13 - Kleine Manipulation

Am nächsten Tag hatte sich ein großer Bluterguss auf Hermines ganzem Handrücken gebildet. Sie konnte von Glück sprechen, dass Wochenende war, sonst hätte sie gewiss Schwierigkeiten mit dem Halten von Feder und Büchern gehabt. Und nur für einen einzigen Bluterguss wollte sie nicht extra noch einen Heilzauber nachschlagen, sie hatte definitiv wichtigeres zu tun. Zum Beispiel darüber nachzudenken, wie sie Draco weiter aushorchen sollte.

Es war kein kluger Schachzug gewesen, ihm ihre Informationen offen darzulegen. Am liebsten würde sie sich für ihre Dummheit selbst ohrfeigen, doch das würde sie nicht weiterbringen. Also musste sie ihren Ärger auf sich selbst einfach runterschlucken, ob sie wollte oder nicht. Seufzend ließ sie sich in die Polster des gemütlichen Sessels im Gemeinschaftsraum sinken. Wie sollte sie nun weiter kommen? Jetzt, da Draco von ihrem Verdacht wusste und sich nur noch abweisender verhalten würde? Er würde sich verschließen und niemanden mehr an sich heran lassen. Erneut seufzte sie. Das hatte sie ja toll hinbekommen.

Dann stand sie auf und verließ den Turm, um sich in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors zu begeben, in dem sich vermutlich Harry und Ron aufhielten. Wenn sie schon nicht das Problem mit Draco lösen konnte, dann wollte sie sich wenigstens bei ihren besten Freunden umhören, was es neues gab. Vielleicht half Ablenkung, um wieder einen klaren Kopf für die richtigen Dinge zu bekommen. Auch wenn es bestimmt nicht viel half, sich den Problemen anderer zu widmen.

Im Gemeinschaftsraum hielten sich nur wenige Schüler auf, die meisten hatten sich nach draußen verzogen, um die noch einigermaßen warmen Temperaturen zu genießen. Das Herzstück des Gryffindor-Turmes sah aus wie in den Jahren zuvor, nichts hatte sich verändert. Erleichtert atmete sie aus. Denn so sehr sie und die Anderen sich verändern würden, so würde wenigstens dieser Raum sie immer an die alten Zeiten erinnern.

Harry und Ron saßen wie üblich vor dem Kamin und spielten Zauber-Schnippschnapp. Sie hatte den Sinn des Spiels nie richtig verstanden und es dementsprechend auch noch nie gespielt. ,,Hey", begrüßte sie die Jungs und setzte sich im Schneidersitz neben Harry. ,,Hi", antworteten beide gleichzeitig und spielten weiter. ,,Schön, dass du dich auch mal hier blicken lässt", sagte Ron. Sie nickte. ,,Ich hatte in letzter Zeit viel zu tun. Harry, hast du schon darüber nachgedacht, wie du dir die Erinnerung von Slughorn beschaffen kannst?"

Der Schwarzhaarige nickte. ,,Ja, natürlich. Aber mir ist noch nichts eingefallen." Das wunderte sie nicht. Sie war diejenige, die nachdachte und ihr Hirn anstrengte, Harry und Ron hingen handelten. Das wurde ihnen zum Verhängnis, wenn sie ab sofort weniger Zeit haben und noch nicht einmal im selben Turm wohnen würde. ,,Warum wundert mich das nicht?" Ron sah auf. ,,Du bist die mit Köpfchen. Das weißt du doch." Harry nickte. ,,Ja, genau so ist es." Er legte eine Karte mit einem schwarz-weißem Motiv. ,,Also hat hier keiner von euch einen Plan, wie du Slughorn die Erinnerung abluchsen kannst." Er schüttelte den Kopf. ,,Nein, leider nicht. Aber ich habe noch Zeit, um mir was auszudenken."

Sie seufzte. ,,Aber du solltest dir so bald wie möglich etwas einfallen lassen", tadelte sie ihn. ,,Je eher du die Erinnerung bekommst, desto eher bekommst du Informationen. Und die sind wichtig, sehr wichtig sogar. Wir haben nicht mehr viel Zeit." Er sagte nichts mehr und wartete auf Ron, der angestrengt auf eine Karte vor sich starrte. ,,Vielleicht", meinte er zögerlich, ,,vielleicht solltest du einfach nach dem Unterricht bei ihm bleiben. Er liebt dich, du bist der Klassenbeste." ,,Ja, dank dem Buch", sagte sie zynisch und verschränkte die Arme vor der Brust. Die beiden Jungs ignorierten ihren Kommentar. ,,Wenn du ihn bittest, dir die Erinnerung zu geben..."

,,Er wird sie ihm aber nicht geben", unterbrach Hermine. ,,Nicht ohne Grund verschleiert er die Erinnerung. Das Vorhaben ist sowieso töricht , ich weiß nicht, wie Dumbledore das von dir verlangen konnte. Wenn Slughorn so weit geht und selbst sein eigenes Gedächtnis manipuliert, dann wird es für dich so gut wie unmöglich sein, diese Erinnerung zu bekommen." Harry legte den Kopf schief. ,,Na vielen Dank auch für die tolle Motivation, das wird es mir gleich viel leichter machen." Ron wirkte ein wenig getroffen. ,,Ich meinte ja nur, Hermine."

Sie verdrehte entnervt die Augen. ,,Ich habe nur die Realität ausgesprochen. Nur Fakten helfen uns weiter. Klare Fakten." Sofort wirkte Ron hellwach, seine blauen Augen blitzten. ,,Genau. Ein Beweiß dafür, dass deine Theorie, Malfoy sei ein Todesser, nicht wahr ist." Seufzend sah sie ihn an. ,,Müssen wir wieder darauf kommen? Können wir es nicht einfach gut sein lassen?" Ron wirkte entsetzt, was sie allerdings nicht verstehen konnte. Seine Worte wiedersprachen sich. ,,Du meintest doch selbst, dass er kein Todesser sein kann. Also, warum sollte ich mir dann Sorgen machen?" Darauf wusste er keine Antwort. Stattdessen legte er eine Karte, die prompt darauf explodierte. ,,Mist", fluchte er leise und sammelte die Karten ein, die nun auf dem Boden verteilt waren. ,,Bitte, wenn ihr wollt", sagte Harry. Sie warf ihm einen warnenden Blick zu, der ihm signalisieren sollte, dass ein Kommentar unnötig war. Zum Glück hielt er den Mund.

,,Ich geh dann mal", sagte sie nach einer Weile, in der sie den Jungs zugesehen hatte. Sie stand auf und klopfte sich ein wenig Staub von der Hose. ,,Tschüss", sagte Ron, ganz auf die Karten konzentriert. ,,Du kommst doch zu den Auswahlspielen nächsten Samstag?", fragte der Brillenträger neben ihr. Sie nickte. ,,Natürlich, das würde ich mir doch nicht entgehen lassen, Kapitän."

oOoOoOo

In der darauffolgenden Woche war Hermine so mit der Schule beschäftigt gewesen, dass sie keine Zeit gehabt hatte, mit Draco zu reden. Außerdem hatte sie ihn nur im Unterricht gesehen und einmal spät Abends, längst nach der Sperrstunde. Sie würde nur zu gerne herausfinden, was er vor ihr zu verbergen hatte, doch sie musste es geschickt angehen. Und direktes Fragen war ganz bestimmt kein geschickter Schachzug. 

Am Samstag saß sie auf einer der Bänke des Quidditchstadions und sah zu, wie verschiedene Schüler um eine Position im Team kämpften, während Harry sie dabei ganz genau von seinem Feuerblitz aus beobachtete. Auch Ron bewarb sich um die Position als Hüter, was sie sehr überraschte. Doch jetzt wusste sie wenigstens, warum er so erschrocken gewesen war, als Harry das Datum für die Auswahl bekannt gegen hatte. Schließlich kam der Rothaarige ran, der gegen den breiten Cormac McLaggen spielte. Die beiden sollten verhindern, dass der Quaffel ins Tor geschossen wurde. Ron positionierte sich als erster vor dem Tor und rieb sich nervös die behandschuhten Hände. Sein Adamsapfel hüpfte wie verrückt auf und ab, sein Atem ging schnell und unregelmäßig. Alicia Spinnet, die die Tore schießen sollte, nahm sich den braunen Ball, welcher als Quaffel betitelt wurde, zielte, warf - und traf. Ehe Ron sich versah, war der Ball an ihm vorbei geflogen und hatte einen der drei Torringe hinter ihm passiert. Er wurde rot und hielt sich krampfhaft am Besen fest. Es war ihr ein Rätsel, wie er in einer so großen Höhe noch einigermaßen ruhig bleiben konnte. Sie würde komplett die Nerven verlieren. Alicia nahm erneut den Quaffel, welcher zu ihr zurückgeflogen war, und schoss. Diesmal stürzte Ron rechtzeitig zur Seite und schaffte es, den Quaffel gerade noch so abzuwehren. Ein paar vereinzelte Jubelrufe, darunter auch ihre, waren zu hören und ein breites Grinsen, dass er nicht mehr Kaschieren konnte, bildete sich auf Harrys Gesicht.

Mit neuem Mut sah Ron Alicias drittem und letzten Versuch zu, ein Tor zu erzielen. Sie nickte ihm zu und warf - und auch diesmal schaffte Ron es, den Quaffel zu halten. Zu den Jubelrufen mischte sich nun auch Applaus, Harry zeigte nun offen sein breites Grinsen. Ron flog zu Boden, wo Angelina Johnson ihm lächelnd auf die Schulter klopfte. Er errötete erneut, diesmal vor Freude, und sah gespannt gen Himmel, wo sich nun Cormac vor den drei großen Torringen aufbaute. Er wirkte wie immer selbstsicher und gab sich Mühe, so breit wie möglich auszusehen. Alicia wiederholte die Prozedur, die sie auch schon bei Ron durchgeführt hatte und versuchte, den Ball ins Tor zu bekommen. Mit einem lässigen Lächeln schnellte er zur Seite und hielt den Ball mit seiner Hand ab, welcher aufgrund von Cormacs Breite eh nicht viele Chancen gehabt hatte, das Tor zu passieren. Harry, der ein paar Meter über ihnen seine Bahnen zog, sah mit steinernder Miene, die er zu verdecken versuchte, zu. 

Sie musste etwas tun. Wenn Ron nicht im Team aufgenommen werden würde, würde er denken, dass er ein Versager wäre. Und das war er nicht.

Heimlich zog sie ihren Zauberstab und murmelte ,,Cunfundo". Der Verwirrungszauber wirkte sofort. Als Alicia den Quaffel warf, schoss Cormac zur völlig falschen Seite, sodass der Quaffel ungehindert durch das Tor fliegen konnte. Sie lächelte leise in sich hinein und beobachtete, wie er auch den den dritten Ball nicht halten konnte. Damit war es entschieden - Ron würde nun der Hüter sein und damit auch die Position Oliver Woods einnehmen, der im letzten Jahr seinen Abschluss gemacht hatte. Das Mädchen unter ihr applaudierte laut, während sie Ron laut zu jubelte und sich ein kribbelndes Gefühl in ihrer Magengegend ausbreitete. Ebenfalls jubelnd reckte Ron seine Faust in die Luft, ehe er von seinen Teamkollegen beinahe zerquetscht wurde. Cormac wirkte sichtich beleidigt und beteiligte sich demonstrativ nicht an der Umarmung, als er mit dem Besen Richtung Boden flog.

Die Verspätung tut mir Leid!

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