aktiviert hast. Erinnerst Du Dich?" Ein stummes Nicken war meine einzige Antwort.
"Du meintest du kommst von der Erde. Parallel dazu existiert Gniea, unsere Welt. Wenn ich mich richtig erinnere, wird Eure Rasse Menschen genannt, ein Volk ohne magische Kräfte." Wieder ein Nicken. "Ich bin, was in unserer Kultur als Älteste bezeichnet wird. Daher weiß ich ein wenig über andere Welten, ebenfalls über Deine Heimat" fuhr sie fort und schaute mich nachdenklich an. "In Gniea existieren unterschiedliche Wesen, unsere Welt ist in sechs Königreiche aufgeteilt. Darrar, welche von den Darú bewohnt wird... Ich denke in Deiner Welt würden sie Dämonen genannt werden." bei meinem entgeisterten Blick beschwichtigen sie mich rasch.
"Sie sind nicht wie die in Euren Geschichten. Darú können zwar recht temperamentvoll sein, jedoch keineswegs von Natur aus böse. Wie auch bei Euch Menschen gibt es bei jeder unserer Rassen gute, wie schlechte Wesen." Nachdenklich blickte ich auf meine Hände und bittete sie fortzuführen. "Das älteste Volk in Gniea sind die Fela, sie leben in Felistia. Ich glaube, sie würden auf der Erde als Feen bezeichnet werden. Dann gibt es die Helá, wie ich eine bin. Wir sind die Heiler der Welt und kommen aus Hallar. Die Lyka, Gestaltwandler, sind in Leasath beheimatet. Sie können sich wie teils auch die Darú, Dämonen, in andere Wesen verwandeln. Die Mela leben in Malynera, ich denke Meerwesen wäre das treffendste Wort. Es gibt zum einen die, die sich in Meerestiere verwandeln und zum anderen Sirenen."
Nachdenklich blickte sie sich um und schaute mir dann wieder in die Augen." Du bist wie Vela, wie Deine rubinroten Augen und der Konsum von Blut verraten. Sie leben in Vinela, einem Königreich im Osten des Kontinents. Hast Du bereits gemerkt, dass Deine Sinne überdurchschnittlich ausgeprägt sind? Deinem erschrockenen Blick nach zu urteilen ja" lachte sie "Sie sind die schnellsten Wesen Gnieas und haben erhöhte Sinne wie Sicht, Gehör, Geruch und heilen sehr schnell.
Sie sind stärker als es jeder Mensch sein könnte, lediglich übertroffen von den Darú und Lyka. Ebenfalls können sie andere Wesen zu einem bestimmten Grad beeinflussen, was am besten bei mental schwacheren Individuen funktioniert. Das ermöglicht es ihnen, auch Gefühle zu manipulieren. Ihr Biss hat eine erregende Wirkung" mein Gesicht lief rot an, das erklärte die Reaktion des Jägers. War ich wirklich Vela? Konzentriert suchte ich in meinem Kopf nach Erinnerungen an das Wort. Graf Drakula war ein Vampir, dachte ich panisch.
War ich also wirklich ein Monster?
"Mein Kind, Vela zu sein ist nichts, wovor Du Dich fürchten musst. Wie jedes Wesen haben sie ihre individuellen Diäten. Das bedeutet nicht, dass das Konsumieren von Blut Dich zu einem Monster macht. Du allein entscheidest, was Du bist" erschrocken blickte ich zu ihr auf, konnte sie Gedanken lesen? Erneut lachte sie leise und beantwortete meine unausgesprochene Frage. "Die Antwort ist nein, ich kann Deine Gedanken nicht lesen. Dein Gesicht ist ein offenes Buch. Ich bin sehr alt mein Kind. Älter als Du es für möglich halten würdest. Wir Helá werden bis zu 1000 Jahre alt, ich bin 831."
Ungläubig starrte ich sie an, sie konnte doch niemals älter sein als 60? Amüsiert betrachtete sie mich und erzählte erheitert weiter.
"Mein Kind, die anderen Wesen leben weitaus länger als wir Helá. Vela wie Du sind sogar fast unsterblich. Eine Tatsache, für welche sie von manchen beneidet werden. Doch ein langes Leben bedeutet nicht unbedingt auch ein glücklicheres. Ich habe in meinen Jahren so viel gesehen. Ich habe Kriege miterlebt, unzählige Lebensanfänge und Tode gesehen." Schmerz blitzte in ihren Augen auf, bevor sie schnell fortfuhr. "Doch eine lange Lebensspanne ermöglicht auch eine lange Zeit mit Familie, Freunden und deinem Solará. Egal wie lange das Leben ist, es wird immer Höhen und Tiefen geben. Das hast Du bereits schmerzlich erfahren müssen"
Mein Blick schnellte bei ihren Worten zu meiner rechten Seite. Mein Oberteil war entfernt worden, merkte ich beschämt. Stattdessen wurde mir mit Stoff meine Oberweite abgedeckt, und über die Wunde war ein nach Kräutern riechendes Tuch gelegt worden. Mit zittrigen Händen entfernte ich es und atmete erleichtert aus. Die Wunde war verschwunden, meine Haut makellos. Dann schaute ich wieder zu der freundlichen Fremden und mir fiel ein, dass ich gar nicht wusste, wie sie hieß.
"Wie ist Ihr Name?" bei meiner Frage wurden ihre Augen kurz groß, bevor sie grinsend antwortete. "Wie unhöflich von mir. Bitte entschuldige mein Kind. Ich heiße Elaria Walandras. Aber bitte nenn mich Elaria. Ansonsten fühle ich mich so alt" Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Im Vergleich zu meinen 20 Jahren war sie nicht nur alt, sondern uralt.
Doch ich nickte und antwortete. "Mein Name ist Viktoria Ecker... Enderberg" korrigierte ich schnell. Hier müsste niemand von meiner Ehe erfahren. Hier würde mein Leben neu starten, ohne Erinnerungen an Wilfried Eckerhard. Ein Schauder lief mir bei dem Gedanken an ihn über den Rücken. Dieser Teil meines Lebens war vorbei.
Sie musterte mich interessiert, bevor sie langsam nickte. "Es freut mich Dich kennenzulernen Viktoria Enderberg" Ich sah die unausgesprochene Frage in ihren Augen, doch glücklicherweise fragte sie nicht nach. Meine angespannten Muskeln entspannten sich wieder und mir fiel eine weitere Frage ein. "Elaria, was ist ein Solala?" Kurz schaute sie verwirrt, bevor Verständnis in ihren Augen aufblitzte.
"Ah, du meinst Solará. Eine Übersetzung wäre wohl Seelenverwandter, eine einzigartige und stärkere Bindung als jede andere. Jeder wird mit einem Tattoo geboren, so unvergleichbar wie jede Solará Verbindung." Damit zog sie ihren Ärmel hoch und präsentierte ein wunderschönes filigranes Muster auf ihrem Arm. In schwarzer Farbe betrachtete ich den sich um ihr Handgelenk schlängelnde Linie mit verschiedenen Blättern auf beiden Seiten. "Es ist sehr schön" kommentierte ich schnell, als die Stille langsam drückend wurde. Ihre Augen strahlten mir traurg entgegen, während sie zittrig einatmete. "Die schwarze Farbe bedeutet, dass der Solarábund aufgelöst ist." Mit einer Mischung aus Verwirrung und Mitgefühl blickte ich in ihre Augen. "Aber warum würde jemand die Verbindung auflösen, wenn sie so einzigartig ist wie von Dir beschrieben?" fragte ich zaghaft und mit einem melancholischen Lächeln antwortete sie. "Viktoria der Bund wird nicht willentlich aufgelöst. Das ist meines Wissens nach nicht möglich, er wird durch den Tod der Solará aufgehoben"
Schnell setzte ich zu einer Entschuldigung an, doch sie hob abwehrend die Hand. "Du musst Dich nicht entschuldigen. Deine Frage war berechtigt und ich habe meinen Solará vor langer Zeit verloren" Abwesend schaute sie in den kleinen Raum, wahrscheinlich tief in längst vergangenen Erinnerungen vertieft. Dann schüttelte sie ihren Kopf und setzte wieder ein freundliches Lächeln auf.
"Die Farbe des Tattoos variiert je nach Status des Solará Bundes. Es bleibt silber, bis sich die Solará treffen, dann leuchten die Symbole beider in einem hellen goldenen Licht und sie nehmen dauerhaft diese Farbe an. Schwarz... das weißt Du bereits. Es gibt noch eine Besonderheit. Sollte eine Person auf die Welt kommt, bevor es sein oder ihr Solará tut, erscheint die Markierung erst bei der Geburt der jüngeren Person. Wenn die Teile der Seele alle in dieser Welt sind. Der Solará Bund ist etwas wundervolles Viktoria, glaub mir"
Elaria hielt kurz inne, bevor sie weiterfuhr "Du wirst nie so wahre Liebe und Unterstützung erfahren, wie es diese Seelenverbindung ermöglicht. Aber genug Informationen, bitte ruh Dich aus. Wir werden später weitersprechen." Damit verließ sie schnell das Zimmer und ich war alleine in meinen Gedanken. Das Thema nahm sie augenscheinlich noch ziemlich mit, dachte ich traurig. Es waren so viele Informationen auf mich eingeprasselt, dass ich Schwierigkeiten hatte, mir alles zu merken. Doch nicht alle Fragen waren geklärt.
Wenn ich aus einer anderen Welt kam, wie konnte ich Vela sein?
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top