6.
Wir hatten Pause und befanden uns alle auf dem Hof. Ich konnte sehen, wie der Neue da hinten ganz alleine war und das Kämpfen trainierte. Also beschloss ich zu ihm zu gehen. "Wo willst du hin?", fragte mich Kourtney. Ich sagte ihr, wo ich hinwollte. "Die anderen sagen, dass er wohl stumm ist. Also wirst du wohl kein Gespräch mit ihm führen können.", berichtete sie mir. "Ach Quatsch! Er ist nicht stumm!", widersprach ich ihr. Doch sie zuckte nur mit den Schultern. Nun ging ich rüber und ließ Kourtney allein.
"Hallo.", begrüßte ich ihn, doch er sah mich noch nicht einmal an. "Du weißt sicher wer ich bin. Schön, du bist sauer. Aber auf wen? Auf mich?", fragte ich ihn. Immer noch keine Antwort und auch noch kein Blick von ihm. "Alle sagen, dass du wohl angeblich stumm sein sollst. Aber das bist du nicht! Du schweigst einfach nur. Dir ist etwas Schreckliches widerfahren.", machte ich weiter. Nun stoppte der Junge sein Training und sah mich mit seinen Himmelblauen Augen an. Aber diesmal nicht mit dem wütenden Blick, sondern eher ein erstaunter Blick. "Wo-Woher weißt du das?", kam es nun aus ihm heraus. Ehrlichgesagt wusste ich es nicht richtig, woher ich es wusste. Es war einfach so ein Gefühl. Als Antwort von mir bekam der Junge nur ein Achselzucken. "Aber da du nun deine Stimme gefunden hast, kannst du ja auch mit mir sprechen!", sagte ich zu ihm und nahm einen der Stöcker vom Boden. Doch der Junge wandte nur den Blick ab und schwieg weiter. Das ist doch nicht zu fassen! Mit einem Stöhnen machte ich weiter, "Du hast übrigens einen guten Kampfstil!" Nun sah er mich wieder an. "Ach, woher kannst du das bitte wissen? Alles was du kannst, ist Ducken und Ausweichen!", schnauzte er mich an. "Na schön, dann greif mich einfach mal an!", forderte ich ihn auf. Doch schon wieder zögerte er. Dann würde ich ihn eben angreifen, wenn er es nicht tun würde. Das tat ich dann auch. Ich rannte auf ihn zu. Als ich nun fast vor ihm stand, holte ich mit dem Stock aus und ließ ihn mit viel Kraft runterschmettern. Der Junge vor mir blickte ihn gut mit seinem Stock ab. Nun griff er mich an. Er donnerte immer und immer wieder auf meinen Stock ein. Doch blockte seine Angriffe problemlos ab. Nun setzte ich an und hatte ihn von innerhalb drei Schlägen entwaffnet. Der Junge vor mir sah mich nur entgeistert an. "Was? Wie?", stotterte er nur. "Die anderen nennen dich Rebellenkind, oder?", fragte er. Ich nickte nur zaghaft und wendete den Blick ab. "Aber wie ist dein richtiger Name?", fragte er weiter. Ich sah ihn erstaunt an. Das hatte ich nun nicht erwartet! "Sunja.", antwortete ich ihm nur. "Ich bin Kjartan!", stellte er sich vor. Ich lächelte ihn nur an und musste feststellen, dass ich das ewig nicht mehr gemacht hatte. „Nett dich kennen zu lernen, Kjartan!", sagte ich. Er nickte und erwiderte das gleiche. Wir gingen zu einem ruhigen Platz, wo uns niemand störte. Dort setzten wir uns auf zwei Steine, die am Ufer eines kleinen Teiches standen. Ich konnte dort mein Spiegelbild sehen: Die langweilige, graue Kleidung, die ich trug und meine hellblonden, offenen Haare, wo etwas der Wind durchstreifte. „Ich war der Sohn von einem der besten Krieger. Wir haben gegen einen neuen Bösewicht gekämpft. Aber ER war anders, gefährlicher, stärker... Zuerst zogen dunkle Wolken auf, die alles verschlangen, was sich ihnen in den Weg kam. Jedoch ging ER dann weiter..." Kjartan verstummte. Dunkle Wolken, die alles verschlangen? Das klang genauso, wie mein Traum! „Wie heißt ER?", fragte ich ihn. „Mørke.", sagte er zögerlich. „Und du? Was ist deine Geschichte?", fragte er nun mich. „Nun ja, ich würde sie dir ja liebend gern erzählen... Ich würde sie selber gerne wissen... Aber ich habe echt keine Ahnung! Ich kann mich nur erinnern, wie ich vor einigen Wochen hier aufgewacht bin. Ich habe echt keine Ahnung, was davor passiert ist!", sagte ich ihm. „Aber weißt du was? Ich hatte letzte Nacht so einen seltsamen Traum!" Ich erzählte ihm alles von meinem Traum. Alles, bis ins kleinste Detail. „Das sind genau die dunklen Wolken, die ich meinte!", fiel Kjartan auf. Ich nickte nur. „Da du mich im Kampf geschlagen hast, musst du wirklich, wirklich gut sein! Ich meine, meine Eltern waren zwei der besten Kämpfer!", bestaunte er. Ich wurde leicht rot.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top