Kapitel 5

Als Jacky die Augen öffnete, fand er sich in einem weißen Raum wieder. Er lag in einem Zweibeinerbett und ein scharfer Geruch nach Desinfektionsmittel hüllte ihn ein. Jacky hasste den Geruch und musste unweigerlich niesen. Wenn es hier nach Desinfektionsmittel stank, konnte er auf jeden Fall schon mal nicht im Himmel sein, oder? 

Plötzlich beugte sich ein Kopf über ihn. An den langen schwarz-weißen Haaren erkannte er das Elstermädchen. „Ich dachte schon, dass du gar nicht mehr aufwachst." Statt Mitleid spiegelte sich in ihren Augen nur Abweisung. Für ihn war das zwar nichts neues, so behandelt zu werden, jedoch versetzte ihm das trotzdem einen kleinen Stich im Herzen.

Ich freue mich auch dich wiederzusehen, meinte er sarkastisch, was sie mit einem Naserümpfen zur Kenntnis nahm. „Also, wenn du so nett sein würdest, mir zu folgen." Auf wackeligen Beinen folgte er ihren Anweisungen. Das Mädchen führte ihn durch eine große Halle, dann eine Treppe hoch und steuerte schließlich auf einen Raum zu mit der Aufschrift:

Privaträume und Büro

Mr. Clearwater 

Jacky wusste immer noch nicht genau wo er war, doch er vermutete, dass er sich an dieser besonderen Schule für Wandler befand. Er hatte keine Ahnung, wie er aus dem Schrank und hier hin gelangt war und das Mädchen machte auch keine Anstalten ihn aufzuklären, also folgte er ihr nur wortlos. Ein bisschen wunderte er sich schon, dass ihnen auf ihrem Weg keine anderen Zweibeiner über den Weg liefen. Wenn das hier eine Schule war, müsste hier doch eigentlich mehr los sein, jedenfalls hatte er sich das in einer Schule so vorgestellt. 

Das Mädchen öffnete die Tür und sie traten in einen großen Raum, hell erleuchtet durch in großes Fenster in der Decke. In der Mitte des Raums stand ein großer Eichenholzschreibtisch, an dem ein Mann mit dunkelbraunen Haaren und dunkelblauen Augen saß. Er hatte eine muskulöse Gestalt und blickte Jacky freundlich entgegen. Der Rest des Zimmers war mit einem großen Aktenschrank, zwei Besucherstühlen, welche auf der anderen Seite des Schreibtisches standen und einem Bücherregal gefüllt. 

Die Wände waren mit Tierbildern geschmückt und kurz fragte sich Jacky, ob der Mann vor ihm die Bilder gemalt hatte, dann konzentrierte sich sein Blick auf den Mann. „Hallo, du musst Jacky sein. Willkommen an der Bluewater High. Mein Name ist Kyle Clearwater. Meine Eltern, Alisha und Jack Clearwater, führen die Bluereef High und meine Großmutter die Clearwater High. Vielleicht hast du schon mal von ihnen gehört?" 

Jacky schüttelte den Kopf. Ich wusste noch nicht einmal, dass es überhaupt Gestaltswandler gibt. Aber woher... wissen sie wie ich heiße?

„Nun ja, wir beobachten dich schon eine ganze Weile. Außerdem muss ich doch als Schulleiter wissen, wie meine Schüler heißen."

Schulleiter? Heißt das, dass Sie der Anführer dieser Schule sind?

So ungefähr, ja", lachte der Schulleiter, Jacky jedoch blieb ernst. Dann viel ihm die Frage wieder ein, welche ihm schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte.

Wie haben sie mich eigentlich gefunden? Ich meine ich war ja in dem Haus. Wie sind sie da reingekommen? Haben sie Lenny getroffen? Hat er Ärger bekommen?

„Das sind ganz schön viele Fragen, meinst du nicht? Leyla, möchtest du sie ihm nicht beantworten?", wandte er sich plötzlich an das Elstermädchen, welche Jacky schon völlig vergessen hatte. Sie verdrehte genervt die Augen. 

„In Ordnung, wenn's unbedingt sein muss. Also ich war gerade in deiner Nähe gewesen und hab plötzlich deinen Hilferuf gehört." Nun trat tatsächlich ein bisschen Bewunderung in ihren Blick, welche sie jedoch schnell verbarg und der Schulleiter, der ihren Erzählungen bis dahin still gefolgt war, meinte: „Ich bin echt beeindruckt, denn so einen Fernruf schaffen die meisten erst wenn sie schon ein wenig Übung darin haben." 

Jackys Brust schwoll vor Stolz ein wenig an. „Jedenfalls stand dort ein Fenster offen und ich bin rein geflogen. Es war zum Glück niemand im Haus und dann hat es auch nicht mehr lange gedauert, bis ich dich in dem Schrank gefunden habe. Den Rest kannst du dir wahrscheinlich denken." Nun übernahm der Schulleiter wieder das Wort. 

„Es war sehr gefährlich, das weißt du, oder? Du hättest tot sein können und wenn Leyla sich nicht gerade zufällig in deiner Nähe aufgehalten hätte, wärst du das jetzt auch", meinte Mr Clearwater vorwurfsvoll. Nun schämte sich Jacky ein bisschen. Er musste zugeben, es war nicht seine beste Idee gewesen in das Haus zu schleichen, aber er wollte Lenny doch nur einen Denkzettel verpassen. Kurz warf er Leyla einen dankbaren Blick zu, dann betrachtete er wieder den Boden.

„Aber kommen wir nun mal zu etwas ganz anderem." Seine Stimme wurde weicher. „Leyla hat dich ja bereits gefragt, ob du unserer Schule nicht beitreten willst. Und da du jetzt ja eh hier bist, wollte auch ich dich noch mal fragen. Natürlich will dich niemand zwingen, du kannst also genauso gut ablehnen. Oder aber, du schaust dir eine Woche mal an, wie es dir hier gefällt. Wenn es dir dann nicht gefällt, kannst du wieder nach Hause, aber wenn es dir hier gefällt, würde ich mich freuen, wenn du dich entscheidest hier zu bleiben." 

Kurz überlegte Jacky. Er dachte an John, an sein neues zu Hause. John wäre bestimmt traurig, wenn er nicht mehr da wäre. Doch schließlich meinte er: „Ich möchte gerne hier bleiben, aber..." Kyles Gesicht, welches sich für einen kurzen Moment aufgehellt hatte, wurde wieder ernst. „...aber ich will John auch weiterhin besuchen kommen." 

„John? Du meinst den Jungen, bei welchem du jetzt wohnst, oder?" Jacky nickte. „Ich werde mein möglichstes tun, aber ich kann dir nichts versprechen. Ich denke aber dem sollte nichts im Weg stehen. Wäre es denn auch ok, wenn du nur jedes Wochenende zu ihm könntest?" „Das wäre katzig. Hauptsache, ich kann ihn trotzdem noch sehen", meinte Jacky und sein Herz machte einen Purzelbaum. 

„Na dann, wäre ja alles klar. Leyla, würdest du ihm jetzt bitte sein Zimmer zeigen?" Mit diesen Worten stand er auf und kam einmal um den Schreibtisch herum. Freundschaftlich kraulte er Jacky kurz hinter den Ohren, dann führte er sie aus seinem Büro. Nachdem Mr Clearwater verschwunden war, führte Leyla Jacky nach Links, wo sie vor einer Zimmertür stehen blieb, auf der eine große 5 abgebildet war. 

Außerdem stand auf der Tür ein Name. Da Jacky aber nie wirklich lesen gelernt hatte, konnte er den Namen nur schwer entziffern. Das erübrigte sich dann aber auch von selbst, als Leyla meinte: „Du teilst dir das Zimmer mit Travis." Mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht verschwand das Mädchen in einem der anderen Zimmer und Jacky war allein auf dem Flur.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top