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Der Teufel steckte im Detail, so hieß es doch.

Wenn der Teufel eine Person wäre, die für die Ausführung dieses Sprichwortes zuständig wäre, so würde Hades tatsächlich ein aus der Unterwelt entsandter Gott oder gefallener Engel sein.

Es war alles da.
Alles, was ich brauchte und wollte.
Es war das gleiche Penthouse in das ich nach der Explosion von vor einem Jahr gebracht worden war. Nach dem Ball, auf dem ich das erste Mal Bekanntschaft mit einer Welt gemacht hatte, die sogar noch weiter reichte als das The Heavens. Wenn man glaubte, dass es nicht mehr schlimmer gehen konnte, passierte genau das.

Das Penthouse war nur sehr verschwommen in meiner Erinnerung zurückgeblieben, doch ich erinnerte mich an Bodentiefe Fenster und dem Fehlen jeder Individualität. Es war damals eingerichtet gewesen, nach dem Glauben, wie es mir gefallen könnte. Für die kurze Zeit, die man mir gewiss gegeben hatte, um als Gabriels Platzhalter zu dienen.

Dieses Mal hatte ich Hades ein ungefähres Bild gezeigt, von dem, was ich unter einem Ort für mich vorstellte. Einen Ort, den ich so nie besessen hatte.

„Hast du Hunger?", fragte ich Jaswinda, zufrieden über den Drang, kochen zu wollen.

Das Penthouse bestand aus einem großen Raum, mit einem breiten Flur links von mir (oder dem Fahrstuhl, vor dem Jaswinda und ich stehen geblieben waren), in dem sich vier Türen befanden.

Der Raum war unterteilt in Wohnzimmer, mit fantastischem Ausblick auf die ganze the Heavens Anlage, Esszimmer und Küche. Die offene Küche war durch eine Küchenzeile aus Glas, mit einer dunklen Arbeitsplatte, vom Esszimmer abgetrennt. Das Esszimmer war durch eine Trennwand mit filigraner, Japanischer Malerei vom Wohnbereich abgetrennt. Und doch harmonierten alle drei Nutzflächen. Die ausgewählte Farben, weiß, dunkel grün und braun, die sich in jedem Sitzkissen, der weißen Couch, dem Dunkeln Holzboden wiederfanden, oder den leichten, Asiatischen Akzenten, wie etwa in der Trennwand oder dem großen Bild einer stürzenden Welle im Wohnzimmer, waren alle drei Räume miteinander verbunden.

Und die Pflanzen. Kletterpflanzen, Bonsai, Aloe Veras. Sie stachen einem sofort ins Augen und verliehen diesem Ort, und mir, leben.

Das Penthouse war zu einem Platz entstanden, an dem mich ehrlich das Gefühl überkam, des kochen wegen kochen zu wollen, und nicht um mich mit Nahrung am Leben zu erhalten.

Unbekannte die nun mein altes Zimmer bewohnte, ich bin froh, dass du es so früh gefunden hast.

Meine Gesichtsmuskeln entspannten sich zu einem ungespielten Lächeln, angesichts dieses unerwarteten Erfolges.
Es war das erste Mal überhaupt, dass ich ein Ort mein zu Hause habe nenne wollen. Ein Ort, über den Ich bestimmen konnte und an dem ich jegliche Gewalt verbannen konnte.

Beim vorbeigehen strich ich über die Blätter einer Kletterpflanze. In der Küche erwartete mich ein Kühlschrank voller Lebensmittel. Ohne auf Jaswindas leises „Nein" einzugehen, holte ich dennoch eine Tomate und einen Salatkopf aus dem Gemüsefach, eine Scheibe Brot aus dem Brotkasten in dem offenen Fach direkt neben dem Kühlschrank, und eine Avocado aus dem, von der Decke hängenden, Obstkorb.

Es dauerte ein wenig, bis ich auch Schneidebrett und Messer gefunden hatte.
„Ich bin nicht hungrig, My Lady", sagte Jaswinda in diesem Moment erneut. Wie aufs Stichwort knurrte ihr Magen laut.

Ich wusch die Tomate und den Salat. „In dem ersten Zimmer links ist das Gästezimmer. Es hat ein eigenes Bad, geh und wasch dich", sagte ich, ohne mich umzudrehen. Auf meine Bitte hin, hatte Hades mir den Grundriss des Penthouses geschickt. So hatte ich auch ungefähr bestimmen können, wo alles hin sollte.

Es war wirklich beeindruckend, in Anbetracht, dass er nur einen Tag gehabt hatte, um das alles hier vorzubereiten.

Ich habe nicht gehört, wie Jaswinda sich bewegt hatte, doch ich hörte wie eine Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde. Ich wartete, bis die Dusche anging, bevor ich das erste fertige Sandwich auf einen Teller legte, zum Flur, an Jaswindas Tür vorbei, auf die Vorletzte Tür zuging. So leise wie möglich drückte ich die Klinke hinunter und trat in das dunkle Zimmer ein.

Es war der Einzige Raum, der Kalt gelassen worden war. Mit lediglich beigen und weißen Möbeln ausgestattet. Einzig eine bunte Vase auf einem Sockel neben dem großen Schreibtisch, in der ein dicker Strauß gelber Rosen saß, sorgten für ein bisschen Farbe.

Auf leisen Sohlen, um keine erschreckenden Geräusche zu machen, ging ich auf die Gestalt zu, die eingesunken auf dem beigen Sofa saß und stellte den Teller auf der Lehne aus Glas ab, welche Gleichzeitig als Beistelltisch genutzt werden konnte.
„Falls sie Hunger bekommen", sagte ich.

Jaswindas Großmutter zeigte keine Regung. Hades hatte mich bereits vorgewarnt. Seitdem Hades sie aus Dubai hierher geschafft hatte, hatte sie kein Zeichen Leben von sich gegeben. Einzig, dass sie noch atmete, ließ erkennen, dass sie psychisch noch anwesend war.

Ihre weit geöffneten Augen waren anklagend auf einen Punkt in weiter ferne gerichtet. Ich brauchte keinen Abschluss in Pszchologie um zu erkennen, dass diese Frau Leid in ihrem Leben zu verspürt hatte und immer noch durchlebte. Viel Leid. Leid, den ich gedachte wieder aufleben zu lassen.

Seufzend verließ ich das Zimmer. Es gefiel mir nicht, aber diese Frau würde für mich reden müssen. In der Küche griff ich nach einer zweiten Avocado, schnitt sie auf, entfernte den Kern und verteilte ihr grünes Fleisch auf zwei neuen Brotscheiben.

Jaswinda kam zurück. Ich drapierte die Brote etwas kunstvoller auf einen Teller, legte zwei Saure Gurken neben das Brot, welche ich aus einem Einmachglas im Kühlschrank gefischt hatte, und reichte ihr anschließend den Teller.
Sie nahm ihn entgegen und blieb steif an Ort und Stelle stehen. „Setz dich", ich zeigte mit dem Messer auf einen der Barhocker am Tresen.

Sie nickte, ging jedoch im gleiche steifen Stil auf den Barhocker zu und setzte dich. Sie hatte sich umgezogen, trug einen leichten Flanell Pyjama und Hausschuhe. „Es kann in den Nächten hier kalt werden, du solltest dir etwas wärmeres einpacken", sagte ich, während ich wahllos Schränke öffnete, bis ich schließlich ein Erdnussbutterglas gefunden hatte, ohne überhaupt danach gesucht zu haben.

„Pardon?", fragte Jaswinda, kaum, dass ich mich zurück an die Arbeitsfläche begab, eine neue Brotscheibe aus der Packung holend.

„Du wirst hier schlafen für heute Nacht, danach werde ich für dich ein Zimmer in den Quartieren im Arbeiterviertel organisieren."
Mein Magen zog sich bei dem Wort „Arbeiterviertel" zusammen. In diesem Viertel residierten die freundlichsten und umgänglichsten Menschen der ganzen Anlage.

Sie mochten die Schüler nicht, doch untereinander, und gelegentlich zu Stipendiaten, legten sie eine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft an den Tag, die seines gleichen suchte. Vor allem untereinander, waren sie absolut loyal.

„Ich möchte, dass du dich mit jemanden anfreundest und mir jegliche seiner Interessen und... innersten Wünsche berichtest."

Mit mehr Schwung als nötig steckte ich das Messer ins Erdnussbutterglas zurück. Ich hatte eine vielleicht dickere Schicht als nötig auf die Scheibe geschmiert, doch wie lange war es her, dass ich Erdnussbutter gekostet habe?

„Die Informationen bekommst du morgen. Es wird ein langer Tag für dich werden, denk daran früh schlafen zu gehen." Ich nahm meinen Teller und trat hinter der Arbeitsfläche hervor. „Ich räume später auf, und starr das Brot nicht einfach nur an, du hast seit heute Morgen nichts richtiges gegessen."

Ich verließ den Wohnbereich und steuerte erneut das Arbeitszimmer an. „Das waren nette Worte." Hades trat aus dem Schatten der großen Stehlampe, die bei meinem Verlassen noch aus gewesen war.

Ich fragte nicht wie zum Teufel er unbemerkt eingetreten war, auch wenn es auf meinem Gewissen brannte. Hades Wege waren unergründlich. „Sorge bitte dafür, dass sie morgen alle Informationen bekommt und sie einen Wagen bekommt, der ihre Koffer bringt."

„Es wäre besser, wenn sie ihren Umzug selbst in die Hand nimmt, dadurch wird die Gemeinde sie leichter aufnehmen wollen." Er hatte recht. Ich setzte mich hinter den Schreibtisch und biss in mein Brot, Jaswindas Großmutter im Blick. Es war eigenartig im Raum frei zu reden, als ob sie nicht da wäre. Immerhin konnte Jaswinda selbst uns nicht hören, der Raum war Schalldicht.

„Sie weiß noch nicht, wer ihre Zielperson ist?", fragte Hades, während ich meinen ersten Bissen kaute und herunterschluckte. Er war näher zu mir getreten, sein Gesicht von Schatten bemalt. Nur Seine Raubvogel Augen leuchteten und taxierten jede meiner Bewegungen.

„Nein."
„Willst du es ihr nicht selbst sagen?"
Ich überlegte kurz, bevor ich den Kopf schüttelte. „Sie arbeitet besser, wenn sie auf sich alleine gestellt ist", sagte ich leise.
Ich schwieg eine Weile, bevor ich nickte und zu Hades hoch sah. „Gib mir das Serum, es wird Zeit, dass die alte Dame redet."

„Soll ich das nicht lieber machen?" Der sanfte Ton seiner Stimme wusch über mich und ließ ein warmes Gefühl zurück, von dem ich mich jedoch nicht einlullen ließ.
„Nein, meine Entscheidung, meine Verantwortung."

Er reichte mir ein kleines Etui, welches ich öffnete und eine kleine Spritze daraus hervor nahm. Die Wahrheitsdroge in ihr schimmerte in einem rötlichen Ton. „Ist das normal?", fragte ich.

„Neben der Droge habe ich noch ein wenig Xylyt hineingemischt. Es ist ein neuer Stoff der... Bewegung in die ganze Sache bringen soll." Er nickte Bedeutungsvoll zu der unbewegten, starr nach vorne schauenden Gestalt.

Die Wahrheitsdroge würde kaum was Bringen, wenn die Person in einer Art Starre gefangen war. „Der Doktor?", erkundigte ich mich. „Abruf bereit", antwortete Hades leise.

Auf zitternden Beinen stand ich auf. „Nebenwirkungen?"
„Der Stoff ist offiziell noch unerforscht, doch ich war in der Position, eigene Tests durchzuführen. Er sollte in der Kombination mit der Droge ungefährlich sein, milder und subtiler als Adrenalin, doch er taktiert präzise die Synapsen im Gehirn. Ihr derzeitiger Zustand ist Psychologisch, wir können also nur hoffen, dass die erneute Aktivierung einiger Synapsen sie lang genug da raus holt, um zu reden. Das Zeitfenster wird eher kurz sein, sei also darauf gefasst."

Die Informationen abspeichern, atmete ich tief durch, und trat auf die alte Dame zu.
Ich beugte mich über sie und stoppte, die Hand nach ihrer ausgestreckt. Langsam richtete ich mich wieder auf. „Mach du es", sagte ich. Das wäre ein schlechter Moment, das erste Mal jemanden etwas zu spritzen. „Mach es so schmerzlos wie möglich." Ich hielt ihm die Spritze hin. Sofort war er bei mir und nahm sie mir ab.

Er achtete daraus, dass unsere Finger sich dabei nicht berührten, doch die Wärme seines Körpers strahlte so heftig von ihm an, dass sie mich dennoch erreichte.

Er hob ihren Arm zum Licht, lege gekonnt die Spritze an ihrer Armbeuge an, stach zu und drückte ab.

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