Kapitel 13

Den gestrigen Montag brachte ich dann doch noch irgendwie rum.

Den Rest der Mittagspause verbrachte ich damit einfach geistesabwesend die Wand an zu starren und wirklich zu realisieren was geschehen war.

Und alles nur wegen einer harmlosen Pommes.

Wegen einer harmlosen Pommes war ich jetzt erst Recht bekannt an der Schule, stand in einem schlechten Licht da und das zu unrecht.

Erst als es dann irgendwann klingelte raffte ich mich wieder auf und lief zurück zu meinem Klassenraum und es war fast wieder alles so wie vor dieser ganzen Vincent Projekt Sache.

Die Leute nahmen mich nicht wahr, ab und zu bekam ich einfach einen schrägen Blick zu geworfen. Der Unterricht zog an mir vorbei, Valentin saß wieder an seinem alten Platz und ich konnte mich wieder halbwegs auf meine Aufgaben konzentrieren.

Es war fast ungewohnt nicht sein ständiges Gerede zu hören, was ich die ersten fünf stunden zu hören bekam, aber war es einfach wieder so wie früher und eigentlich war es doch das was ich wollte.

Ich bekam keine bösen Blicke mehr von den Mädchen, wahrscheinlich hatten sie jetzt auch verstanden, dass weder Vincent noch Valentin etwas von mir wollten, dem lernbehinderten und egoistischen Nerd anfangen würde.

Das hätte ich ihnen zwar auch schon vorher sagen können, aber was solls.

Nach der Schule war ich gelaufen. Ich wollte mit Lucy nicht im selben Bus sitzen.

Zuhause bekam ich auf Grund dieser Aktion natürlich erst mal eine Standpauke gehalten, gleich danach die dafür dass ich Lucy mit einer Pommes abgeworfen hatte. Lucy stellte mich wieder in den schlechten Schatten in den Augen meiner Mutter, aber wann tat sie das denn nicht.

Lucys hinterhältige Blicke brannten immer noch vor meinen Augen.

Was hatte ich ihr getan?

Wann hatte sie überhaupt angefangen diesen Hass auf mich auf zu bauen?

Ich hatte es nicht mit bekommen, plötzlich hasste sie mich einfach. Ich konnte mich nicht erinnern, das ich irgendetwas zu ihr gesagt haben könnte, was für diesen Hass sorgte.

Wir sprachen doch als Kinder schon kaum mit einander, was hatte sie also dann für einen Grund.

Ich verstand sie nicht, doch kümmerte mich das herzlich wenig gerade, denn gerade hatte ich eindeutig andere Probleme und die bezogen sich auf die drei Jungs, die mir gegenüber standen und mich wieder abgefangen hatten, als ich gerade in die Bibliothek flüchten wollte.

Was wollten sie von mir?

Wollten sie mir jetzt auch noch an den Kopf werfen, was für ein schlechter Mensch ich war.
Glaubt mir, dass hatte ich gestern genug zu hören bekommen.

Unsicher sah ich sie an. Ich hatte Angst, Angst vor dem was sie sagen könnten, Angst vor dem Ungewissen welches sich in mir anbahnte.

,,Hey'' ich bekam keinen Ton raus, sah sie weiterhin einfach still mit der Angst in meinen Augen schimmernd an.

Die drei tauschten einen kurzen Blick aus. ,,Ich wollte mich entschuldigen'' Max ergriff das Wort und kratzte sich am Hinterkopf während er mich verunsichert anlächelte.

Leicht legte ich den Kopf schief und zog meine Augenbraue fragend hoch. ,,Du weißt schon wegen gestern. Hätte ich diese Pommes nicht geworfen, dann wäre Lucy nicht so ausgerastet und hätte ihre Wut an dir heraus gelassen und diese lächerlichen Sachen gesagt''

Schon mal daran gedacht, dass diese Sachen vielleicht wahr sind.

,,Was?'' unglaublich starrten mich die drei an. Meinen Gedanken hatte ich wohl laut ausgesprochen.

,,Was meinst du?'' Josh sah mich mit einem unbegreiflichen Blick an. Amüsiert sah ich sie an. ,,Ich mein irgendwo her muss sie das ja haben. Mal daran gedacht, dass ich vielleicht wirklich das Lernbehinderte und egoistische, selbstsüchtige Mädchen bin, was die Schüler jetzt in mir sehen''

Vincent kniff die Augen zusammen. Ich wusste ehrlich gesagt nicht was gerade mir durchs Blut floss, dass mich das alles gerade so ziemlich kalt ließ.

Vielleicht hatten mich ihre Worte gestern doch mehr getroffen, als es mein Verstand wahr haben wollte.

,,Ich kenn dich nicht Aayana'' 

Beruht auf Gegenseitigkeit.

,,Ich habe bis vor ein paar Tagen dich noch nicht mal richtig war genommen''

Die Worte trafen mich, aber schocken taten sie mich nicht. Es war selbstverständlich gewesen.

,,Aber was ich in diesen Tagen mit bekommen habe, deutete ganz sicher nicht darauf,dass du egoistisch bist, das du so kalt bist wie dich Lucy gestern dargestellt hat. Selbstsüchtige Menschen hätten sich nicht den Worten meiner Mutter widersprochen und hätten nicht einfach weiter ihr geholfen. Egoistische Menschen hätten nicht ihre Freizeit dafür geopfert um mit meinem kleinen Bruder ein Brettspiel zu spielen. Selbstsüchtige Menschen sind in meinen Augen Menschen, die meinem kleinen Bruder nicht die Spaghetti klein geschnitten hätten, die ihn einfach auf dem Boden liegen gelassen hätten, als er fast am schlafen war''

Diesmal schockten mich diese Worte wirklich. Konnte ich jetzt aus seinen Worten heraus nehmen, dass er das Projekt nicht abbrechen wollte.

,,Natürlich nicht'' ich sollte aufhören meine Gedanken laut aus zu sprechen. ,,Ich mache mir von den Menschen selber ein Bild und damit werde ich jetzt auch nicht auf hören. Und jetzt vergessen wir mal diese ganze Lucy Sache und verbringen die Mittagspause miteinander, die wir gestern eigentlich hätten sollen'' Vincent trat auf mich zu und schnappte sich mein Handgelenk.

Immer noch leicht geschockt von seinen Worten, ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass er so ernst sein konnte, ließ ich mich den Gang hinunter ziehen. Max und Josh folgten uns.

Vincent zog mich weiter durch die Cafeteria Tür und sofort spürte ich sämtliche Blicke auf mir und ich wusste ohne in ihre Gesichter zu sehen, dass sie sich alle fragten, wie die drei beliebtesten Jungs sich noch mit mir abgeben konnten.

Ich verstand es ja selber noch nicht. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Vincent jemand war der Gerüchten keinen Glauben schenkte und mich lieber selber kennen lernen wollte.

Wegen dem Projekt versteht sich.

,,Vinie'' ihre Stimme konnte man nicht überhören, so laut und hoch hallte sie durch den Raum.

Hinter mir glucksten die beiden Jungs auf während Vincent oder auch Vinie genannt stehen blieb und sich zu meiner Cousine drehte, die am Ende des Raumes stand und jetzt übertrieben winkend auf uns zu kam. ,,Hey Lucy'' Vincent verzog kurz das Gesicht als Lucy ihm theatralisch in die Arme sprang. Sofort wich ich einen Schritt zurück, kam aber nicht besonders weit da Vincent mein Handgelenk einfach nicht los ließ.

,,Was habt ihr denn mit ihr noch zu tun oder stalkt sie euch etwa. Aayana müssen wir etwa wieder wegen deiner Kontrollsucht zum Psychologen''

Kontrollsucht?

Psychologe?

Was?

,,Aayana ich dachte es hat aufgehört,dass du die Menschen immer kontrollierst. Lass die Jungs doch in Ruhe. Siehst du denn-'' Lucys Stimme wurde von seiner unterbrochen während dieser gleichzeitig auch versuchte, ihre Arme von seinem Hals zu lösen.

,,Lucy. Wir sind auf Aayana zu gegangen. Sie kontrolliert uns nicht. Wir wollten mit ihr die Mittagspause verbringen.'' man sah Lucy eindeutig an, wie wenig ihr diese Tatsache gefiel.

,,Achso'' überschwänglich sprach sie dieses Wort aus und klammerte sich noch mehr an ihren Vinie. ,,Dürfen wir denn mit euch die Mittagspause verbringen?'' mit den Wimpern klimpernd lächelte sie Vincent an, welcher wieder nur versuchte ihre Arme von sich zu kriegen.

,,Heute nicht'' erleichtert atmete ich aus. Hätte er ja gesagt wäre ich abgehauen. Ganz unauffällig verschwunden. Noch ein mal würde ich mir das nicht an tun.

,,Aber wieso denn nicht?''

,,Aayana und ich müssen an unserem Projekt arbeiten.'' genau das Projekt.

,,Aber'' Lucy's Unterlippe fing an zu zittern als würde sie gleich echt anfangen zu weinen. ,,Aber ich dachte wir machen dass jetzt zusammen. Du meintest doch am Donnerstag dass wir das zusammen machen können'' schwer schluckte ich.

Also wollte er mich gar nicht als Projektpartnerin. Er hatte sogar Lucy vorgeschlagen mit ihr das Projekt zu machen.

Wieso aber dann hatte er mein Angebot abgelehnt?

Das ergab doch gar keinen Sinn, schließlich wäre es keinesfalls unhöflich oder so gewesen, immerhin hatte ich ihm die Sache auf dem Silbertablett serviert.

Ich verstand gar nichts mehr. Ich verstand diesen ganzen Aufwand nicht mehr.

,,Ich mache das Projekt jetzt mit Aayana und wenn du uns jetzt entschuldigst, wir würden dann auch gerne essen'' mit diesen Worten entriss er sich ihren Klammerarmen und zog mich bevor ich reagieren konnte mit sich mit.

Die zwei Jungs trottete uns hinterher und ließen sich zu uns an den Tisch nieder. Max setzte sich neben mich während Josh sich neben Vincent nieder ließ. Gegenüber saßen wir uns jetzt und keiner wusste glaub ich was er jetzt sagen sollte.

Ich spürte deutlich noch die Hasserfüllten Augen von Lucy auf mir, die mich letztendlich auch dazu brachten zu sprechen.

,,Vincent du kannst ruhig mit Lucy das-'' weiter kam ich nicht, denn Vincent unterbrach mich.

,,Aayana ich hab dir schon gesagt, dass ich das Projekt mit dir mache, als wag es jetzt nicht wieder diesen Vorschlag zu machen'' gerade als ich meinen Mund aufmachen wollte, kam er mir wieder zu vor. ,,Und wag es jetzt gar nicht erst was dagegen zu sagen. Du bist jetzt still'' stumm sah ich ihn an während er mich leicht amüsiert aber streng ansah.

Wieso wollte er unbedingt dieses Projekt mit mir machen?

Seufzend ließ ich das Thema fallen. Ich wollte mich jetzt nicht weiter damit beschäftigen, alles würde sowieso darauf hinaus laufen, das ich bei Lucy landete und an ihre Beleidigungen dachte,  die ich heute Abend zu hören bekommen würde.

,,So und jetzt holen wir uns was zu essen'' Josh stand fröhlich auf und die anderen Zwei taten es ihm gleich. Ich blieb sitzen. Hunger hatte ich zwar ein bisschen, doch wollte ich nichts essen.

Irgendetwas sträubte sich in mir. Ich wusste nicht was es war, aber es war vorhanden und hinderte mich

. ,,Willst du nichts?'' Vincent sah mich fragend an. ,,Nein danke. Keinen Hunger'' misstrauisch zog er die Augenbraue hoch, wendete sich dann aber wieder dem gehen zu. Den Jungs folgte er zur Essensaufgabe und stellte sich zu ihnen.

Kurze Zeit später ließen sie sich wieder gegenüber von mir nieder und fingen an ihre Pommes zu essen. ,,Wie alt bist du eigentlich Aayana?'' Josh wendete sich an mich und sah mich fragend an. ,,16''

,,Und du gehst mit Valentin in eine Klasse oder?'' darauf nickte ich.

,,Du hast Vincents Familie schon kennen gelernt oder?'' Max sah mich von der Seite lächelnd an. ,,Ja''

,,Und wie findest du sie?'' jetzt sah auch Vincent interessiert aus.

Ja wie fand ich seine Familie. Besser auf jeden Fall als meine.

,,Groß'' sagte ich unsicher, was die drei zum lachen brachte. ,,Ja groß ist sie wirklich. Hast du eigentlich Geschwister?''

,,Leider nicht aber ich hätte gern einen kleinen Bruder. So einen wie Vito. Der ist einfach nur süß''

Der Gedanke an Vito brachte meine Augen zum Funkeln. Der Kleine war einfach goldig. Mit seinen großen Kulleraugen würde er später sämtliche Mädchenherzen noch erobern.

Die Jungs lachten kurz auf, aber das war mir egal. ,,Ja Vito ist schon süß. Ich versteh gar nicht wie so jemand mit Vincent verwandt sein kann'' dafür bekam Josh einen Schlag auf den Kopf, was wieder rum Max zum Lachen brachte.

,,Josh du meintest doch Vinie oder?'' kurz nach diesen Worten zuckte Max zusammen und fasste sich an sein Schienbein, gegen welches Vincent wohl getreten haben musste.

,,Ja natürlich. Vinie unser süßer Boy'' Erwähnter sah alles andere als fröhlich seine Freunde an.

,,Ich hab ihr gestern schon gesagt, sie soll mich nicht so nennen.''

,,Ja Vinie Pech gehabt. Aber jetzt kommen wir noch mal zu dir Aayana. Wir waren noch nicht fertig. Okay Vito vergötterst du, auch wenn der manchmal ziemlich anstrengend sein kann glaub mir. Wie findest du den Rest der Familie?''

Gute Frage. Ich wusste ehrlich gesagt nicht was ich sagen sollte.

,,Ähm'' unsicher sah ich die drei an die mich wieder rum gespannt ansahen. ,,Valentin würde ich sagen wir mal als den gesprächigsten der Familie einschätzen. Also hatte ich jetzt so den Eindruck. In der Klasse redet er nämlich auch meistens durch gängig über alles mögliche''

,,Damit hast du auf jeden Fall Recht. Mir ist noch nie so jemand untergekommen, der so viel reden kann wie unser Valentin'' zustimmend nickte ich. Valentin konnte echt viel reden.

,,Von Viktor hatte ich so den Eindruck, dass er genau das Gegenteil von Valentin ist. Also zumindest hat er als ich da war kaum geredet.''

,,Echt? Ich war zwar schon lange nicht mehr bei Vincent Zuhause aber das letzte mal war Viktor noch genau so gesprächig wie Valentin. Die beiden reden eigentlich immer um die Wette'' Also steckte vielleicht doch was hinter Viktors traurigem Gesichtsausdruck.

,,Vince was ist mit unserem Kleinen?''

,,Keine Ahnung. Ich schätze mal die Pubertät kommt. Der ist seit ein paar Wochen nur noch mies gelaunt und redet kaum noch. Mama meint, dass das einfach am Alter liegt'' oder es hatte einen anderen Grund.

,,Jaja die Pubertät. Wie schnell unser kleiner Junge doch erwachsen wird'' wenn ich richtig rechnete war Max doch nur höchsten 4 Jahre älter als Viktor.

,,Und wie findest du seine Eltern?'' Oh Gott Eltern einschätzen war eindeutig noch unangenehmer als die Brüder.

,,Ähm auf jeden Fall sehr nett. Ich kenn sie halt kaum'' unsicher zuckte ich mit den Schultern.

,,Und wie findest du den süßesten aus der Familie?'' komischerweise fing bei diesen Worten von Josh an Vincent mit den Wimpern zu klimpern und ein süßes Lächeln zierte seine Lippen, was seine Grübchen heraus stechen ließ.

Mein Herz fing plötzlich an schnell zu pochen. Es raste und jagte mir eine Heiden Angst ein. Bitte hatte ich es nicht geerbt, bitte nicht.

,,Meinst du Vitus?'' plötzlich fingen die Jungs an zu lachen, während Vincent anfing zu schmollen und beleidigt die Arme verschränkte. ,,Was ist?'' fragte ich sie dann irgendwann nach dem sie sich wieder beruhigt hatten. ,,Ich meinte zwar eigentlich Vince, aber wenn ich so Recht überlege ist Vitus wirklich süßer'' ich spürte förmlich wie mir die Röte ins Gesicht schoss. Deswegen hatte Vincent plötzlich so süß gelächelt.

Ups.

Nervös lächelte ich. ,,Vitus ist richtig süß. Einfach zum knuddeln" die beiden Jungs nickten zustimmend während Vincent mich mit seinen klaren Augen fokussierte.

,,Na ja okay jetzt haben wir Vincents Familie durch. Jetzt erzähl mal was von dir?'' neugierig sahen mich die drei an, während ich schwer schluckte.

Was gab es schon über mich zu erzählen. Mein Vater war tot, meine Cousine hasste mich und von meiner Mutter will ich erst gar nicht anfangen.

,,Was soll ich denn erzählen?'' 

,,Na einfach irgendwas. Hobbys, Familie oder so. Keine Ahnung''

,,Ähm also ich bin wie schon gesagt Einzelkind und Lucy ist meine Cousine'' Josh verdrehte die Augen. ,,Das wissen wir doch schon. Okay dann stellen wir halt Fragen. Okay erste Frage, als was arbeiten deine Eltern?'' schwer schluckte ich.

,,Ähm meine Mutter führt eine eigene Modelagentur und mein Vater ist im Ausland stationiert''

Das war er wirklich. Bis zu seiner Diagnose war er regelmäßig im Ausland stationiert gewesen.

Das war mit ein Grund dafür,dass mein Vater mein Vorbild war. Ihm war das Wohl anderer immer wichtiger als sein eigenes. Mein Vater meinte ich hätte diese Seite von ihm geerbt und das hatte ich wirklich.

Mir war alles wichtiger außer ich selbst.

Ich wollte das die Leute in meinem Umfeld glücklich sind und genau das war auch der Punkt der mich verletzte.

Meine Familie spürte Hass wegen mir, den Hass auf mich, dabei wollte ich das doch gar nicht.

Ich wollte doch das sie glücklich waren, aber weder meine Mutter könnte das mit mir als Tochter noch Lucy mit mir als Cousine.

,,Siehst du deinen Vater oft?'' ich würde ihnen nicht sagen, dass mein Vater tot ist. Das ging sie nichts an, das interessierte sie wahrscheinlich gar nicht. ,,Im Moment eher seltener'' Die Jungs nickten darauf.

,,Und deine Cousine steht bei deiner Mutter unter Vertrag?'' darauf nickte ich wieder. ,,Und was machst du so in deiner Freizeit? Ich schätze mal mit deinen Freundinnen treffen'' eher nicht, meine Freizeit verbringe ich eigentlich damit das Schachbrett an zu starren. ,,Genau und sonst langweile ich mich eigentlich nur''

,,Ich hab dich noch nie in der Schule in Begleitung rum rennen sehen''

,,Meine Freundinnen gehen alle auf eine andere High School. Wir kennen uns von außerhalb und mit den Mädchen aus meiner Klasse bin ich nicht wirklich befreundet'' verstehend nickten sie und dann war kurz Stille in der die Jungs ihr Essen fertig aßen.

Danach brachen sie ihre Tabletts weg und ich folgte ihnen kurzer Hand. ,,Die Mittagspause ist gleich vorbei. Sollen wir noch was raus auf den Schulhof?'' kurz überlegte ich ab zu lehnen, aber gerade fühlte ich mich ehrlich gesagt wohl bei ihnen.

Ich mochte die Jungs auch wenn ich das nicht sollte, denn in wenigen Wochen wäre ich für sie sowieso wieder eine Fremde. Ich sollte mich nicht an sie gewöhnen.

Mit diesem Entschluss lehnte ich doch ab mit der Ausrede noch auf Toilette zu müssen. Die Jungs nickten verstehend und schneller als ich gucken konnte, hatten mich die drei kurz umarmt. Stock steif sah ich ihnen hinter her wie sie die Cafeteria verließen.

Mein Puls stieg an, meine Wangen färbten sich leicht rosa. Mich hatte noch nie jemand freiwillig umarmt außer mein Vater.

Das war neu für mich und die Blicke der Schüler die auf mir lagen machten es mir nicht leichter, mir einfach ein zureden ich hätte es geträumt.

Mit schnellen Schritten und einer komischen Wärme in mir verließ ich die Cafeteria und machte mich gleich auf den Weg zur Toilette. Dort schloss ich mich gleich in die Kabine ein und rutschte die Wand hinunter.

Mein Herz schlug immer noch unrhythmisch, meine Beine waren immer noch so weich wie Wackelpudding und mein Körper fühlte mental noch seine Arme, die sich um mich schlangen.

Was war mit mir los, was hatte mein Körper?

War ich vielleicht doch krank.

Hatte ich den Fehler vielleicht doch geerbt?

Ich hatte Angst, Angst vor dem Ungewissen. Ich hatte gesehen wie mein Vater gelitten hatte, wie schmerzen er hatte. Ich wollte das nicht.

Die Verwirrung schwirrte in mir, die Ratlosigkeit herrschte in mir und die Angst übernahm mich. Sie übernahm die Kontrolle.

Tränen stiegen mir in die Augen.

Ein Satz schwirrte in meinen Kopf, der mich an meinen Vater erinnerte. Er ließ die Tränen verschwinden und mich wie hypnotisiert meinen Stift raus kramen. Kurz danach zierte der fünfte Spruch die Wand.

Wer Angst hat, stirbt jeden Tag
Wer keine Angst hat, stirbt nur einmal*23. Dezember 2015





3 Schulstunden später hatte ich endlich den letzten Schultag überstanden und jetzt hatten wir Ferien.

Weihnachtsferien.

Sobald die Klingel ertönte sprangen die Schüler hektisch auf und verschwanden schneller als das der Lehrer reagieren konnte aus dem Raum. Als letzte von den Schüler verließ ich den Raum in der Hoffnung so wenig Schülern wie möglich zu begegnen.

Auf dem Schulhof hatten sich wie jedes mal am letzten Schultag Gruppen von Freunden versammelt, die sich jetzt alle von einander verabschiedeten.

Ein Hauch von Traurigkeit flammte in mir auf.

Von mir würde sich keiner verabschieden, dass würde nie jemand.

Mit langsam Schritten drängte ich mich durch die Schüler und setzte meinen Weg runter vom Schulgelände fort.

,,Aayana warte mal'' seine Stimme ließ mich in meiner Bewegung inne halten und vorsichtig drehte ich mich um und sah Vincent auf mich zu joggen.

,,Hey'' begrüßte ich ihn noch kurz als er vor mich stehen blieb.

,,Ich wollte dir nur schöne Ferien wünschen.'' kurz flammte etwas unbekanntes in mir auf, doch ignorierte ich das genauso wie mein Herz was wieder schneller schlug.

Ich sollte keine Angst haben. Mein Vater hatte Recht.

Angst ließ uns jeden Tag sterben.

Mein Vater hatte nie Angst gehabt vor dem Tod. Er meinte wenn er kommt dann kommt er. Er sah in dem Tod nie etwas schlechtes und das sollte ich auch nicht.

Wenn ich den Fehler geerbt haben sollte, dann wäre das okay, doch sollte ich mir darüber jetzt keine Gedanken machen oder Angst bekommen.

Sie würde mich nur innerlich sterben lassen.

,,Danke dir auch'' erwiderte ich und bekam ein Lächeln von ihm zu sehen.

,,Bist du die Ferien irgendwie weg?''

,,Ne bin die ganze Zeit hier''

,,Okay ich auch, dann können wir uns ja mal vielleicht treffen'' Vincent sah fast unsicher aus wie er sich durch die Haare fuhr und dann sich am Hinterkopf kratzte.

,,Also wegen dem Projekt und so'' Die Freude die gerade in mir auflebte starb wieder.

Er wollte sich wegen dem Projekt treffen. Hätte ich mir ja denken können. Das alles geschah ja auch nur wegen dem Projekt.

Trotzdem nickte ich. Es ging schließlich auch um meine Note. ,,Okay ähm soll ich dich Nachhause fahren?'' gerade als ich antworten wollte, kam mir jemand zu vor.

,,Das wäre ja total lieb von dir Vinie''  Erwähnter drehte sich gleich um und im gleichen Moment sprang ihm auch schon Lucy in die Arme. Vincent schwankte kurz, konnte sein Gleichgewicht aber noch rechtzeitig halten.

,,Okay dann kommt. Mein Auto steht gleich da drüben'' Tatsächlich stand Vincents Auto nur wenige Meter von uns entfernt.

Lucy löste sich wieder von Vincent und drückte ihm einen fetten Schmatzer auf die Wange. Kurz schluckte ich, ignorierte dann aber das stechende Gefühl in meinem Magen.

,,Du bist ein Schatz Vinie'' Lucy zog Vincent hinter sich her und unsicher blieb ich an Ort und Stelle stehen.

,,Kommst du Aayana?'' Vincents Stimme riss mich aus meinen Gedanken und bevor ich antworten konnte, redete Lucy schon.

,,Aayana läuft lieber stimmt's?'' Ihr böser Blick gab mir zu verstehen dass ich mit spielen sollte und leicht nickte ich.

,,Sicher? Du kannst ruhig mitfahren.''

,,Vinie lass sie doch. Ihr wird das sowieso nicht schaden mal ein bisschen zu laufen''

Ich wusste was sie andeutete und anhand Vincents Gesichtsausdruck wusste ich, dass er die Anspielung auf mein Gewicht auch verstanden hatte.

Ich war halt nicht dünn, hatte halt keine Modelfigur. Musste man mir das immer unter die Nase reiben. Ich hatte es doch schon lange verstanden.

Schnell wendete ich den Blick aus Vincents stechenden Augen ab, die mich musterten. Wahrscheinlich stimmte er in seinen Gedanken gerade Lucy zu und fragte sich wieder wie so jemand wie ich mit Lucy verwandt sein konnte.

,,Vinie kommst du jetzt?'' Vincent sah kurz zwischen uns beiden hin und her und unauffällig schüttelte ich mit dem Kopf, damit er verstand dass ich laufen würde.

Vincent sah mich noch mal intensiv an ehe er selber ins Auto stieg in welchem Lucy schon saß.

Kurz darauf fuhren sie den Parkplatz hinunter und ich sah ihn wehmütig hinterher. Ich wollte jetzt lieber in dem Auto sitzen statt zu laufen, aber vielleicht hatte Lucy Recht.

Vielleicht würde mir das laufen wirklich nicht schlecht kommen.

Entschlossen lief ich los. Ab nach Hause und weg von dieser Schule. Jetzt waren Ferien angesagt und vielleicht würde ich es in diesen zwei Wochen endlich schaffen eine Schachfigur zum bewegen zu bekommen um endlich wieder die Leidenschaft in mir ausleben zu können.

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