Epilog

"Unmöglich!"
"Ist Das?"
"Nein!"
"Aber er-"
"Vielleicht..."
"Mein Gott!"

Er sah zu und wartete, wie erst Leugnung, dann Zorn, gefolgt von Ausflüchten und tiefer Bestürzung, schließlich zur niederkrachenden Akzeptanz wurde.

Der weiße König war gefallen und er bereitete sich darauf vor, dies der gesamten Welt mitzuteilen. Angefangen mit seinem neuen Hofstaat.

*

"Gabriel", schwebte die Stimme des derzeit einflussreichsten Mannes durch den Raum, als sich eine Tod ähnliche Stille über diesen gesenkt hatte, "wie schön, dass du uns mit deiner Anwesenheit beehrst." Er lächelte den jungen Mann im Rollstuhl entgegen, doch jeder konnte die Kälte in Ethan Lockhearts Augen sehen. Allen voran der schlotternde und zitternde Dupont.

Die wütende Emotion in ihm als Angst zu beschreiben, wäre eine Farce. Er war sich sogar sicher, dass er weder in der Englischen, noch in seiner Muttersprache ein Wort finden könnte, welches seinen Zustand beschreiben würde.
Er fror und die Spannung in seinem Körper blähten seinen ohnehin schon runden Leib zu einer Kugelfisch ähnlichen Form auf.

„Du", krächzte Gabriel Denauxs Stimme, beraubt von ihrem Charme und entzogen jeder Lebendigkeit. Bei dessen Klang drehten sich Dupont die Eingeweide um. Er hatte den Erben des Denaux Imperiums ganze zwei Mal real gesehen, von der Ferne, und auch wenn der junge Mann der gerade reingeschoben wurde lediglich nach einem Schatten seines ehemaligen Selbst aussah, stand außer Frage, dass es sich hier um das Original handelte.
Dieses hatte gerade seine Schwierigkeiten, seinen Blick fokussiert zu halten oder sich richtig aufzurichten.
Der Anblick war verstörend und kaum auszuhalten.
Das Gleichgewicht war gestört, denn der schwarze König hatte sein Gegengewicht verloren.

Ethan Lockheart schwieg, während er seinen Konterpart ruhig dabei beobachtete, wie dieser vor ihrer aller Augen zu Grunde ging.
Dupont wischte sich zitternd die Hände an seiner schlecht sitzenden Hose ab. Je länger er hier saß, umso größer erschien ihm seine Dummheit. Hatte er wirklich angenommen, diesem Mann irgendwelche Vorschläge unterbreiten zu könne.

Ethan Lockheart war gerade mal Mitte, höchstens Ende Zwanzig (wenn er ehrlich war, hatte er nie etwas über sein Alter herausfinden können, genau wie alles andere um sein Privatleben) und hatte es dennoch bis hier hin geschafft. Erst hatte er den Gipfel erreicht und nun sorgte er dafür, dass niemand anderes ihn einnahm.

Er versammelte Leute um sich, die er leicht unter Kontrolle bringen konnte, und sorgte dafür, dass ihnen von Beginn an vor Augen geführt wurde, was sie erwartete. Und das an dem extremsten Beispiel, welches er hätte finden können.

Nein, dieser Mann ließ sich von niemandem wirklich was sagen, schon gar nicht von einem untergesetzten, verkümmerten Mann, der seine Frau und seine Tochter verloren hatte.
Dupont Schnurrbart zuckte aufgeregt, als sich Gabriel so weit aufgerichtet hatte, dass er zumindest normal sprechen konnte.

„Der Teufel soll dich holen!"

Beinahe enttäuscht sackte Dupont in seinen Stuhl zurück. Gabriels Worte klangen leer, entzogen selbst ihrer Verzweiflung. Es gab nichts mehr, was er Lord Lockheart entgegensetzten konnte und der Belgier war gewiss nicht der Einzige, der dass sah.

„Wir sind verdammt." Die Worte hatten kaum seinen Mund verlassen, da wusste Dupont bereits, dass er einen großen Fehler begangen hatte. Sein Sichtfeld verengte sich und das Blut rauschte ihm in den Ohren, als sich Stück für Stück jeder zu ihm umdrehte.

Er sah Panik in ihren Augen, ausgenommen denen von Li-Ming Wang vielleicht. Die Frau hatte gelernt, niemals den gefährlichsten Opponenten aus den Augen zu lassen, und dass war gewiss nicht Dupont.

„Monsieur Dupont." Wieder hob der Schwarze König nicht dir Stimme, doch die Kälte in ihr, versteckt hinter seinem Charisma, war schneidend. „Wollen Sie uns Ihre Aussage nicht näher erläutern."

Dupont hatte das Gefühl, jeden Moment ohnmächtig zu werden... doch dann viel sein Blick auf etwas hinter Lord Lockheart. Ein kleiner Spiegel an der Wand, in dem sich ein kleiner Beistelltisch spiegelte, welcher von einem Globus und Lord Lockheart persönlich verdeckt wurde. Der Beistelltisch an sich war nichts besonderes, aber der Fotorahmen darauf, ließ ihn kurzzeitig vergessen, wie man atmete.

„W..w...wir sind v...v..verdammt, w..w...wenn die Welt s...sich weiter so ent...entwickelt hätte." Die Worte verließen nur schwer seinen Mund, doch er sprach längst nicht mehr mit dem Lord, sondern mit der Person in dem Foto. Lady Mias dunkle Augen lächelten ihn von dort aus an. „Ich habe eine Theorie aufgestellt, Mi Lord."

„Und worum ging es in ihrer Theorie?", richtete der junge Lord nun direkt das Wort an ihn, sich über den Spiegel in seinem Rücken bewusst. Er kannte diesen Raum, wie so gut jeden anderen auch, in und auswendig, um auf mögliche Deckungsmöglichkeiten schnell zurückgreifen zu können. Der Spiegel dort war ein strategischer Zug, falls er geduckt sehen musste, wo sich Gegner befand und er wusste, was Dupont jetzt in ihm sah. "Weshalb war meine Frau so in rage, sie mir Vorzustellen. Haben sie ihr gesagt, dass sie mich in meinem Weg umleiten könne? Oder das meine Eroberung eingedämmt werden kann?"

Seine Stimme war ruhig, doch etwas in seinen Augen regte sich. Zum ersten Mal konnte Dupont echte Emotionen in den kalten, elektrisierenden grünen Augen erkennen. Er konnte sie nicht genau definieren, aber dieses Anzeichen Menschlichkeit gab ihm den Mut, den Mund zu öffnen. Seltsamerweise nicht um seinetwillen. Nein, er sah die junge Frau vor sich, nicht auf dem Foto, sondern die beeindruckende Erscheinung von gestern. Der erste Mensch, der ihn wahrhaftig ernst genommen hatte. Dessen dunkle Augen ihm aufmerksam gefolgt waren und welche sogar so weit gegangen war, sich gegen ihren eigenen Mann zu stellen, um ihn vor der Gewalt zu verstecken. Aus irgendeinem Grund glaubte er nicht, dass sie gewollt hätte, dass Dupont sich in solch einer Situation wiederfand.

"Sie war angetan..." Er musste kurz schlucken. "Sie war angetan von meiner Theorie, dass sie einen neuen Frieden herbeiführen könnten, My Lord. Oder dass sie es viel mehr... viel mehr im Inbegriff sind zu tun."

Die letzte Silbe seines Satzes verklang in einem nun mehr erneut klanglosem Raum. Seine Worte hingen wie schwere Wolken in der Luft und machten einem das Atmen schwer. Zumindest hatte Dupont seine liebe Mühe, den dringend benötigten Sauerstoff aufzunehmen. Er konnte Lord Lockheart nicht direkt ansehen, und auch der Anblick von Lady Mia wurde ihm zu viel.

Er hatte alles gesagt, mehr konnte Dupont nicht von sich erwarten. Außer vielleicht das sein Ableben nun schneller von Statten gehen würde, als gedacht.

Dupont hatte ab diesem Zeitpunkt wirklich nicht mehr damit gerechnet, dass es schlimmer werden könnte. Die Stimmung um ihn herum war bereits zum Schneiden Dick, die Anwesenden wussten nicht, was sie erwidern oder ob sie überhaupt den Mund öffnen sollten. Wenn es um die Frau des Lords ging, so rankten sich insgesamt genauso viele Gerüchte, wie Vergeltungsschläge um sie, die Lord Lockheart in ihrem Namen unternommen hatte.

Dupont hatte das Gefühl, dass gerade diese Ungewissheit, ein äußerst gefährliches Terrain aus Lady Lockheart machte. Niemand wusste genau, wie sie in das Bild des kalten Leviathans passte. Lord Lockheart ließ auf seine Reaktion warten und mit jeder verstreichenden Sekunde, glich es mehr und mehr einer Zeitbombe.

Womit jedoch keiner gerechnet hatte, war das plötzliche und überraschende Lachen von Gabriel Denaux. Durchbrochen von heftigen Hustenanfällen, warf das einstige Oberhaupt der französischen Gesellschaft seinen Kopf zurück und lachte aus vollem, krächzendem Hals.

Es war kein schönes Lachen und Dupont sah den Orkan, der direkt auf sie zu kam, nur um sie mit vernichtender Kraft niederzureißen. Er sah ihn kommen, doch er sah keine Möglichkeit ihm auszuweichen. Es klickte, ein inzwischen vertrautes Geräusch in diesem Anwesen (man bedenke das Dupont noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden hier war), und ein Schatten löste sich von der hinteren Wand.

„Steck die Waffe weg, Alistair", sagte Lord Lockheart ruhig, ohne seinen Blick von dem nun keuchenden Gabriel zu nehmen. Der blonde Hüne senkte langsam seinen Arm und Dupont beobachtete, wie sich eine neue, unerwartete Situation vor ihm entfaltete. 

Dupont war es gewohnt Leute zu beobachten, nach dem seine Staatstheorie zur Neuordnung gewisser Sektoren verlaufen war, hatte ihn niemand mehr ernst genommen und er hatte nur noch wenig zu sagen gehabt.
Dafür hatte er gelernt zu sehen und zu verstehen, was er sah.

In Alistair, sah er Panik. Verständnis. Als wüsste er um ein Geheimnis Bescheid, von dem niemand anderes was wusste. Der Blick des Hünen zuckte zum Spiegel, in dem sich Lady Mias Bild spiegelte, zurück zu Gabriel.
Dupont zwirbelte unbewusst an den Enden seines Schnurrbarts. Das tat er immer, wenn er über etwas intensiv nachzudenken anfing.
Er vergaß dabei kurzzeitig, in wessen Anwesenheit er sich gerade befand.

„Gabriel", sagte Lord Lockheart, seine Hände vor ihm ineinander gefaltet. „Weih mich doch in die Komik dieser Situation ein."
Gabriels Husten lichtete sich so weit, dass er Wörter formulieren konnte. Alistair machte einen Schritt nach vorne, unbewusst wie Dupont vermutete, doch er wurde viel zu sehr von dem konsumiert, was Gabriel Denaux erzählte.

Es war eine Geschichte, abgehackt und Wortkarg aus dem Mund eines gebrochenen Mannes. Eine Geschichte, um die Vergangenheit eines kleinen Mädchens mit dunklen Augen, welche selbst den schwarzen König zum Verstummen brachte.

Bildete sich das Dupont nur ein oder zitterten Ethan Lockhearts Finger?
Seine Stimme tat es jedenfalls nicht, als er zu Alistair sah und den Befehl aussprach: „Vernichte sie und alles was in Kontakt damit stehen könnte."

Duponts Hände ballten sich zu Fäusten, um das Zittern in Ihnen zu verstecken, als der Blick des schwarzen Königs auf ihn fiel. Der Raum war still, bis auf Gabriel Denauxs Husten, unterbrochen von manischen Lachanfällen.

„René Dupont... meine Mia ist nicht einfach jemand, der so leicht in einen Zustand der Aufregung versetzt wird, und doch haben sie es geschafft." Er beugte vor, die Lehnen seines Stuhls knarzten unter dem Druck seiner Hände. „Ich hoffe für sie, dass sie das auch ein zweites Mal bewerkstelligen können."

To be continued

Ursprünglich sollten es nur drei Bände werden, doch ab einem gewissen Zeitpunkt hat sich diese Geschichte einfach von selbst vor mir entfaltet.
Ich kann jedoch mit Gewissheit sagen, dass der nächste Band der letzte sein wird.

An alle meine Leser und Leserinnen, vielen Dank, ihr seid der Hammer.

LG, Princess

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