3 - Verdächtige Verdächte

,,Steht irgendwas spannendes drin?", fragte Ron und setzte einen Bauern ein Feld weiter. Hermine schüttelte den Kopf: ,,Nein, nur das Übliche. Also nicht das, was du als "Üblich" definierst", fügte sie mit einem bedeutungsvollem Blick hinzu. In letzter Zeit fragte der Rothaarige immer, wenn sie die Zeitung in der Hand hielt, ob irgendwer bekanntes gestorben war. Es war ihm zur Angewohnheit geworden und er musste wesentlich mehr schwarzen Humor haben, als sie gedacht hatte. Doch es hatte seinen Grund, warum er nun auf diese Art von Humor gekommen war: In den letzten Monaten waren immer wieder Personen gestorben, die ihnen nahe standen. Oder zumindest waren schreckliche Dinge geschehen. So war kurz vor den Sommerferien, beim Kampf in der Misteriumsabteilug, Sirius Black, Harrys Pate, gestorben. Und vor kurzem war der Zauberstabmacher Ollivander von Todessern entführt worden.

,,Hey, ich habe allen Grund dazu", gab er zurück und wartete darauf, dass Harry den nächsten Zug machte. Seufzend ließ Hermine die Zeitung sinken und starrte aus dem Fenster des Hogwarts-Express. Die letzten Tage waren ruhig verlaufen, auch wenn Mrs. Weasley immer wieder ihren Unmut über ihre Verspätung kundgetan hatte. Es war ihr nicht zu verübeln. Müde rieb sie sich die Augen und ließ den Kopf gegen die Fensterscheibe sinken und blickte gedankenverloren in die Ferne. Die Angespanntheit, die im Fuchsbau geherrscht hatte, hatte sich auf sie übertragen und sie mit einem Gefühl der Unsicherheit zurückgelassen. Ihre Hoffnungen, dass sie in Hogwarts von ihr abfallen würde, waren gering. Sicher, sie würde vom Schulstress abgelenkt sein, doch irgendwann würde auch er nachlassen, sie würde sich nicht ewig hinter dicken Schulbüchern verstecken können. In Hogwarts würde es zwar sicher sein, doch auch der stärkste Schutzwall hatte Fehler. Fehler, die die Todesser nur zu leicht entdecken könnten.

Hermine schluckte schwer und versuchte den Gedanken aus ihrem Kopf zu vertreiben, der ihr Bilder davon zeigte, was passieren würde, wenn die Todesser die Schutzmauern durchbrechen würden. Jene würden nie in Hogwarts eindringen, dort war der sicherste Ort, den es im Moment gab! Sie würde sich einfach damit arrangieren müssen, dass dunkle Zeiten angebrochen waren. Auch wenn ein Krieg bevorstand.

Ein Klopfen an der Abteiltür riss sie aus ihren Gedanken und sie wendete den Kopf zur Tür. Harry stand auf und öffnete sie. Hinter ihr stand ein Erstklässler, der ziemlich nervös wirkte und einen Brief in der Hand hielt. ,,Ähm", stammelte er und lief rot an, ,,sitzt hier Hermine Granger?" Harry nickte: ,,Ja. Warum?" Der Kleine hielt den Brief hoch: ,,Ich soll ihr das hier geben." Hermine stand auf und beugte sich zur Tür, währen Harry sich setzte: ,,Das bin ich. Danke", sagte sie und versuchte möglichst freundlich zu wirken. Sie musste den Neuen nicht noch mehr verunsichern. Er gab ihr den Brief, schaute noch einmal zu Harry und ging dann wieder zu seinem Abteil. Sie schloss die Tür und setzte sich wieder, um den Brief zu mustern. ,,Von wem ist der Brief?", fragte Harry neugierig. ,,Von McGonagall."

,,Warum hat sie dir einen Brief geschickt?", mischte Ron ein. Sie zuckte mit den Schultern: ,,Ich habe keine Ahnung, aber ich werde es gleich herausfinden." Neugierig öffnete sie das Kuvert, um sich das Pergamentblatt durchzulesen:

Sehr geehrte Miss Granger,

Aufgrund ihrer hervorragenden schulischen Leistungen und ihrer Toleranz und Offenheit gegenüber anderen habe ich, Professor Minerva McGonagall in vollkommener Einstimmigkeit mit Professor Albus Dumbledore sie zur Schulsprecherin ernannt. Ihre Kompetenz und Intelligenz sprechen für sich, außerdem habe ich mir von anderen sagen lassen, dass sie sehr vernünftig und realistisch sind. Mithilfe ihres Partners Draco Malfoy werden sie Ereignisse und Anlässe organisieren und Hogwarts angemessen repräsentieren. Außerdem werden sie für die Rechte der Schüler eintreten und stets ein vertrauensvoller Ansprechpartner sein. Künftig werden sie den Schulsprecherturm beziehen, um sich von nichts in ihren Pflichten stören zu lassen.

Viel Glück,

Minerva McGonagall (stellvertretende Schulleiterin der Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei)

Erfreut starrte Hermine auf das Pergament in ihrer Hand. Wirklich überrascht aufgrund dieser Ehre war sie nicht, war sie doch das letzte Jahr über Vertrauensschülerin gewesen. Doch das linderte ihre Freude nicht, sondern bestätigte sie. Auf ihren Lippen bildete sich ein leises, aber stolzes Lächeln. Wieder einmal wurde sie gelobt und nun wurde sie für ihre guten Leistungen belohnt. ,,Wetten, dass sie mal wieder als Jahrgangsbeste gelobt wurde?", hörte sie Ron Harry zuflüstern. ,,Da hast du ausnahmsweise mal Recht, Ron", kam es von ihr und sie blickte zufrieden auf. ,,Hey, so selten habe ich gar nicht Recht!", protestierte jener. ,,Naja", kam es von einem grinsendem Harry. Als Antwort darauf boxte der Weasley ihm in die Seite. ,,Also", fragte der Schwarzhaarige schließlich lachend, ,, was steht in dem Brief?"

,,Dass ich Schulsprecherin bin", entgegnete sie und ihr Stolz wuchs. ,,Wow!" Während Harry sich ernsthaft für sie freute schien Ron wenig überrascht: ,,Das war ja klar. Bei deinen Streber-Leistungen." Hermine verengte mit einem Grinsen auf den Lippen die Augen: ,,Freust du dich etwa nicht für mich?" ,,Doch, doch!", kam es hastig von ihm, ,,natürlich freue ich mich für dich! Es war bloß keine Überraschung, Jahrgangsbeste!"

,,So so", entgegnete sie und legte den Brief in ihren Koffer. Es war ihr egal, dass er sie indirekt als Streberin bezeichnete, wurde sie doch von allen so genannt. Oder zumindest dachten die meisten das. Und damit hatten sie größtenteils auch noch Recht: Es war ungewöhnlich, so viel Zeit wie sie in der Bibliothek und mit Lernen zu verbringen. Außerdem sprachen ihre schulischen Leistungen für sich. Sie war die Klügste Hexe ihres Jahrgangs, das zweifelte niemand an. ,,Aber einen Haken hat die Sache", sprach sie ihr Problem an, ,,ich muss in den Schulsprecherturm ziehen. Und Draco Malfoy ist ebenfalls Schulsprecher." Harry keuchte: ,,Was? Wer bitte hat denn den Idioten ausgesucht?" Hermine zuckte mit den Schultern: ,,Dumbledore und McGonagall."

,,Du sollst doch nicht allen ernstes mit ihm zusammen wohnen? Sein Besuch in der Nokturngasse war doch deutlich." Der Mann mit der Brille vor ihr schien ernsthaft entsetzt und sie konnte es ihm nicht verübeln. Wenn man Voldemort außen vor ließ war Draco sein Erzfeind. Und dass ausgerechnet seine beste Freundin mit ihm zusammen wohnen musste ging ihm natürlich gehörig gegen den Strich. ,,Hä?", mischte sich nun auch Ron ein: ,,Was soll das heißen?" Sie seufzte und antwortete: ,,Harry ist der Ansicht, dass Malfoy ein Todesser ist." Er schnaubte: ,,Du spinnst ja. Was soll Du-weißt-schon-wer mit nem' Trottel wie Malfoy?" Harry entgegnete hitzig: ,,Und was sollte dann das in der Nokturngasse? Sein Besuch bei Burgin & Burke's?"

,,Das ist ein Laden zum Fürchten. Und Malfoy ist ein Typ zum Fürchten."

,,Der Meinung bin ich auch", warf Hermine vorsichtig ein, ,,es ist nicht das erste Mal, dass er in der Nokturngasse war. Es ist nur logisch, dass er ihr öfters einen Besuch abstattet." Harry wandte den Kopf ihr zu: ,,Aber es muss doch einen Grund haben, warum er da war. Er wird bestimmt nicht zum Shoppen dagewesen sein." Sie überlegte kurz, bevor sie erwiderte: ,,Vielleicht wollte er sich einfach nur mal umsehen. Du hast gesagt, dass er im 2. Schuljahr auch schon sehr interessiert an den Gegenständen im Laden war." Er schüttelte hartnäckig den Kopf: ,,Das sah aber nicht so aus, als ob er sich einfach nur umsehen wollte. Er war ziemlich interessiert an einem schwarzen Gegenstand." Ron warf ein: ,,Das muss aber nichts bedeuten. Vielleicht war das Ding, dass er kaufen wollte, einfach nur größer." ,,Stimmt", bestätigte sie seine Theorie, ,,Muggel kaufen ja auch Möbel, die etwas größer sind."

Harry verdrehte genervt die Augen: ,,Es geht hier aber nicht um Muggel oder irgendwelche Möbel, sondern um schwarzmagische Gegenstände, die eine ernsthafte Gefahr darstellen könnten." Hermine konnte seine Hartnäckigkeit nur zu gut verstehen, doch in dieser Sache war er einfach zu engstirnig; Draco könnte einfach nur interessiert an den Dingen im Laden sein, auch wenn sie schwarz magisch waren. Er war damit großgeworden, so ungewöhlich war dieses Interesse nicht. ,,Habt ihr nicht gesehen, wie die Todesser um ihn herum standen? Das war eine Zeremonie, eindeutig!"

,,Das kann ja sein, aber ich glaube nicht, dass er ein Todesser geworden ist. Er ist noch nicht einmal mit der Schule fertig und volljährig auch nicht", antwortete sie. ,,Denkst du wirklich, dass es Voldemort darauf ankommt, welche Schulbildung man hat und wie alt man ist? Ihn interessiert nur die Treue und die Liebe zu den dunklen Künsten, mehr nicht!" Harry behaarte auf seinem Glauben und blieb unnachgiebig. ,,Meinst du nicht, dass du da zu weit gehst? Es ist eine ernste Sache, wenn du jemandem unterstellt, dass er Todesser ist", sagte Ron und blickte zweifeln zu Harry. ,,Aber er ist einer, ganz sicher!"

,,Nur weil du einen Kreis von schwarzen Gestalten um ihn herum gesehen hast?"

Er seufzte: ,,Wenn ihr es nicht einsehen wollt. Ich muss an die Luft." Mit diesen Worten stand er auf, holte etwas aus seinem Koffer und verließ das Abteil. Ron schüttelte den Kopf: ,,Er wirkt beinahe fanatisch wenn es darum geht, Malfoy fiese Sachen zu unterstellen." Sie nickte: ,,Ja schon. Aber ich glaube, es geht mehr ums Prinzip. Harry sind einfach schon so viele schreckliche Sachen passiert und immer war Voldemort daran schuld. Es ist nur natürlich, dass er eine Abneigung gegen die dunklen Künste besitzt und versucht, sie gleich zu erkennen und auszumerzen. Außerdem ist Hogwarts sein Zuhause, er möchte nicht, dass es angegriffen wird."

,,Du hast wohl Recht", brummte Ron, ,,auch wenn er völlig überreagiert." Damit ließen sie das Thema fallen und während der Rothaarige das Schachspiel einräumte, widmete Hermine sich wieder dem Tagespropheten. Doch so Recht konnte sie sich nicht auf die vielen Zeilen konzentrieren, Draco schwirrte ihr andauernd durch den Kopf. Sie zweifelte an seinem Dasein als Todesser, Voldemort würde nicht viel mit einem Sechzehnjährigen anfangen können. Doch die Erläuterung von Harry schien ihr plausibel - was kümmerte den dunklen Lord schon die Intelligenz und das Alter, wenn er treue Gefolgsleute haben konnte, die ohne Nachfrage die Drecksarbeit erledigten?

Diese zwei Ansichten wiedersprachen sich völlig und Hermine fand einfach keinen Weg, diese unterschiedlichen Perspektiven miteinander zu kombinieren. So sehr sie auch überlegte, es ergaben sich einfach keine Parallelen. ,,Ron", unterbrach sie schließlich ihre Gedankengänge, ,,was meinst du wirklich? Voldemort ist immer auf der Suche nach hörigen Gefolgsleuten, die ihm hörig sind und keine Nachfragen anstellen. Doch so schwer es mir auch fällt, das zu sagen, Malfoy wurde nicht ohne Grund Schulsprecher. Also muss er über anehmbare Intelligenz verfügen, wie in seinen Noten auch schon zu sehen ist."

,,Lobst du etwa gerade Malfoy, Hermine?", unterbrach Ron sie ungläubig. ,,Nicht unbedingt, ich erkenne nur wahre Tatsachen an. Darüber lässt sich streiten, aber kommen wir zum Punkt", fügte sie hinzu und bedeutete dem Rothaarigen sie reden zu lassen. Als dieser schwieg fuhr sie fort: ,,Jedenfalls standen bei Borgin & Burke's jede Menge schwarzer Gestalten um ihn herum. Vielleicht Todesser."

,,Garantiert Todesser, die waren schließlich in der Nokturngasse!"
,,Nicht nur Todesser betreten die Nokturngasse, Ron. Aber Harry hat Recht, es sah wie eine Zeremonie aus", sagte Hermine und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Zugegeben interessierte es sie schon, was Draco und die anderen im zwielichten Laden gefan hatten. Und für was er sich so interessiert hatte. Ron verdrehte die Augen und stöhnte genervt auf: ,,Fang jetzt bitte nicht auch noch damit an! Selbst wenn das Frettchen Todesser geworden ist - was ich allerdings nicht glaube - würde es keine Gefahr für uns darstellen."

,,Trotzdem. Voldemort hätte Zugang zu seinen Gedanken und könnte sehen, was in Hogwarts vor sich geht. Jede Art der schwarzen Magie ist gefährlich", gab sie zu bedenken. Ron schien nachdenklich und kratzte sich am Kinn, während Hermine die vorüberziehenden Bäume beobachtete. ,,Vielleicht", meldete er sich schließlich zu Wort, ,,vielleicht wäre es besser, wenn du ihn meiden würdest. Deiner eigenen Sicherheit wegen." Unwillkürlich errötete sie ob der Tatsache, dass der Weasley sich um sie sorgte. ,,Ähm", stammelte sie als Antwort, ,,okay. Es würde ihm nicht auffallen, schließlich hassen wir uns." Er nickte: ,,Ja. Versprichst du es?"

Sie biss sich auf die Unterlippe. Es war schön, dass sich jemand um sie sorgte und dass dieser jemand Ron Weasley war, doch sie hatte keine Sekunde daran gedacht seinen Worten Folge zu leisten. Draco war schlauer als sie gedacht hatte, sie würde ihn nicht unterschätzen dürfen. Vielleicht würde er es merken, wenn sie ihm aus dem Weg gehen würde und sie war sich ganz und gar nicht sicher, ob die Ausrede, dass sie ihm wegen des Hasses mied, funktionieren würde. Auch wenn es die Wahrheit war. Sie hasste ihn mit jeder Faser ihres Seins, doch sie hatte gelernt ihren Feind nicht zu unterschätzen. Doch tat sie das nicht schon mit ihrem Zweifel an seinem Todesser-Dasein?

,,Okay. Ich versprech's", log sie, mied aber Augenkontakt. Es fiel ihr schwer Ron anzulügen, war er doch ihr bester Freund. Hermine war für das Lügen einfach nicht gemacht. ,,Okay. Gut. Das ist sicherer, verstehst du?" Er klang so einfühlsam, so verständnisvoll und als er sich auch noch vorbeugte, um ihr eine Hand an die Wange zu legen und ihr tief in die Augen zu schauen, bereute sie ihren Entschluss. Sanft strich er mit dem Finger über ihre Wange, seine Berührungen fühlten sich so warm und sanft an. Doch sie musste konsequent bleiben.

,,Natürlich verstehe ich." Sie brach den Blickkontakt ab und straffte die Schultern, während Ron sich wieder in den weichen Sitz sinken ließ. Hermine atmete tief ein und aus und widmete sich erneut dem Tagespropheten. So schwer es ihr auch fiel, sie würde sich nicht von ihm fernhalten und herausfinden, ob Draco Malfoy ein Todesser war.

Es tut mir wahnsinnig Leid wegen der Verspätung, momentan fehlt mir einfach die Zeit zum Schreiben. Doch ich werde mein Bestes geben, diese Geschichte regelmäßig (jeden Freitag) zu aktualisieren und mit meinen anderen Werken auch weiter zu kommen! Keine Sorge und viel Spaß!

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