Kapitel 10
„Pass gut auf ihn auf", hörte Jacky jemanden flüstern. Er spürte Hände, die ihn hielten. Müde schmiegte er sich an den warmen Körper der Person, die ihn trug. „Alles wird gut", flüsterte diese Person, dann schien er einzuschlafen. Das nächste was er hörte waren quietschende Autoreifen. Er spürte, wie er zusammengerollt auf dem Schoß einer Person lag und der Geruch der Person stieg ihm in die Nase. Ein leichter Hauch von Desinfektionsmittel, wurde überlagert von einem waldigen Geruch. Genauso wie beim letzten Mal, erfasste Jacky ein Zittern.
Hektisch atmend wachte Jacky auf. Was sollten diese Träume bloß bedeuten? Jacky sah sich im Zimmer um. Draußen wurde es langsam hell und er konnte Sky ausmachen, der sich in seinem Bett zusammen gerollt hatte. Wo war Sky zuvor eigentlich gewesen? Vielleicht auf dieser Party, von der Shak erzählt hatte und wo er ebenfalls hinwollte.
Er erinnerte sich plötzlich wieder an die merkwürdige Begegnung mit Mrs Richard. Was war bloß mit ihr los gewesen? Sollte das wirklich die freundliche Lehrerin sein, die er kennengelernt hatte? Sein Bauchgefühl verriet ihm, dass da etwas nicht stimmte. Jacky grübelte noch eine Weile vor sich hin, dann schlief er ein. Der Rest der Nacht verlief Ruhig und er wurde glücklicherweise nicht mehr von diesen merkwürdigen Träumen heimgesucht.
Am nächsten morgen wurde Jacky mal nicht von diesem schrillen Klingeln geweckt. Als er aufwachte, bemerkte er sofort, dass er verschlafen hatte. Die Sonne stand schon ziemlich hoch und hatte das Zimmer bereits angenehm aufgewärmt. Jacky sprang auf. Er musste sich dringend beeilen. Als er seinen Blick jedoch auf Skys Bett richtete staunte er nicht schlecht. Der Junge lag dort in seine Decke eingewickelt und schnarchte so laut, als würde er einen ganzen Wald abholzen.
Warum war er denn noch nicht aufgestanden? Normalerweise war er immer vor Jacky wach. Fiel der Unterricht heute etwa aus? Schnell sprang er auf Skys Bett. Mit seinen kleinen Pfötchen versuchte er den Jungen wach zu schüttel, doch ohne Erfolg. Na dann eben anders. Mit der Zunge schleckte er ausgiebig über Skys Gesicht. Zuerst regte sich nichts, beim zweiten mal schlecken jedoch, schoss Sky plötzlich hoch.
Erschrocken zuckte Jacky zusammen. Hilfe! Sein Freund sah aber ziemlich übel aus. Dunkle Augenringe zeichneten sich ab, sein Haar hing ihm fettig in die Stirn und er sah aus, als wäre eine Horde wütender Hunde auf ihm herumgetrampelt. „Sag mal hast du sie noch alle. Bäh, wie ekelig ist das denn? Lass mich schlafen." Wütend funkelte er den kleinen Kater an, bevor er sich zurück ins Kissen warf und Jacky demonstrativ den Rücken zukehrte.
Mannomann, welcher Floh hatte ihn denn gebissen? Beleidigt sprang Jacky zurück auf den Boden. Er hatte es doch nur gut gemeint, aber na gut. War ja nicht sein Problem, wenn Sky zu spät zum Unterricht kam. Schnell putzte sich Jacky, für eine gründliche Katzenwäsche blieb ihm keine Zeit mehr, dann machte er sich auf den Weg zum Klassenraum. Die Flure waren wie ausgestorben, was Jacky einen leichten Schauer über den Rücken jagte.
In diesem Moment grummelte sein Magen. Er wusste nicht ob er den heutigen Tag mit leerem Magen heil überstehen würde, vor allem, da er schon gestern das Mittag- und Abendessen ausfallen lassen hat. Kurz vor dem Klassenraum stoppte er. Er konnte jetzt da rein gehen und seinen grummelnden Magen einfach ignorieren, doch als der lautstark protestierte, entschied sich Jacky doch anders. So schnell ihn seine kurzen Beine trugen, lief er in die Cafeteria.
Das Buffet war fast leer und so musste sich Jacky mit einem kleinen Spiegelei und ein paar gebratenen Schinkenstreifen zufrieden geben. Als er sich nach seinem kleinen Frühstück wieder zu seinem Klassenraum begab, lief er fast in Mr Clearwater rein, der sich ihm plötzlich in den Weg stellte. „Jacky! Würdest du mir bitte kurz ins Büro folgen. Ich möchte mich kurz mit dir wegen letzter Nacht unterhalten." Oh man, das hatte er ja völlig vergessen. Schnell folgte er dem jungen Schulleiter in sein Büro.
Shak saß dort bereits auf einem der Stühle und musterte gedankenverloren den Boden. Auch Jacky und Mr Clearwater setzten sich. „Also Jungs, würdet ihr mir mal bitte erklären, was letzte Nacht los war? Ich muss euch bestimmt nicht darüber aufklären, dass bereits Nachtruhe war, aber dass ihr euch dann auch noch viel zu laut gestritten habt, geht zu weit. Habt ihr etwas dazu zu sagen?" Die beiden Jungs schwiegen betroffen und Shak vermied Jackys Blick geflissentlich. Ein paar Sekunden wartete Kyle noch, dann nickte er wissend.
„Jungs, ihr müsst wissen, dass ich sowas nicht gerne tue, aber ihr versteht doch sicherlich, dass ich als Schulleiter eine große Verantwortung trage, deshalb kann ich dass nicht so einfach durchgehen lassen. Aber keine Sorge, die Strafe ist nicht besonders anspruchsvoll, ihr müsst nur den ganzen Müll im Wald aufsammeln, der sich dort mit der Zeit angesammelt hat."
Entgeistert starrten die beiden den Schulleiter an, welcher ihren Blick ernst erwiderte, doch das schelmische Funkeln in seinen Augen verriet ihn. „Spaß, stattdessen müsst ihr nur die Nordseite vom Müll befreien. Den ganzen Wald kann ich euch wahrlich nicht zumuten. Erleichtert atmeten die beiden aus. Kyle lachte. „Ihr hättet eure Gesichter sehen müssen. So, nun muss ich euch aber wirklich in den Unterricht entlassen, also dann. Ihr kommt sogar rechtzeitig zur zweiten Stunde. Übrigens wäre es klug schon heute Nachmittag anzufangen, dann habt ihr es so schnell wie möglich hinter euch.
Schweigend folgte Jacky Shak nach draußen. Kurz wunderte er sich, was sie denn draußen machten, schließlich fand der Unterricht doch immer in einem der Klassenräume statt, da waren sie auch schon auf einer kleinen Lichtung angekommen. Das Gras hatte ein gesundes grün und auch die Bäume, die die Lichtung säumten schienen gesund. Links führte ein kleiner Bach entlang. Doch das eigentliche, was seine Aufmerksamkeit auf sich zog, waren seine Klassenkameraden, welche sich bereits im Gras niedergelassen hatten. Vor ihnen stand ein sportlicher Typ, etwas älter als der Schulleiter, mit freundlich dreinblickenden grünen Augen und Goldbraunen Haaren.
Neugierig setzte sich nun auch Jacky direkt neben Luna auf den Boden. Sie musterte ihn fragend. „Wo ist Sky?", fragte sie plötzlich. Jacky zuckte mit den Schultern. Das letzte Mal das ich ihn gesehen habe, lag er noch im Bett. Erst jetzt fiel ihm aus, wie müde und zerschlagen Luna aussah. Seine anderen Mitschüler sahen nicht viel besser aus. Plötzlich kam Jacky eine Idee. Du Luna, was ist eigentlich eine Party? Ihre Augen weiteten sich und fragte erschrocken: „Woher weißt du..." Dann schlug sie sich schnell auf den Mund.
Also war sie dort. Vermutlich war Sky auch dort, wie es aussieht die ganze Klasse... außer ich, stellte Jacky verbittert fest. „Also eine Party...", riss ihn Luna aus seinen Gedanken. „Dort treffen sich mehrere Menschen. Dort läuft Musik, zu der kann man tanzen und oft gibt es dort auch Alkohol." Angeekelt rümpfte Jacky die Nase. Er kannte Alkohol. Es war so eine ekelige Flüssigkeit, die die Zweibeiner in sich hineinkippten. Danach benahmen sie sich oft wie tollwütige Hunde.
„Guten morgen. Ich hoffe ihr hattet ein schönes Wochenende", ließ ihn eine Stimme hochschrecken. Sie gehörte dem Mann, welcher Jacky ein wenig an eine Raubkatze erinnerte. Plötzlich heftete sich sein Blick auf den kleinen Kater. „Du musst Jacky sein. Ich bin Mr Goldeneye und unterrichte Verwandlung. Also dann, können wir ja jetzt anfangen. Jake! Würdest du dich bitte als erstes verwandeln?" Ein stämmiger Junge mit braunen, verwuschelten etwas längeren Haaren, einem nervösen Lächeln und treuen, braunen Augen trat nach vorne. Kurz darauf stand auch schon ein großer Neufundländer vor ihnen.
Jacky spannte sich augenblicklich an und schaffte es gerade so ein Fauchen zu unterdrücken. Er mochte Hunde nicht besonders, was aber auch hauptsächlich daran lag, dass diese schrecklichen Viecher ihn früher oft gejagt hatten. Jake jedoch blieb ruhig und musterte den kleinen Kater nur freundlich. Mr Goldeneye beobachtete die Beiden gespannt. Als er sah, das Jake ruhig bleib und auch Jacky sich beherrschte, nickte er zufrieden. Alle drehten sich kurz weg, sodass sich Jake zurückverwandeln konnte.
Jacky war immer noch angespannt. War das gerade sein Ernst gewesen? Musste ihm der Lehrer unbedingt so einen Schrecken einjagen? Als ihm Mr Goldeneye jedoch einen anerkennenden Blick zuwarf, verrauchte sein Ärger wieder. Was ärgerte er sich eigentlich? Es war doch alles gut gegangen. Als nächstes wurde Kate dran genommen. Von ihr verlangte der Lehrer, dass sie sich Wespenfühler wachsen lassen sollte. Erstaunt beobachtete Jacky was geschah. Aus ihrer Stirn wuchsen Fühler, welche sie wie ein Außerirdischer aussehen ließen. Von allen Seiten vernahm Jacky Gekicher. Auch Kate musste grinsen, als der Lehrer ihr einen Spiegel hinhielt.
Als drittes sollte sich ein Mädchen namens Inola im Sprung verwandeln. Sie hatte langes, glänzend schwarzes Haar und schien Indianische Wurzeln zu haben, ihre Augen waren dunkel braun, fast schwarz und in ihre Haare hatte sie ein paar Federn geflochten. In diesem Moment setzte sie zum Sprung an, wobei sie Anlauf nahm. Jacky war gespannt. Er hatte sie bislang noch nie in ihrer Zweitgestalt gesehen, wusste aber dass sie ein Pferd war. Als sie sich nun im Sprung verwandelte, staunte er nicht schlecht. Vor ihnen stand eine wunderschöne Friesin, mit schönen schwarz glänzendem Fell und welliger Mähne. In die Mähne waren die selben Federn eingeflochten, die sie auch als Mensch trug.
Hinter sich hörte Jacky jemanden anerkennend pfeifen. Als er sich umdrehte erkannte er Manou. War ja klar. Aus dem Seitenwinkel sah Jacky, wie Leyla genervt die Augen verdrehte und ihrem Bruder in die Seite stieß. Der ignorierte sie nur und pfiff erneut. „Jacky! Würdest du dich jetzt bitte verwandeln?" Mr Goldeneyes Stimme schreckte Jacky hoch. Ruckartig drehte er sich zu dem Lehrer um, der ihn fragend ansah. Zögerlich nickte Jacky, wirkte dann jedoch etwas überfordert. „Hast du dich schon mal verwandelt?" Jacky schüttelte den Kopf.
„Ok, also dann. Stell dir vor, wie du als Mensch aussiehst. Ein Junge mit schwarzen Haaren und grünen Augen. Und spürst du etwas? Wenn du ein Kribbeln spürst, dann konzentriere dich darauf." Jacky strengte sich an. Er schloss die Augen und versuchte sich John mit seinen schwarzen Haaren vorzustellen. Es versetzte ihm einen leichten Stich ins Herz, als er daran dachte, dass er John einfach zurückgelassen hatte. Schnell verdrängte er die Schuldgefühle, die in ihm aufkeimten und tatsächlich, als er sich ganz doll auf Johns Aussehen konzentrierte, spürte er ein leichtes Kribbeln und sein Körper schien sich zu verformen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top